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Life-Coaching: Was ist dran am Trend zur Selbstoptimierung?

Veröffentlicht am:02.12.2024

6 Minuten Lesedauer

Mit den sozialen Medien ist die Zahl der Life-Coaching-Angebote gestiegen. Das Versprechen: Selbstoptimierung für ein glücklicheres und erfolgreicheres Leben. Das ist oft zu schön, um wahr zu sein. Wie erkennt man seriöse Angebote?

Zwei junge Frauen stehen vor einem Flipchart. Die eine schreibt mit einem Stift etwas in ein Kästchen eines Diagramms. Die andere liest das Geschriebene.

© iStock / PeopleImages

Mental Coach, Life Coaching, Mindset Coaching: Worum geht es?

Wer „Coach“ in eine Internetsuchmaschine eingibt, merkt schnell: Die Coaching-Branche boomt (oder zumindest ist das Angebot unüberschaubar groß). Coachings gibt es für nahezu jeden Lebensbereich: Fitness, Karriere, Finanzen, Ernährung, Partnerschaft, Sexualität oder Persönlichkeitsentwicklung (auch „Personal Development“ genannt). Wenn es um Letzteres geht, nennen sich die Anbietenden meist Life-, Mental- oder Mindset-Coach beziehungsweise -Coachin. In solchen Coachings geht es darum, die eigene Einstellung zum Leben oder zu Problemen zu verändern, um mit diesen besser umgehen zu können, ein zufriedeneres Leben zu führen und beruflich oder privat erfolgreicher zu sein.

Coach ist keine klar definierte Berufsbezeichnung

Der Begriff „Coach“ (= „Trainer“) stammt ursprünglich aus dem Sport. Von dort aus hat Coaching zunächst Einzug in die Wirtschaft gehalten, beispielsweise in der Führungskräfteentwicklung. Heute wird in allen erdenklichen Lebensbereichen gecoacht. Coaching kann hilfreich sein; aber nur, wenn es von Personen durchgeführt wird, die für ihr jeweiliges Tätigkeitsfeld qualifiziert sind (so wie Sie von Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin ein Medizinstudium erwarten). Dazu sollten Sie wissen: Jeder darf sich Coach oder Coachin nennen. Der Beruf ist nicht gesetzlich geschützt, es gibt keine einheitlichen Qualitätsstandards und keine geregelte Ausbildung.

Life-Coaching: besonders anfällig für Missbrauch

Das bedeutet nicht, dass es kein seriöses Coaching gibt. Aber es ist ein Einfallstor für Betrüger und Betrügerinnen, die ohne jegliche Qualifikation auf den florierenden Coaching-Zug aufspringen. Dies gilt umso mehr für Coachings zur Persönlichkeitsentwicklung. Während Interessenten im Bereich des Business-Coachings in der Regel bestimmte betriebswirtschaftliche Qualifikationen voraussetzen, ist bei Fragen des Mindsets oder der Selbstoptimierung nicht einmal klar, welche Ausbildung hierfür erforderlich ist – Psychologie, Philosophie, Theologie? Manchmal gibt es gar keine und die coachende Person beruft sich ausschließlich auf ihren persönlichen Erfolg oder ihre Lebenserfahrung.

Life-Coaching und Psychotherapie

Wenn Menschen psychische Probleme haben und beispielsweise keine Psychotherapie in Anspruch nehmen möchten, mag es nahe liegen, stattdessen Hilfe bei einem Life-Coach oder einer Coachin zu suchen. Das ist aber keine gute Idee, denn das Life-Coaching erfordert keine psychotherapeutische Ausbildung. Coaching ist eine Unterstützung für psychisch gesunde Menschen.

