Kinder
Schulprobleme durch Konzentrationsschwäche – das können Eltern und Lehrer tun
Veröffentlicht am:21.03.2022
5 Minuten Lesedauer
Manche Kinder tun sich in der Schule einfach schwer, sie sind ständig abgelenkt und können sich nicht konzentrieren. Haben diese Kinder keine Lust? Ganz so einfach ist das nicht. Ein Experte erklärt mögliche Ursachen von Schulproblemen.
„Es gibt keine faulen Kinder“, der Meinung ist zumindest Engelbert Schmid, Bundesvorsitzender des Bundesverbands Aktion Humane Schule e.V. Schließlich wollen Kinder dazugehören und keine Außenseiter sein.
Schlechte Noten können aber genau das begünstigen: Schüler, die dem Erwartungs- und Leistungsdruck nicht mehr gerecht werden können, verlieren an Selbstvertrauen. Sie ziehen sich zurück, beginnen den Unterricht zu schwänzen oder den Unterricht permanent zu stören. Durch die Verhaltensprobleme verlieren sie den Anschluss an die Klassengemeinschaft, die Lust auf die Schule sinkt und die Leistungen werden weiter schlechter – ein Teufelskreis.
Laut Schmid seien eher Konzentrationsprobleme der Schüler der Grund für schlechtere Noten. Darum schweifen sie immer wieder ab, lassen sich schnell ablenken und wirken lustlos. Schulaufgaben im geforderten Rahmen zu erfüllen ist so kaum möglich. Natürlich spielen auch individuelle Eigenschaften wie Intelligenz oder Kreativität eine Rolle bei der schulischen Leistung. Doch auch diese Eigenschaften kommen bei einer geringeren Aufmerksamkeitsspanne zu kurz. Eltern und Lehrer sind in so einer Situation besonders gefragt, sie sollten das Kind beobachten und sich fragen, warum es sich oft so schlecht konzentrieren kann. „Sie brauchen eine gewisse Sensibilität“, nennt das Engelbert Schmid. Denn in der Regel findet sich die Ursache im direkten Lebensumfeld.
Passende Artikel zum Thema
Konzentrationsschwäche als Folge von Stress
Stress gehört nicht nur zum Alltag von Erwachsenen, auch Kinder sind davon betroffen. Er entsteht beispielsweise, wenn sich die Eltern ständig streiten oder wenn die Freizeit so vollgepackt ist, dass die Kinder von einem Termin zum nächsten hetzen. Dabei brauchen Kinder Zeit, in der sie sich ausleben und erholen können, um dem Schulalltag gewachsen zu sein. Dazu gehört auch ausreichend Schlaf. Stress aber kann diesen empfindlich stören. Das wiederum begünstigt das Nachlassen der Konzentrations- und Leistungsfähigkeit und steigert das Stresslevel weiter. Konzentrationsprobleme sind die logische Konsequenz.
In der Schule können außerdem Reibereien und Streitigkeiten mit Mitschülern Auslöser für Stress sein. Zwar gibt es die in jeder Klasse und durch sie lernen Kinder auch, Konflikte selber zu lösen, aber in manchen Fällen kann sich daraus Mobbing entwickeln. Der mentale Dauerstress, dem sie dann ausgesetzt sind, kann sogar krank machen. Darum sollten Eltern und Lehrer die Warnsignale von Mobbing kennen.
Mobbing
Sie sollten hellhörig werden, wenn Ihr Kind nicht mehr gern in die Schule geht, keine Freunde mehr treffen möchte und verängstigt und still wirkt. Der Grund könnte Mobbing in der Schule sein. Sprechen Sie offen mit Ihrem Kind und mit dem Klassenlehrer darüber. Viele Schulen haben Programme gegen Mobbing und helfen Kindern und Eltern. Auch der schulpsychologische Dienst kann unterstützen, ebenso Jugendberatungsstellen.
- Hilfe bei Mobbing: Das können Sie tun
Cybermobbing
Unter Cybermobbing versteht man das Belästigen, Beleidigen oder sogar Bedrohen über die sozialen Medien. Es ist ein Mittel, um Mitschüler scheinbar anonym unter Druck zu setzen. Betroffene fühlen sich dem digitalen Terror oft schutzlos ausgeliefert. Die Alarmzeichen sind dieselben wie bei klassischem Mobbing. Betroffene Kinder verlieren oft die Freude an vielen Dingen und ziehen sich immer mehr zurück.
