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Telemedizin: Die Medizin der Zukunft?
Veröffentlicht am:10.02.2023
5 Minuten Lesedauer
Zur ärztlichen Praxis anreisen, die Versichertenkarte einlesen, im Wartezimmer Platz nehmen – das gehört heute nicht mehr zwingend zum Arztgespräch dazu. Mit Telemedizin lassen sich Diagnostik und Therapie aufs heimische Sofa verlegen – zumindest teilweise.
Inhalte im Überblick
Was ist Telemedizin?
Telemedizin ist ein Sammelbegriff für verschiedene medizinische Versorgungskonzepte, bei denen Ärzte und Ärztinnen ihre Leistungen über räumliche Entfernungen hinweg anbieten. Dabei kommen audiovisuelle Kommunikationstechnologien wie Videotelefonie zum Einsatz.
Das klingt zunächst einmal abstrakt. Im Einzelfall könnte es bedeuten: Ein auf dem Lande lebender, älterer Mann, dessen Hausärztin oder Hausarzt sich nicht im selben Wohnort befindet, muss keine beschwerliche Reise mehr antreten, um Änderungen in seiner Medikation zu besprechen. Dafür sitzt er mit dem Smartphone, Laptop oder Tablet in seinem Wohnzimmer und führt ein Videotelefonat mit der Ärztin.
Was kann Telemedizin?
Schon anhand dieses Beispiels wird klar: Telemedizin bietet sich für bestimmte Anwendungsgebiete besonders an. Ein Ziel der Bundesärztekammer ist etwa, Versorgungslücken infolge des zunehmenden Ärztemangels auf dem Land vorzubeugen. Schließlich spielt es bei einem Videogespräch keine Rolle, wie weit Sie von Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin entfernt sind. Daneben hat die Telemedizin ihre Vorteile in der Coronapandemie bewiesen, als aus Infektionsschutzgründen der persönliche Kontakt von Mensch zu Mensch eingeschränkt werden sollte. Besonders das Konzept der Videosprechstunde erhielt dadurch Aufschwung.
Ist Telemedizin erlaubt
Telemedizin als ergänzender Kommunikationsweg ist schon lange selbstverständlich, ohne dass es den meisten Menschen bewusst ist. Wenn Ihr Arzt oder Ihre Ärztin Sie beispielsweise einige Tage nach einer Untersuchung anruft, um die Blutwerte, die ein Labor ermittelt hat, zu besprechen, fällt das auch unter den Begriff der Telemedizin. Rechtlich war das kein Problem – vorausgesetzt, der Erstkontakt hatte persönlich stattgefunden. Ausschließliche Fernbehandlungen waren hingegen verboten.
Im Jahr 2018 hat sich das geändert. Durch eine Änderung in der (Muster-)Berufsordnung-Ärzte (MBO-Ä) ist nun sogar eine ausschließliche Fernbehandlung im Einzelfall möglich – aber nur, „wenn dies ärztlich vertretbar ist und die erforderliche ärztliche Sorgfalt […] gewahrt wird“. Zudem müssen Patienten und Patientinnen über die Besonderheiten der telemedizinischen Behandlung aufgeklärt sein. Der physische Kontakt zwischen Ärzten und Ärztinnen und zu behandelnden Personen bleibt weiterhin die erste Wahl.
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Was zählt zur Telemedizin?
Für die Telemedizin gibt es sehr unterschiedliche Anwendungsgebiete, Konzepte und Modelle. Dazu zählt zum Beispiel die klassische Videosprechstunde, aber auch die Kommunikation zwischen Fachärzten und -ärztinnen verschiedener Disziplinen oder Fachleuten aus anderen Gesundheitsberufen wie Pflegefachkräften. Es sind unterschiedliche Kombinationen und Einsatzbereiche der verschiedenen Anwendungen möglich, zum Beispiel:
Videosprechstunde: Wohnzimmer statt Arztpraxis
Die konkreteste Vorstellung von Telemedizin haben die meisten Menschen beim Thema Videosprechstunde. In dem Fall konsultieren Sie einen Arzt oder eine Ärztin per Videotelefonie mit Ihrem Tablet, Laptop oder Smartphone. Sie übermitteln notwendige Informationen, schildern zum Beispiel Ihre Symptome oder schicken Fotos. Auf dieser Grundlage gibt die medizinische Fachperson eine Einschätzung ab und empfiehlt die weiteren Schritte. Videosprechstunden sind nur für Krankheitsbilder geeignet, bei denen eine körperliche Untersuchung nicht zwingend notwendig ist. Sie werden beispielsweise häufig genutzt, um den Verlauf einer bereits diagnostizierten Krankheit zu besprechen. Auch für den Bereich der psychiatrischen Erkrankungen sind sie eine gute Alternative. Menschen mit einer akuten Depression leiden zum Beispiel unter Antriebslosigkeit, ihnen bleibt der Weg zur Praxis dank Videosprechstunde erspart.
