Psychologie
So bleibt Mann gesund
Veröffentlicht am:26.08.2021
6 Minuten Lesedauer
Aktualisiert am: 09.09.2021
Bewusster leben, mehr auf Körper und Seele achten – genau jetzt ist der richtige Zeitpunkt, damit anzufangen. Warum das manchmal nicht ganz einfach ist für Männer und wie es trotzdem funktionieren kann: Männergesundheit im Visier.
Männer und Gesundheitsvorsorge – ein ungleiches Paar?
Mal wieder Überstunden gemacht und zu Hause wollen die Kids auch noch was von Papa haben. Und als wäre die Woche nicht stressig genug, ist die To-do-Liste am Wochenende ebenso lang: Familienausflug, Großeinkauf, Fahrrad: platt, Wasserhahn: tropft. Keine Frage, Mann hat’s oft nicht leicht.
„Menschen finden oft keine Zeit für Freiräume, um sich zu entspannen oder um sich selbst zu kümmern“, sagt Professor Kurt Miller von der Stiftung Männergesundheit. Der Druck, ständig Leistung zu bringen, Aufgaben zu erfüllen und zu funktionieren, beeinflusst das körperliche und seelische Wohlbefinden von Frauen und Männern. „Sich deshalb aber mehr um ihre Gesundheit zu kümmern, erachten – im Vergleich zu Frauen – viele Männer als nebensächlich und überflüssig oder empfinden es als Schwäche“, so der Mediziner.
Männer setzen sich mehr Risiken aus
Stärke, Macht, Konkurrenz, Unabhängigkeit, Wagemut und Tapferkeit: Diese sogenannten männlichen Stereotypen führen dazu, dass Männer im Gegensatz zu Frauen weniger fürsorglich gegenüber dem eigenen Körper sind und seltener über ihre Krankheiten reden. Im typischen Rollenbild des „starken Geschlechts“ scheint dafür für viele einfach kein Platz zu sein. „Die traditionelle Männerrolle begünstigt die Bereitschaft, Risiken einzugehen“, sagt Dr. Annette Bornhäuser von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).
Prägung des Gesundheitsbewusstseins durch die Erziehung
Die soziale Prägung, also die Werte und Verhaltensweisen, die Männer von ihren Eltern erhalten haben, spielt eine große Rolle. „Die Erziehung in jungen Jahren schafft eine wesentliche und dauerhafte Grundlage für gesundheitsbewusstes Verhalten“, sagt Professor Kurt Miller. Es lohnt sich für Eltern, die klassische Männerrolle oder klassisch männliche Stereotype auch mal infrage zu stellen. Was Eltern, Freunde und Altersgenossen vorgelebt haben, was die Umgebung, in der Kinder aufgewachsen sind, mitgegeben hat, das alles bildet einen wichtigen Baustein für ein zukünftiges gesundes Leben.
Männer gehen seltener zu Vorsorgeuntersuchungen
„Männer fühlen sich oft weniger anfällig für Krankheiten“, so die Leiterin des Referats Gesundes Alter, Frauengesundheit, Männergesundheit. Daher werden selbst wichtige Arztbesuche häufig auf die lange Bank geschoben. So nutze nur etwa jeder vierte Mann die Krebsvorsorge oder Herz-Kreislauf-Checks. „Dabei sind die häufigsten Männererkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall und Prostatakrebs nicht nur ernst und lebensgefährdend, sondern zu einem großen Teil vermeidbar“, sagt Dr. Bornhäuser.
Daten und Fakten der BZgA belegen zudem, dass sich Männer oft weniger gesund ernähren. Sie essen gern fett- und fleischreich. Bei Steak und Currywurst wird das „starke Geschlecht“ oft schwach, Obst und Gemüse dagegen sind oft nur Deko. So gilt bereits fast jeder fünfte Mann in Deutschland als fettleibig. Doch mit jedem Kilo steigt das Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten – der häufigsten Todesursache von Männern.
Das Stereotyp „starker Mann“ und psychische Krankheit passen nicht zusammen
So wenig Männer ihre körperliche Verletzlichkeit beachten, so selten ziehen sie in Betracht, dass sie seelische Probleme haben könnten. Eine dreimal so hohe Selbstmordrate wie bei Frauen ist jedoch ein deutliches Warnzeichen, wie die Stiftung Männergesundheit berichtet. Aber so weit muss es gar nicht gehen: Auch Schlafstörungen können die Folge sein, ebenso Depressionen. Diese nehmen auch bei Männern zu. Im Vorjahr gab es fast doppelt so viele Diagnosen wie 2014, vor allem bei Männern zwischen 45 und 64.
Mögliche Ursachen für die Probleme: Arbeitslosigkeit, die als Demütigung empfunden wird, Geldsorgen oder das Zerbrechen von Beziehungen und Freundschaften. „Psychische Erkrankungen werden bei Männern aber häufig nicht erkannt und oft unzureichend therapiert. Zum einen, weil sie sich weigern, professionelle Hilfe und Rat zu suchen, zum anderen, weil sie ihre seelischen Probleme oft lange verdrängen“, sagt Kurt Miller.
„Psychische Erkrankungen werden bei Männern häufig nicht erkannt.“
Prof. Dr. Kurt Miller
Vorstand der Stiftung Männergesundheit
„Grundsätzlich ist es aber nie zu spät, seinem Leben eine neue Richtung zu geben“, so der Professor. Deshalb dürfen sich Männer ruhig mehr Erholungsphasen gönnen oder zwischendurch mal eine Auszeit nehmen.