- SCHAU HIN! Der Medienratgeber für Familien
Konzentrationsschwäche als Folge von Krankheiten
Manchmal hilft es aber nicht, wenn mögliche Stressauslöser vermieden werden. Das kann daran liegen, dass Kinder eine Schwäche in bestimmten Fächern haben. Dann hilft es auch nicht, wenn zu Hause verstärkt gelernt wird, das würde die Kinder nur frustrieren, da sie merken, wie wenig Fortschritte sie machen. Der richtige Schritt wäre ein gemeinsamer Besuch beim Arzt oder ein Gespräch mit dem Lehrer, denn in diesen Fällen können die Konzentrations- und Schulprobleme folgende Ursache haben.
Das Zappelphilipp-Syndrom ADHS
Ist Ihr Kind hyperaktiv, sehr impulsiv und kann sich nur kurz konzentrieren? Bemerken Sie Stimmungsschwankungen und Aggressivität in seinem täglichen Verhalten? Reden Sie mit Ihrem Arzt darüber. Möglicherweise liegen Anzeichen für eine Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts-) Störung (ADHS) vor. Eine endgültige Diagnose können nur speziell ausgebildete Kinderärzte oder Kinderpsychologen stellen. Es gibt verschiedene Behandlungsansätze.
Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS)
Manche Kinder können bereits gelernte, schon geübte Buchstaben und Grundwörter nicht wiedererkennen und haben Probleme beim Lesen und Schreiben. Wenn Sie glauben, dass Ihr Kind davon betroffen ist, sprechen Sie mit seinem Deutschlehrer. Er kann Ihnen sagen, ob er Legasthenie vermutet. Bestätigt sich diese Vermutung, ist das kein Grund zur Sorge. Die Lese-Rechtschreib-Schwäche ist eine Entwicklungsstörung, die Kinder mit einem gezielten Förderprogramm in den Griff bekommen können.
- Lesekompetenz von Kindern stärken: Freude am Kopfkino wecken
Dyskalkulie
Fünf bis sechs Prozent der Grundschüler leiden an Dyskalkulie. Die Rechenschwäche erschwert Kindern das Grundverständnis von Mathematik, was das Erlernen von Grundrechenarten schier unmöglich macht. Mit intensivem Üben allein ist es aber nicht getan. Gezielte Fördermaßnahmen von speziell geschulten Fachkräften helfen, diese Lernauffälligkeit zu überwinden.
„Kinder wollen immer lernen, bedenkt man nur, was sie alles können, ohne dass die Schule dabei geholfen hat, zum Beispiel Laufen und Sprechen.“
Engelbert Schmid
Bundesvorsitzender des Bundesverbands Aktion Humane Schule e.V.
Das können Lehrer und Eltern bei Konzentrationsschwierigkeiten tun
Probleme in der Schule sind für alle Betroffenen eine Belastung. Deshalb hilft es nicht, jemandem Vorwürfe zu machen, schon gar nicht den Kindern. Ganz im Gegenteil: „Das Kind muss das Gefühl haben, dass es mit jedem Problem zu seinen Eltern kommen darf, und nicht, dass es seine Eltern mit seinen Problemen belastet, nur so kann es wieder einen freien Kopf bekommen“, ist sich Engelbert Schmid sicher. Lehrer sieht der Pädagoge darin in der Pflicht, eine ordentliche Beziehung aufzubauen. Gelänge ihnen das nicht, werde es schwierig für das Kind, von der Lehrkraft zu lernen.
Die Basis ist also immer ein gesundes Vertrauensverhältnis. Wenn das stimmt, dann ist schon einmal viel getan, um einem Kind aus seinem schulischen Tief zu helfen. Denn auch wenn die Noten es nicht widerspiegeln, Kinder wollen eigentlich immer lernen: „Wenn man bedenkt, was sie alles können, ohne dass die Schule dabei geholfen hat, zum Beispiel Laufen und Sprechen, oder wie schnell sie den Umgang mit sozialen Medien beherrschen, das sind auch alles Lernprozesse.“