Gute Coaches und Coachinnen können helfen, berufliche Ziele zu erreichen oder die persönliche Lebensführung so zu verändern, dass die Gecoachten ihre Lebenszufriedenheit steigern können. Sie sind jedoch nicht dafür ausgebildet, psychische Störungen zu erkennen oder gar zu behandeln. Zwar kann ein Coaching von den Betroffenen als weniger stigmatisierend empfunden werden als eine Psychotherapie. Aber: Auch wenn im Coaching häufig auf psychotherapeutische Konzepte zurückgegriffen wird – die Gefahr, dass sich psychische Probleme durch eine unangemessene Behandlung nicht bessern oder sogar verschlimmern, ist groß. Menschen mit psychischen Problemen sollten professionelle Hilfe suchen. Diese finden sie bei entsprechend ausgebildeten Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen sowie Psychiatern und Psychiaterinnen.

Interaktive Hilfe zur Selbsthilfe

Was sollte ich vor dem Coaching und währenddessen beachten?

Im Idealfall helfen Life-Coaching-Angebote Menschen dabei, ihr Selbstvertrauen zu stärken, um private oder berufliche Herausforderungen zu meistern. Bevor Sie ein Coaching in Erwägung ziehen, ist es ratsam, das angestrebte Ziel mit dem Coach oder der Coachin zu besprechen. Dieses Beratungsziel und die ungefähre Dauer des Coachings sollten im Vorfeld festgelegt werden.

Wann ist Vorsicht geboten?

Was den Coach beziehungsweise die Coachin selbst betrifft, so sollte dessen oder deren fachliche Qualifikation nachvollziehbar und belegt sein. Das kann zum Beispiel ein psychologisches Universitätsdiplom sein. Zertifikate von unbekannten privaten Einrichtungen sagen hingegen wenig aus. Die im Coaching angewandten Methoden müssen transparent und gut erklärt sein. Am besten ist es, wenn der Coach oder die Coachin die Wirksamkeit der Methode durch wissenschaftliche Studien nachweisen kann. Umgekehrt ist Vorsicht geboten, wenn

  • die Erfolgsversprechen zu großspurig-optimistisch sind,
  • es keine oder wenige Informationen über das konkrete Angebot und die Coachingmethoden gibt,
  • Sie gedrängt werden, sofort und ohne kostenfreie Probesitzung einen Vertrag zu unterzeichnen.

Was zeichnet gutes Coaching aus?

Während des Coachings zeichnet sich ein professionell arbeitender Coach oder eine Coachin dadurch aus, dass er oder sie

  • zielgerichtete Fragen stellt, die es der gecoachten Person ermöglichen, eigene Gedanken und Vorstellungen zu verarbeiten sowie neue Ideen und Perspektiven zu entwickeln.
  • ein gleichberechtigtes Vertrauensverhältnis ermöglicht.
  • zuhört, ohne zu werten.
  • die Eigeninitiative und -verantwortung der Gecoachten fördert und sie darin unterstützt, selbst klare Entwicklungsziele zu identifizieren und zu verfolgen.

Tipp: Der Verein Sekteninfo NRW hat eine hilfreiche Checkliste Coaching mit Kriterien zur Beurteilung von Coaching-Angeboten erstellt.

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Selbstoptimierung durch Coaching?

Der Life-Coaching-Boom geht Hand in Hand mit dem Trend zur Selbstoptimierung – einem Phänomen, das sich mit dem Aufkommen von Social Media immer weiter Bahn gebrochen hat. In den sozialen Medien sehen wir ständig Leute, die erfolgreicher oder attraktiver als wir selbst erscheinen. Im direkten Vergleich fühlen sich viele Menschen unterlegen und wollen an sich arbeiten, um diesen Vorbildern näher zu kommen. Kurz: Sie wollen sich optimieren. Der Selbstoptimierungstrend hat wiederum einen lukrativen Markt für Persönlichkeitsentwicklung mit Ratgeberliteratur, Vortragsreisen selbsternannter Experten und Expertinnen und eben Coaching-Angeboten hervorgebracht.

