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Weihnachten in Deutschland: ein Fest nicht nur für Christen

Veröffentlicht am:13.11.2024

6 Minuten Lesedauer

In Deutschland feiern die meisten Menschen Weihnachten. Längst nicht alle sind christlich. Was macht dieses Fest aus, dass es so viele Menschen anspricht? Und wie feiern Andersgläubige in Deutschland Weihnachten?

Ein Vater steht in einem Wohnzimmer und hält sein kleines Kind auf dem Arm, das einen roten Stern auf die Spitze eines Weihnachtsbaumes steckt.

© iStock / AnVr

Familienfeier oder religiöses Fest: Wie christlich ist Weihnachten?

Im Christentum ist Weihnachten das Fest der Geburt Jesu. Das weiß eigentlich jeder. Aber die zentrale religiöse Botschaft des Weihnachtsfestes, dass Gott als Mensch unter Menschen in die Welt gekommen ist, ist vielen heute nicht mehr so wichtig wie noch vor einigen Jahrzehnten. Mittlerweile gehört nur noch rund die Hälfte der Menschen in Deutschland einer christlichen Kirche an, aber über 80 Prozent feiern Weihnachten. Über 60 Prozent der Deutschen beschenken sich an Weihnachten, aber weniger als jeder sechste hat vor, Weihnachten einen Gottesdienst zu besuchen. Und in nur wenigen Familien werden noch Weihnachtslieder gesungen.

Das alles bedeutet: Für viele Menschen hat sich Weihnachten längst vom christlichen Ursprung des Festes gelöst. Sie feiern Weihnachten, weil sie schon immer Weihnachten gefeiert haben oder die weihnachtliche Stimmung schätzen. Deshalb haben die meisten Deutschen, die sich nicht zum christlichen Glauben bekennen, kein Problem damit, Weihnachten zu feiern. Statt religiöser Besinnung stehen dann andere Dinge im Vordergrund. Wenn zum Jahresende und nach dem Weihnachtstresss mit den letzten Vorbereitungen das Leben einen Gang zurückschaltet, genießen viele eine Auszeit in geselliger Runde: Sie feiern mit der Familie beim Festessen oder fahren für ein paar Tage in die alte Heimat. Besonders unter jungen Leuten ist es beliebt, über die Feiertage in den Heimatort zurückzukehren und nach dem Familienfest alte Freunde zu treffen.

Christvesper und Christmette: feierlich und gut besucht

Wenn die Zahl der Kirchenbesuche an Weihnachten auch abnimmt – so voll wie an Heiligabend sind die Gotteshäuser in Deutschland sonst nie. Christen und Christinnen kommen in der Christmette oder Christvesper in feierliche Stimmung, wenn sie zu getragener Orgelmusik gemeinsam die vertrauten Weihnachtslieder singen, die Weihnachtsgeschichte aus dem Evangelium vorgelesen bekommen, Fürbitten gesprochen werden und die Gemeinde das Vaterunser betet. Aber nicht alle, die den Weihnachtsgottesdienst besuchen, sind überzeugte Christen oder Christinnen. Viele genießen die festliche Atmosphäre, ohne an die religiösen Inhalte zu glauben. Bei ihnen gehört der Gottesdienstbesuch einfach genauso zu Weihnachten wie die Gans oder der Christstollen.

Vereint unterm Baum

Im Grunde unterscheiden sich damit die Weihnachtsfeiern von Christen und Christinnen sowie Nichtgläubigen gar nicht so sehr. Bei manchen entfällt der Gottesdienstbesuch und statt Weihnachtsliedern läuft vielleicht klassische Musik oder Lounge-Jazz: Aber Weihnachtsbäume, Pyramiden und Krippen werden in vielen Haushalten aufgestellt, in christlichen wie nicht christlichen. Während die Weihnachtskrippe für die einen allerdings ein religiöses Sinnbild darstellt, das sie beim Betrachten an die Geburt Christi erinnert, ist sie für die anderen nur eine Dekoration, die für festliche Stimmung sorgt. Diese Reduktion der christlichen Weihnachtsbotschaft auf das rein Dekorative mag von Gläubigen bedauert werden, ist aber in vielen deutschen Wohnzimmern schlichte Realität.

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Was machen Menschen mit einer anderen Religion an Weihnachten?

Es verwundert nicht, dass viele in Deutschland aufgewachsene Menschen, die sich selbst als Atheisten und Atheistinnen bezeichnen, Weihnachten feiern: Sie führen im Erwachsenenalter eine Tradition fort, die sie selbst von frühester Kindheit kennen und die sie nun, ohne den christlichen Überbau, an ihre eigenen Kinder weitergeben. Aber was machen die andersgläubigen Menschen? Die vielen Muslime und Musliminnen in Deutschland oder Menschen jüdischen Glaubens? Die Hindus oder die Buddhisten und Buddhistinnen?

