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Achtsamkeit

Was ist Journaling?

Veröffentlicht am:09.10.2024

6 Minuten Lesedauer

Den Geist für die wichtigen Dinge im Leben schärfen, das eigene Handeln reflektieren und dankbar sein – Journaling hilft vielen Menschen dabei, mehr Achtsamkeit in ihren Alltag zu bringen. Doch wie funktioniert die Schreibübung und was bringt sie wirklich?

Ein Mann sitzt mit überschlagenen Beinen auf einem Sessel. Er hält einen Stift und ein Notizbuch in der Hand.

© iStock / Erdark

Was bedeutet Journaling?

Die Gedanken durch Schreiben zu sortieren hat eine lange Tradition. Bereits in der Antike gab es Menschen wie den römischen Kaiser Mark Aurel, der mit Niederschriften persönliche Themen reflektierte – seine Sammlungen sind unter der Bezeichnung „Selbstbetrachtungen“ bekannt. Der berühmte Schriftsteller Franz Kafka nutzte das Schreiben in Form von Tagebüchern, unter anderem um sich selbst zu hinterfragen und um Entwürfe für Erzählungen festzuhalten. Journaling ist eine besondere Methode, um Gedanken zu Papier zu bringen. Anders als beim klassischen Tagebuchführen konzentrieren sich die Niederschriften nicht auf äußere Erlebnisse und Erfahrungen, sondern auf das innere Erleben, also auf die Auseinandersetzung mit den eigenen Gefühlen und Gedanken. Sowohl ein Tagebuch als auch ein Journal kann dabei helfen, Überlegungen strukturiert anzugehen und Ballast loszuwerden – noch wichtiger sind beim Journaling aber die dadurch gewonnenen Erkenntnisse, die zur Persönlichkeitsentwicklung beitragen. So kann die Beschäftigung mit dem Gefühlsleben nach einer Trennung neue Perspektiven eröffnen, wie die Konzentration auf die eigenen Bedürfnisse – Schreibende können dadurch den Entschluss fassen, sich in nächster Zeit selbst in den Fokus zu stellen, zum Beispiel mit einem neuen Hobby. Ein weiterer Unterschied ist die Häufigkeit der Einträge: Beim Tagebuch erfolgen diese in der Regel täglich, beim Journaling ist das nicht unbedingt so – hier entscheidet jede Person für sich selbst.

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Diese Vorteile hat das Journaling

Ab auf das Papier und raus aus dem Kopf? Dabei geht es beim Journaling nicht, denn das Schreiben stößt einen Prozess an, der zur Weiterentwicklung beitragen kann.

  • Schreiben sorgt für einen klaren Kopf: Täglich haben Personen unzählige Gedanken, darunter unausgereifte Ideen, denen der rote Faden fehlt. Das Journaling hilft dabei, Entwürfe zu sortieren und herauszufinden, wie sie in das eigene Lebenskonzept passen. Damit können Menschen beispielsweise die Antwort auf folgende Frage finden: Wie kann ich Bewegung in meinen Alltag bringen, um mich ausgeglichener zu fühlen?
  • Journaling kann Stress reduzieren: Untersuchungen zeigen, dass kurze Schreibübungen sich positiv bei Stress auswirken können. In einer klein angelegten Studie nahmen die Stresssymptome bei Teilnehmenden ab, die sich drei Minuten Zeit für ihre Niederschriften nahmen. Das Journaling bietet die Möglichkeit, Stressfaktoren ausfindig zu machen und aktiv gegenzusteuern, zum Beispiel mit Entspannungsübungen.
  • Schreiben verschafft einen Zugang zu sich selbst: Journaling offenbart einen intensiven Blick auf das Gefühlsleben – wer achtsam die Gefühle beobachtet und sie niederschreibt, entdeckt womöglich neue Seiten an sich.

Journaling kann die Psyche positiv beeinflussen

Das strukturierte Schreiben in Form von Journaling wird bei psychischen Erkrankungen eingesetzt, zum Beispiel bei bestehenden Depressionen oder Ängsten. In der Psychotherapie greifen Therapeuten und Therapeutinnen vor allem auf die Journaling-Formen ausdrucksstarkes Schreiben, bei dem Personen über ihre tiefsten Gedanken und Gefühle berichten, und das Dankbarkeitstagebuch zurück. In einer Studie nahmen 53 Krankenpflegestudierende an einem achtwöchigen Dankbarkeits-Journaling-Programm teil. Die Ergebnisse deuteten unter anderem daraufhin, dass Journaling Menschen neue Perspektiven eröffnet, ihnen mit emotionalen Herausforderungen helfen und die Stressbewältigung unterstützen kann. In der Untersuchung erreichten die Teilnehmenden das durch eine Förderung neuer Denkansätze und dadurch, Dinge im Leben anzuerkennen, für die man dankbar sein kann. In einer weiteren Untersuchung, die 20 Studien analysierte, gab es Hinweise darauf, dass sich das Journaling bei Ängsten, einer posttraumatischen Belastungsstörung und bei Depressionen anbietet. Eine endgültige Schlussfolgerung zur Wirksamkeit konnten die Forschenden aufgrund methodischer Mängel und Abweichungen zwischen den Studien aber nicht ziehen. Aus ihrer Sicht ist das Journaling aber ein kostengünstiger zusätzlicher Therapieansatz, der beinahe nebenwirkungsfrei ist – vorstellbar ist aber, dass Personen durch das angeregte Nachdenken über sich selbst ins anhaltende Grübeln geraten.