- Kaffee trinken, ohne dabei Mails zu checken, oder eine Runde um den Block gehen – es sind schon kleine Dinge, die den täglichen Stress weniger spürbar und belastend machen.
- Kleine Routinen im Alltag fördern eine stabile Work-Life-Balance und ein Bewusstsein für Achtsamkeit.
- Dazu gehört auch die Selbstfürsorge, das Kümmern um sich selbst, zum Beispiel sich morgens nach dem Duschen einzucremen oder zum Hausarzt zu gehen, wenn ein Unwohlsein im Bauch verspürt wird. Bewegung und Sport (am besten mindestens dreimal in der Woche je 30 Minuten Ausdauersport wie Joggen, Nordic Walking oder Radfahren) helfen zudem, die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden wesentlich zu verbessern.
Fakten zur Männergesundheit in Deutschland
So steht es um die Männergesundheit in Deutschland laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.
- Übergewicht: Fast zwei Drittel der Männer (61,6 Prozent) sind übergewichtig (Frauen: 46,7 Prozent).
- Herzinfarkt: Jährlich werden 142 470 Männer wegen eines Infarkts im Krankenhaus behandelt (Frauen: 69 752).
- Rauchen: Mehr Männer (26,4 Prozent) als Frauen (20,2 Prozent) rauchen.
- Erschöpfung: Immer mehr Männer klagen über körperliche und geistige Erschöpfung (seit 2010 hat sich ihre Zahl verdreifacht).
- Alter: Männer (Lebenserwartung 78,5 Jahre) sterben knapp fünf Jahre früher als Frauen (83,3 Jahre).
Empfehlung vom Experten
Neben Achtsamkeit, Vorsorge und Krebsfrüherkennung lautet die zentrale Empfehlung von Professor Miller: „Risikovermeidung! Vor allem den Alkoholkonsum reduzieren, nicht rauchen, Sport machen und bewusst ernähren.“ Damit lege man einen Grundstein für ein gesundes Leben, oft bis ins hohe Alter. Ebenfalls wichtig: regelmäßige Treffen mit Freunden oder der Besuch von kulturellen Veranstaltungen.
Movember – Zeichen setzen für Männergesundheit
Der Name Movember ist eine Kombination aus November und „Moustache“, dem französischen Wort für Schnurrbart. Seit 2003 ruft die Movember Foundation e.V. Jahr für Jahr die Männerwelt auf, sich im November einen Schnurrbart wachsen zu lassen, um auf Männergesundheit und die Wichtigkeit von Früherkennungsuntersuchungen aufmerksam zu machen. Teilnehmer können sich auf der Aktionsseite registrieren und mit ihrem Schnurrbart ein sichtbares Zeichen für die Männergesundheit setzen. Natürlich auch außerhalb der Webseite.
Auch Frauen können bei der Aktion mitmachen – es gibt viele entsprechende Bildfilter oder auch den „Schnurrbart am Stiel“, den sie sich beim Fotografieren vor das Gesicht halten kann.
Aufmerksamkeit und Spenden durch Movember-Schnurrbart
Zum Mitmachen: Im Rahmen dieser Aktion bitten Oberlippenbartträger zum Beispiel im Bekannten- und Freundeskreis um Spenden oder starten eigene Spendenaktionen zugunsten der Erforschung und Vorbeugung von Prostata- und Hodenkrebs sowie von Depressionen und Suizid.
Ein positiver Nebeneffekt: Eine so markante optische Veränderung fällt auf. Der Schnurrbart weckt Neugier und bietet eine ideale Gelegenheit, offen über das Thema Männergesundheit zu sprechen. Damit sensibilisiert die Aktion für Vorsorgeuntersuchungen – ein bei Männern oft wenig beachtetes Thema.
Durchchecken lassen
Beim Check-up kann der Hausarzt Krankheiten frühzeitig erkennen. Er untersucht Blut und Organe auf Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen, Stoffwechselstörungen wie Diabetes und andere Krankheiten. Für AOK-Versicherte ab 18 Jahren bis zum Ende des 34. Lebensjahres übernimmt die AOK einmalig die Kosten für einen Gesundheitscheck, ab 35 dann alle drei Jahre.
Von Check-up bis Krebsfrüherkennung, hier finden Sie alle Vorsorgeleistungen Ihrer AOK.
Hilfe bei Depressionen
Jeder reagiert anders auf dauerhafte Belastungen. Wenn Sie unter Erschöpfung leiden, sich nachts schlaflos hin- und herwälzen, wenn sich die negativen Gedankenmuster nicht mehr durchbrechen lassen, ist professionelle Hilfe nötig.
Diese als Betroffener zu nutzen, ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Selbstfürsorge. Die AOK unterstützt Sie mit verschiedenen Hilfsangeboten.
Auspowern in der Gruppe
Bewegung und Sport sind ein geeignetes Rezept, um die psychische Gesundheit und das eigene Wohlbefinden zu verbessern. Wer dabei auf Gruppendynamik baut, findet bei den AOK-Gesundheitspartnern viele passende Angebote. Easy Running etwa ist ein Outdoortraining, das die Grundlagen für eigenständiges Lauftraining schaffen soll. Functional Training setzt auf Übungen mit dem eigenen Körpergewicht.
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