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Prokrastination: 15 Tipps gegen das ständige Aufschieben

Veröffentlicht am:29.04.2021

6 Minuten Lesedauer

Anstatt Ihren Papierstapel auf dem Schreibtisch endlich abzuarbeiten, googeln sie gerade „Prokrastination“? Dann gehören Sie vermutlich zu den Menschen, die wichtige Dinge gerne aufschieben und sie auf den allerletzten Drücker erledigen. Mit diesen Tipps können Sie der Aufschieberitis wirksam begegnen und To-dos erfolgreich abschließen.

Eine Frau sitzt am Schreibtisch und prokrastiniert.

© iStock / nortonrsx

Prokrastination: Ein weit verbreitetes Phänomen?

Prokrastiniert nicht jeder von Zeit zu Zeit? Der Begriff stammt vom lateinischen „procrastinare“, was „Aufschieben“, „auf Morgen verlegen“ bedeutet. Er meint: Anstehende berufliche oder private Pflichten werden durch Ersatztätigkeiten hinausgezögert. Prokrastinierende putzen etwa lieber die Wohnung, bevor sie sich an die unangenehme Steuererklärung setzen. Ein Großteil der Menschen kennt dieses Verhalten, problematisch wird es nur, wenn man unter den Folgen des Aufschiebens leidet.

An der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster gibt es eine Prokrastinationsambulanz: Dort finden Studierende und Berufstätige Hilfe, die ein ernsthaftes Problem mit der Selbststeuerung haben. Diese Patienten schieben wiederholt und unnötig wichtige Tätigkeiten auf. Sie leiden unter psychischen und körperlichen Beschwerden, im schlimmsten Fall ergeben sich negative berufliche und private Konsequenzen für sie. 

Aufgrund des noch jungen Forschungsgebiets ist die Diagnose noch nicht offiziell anerkannt. Die Experten der Prokrastinationsambulanz schätzen jedoch, dass etwa zehn Prozent der Bevölkerung von dem Störungsbild betroffen sind. Eine Studie der Universitätsmedizin Mainz mit etwa 2.500 Probanden aus verschiedenen Altersklassen zeigt: Es handelt sich vor allem um junge Menschen, die noch zur Schule gehen oder studieren, und um mehr Männer als Frauen. Von ständigem Aufschieben im Alltag ohne schwerwiegende gesundheitliche Folgen sind sogar etwa 20 Prozent der Bevölkerung, also jeder Fünfte, betroffen.

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Warum neigen wir zur Prokrastination?

Aber warum schieben so viele Menschen unangenehme Tätigkeiten auf, obwohl sie vermutlich wissen, dass sich Stress und Druck, womöglich auch Angst und Erschöpfung, dadurch erhöhen? Dahinter können unter anderem folgende Ursachen stecken:

  • Ersatzhandlungen haben oft unmittelbare positive Konsequenzen: Das Putzen der Wohnung ist zum Beispiel schnell erledigt und das Ergebnis macht zufrieden. Die negativen Konsequenzen des Prokrastinierens treten hingegen erst langfristig auf.
  • Ist die zu erledigende Tätigkeit wenig vorstrukturiert bzw. die Aufgabenstellung nicht eindeutig, kann das zu Prokrastination führen. Aufgaben ohne Deadlines oder solche, die besonders unangenehm zu erledigen sind, ebenfalls.
  • Leistungsanforderungen sind häufig mit Versagensängsten verbunden.
  • Der Anspruch an die eigene Leistung ist zu hoch gesteckt oder die Ziele unrealistisch.
Eine Frau sitzt auf dem Sofa und schaut in die Leere – sie prokrastiniert.

© iStock / Alina Valetka

Die gute Nachricht ist: Bei Prokrastination handelt es sich um erlerntes Verhalten. Das bedeutet, es lässt sich auch wieder verlernen. Mit folgenden Tipps entwickeln Sie eine neue Routine.

