Entspannung
Glück auf Dänisch
Veröffentlicht am:27.10.2020
7 Minuten Lesedauer
Gemütlich mit einer heißen Schokolade in der Lieblingstasse auf das Sofa kuscheln und zuhören wie die Regentropfen auf das Dach prasseln. Das ist, wonach wir uns in der jetzigen, kalten Jahreszeit sehnen. Der stressige Alltag hindert uns oft daran solche Momente zu schaffen und zu genießen. Doch die Dänen schaffen das mit ihrer Lebensphilosphie "Hygge". Was genau "Hygge" bedeutet und wie ein perfekter Hygge-Tag aussieht, erfahren Sie hier.
Die zufriedensten Menschen der Welt leben in Dänemark. Ihre Lebensphilosophie „Hygge“ gilt als Glücksrezept. Und es ist gar nicht so schwer, das umzusetzen.
Es sind die kleinen Dinge, die Menschen wirklich glücklich machen. Davon sind die Dänen überzeugt. Und die müssen es ja schließlich wissen. Denn laut des jährlichen „Happiness Reports“ der Vereinten Nationen zählen die Bewohner des skandinavischen Landes stets zu den glücklichsten Menschen der Welt. Doch was genau ist ihr Geheimnis?
„Wir sind auch deshalb so zufrieden, weil wir ein Leben nach der ‚Hygge-Methode‘ führen“, sagt Meik Wiking, CEO des Instituts für Glücksforschung in Kopenhagen. Übersetzt heißt „hygge“ so viel wie Gemütlichkeit und Geborgenheit. Und doch ist es viel mehr: eine Lebenseinstellung. Dazu gehört der Genuss einer Tasse Kakao bei Kerzenschein ebenso wie ein Spaziergang mit Freunden. Und sich auf alles zu konzentrieren, was man hat, und nicht auf das, was man nicht hat.
„Hygge ist das Gefühl, am richtigen Ort zu sein.“
Meik Wiking
CEO des Instituts für Glücksforschung in Kopenhagen
Auch wenn manches davon banal und simpel erscheint, schaffen es viele Menschen hierzulande nicht, solche bewussten Momente regelmäßig in ihren Alltag zu integrieren. Oder sie unterschätzen deren Bedeutung. Was also kann man von den Dänen lernen? Nun, ein typischer Tag im Sinne der Hygge-Philosophie könnte so aussehen:
Der perfekte Hygge-Morgen
6.30 Uhr: der Wecker klingelt etwas früher als eigentlich nötig, um die ersten Momente des neuen Tages in Ruhe zu genießen. Dabei hat jeder seine eigene Morgenroutine, die ihm guttut. Das kann der erste Kaffee oder Tee im Bett sein. Ein anderer liebt Yoga oder Joggen. Für den Dritten fängt ein entspannter Tag mit einer ausgiebigen Zeitungs- oder Buchlektüre an oder einem Lieblingssong.
Alles ist erlaubt, nur nicht hektisch unter die Dusche zu springen, sich hastig anzuziehen und dann zur Arbeit zu eilen. Atemlosigkeit ist verboten! „Ich versuche, von Anfang an kleine Freuden und bewusste Dankbarkeit in meine tägliche Routine einzubauen“, sagt Hygge-Experte Meik Wiking.
Zeit für eine kurze Vormittagspause
10.00 Uhr: Erstmal durchatmen. Zeit für ein Heißgetränk. Das entspannt und entschleunigt. Gern zusammen mit den Kollegen, denn Hygge steht auch für Teamarbeit und Austausch – „und das mit großem gegenseitigem Vertrauen, Offenheit und Empathie, auch über Hierarchiegrenzen hinweg“, so Wiking.
Wichtig am Arbeitsplatz ist aber auch die Abwechslung: Also raus aus den ewig gleichen Konferenzräumen, dafür lieber ein Kurzmeeting in der Sitzecke der Kaffeeküche. Und auf dem Schreibtisch sollte Platz sein für ein paar persönliche Dinge, Fotos der Lieben beispielsweise. „Hygge ist das Gefühl, am richtigen Ort zu sein“, sagt Wiking. Egal, wo. Also auch am Arbeitsplatz.
Die dänische Siesta
13.00 Uhr: Zufriedenheit in alltäglichen Momenten zu finden, wie beim bewussten Genuss eines frisch zubereiteten Mahls – genau das ist es, worum es bei Hygge geht. Die Mittagspause wird deshalb als besonders entspannend in einer Umgebung empfunden, in der man sich wohlfühlt. Wem die Kantine zu öde oder zu voll ist, der geht vielleicht in den Park oder zum kleinen Imbiss um die Ecke.
Das Essen muss nicht aufwendig sein: Was zählt, ist, dass es schmeckt. Und bitte das Handy ausschalten und sich von der Hektik des Alltags befreien. Im Hier und Jetzt leben, ist das Motto – auch in der kurzen Mittagspause. Wiking formuliert es so: „Bei Hygge geht es darum, dem verantwortungsbewussten und leistungsorientierten Dasein eine Pause zu gönnen. Entspannen Sie sich.“ So wird das Stresshormon Kortisol reduziert und gleichzeitig das Nervensystem beruhigt.
„Bei Hygge geht es darum, dem verantwortungsbewussten und leistungsorientierten Dasein eine Pause zu gönnen. Entspannen Sie sich.“
Meik Wiking
CEO des Instituts für Glücksforschung in Kopenhagen
Und warmes Kerzenlicht trägt entscheidend zum Wohlgefühl bei, es ist der Schlüssel zur angenehmen Atmosphäre. „Es ist außerdem eine Überlebensstrategie in den nordischen Ländern“, erklärt Wiking – vor allem in den kalten, dunklen Wintertagen.
Den Hygge-Tag richtig ausklingen lassen
21.00 Uhr: Die Kerze brennt, Freunde sitzen um den großen Tisch. Gemeinschaftserlebnisse tun der Seele gut, darum werden sie nicht nur zu speziellen Anlässen zelebriert. Aber wer will, findet sein behagliches Gefühl auch allein auf dem Sofa, in eine Decke gekuschelt, mit der Lieblingstasse in der Hand. Wichtig ist, den Tag bewusst ausklingen zu lassen, nicht stumpf das TV-Programm durchzuzappen. So endet der Hygge-Tag mit „einer Haltung, die jeder lernen kann“, sagt Wiking. „Versprochen!“