Die eigene Erfahrung kann den Ausschlag geben

Das lässt sich pauschal nicht beantworten. Ein großer Unterschied besteht darin, ob Menschen mit anderem Glauben in Deutschland aufgewachsen sind oder erst seit Kurzem hier wohnen. Wer als nicht christliches Kind in Deutschland schon den Duft der Weihnachtsmärkte erlebt, an Krippenspielen in der Grundschule teilgenommen oder mitbekommen hat, wie sich die anderen Kinder auf Weihnachten freuen, verspürt später dann vielleicht selbst Lust, Weihnachten zu feiern: als gesellschaftliches Fest ohne religiösen Bezug; ganz so, wie es nichtgläubige Menschen mit einem christlichen Hintergrund handhaben. Schließlich ist in christlichen Ländern Weihnachten das wichtigste Familienfest, dessen Feierlichkeit so weit ins alltägliche Leben greift, dass man sich nur schwer entziehen kann.

Dazugehören – auch an Weihnachten

Es gibt andersgläubige Familien, in denen die Eltern ihren Kindern nicht vorenthalten wollen, was die anderen Kinder haben: Adventskalender, gefüllte Nikolausstiefel oder Geschenke zu Weihnachten. Auf diese Weise wird das eigene Weihnachtsfest zu einer Form der gesellschaftlichen Teilhabe. Und da das wirtschaftliche Leben in Deutschland in der Weihnachtszeit ohnehin halbwegs ruht – warum nicht die freie Zeit nutzen und sie festlich mit der Familie verbringen? Tatsächlich feiern auch manche Muslime und Musliminnen Weihnachten als gewissermaßen religiös entkerntes Familienfest. Dazu kann auch ein Weihnachtsbaum gehören: Schließlich ist er ursprünglich gar kein christliches Symbol und hat sich erst im 19. Jahrhundert beim wohlhabenden Bürgertum als Weihnachtsschmuck in deutschen Wohnzimmern verbreitet.

Zwei junge Frauen mit Kopftuch stehen auf einem Weihnachtsmarkt vor einem Verkaufsstand und probieren Handschuhe an.

© iStock / SolStock

Weihnachtsmärkte gehören zum Dezember, auch für viele Nichtchristinnen und Nichtchristen.

Feiern oder nicht feiern? Jeder darf frei entscheiden

Ob und wie Andersgläubige Weihnachten feiern, ist immer eine persönliche Frage. Manche nicht christliche Gläubige wollen die Gebräuche anderer Religionen nicht nachahmen oder gar an ihnen teilnehmen. Dies kann ein Glaubensgrundsatz der jeweiligen Religion sein oder eine Frage der individuellen Auslegung. In jedem Fall ist diese Entscheidung zu respektieren. Das gebietet schon die Religionsfreiheit in Deutschland, aber auch die grundsätzliche Toleranz. Niemand will und soll an etwas teilnehmen, was er oder sie aus persönlichen Gründen ablehnt.

Chanukka: das jüdische Lichterfest

Manchmal wird es als „jüdische Weihnachten“ bezeichnet. Im Judentum wird zwar kein Weihnachten gefeiert, aber Chanukka fällt oft in die Weihnachtszeit. Das Fest erinnert an die Wiedereinweihung („Chanukka“) des Tempels in Jerusalem durch die Makkabäer im Jahr 164 v. Chr. nach einigen Jahren der Fremdherrschaft. Nachdem die Makkabäer den Tempel zurückerobert hatten, weihten sie ihn neu. Dazu musste die Menora, der siebenarmige Leuchter, wieder angezündet werden. Doch es war nur ein kleiner Krug Öl vorhanden. Ein Wunder geschah und das Öl ließ die Menora acht Tage lang brennen, bis neues Öl hergestellt war.

Deshalb dauert das Chanukka-Fest acht Tage. An jedem Abend des Festes wird dem Chanukka-Leuchter, der im Gegensatz zur Menora acht Arme hat, eine Kerze hinzugefügt, bis am achten Abend alle Lichter brennen. Außerdem werden traditionell in Öl gebackene Speisen wie Kartoffelpuffer und Pfannkuchen gegessen.

Weihnachten in Deutschland: ein vielfältiges Bild

So bunt wie unsere Gesellschaft ist auch das Bild, das sich an Weihnachten unter deutschen Dächern, in den Wohnungen von christlichen und nicht christlichen Menschen sowie Andersgläubigen bietet: Die meisten feiern, wenn auch unter unterschiedlichen Vorzeichen. Und daneben gibt es Menschen, die Weihnachten aus religiösen oder anderen Gründen nicht feiern wollen. Andersherum leben viele Christen und Christinnen in Ländern, in denen die Mehrheit der Bevölkerung einer anderen Religion angehört. Und viele von ihnen nehmen dort an den traditionellen religiösen Festen teil oder eben nicht – sei es das Zuckerfest, das islamische Fest des Fastenbrechens, oder das hinduistische Lichterfest Diwali.

Das ist jeweils eine Frage des persönlichen Glaubens und eine freie Entscheidung. So, wie der preußische König Friedrich II. schon im 17. Jahrhundert sagte: „Jeder soll nach seiner Façon selig werden“. Man möchte ergänzen: Solange jeder und jede die Andersgläubigen in ihrem Glauben und ihren Ritualen respektiert. Bei uns in Deutschland und überall.

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