Was Sie gegen Prokrastination tun können: 15 effektive Tipps

  • 1. Priorisieren Sie

    Schreiben Sie sich eine To-do-Liste und sortieren Sie alle Punkte nach Prioritäten: 

    • Welche der Aufgaben sind von hoher, welche von mittlerer und welche niedriger Priorität?
    • Halten Sie die unterschiedlichen Stufen fest, indem Sie sie zum Beispiel mit A, B und C markieren und arbeiten Sie sie anschließend auch in dieser Reihenfolge ab.
    • Streichen Sie eine erledigte Tätigkeit sichtbar auf Ihrer Liste durch. Das verstärkt das Gefühl, etwas erreicht zu haben.
  • 2. Planen Sie Aufgaben konkret

    Schreiben Sie sich zu einer anstehenden Aufgabe kurz und knapp das „Wann“, „Wo“ und „Wie“ auf:

    • Wann möchte ich beginnen?
    • Wo arbeite ich?
    • Wie viel Zeit wende ich dafür auf?
    • Welches Ziel habe ich?

    Notieren Sie sich je nach Umfang der Aufgabe auch: Was sind die notwendigen Schritte zu diesem Ziel? Welche Informationen brauche ich eventuell für das Erledigen der Aufgabe? Woher bekomme ich diese konkret?

  • 3. Protokollieren Sie Ihr Arbeitstempo

    Es macht Ihnen Schwierigkeiten, einzuschätzen, wie lange Sie für eine Aufgabe brauchen werden? Wählen Sie eine unangenehme Tätigkeit aus, die Sie schon eine Weile aufschieben und beobachten Sie sich bei der Arbeit. Halten Sie schriftlich fest, wie lange Sie daran arbeiten. Wie viel Zeit verbringen Sie mit abschweifenden Gedanken oder Ablenkungen? Und wie lange arbeiten Sie tatsächlich effektiv? Je konkreter Sie über Ihr Arbeitsverhalten Bescheid wissen, desto leichter lässt es sich ändern.

  • 4. Vermeiden Sie Störungen

    Haben Sie herausgefunden, was und wer Sie beim Arbeiten ablenkt? Viele Störungen lassen sich vorab ausschließen. Bekommen Sie Hunger, vibriert Ihr Smartphone oder sind es die Familie oder die Kollegen, die Sie hindern, eine Aufgabe zu erledigen? Dann kochen Sie etwas zu Essen vor und legen Sie Ihr lautlos gestelltes Handy für die Arbeitszeit in eine geschlossene Schublade. Ihren Kollegen oder Ihrer Familie können Sie beispielsweise mitteilen, dass Sie die nächsten zwei Stunden nicht ansprechbar sind. Wer abgelenkt wird, braucht in der Regel bis zu 30 Minuten, um den Faden wieder aufzunehmen.

  • 5. Teilen Sie große Aufgaben in kleine

    Eine anstehende Aufgabe ist besonders anspruchsvoll und wird viel Mühe machen? Zerlegen Sie große Projekte immer in kleine Einzelschritte, um ihnen den Schrecken zu nehmen. Ist der erste Schritt gemacht, haben Sie die größte Hürde bereits genommen.

  • 6. Wenden Sie die 50-Prozent-Regel an

    Es gehört zur Natur des Menschen, sich zu überschätzen. Gehen Sie davon aus, dass Sie für alles, was Sie sich vornehmen, etwa doppelt so lange brauchen, wie Sie anfangs denken. Sie haben bereits aufgeschrieben, was Sie heute konkret bearbeiten wollen? Streichen Sie die Hälfte davon, bevor Sie anfangen. So sorgen Sie dafür, dass Sie statt Frustration ein Erfolgserlebnis erwartet.

  • 7. Wenden Sie die „Arbeitszeitreduktion“-Methode an

    Es klingt paradox, führt aber zum gewünschten Ziel: Legen Sie vor Arbeitsbeginn ein realistisches Zeitfenster fest, das Sie nicht überschreiten dürfen. Sie werten die Arbeitszeit auf, indem Sie sie verknappen: Wer wenig Zeit hat, ist in dieser Zeit effektiver. Nur wenn Sie die Stunden anschließend mit effektiver Arbeit verbringen, ist es erlaubt, den Zeitraum auszudehnen.