Telediagnostik: Fachgerechte Ferndiagnose
Mit Telediagnostik ist eine ärztliche Diagnose auf Entfernung gemeint. Möglich ist das zum Beispiel bei Hautkrankheiten, in der sogenannten Teledermatologie. So lassen sich etwa akute und chronische Wunden recht gut aus der Ferne beurteilen, in begrenztem Maß sogar verdächtige Muttermale. Auch interdisziplinär kommt die Telediagnostik zum Einsatz – etwa während einer Operation, wenn Verdacht auf bösartige Tumorzellen besteht (Telepathologie). Das Operationsteam präpariert dann das zu untersuchende Gewebe, während erfahrene Fachleute aus der Pathologie digital zugeschaltet sind. Diese müssen sich also nicht im selben Krankenhaus aufhalten und können trotzdem noch während der laufenden OP eine Einschätzung zum Gewebe abgeben.
Teletherapie: Was ist eine telemedizinische Behandlung?
Eine weitere Möglichkeit ist die Teletherapie beziehungsweise therapeutische Begleitung. Das Konzept eignet sich zum Beispiel für die Nachsorge von orthopädischen Operationen oder die Rehabilitation von kardiologischen und neurologischen Erkrankungen. So können Ärzte und Ärztinnen sowie Fachkräfte der Physiotherapie die Behandelten direkt in ihrer häuslichen Umgebung dabei unterstützen, ihren Therapieplan umzusetzen, und beispielsweise über die Videokommunikation beurteilen, ob Übungen korrekt ausgeführt werden.
Nicht verwechseln: Als Teletherapie bezeichnen Fachleute auch bestimmte Formen der Strahlentherapie bei Tumorerkrankungen. Die Vorsilbe „tele-“ (griechisch: fern) bezieht sich hier darauf, dass die Strahlenquelle sich räumlich entfernt vom Tumor befindet.
Telekonsil zwischen Ärzten und Ärztinnen sowie anderen Fachkräften
Wenn Ärzte und Ärztinnen sich auf Entfernung untereinander oder mit anderen medizinischen Fachkräften kurzschließen, um über die Befunde oder Therapie in einem bestimmten Fall zu sprechen, fällt das ebenfalls unter den Oberbegriff Telemedizin. Ein typisches Beispiel sind sogenannte Tumorboards. Dabei handelt es sich um Fallkonferenzen, an denen mehrere Onkologen und Onkologinnen teilnehmen, um sich über Behandlungspläne für Patienten und Patientinnen auszutauschen. Die Spezialisten und Spezialistinnen werden zum Teil von entfernten Kliniken über Video zugeschaltet. Auch Videofallkonferenzen zwischen Ärzten und Ärztinnen sowie Pflegefachkräften sind im Alltag üblich. Die Beteiligten besprechen zum Beispiel Fortschritte in der Behandlung chronischer Wunden. Fachkonsile können sogar in akuten Situationen durchgeführt werden, etwa wenn ein Telenotarzt oder eine Telenotärztin einen Notfallsanitäter oder eine Notfallsanitäterin aus der Ferne anweist.
Ist Telemedizin die Zukunft?
Telemedizin ist ein sehr vielfältiges Feld, das viele Wege verkürzen, Diagnoseschritte erleichtern und Entscheidungen beschleunigen kann. In Ländern wie den USA und Kanada ist sie schon seit vielen Jahren flächendeckend etabliert und hat sich aus gesundheitlicher, aber auch ökonomischer Sicht als überaus nützlich erwiesen. So ließen sich durch Videosprechstunden und elektronische Rezepte in den USA bereits Kosten in Milliardenhöhe einsparen.
Dennoch hat die Telemedizin einige Nachteile und Einschränkungen: Sie reicht nicht mehr aus, sobald eine körperliche Untersuchung oder weiterführende Diagnostik notwendig ist. So kann eine Augenärztin per Videosprechstunde nur den vorderen Augenabschnitt beurteilen und ein Dermatologe lediglich eine erste Einschätzung geben, ob eine Hautveränderung nach einer Schuppenflechte aussieht. Generell ist jede medizinische Fachperson bei der Diagnostik eingeschränkt, wenn sie nicht alle fünf Sinne nutzen kann.
Telediagnostik und Teletherapie stoßen auch an anderer Stelle an ihre Grenzen. Manchmal sind es technische Grenzen, etwa wenn die Verbindung durch eine reduzierte Bandbreite bei der Datenübertragung leidet. Besonders ältere Menschen haben zudem oft Schwierigkeiten, mit der Technik richtig umzugehen.
Telemedizin: Fazit
Den direkten Kontakt zwischen Arzt oder Ärztin und Erkrankten kann und soll sie zwar nicht ersetzen – sie gilt aber als sinnvolle Ergänzung.