Fünf Journaling-Formen im Überblick

Die Journaling-Methode können Interessierte mit verschiedenen Formen umsetzen – welche sich am besten anbietet, hängt von der Zielsetzung, der zur Verfügung stehenden Zeit und letztendlich auch vom Geschmack ab.

  1. Stream of Consciousness (Bewusstseinsfluss): Diese Form ist vor allem für Menschen geeignet, die gerne frei schreiben. Vorgaben gibt es hier keine, Schreibende können sich aber vornehmen, eine bestimmte Anzahl an Seiten zu verfassen oder sich ein Zeitlimit, beispielsweise von 15 Minuten, setzen. Ziel ist, den Gedankenfluss auf das Papier zu bringen – egal, ob es um Gefühle, Ideen oder Zweifel geht. Rückblickend können Personen damit Verhaltensmuster erkennen3 – vielleicht drehen sich die Gedanken beispielsweise immer um die gleiche Sorge, wie die Angst, den Job zu verlieren.
  2. Dankbarkeitstagebuch: Hierbei schreiben Personen auf, wofür sie dankbar sind und richten den Fokus damit auf die positiven Aspekte in ihrem Leben. In der Regel notieren Personen am Abend all das, was ihnen heute Gutes begegnet ist.
  3. Impuls-Journal: Nicht jedem Menschen fällt es leicht, einfach frei herauszuschreiben. In diesem Fall ist das Journaling mit Prompts, das wertvolle Impulse gibt, womöglich besser geeignet. Dabei erhalten Personen Aufforderungen, meist in Form von Fragen oder Satzanfängen, die zum Beenden anregen. „Woran habe ich Freude“, „Mich macht es glücklich, wenn …“ sind nur zwei Beispiele. Auch hier ist das Ziel, den Gedanken freien Lauf zu lassen und sie zu Papier zu bringen.
  4. Das sechsminütige Journaling: Diese Bezeichnung steht für alle Formen, bei denen Menschen immer dieselben Fragen innerhalb eines festen Zeitfensters beantworten, zum Beispiel in sechs Minuten oder auch in fünf oder zehn Minuten. Es gibt vorgefertigte Bücher mit entsprechenden Fragen, Interessierte können sich aber auch einen eigenen Fragenkatalog anlegen.
  5. Bullet Journal: Diese Form richtet sich vor allem an Menschen, die Informationen gerne visuell erfassen, und ähnelt einem Notizbuch – doch was kann man alles in ein Bullet Journal schreiben? Personen können darin einen kurzen Gedanken erfassen, Kästchen zum Ankreuzen abbilden oder Zeichnungen anfertigen. Kreativität wird beim Bullet Journal also großgeschrieben.

Wie kann man sein eigenes Verhalten mit Journaling reflektieren?

Wer mit dem Schreiben den Blick nach innen lenkt, erhält die Möglichkeit, selbstreflektiert zu sein. Doch was bedeutet, das eigene Verhalten zu reflektieren? Beim Selbstreflektieren hinterfragen Personen ihr eigenes Denken, das Empfinden und das Handeln, um es zu analysieren. Das kann beispielsweise mit Blick auf eine bestimmte Situation geschehen, wie nach einem Streit mit einem Arbeitskollegen. Menschen, die ihr Verhalten reflektieren, können Probleme aufspüren und Konflikte zukünftig anders angehen. Beim Journaling halten Personen Gefühle fest und können mit wiederkehrenden Fragen Verhaltensmuster aufdecken – das trägt auch zur Selbstreflexion bei.

Journal-Anleitung – so gelingt ein optimaler Start ins Journaling

Ein Erfolgsrezept, das für jeden Menschen beim Journaling passt, gibt es nicht. Diese Tipps helfen beim Start:

  • Die richtige Journalmethode finden: Während manche Menschen gerne das aufschreiben, was aus ihnen heraussprudelt, brauchen andere eine feste Struktur. Um herauszufinden, was am besten passt, bietet sich das Testen verschiedener Methoden an.
  • Mit der Hand schreiben: Journaling ist auch digital umsetzbar, die meisten Experten und Expertinnen raten allerdings dazu, Stift und Papier zu nutzen. Beim Schreiben arbeiten beide Gehirnhälften zusammen, was sowohl die geistigen als auch motorischen Fähigkeiten anspricht – wenn Personen etwas per Hand zu Papier bringen, verstehen sie es besser.3
  • Mit Journaling-Fragen beschäftigen: Was ist die wichtigste Aufgabe für diese Woche, wofür bin ich heute dankbar und was macht mich stolz? Einige Fragen regen mehr zum Nachdenken an als andere – wo immer Interessierten eine geeignete Frage begegnet, können sie diese in ihren Fragenkatalog aufnehmen.

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