  • 8. Hinterfragen Sie Ihr Aufschieben

    Denken Sie bewusst darüber nach, welche Ursachen bei Ihnen hinter dem Aufschieben stecken. Warum ist die Prokrastination zur Gewohnheit geworden? Was ist so unangenehm am Erledigen bestimmter Tätigkeiten? Löst es Stress aus? Können Sie diese Tätigkeiten so angehen, dass sie keinen Stress und keine negativen Gefühle auslösen? Durchbrechen Sie Gewohnheiten und packen Sie Aufgaben beim nächsten Mal anders an.

  • 9. Nutzen Sie die Ritual-Technik

    Legen Sie einen bestimmten Zeitpunkt fest, an dem Sie mit einem Punkt auf Ihrer To-do-Liste anfangen wollen. Stellen Sie einen Wecker 15 Minuten vor dem geplanten Arbeitsbeginn. Nun bereiten Sie sich in einem Ritual auf die Arbeit vor: Sammeln Sie eventuelle benötigte Unterlagen, räumen Sie Ihren Schreibtisch auf, lüften Sie noch einmal durch etc. Je öfter Sie dieses Ritual durchführen, desto leichter wird Ihnen der Arbeitsbeginn in Zukunft fallen.

  • 10. Fangen Sie auf die Minute genau an

    Ist der Zeitpunkt gekommen, an dem Sie geplant haben zu starten, fangen Sie sofort an. Jede Minute, die jetzt verstreicht, macht es unwahrscheinlicher, dass Sie sich noch zum Erledigen der Aufgabe aufraffen. Nach der 72-Stunden-Regel sinkt die Chance ein Projekt zu beginnen, wenn wir nicht innerhalb von drei Tagen starten, sogar auf ein Prozent.

  • 11. Richten Sie sich nach Ihren persönlichen Leistungsphasen

    Die Leistungsphasen liegen individuell stark zeitversetzt. Sie sind eine Lerche, die problemlos früh aufstehen und sich morgens am besten konzentrieren kann? Nutzen Sie vor allem diese Zeit, um aufgeschobene, schwierige, unangenehme Dinge abzuhaken. Wenn Sie hingegen zu den Eulen gehören, können Sie sich abends und nachts besonders gut konzentrieren. Respektieren Sie diesen Rhythmus – das Arbeiten wird Ihnen wesentlich leichter fallen.

  • 12. Grenzen Sie Arbeit und Freizeit voneinander ab

    Reservieren Sie abends eine feste Erholungszeit, auf die Sie sich freuen können. Arbeiten ist ab einer bestimmten Uhrzeit nicht mehr erlaubt. Legen Sie aber auch im Laufe des Tages Pausen fest. Ihre Freizeit können Sie dann ohne schlechtes Gewissen genießen.

  • 13. Belohnen Sie sich

    Vermutlich lobt Sie niemand, wenn Sie einen Punkt auf Ihrer To-do-Liste abgehakt haben. Überlegen Sie sich deswegen vor dem Arbeitsbeginn eine kleine Belohnung, die Sie dann nach dem Abschluss der Aufgabe auch wirklich einlösen. Kaufen Sie sich zum Beispiel ein Buch, das Sie schon lange lesen wollten oder verwöhnen Sie Sich mit einem entspannenden Bad. Ihre Motivation wird durch die Belohnungen steigen.

  • 14. Teilen Sie Familie oder Freunden Ihre Pläne mit

    Wer anderen Menschen erzählt, welche Ziele er sich gesetzt hat, bewirkt folgendes: Diese entwickeln die Erwartung, dass Sie die Aufgabe nun auch tatsächlich erledigen. So schaffen Sie sich ein äußeres Druckmittel, das für Sie zum Anreiz wird.

  • 15. Nehmen Sie professionelle Hilfe in Anspruch

    Die Tipps haben Sie ausprobiert und kommen trotzdem nicht gegen das Aufschieben an? Die Westfälische Wilhelms-Universität Münster bietet einen Selbsttest für Prokrastination an: Dieser dient als erste Einschätzung, wie stark Ihr Verhalten ausgeprägt ist und ob es behandelt werden sollte. Häufig tritt das Prokrastinieren zusammen mit einer Depression auf, es kann aber auch die Begleiterscheinung einer Angststörung, von ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-/Hyperaktivitäts-Störung) oder einer Psychose sein. In diesen Fällen sollte eine Psychotherapie, idealerweise eine kognitive Verhaltenstherapie als Behandlung erfolgen.

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