Optimierung: von der Wirtschaft ins Privatleben

An sich zu arbeiten und zu trainieren, um sich in bestimmten Bereichen zu verbessern (sei es die körperliche Fitness oder die soziale Kompetenz) – das gab es schon immer. Der aktuelle Optimierungstrend geht aber weiter und hat seinen Ursprung im Wirtschaftsleben. So ist Optimierung (von lateinisch „optimus“: der Beste) insbesondere in der Unternehmensberatung ein beliebtes Schlagwort. Oft heißt es, dass betriebliche Prozesse oder Systeme optimiert werden müssen, um das Unternehmensergebnis zu steigern. Bei der Selbstoptimierung geht es aber nicht darum, Betriebsabläufe zu optimieren, sondern Menschen. Entsprechend gilt: Jeder und jede soll das Beste aus sich und seinem beziehungsweise ihrem Leben machen.

Ein junger, bärtiger Jogger läuft in kurzer Trainingskleidung eine Betontreppe im Freien hinauf.

© iStock / golero

Höher, schneller, weiter: In der Fitness funktioniert das. Geht es um den Lebensstil, ist Optimierung die falsche Strategie.

Körperliche Optimierung durch Fitnesstraining und Schönheitschirurgie

Glaubt man den Angeboten, so lassen sich alle Aspekte des „Selbst“ (also dessen, was uns ausmacht) optimieren, sowohl körperliche als auch psychische Eigenschaften. Für die körperliche Selbstoptimierung sorgt die plastische Chirurgie, wenn es um Muskelkraft und Ausdauer geht, ein Fitness-Coach oder eine Fitness-Coachin. Für die Selbstkontrolle bei der Optimierung gibt es Apps zum Self-Tracking wie Schrittzähler und Pulsmesser, die den Erfolg kontinuierlich messen. Alles, um besser auszusehen und/oder körperlich leistungsfähiger zu sein.

Für die „optimierte“ Psyche ist das Mindset-Coaching zuständig

Geht es um die psychischen Voraussetzungen für größtmöglichen Lebenserfolg – zum Beispiel um psychische Stabilität oder um die optimale persönliche Einstellung („Mindset“) –, dann springt die Life-Coaching-Branche in die Bresche. Es stellt sich allerdings die Frage, ob „Psyche“ und „Optimierung“ zueinander passen. Der Begriff „Optimierung“ ist schon im körperlichen Bereich problematisch, aber für die Psyche ist noch schwerer zu erklären, was hier unter „optimal“ zu verstehen sein soll. Das kann bei dem einen Coach die größtmögliche eigene psychische Widerstandskraft sein (in der Psychologie die Resilienz) und bei einer anderen Coachin, die eher auf Soft Skills setzt, vielleicht Empathie.

Kritik am Optimierungstrend

Keine Frage: Es gibt seriöse und qualitativ hochwertige Coaching-Angebote, auch im Life-Coaching-Bereich. Vorsicht ist jedoch geboten, wenn Coaches oder Coachinnen Selbstoptimierung versprechen. Manche Fachleute wenden grundsätzlich ein, dass der eher ökonomisch-technische Begriff der Optimierung für die menschliche Lebensführung und die praktischen Beziehungen der Menschen untereinander und das Verhältnis zum eigenen Selbst ungeeignet ist.

Außerdem stehen offene Fragen im Raum, zum Beispiel:

  • Wer legt fest, was für mich optimal ist – ich selbst, die coachende Person, Influencer oder Prominente auf Instagram?
  • Sind deren Ziele und Vorstellungen auch wirklich meine eigenen?

Auch wenn der Wunsch nach Selbstoptimierung aus eigenem Antrieb heraus entsteht, bleibt ein Hauptproblem der Selbstoptimierung bestehen: Die Vorstellung, sich ständig verbessern zu müssen, hindert uns daran, uns so zu akzeptieren, wie wir sind. Der Weg zu einem gesunden Selbstwertgefühl durch Selbstakzeptanz kann so durch den Drang zur Selbstoptimierung eher verbaut als erleichtert werden.

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