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Krankenhausreform: Vorhaltung finanzieren – aber sinnvoll

13.02.2024 AOK-Bundesverband 3 Min. Lesedauer

Die Diskussion um die Krankenhausreform hält weiter an. Es geht auch um die konkrete Umsetzung der Vorhaltekostenfinanzierung. Was wichtig ist, erläutert AOK-Krankenhausexperte Dr. Jürgen Malzahn.

Operatuer und Assistent schließen eine OP-Wunde mit einem Faden (Ausschnitt der Hände) im Vordergrund weiteres OP-Besteck

Eine Studie des Hamburger Analyseunternehmens Vebeto simulierte die Auswirkungen der geplanten Vorhaltekostenfinanzierung von Krankenhäusern, wie sie die derzeitige Arbeitsfassung des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) vorsieht, und stellt Probleme des Vorhabens dar. „Vorhaltung muss am Bedarf ausgerichtet und mit der Krankenhausplanung Die Planung von Krankenhäusern steht in der Verantwortung der Bundesländer, die damit die… verknüpft werden. Denn fallabhängige Vorhaltefinanzierung führt zu Bürokratie, ohne mengendämpfend und konzentrationsfördernd zu wirken“, sagt Dr. Jürgen Malzahn, Leiter der Krankenhausabteilung des AOK Die AOK hat mit mehr als 20,9 Millionen Mitgliedern (Stand November 2021) als zweistärkste Kassenart… -Bundesverbandes.

Aschblonder Mann in grau-beige-kariertem Sakko, weißes Hemd weinrot-weiß-schwarz-orange gestreifte Krawatte
Foto: Dr. Jürgen Malzahn, Leiter der Abteilung Stationäre Versorgung (AOK-Bundesverband)

Herr Malzahn, Wie bewerten Sie die Projektion des Analyseunternehmens Vebeto in Bezug auf die von der Bundesregierung geplante Vorhaltekostenfinanzierung der Krankenhäuser? 

Malzahn: Die Projektion von Vebeto zeigt, dass eine fallabhängige Ausgestaltung der Vorhaltefinanzierung, wie sie die Arbeitsentwürfe zur Krankenhausreform vorsehen, fachlich nicht überzeugen kann. Die Ziele der Vorhaltefinanzierung können nur durch eine fallzahlunabhängige Ausgestaltung erreicht werden, das hatten zuletzt auch die Allianz Kommunaler Großkrankenhäuser und der AOK-Bundesverband gegenüber der Politik betont. Das führt dazu, dass AOK-Bundesverband und DKG beide die Vorhaltefinanzierung nach Fällen ablehnen. Aber der AOK-Bundesverband tritt indessen für eine Vorhaltefinanzierung ein, die sich aus dem Bedarf der Bevölkerung ergibt. Die Position der Deutschen Krankenhausgesellschaft ist weniger klar – anscheinend sollen bereits bestehende Elemente wie Notfallzuschläge mit mehr Geld ausgestattet werden. 

Die Expertenkommission kritisiert, dass die Studie Vorhaltekostenfinanzierung isoliert betrachte und erwartbare Veränderungen der Kliniklandschaft nicht hinreichend berücksichtige. Sie führt stattdessen die Umverteilung der Mittel anhand von Leistungsgruppen, den Fixkostendegressionsabschlag und Effizienzgewinne ins Feld. Überzeugt Sie das? 

Malzahn: Die Kritik ist berechtigt. Denn die Prämisse von Vebeto, dass wir in den 2040-er Jahren die gleichen Krankenhausstrukturen wie heute haben, halten auch wir für unrealistisch. Die aktuellen Strukturen können schon aufgrund des Fachkräftemangels nicht aufrechterhalten werden. Es ist ja gerade ein Kernanliegen der Krankenhausreform, durch die leistungsgruppenbasierte und qualitätsorientierte Krankenhausplanung Effizienzreserven zu heben. Zu ergänzen ist, dass eine Vorhaltefinanzierung, die bedarfsorientiert und mit der Krankenhausplanung verknüpft ist, den Kliniken Anreize zum Tausch von Leistungsgruppen gibt – anders als eine fallzahlabhängige Vorhaltefinanzierung. Denn durch die Optimierung ihres Portfolios an Leistungsgruppen können die Häuser Skaleneffekte realisieren. Auf diese Weise steigt die Ergebnisqualität, und das ist für Patientinnen und Patienten entscheidend.

In einem Brief an die Bundesregierung fordert die AOK eine „bedarfs- und aufwandsgerechte Finanzierung“ der Vorhaltekosten. Wie könnte die aussehen?

Malzahn: Zum Start müssen die Vorhaltekosten auf Basis der Ist-Situation ausgegliedert werden. Daraus ergeben sich Landesvorhaltebudgets, die in einen Fonds eingezahlt werden. Durch die Planungsentscheidungen der Länder, die anhand der Leistungsgruppen auch bedarfsbezogen Kapazitäten zuweisen, kommt es für die einzelnen Kliniken zu einer Anpassung der Vorhaltebudgets. Bei der klinikindividuellen Berechnung muss zudem die durchschnittliche Schwere der Fälle des Hauses berücksichtigt werden, um entsprechende Unterschiede zwischen den Krankenhäusern angemessen abzubilden. Mittelfristig brauchen wir eine wissenschaftlich fundierte, fallunabhängige Bedarfsbemessung für stationäre Leistungen, die das Bundesgesundheitsministerium kurzfristig in Auftrag geben sollte. Gleichzeitig brauchen die Kliniken eine ausreichende Investitionsfinanzierung, und die öffentliche Hand muss einen Transformationsfonds finanzieren. Die unterschiedlichen Themen sollten allerdings nicht miteinander vermischt werden, sonst werden die jeweiligen Instrumente ihr Ziel nicht erreichen.

In der aktuellen Fassung (November 2023) delegiert das KHVVG die Ausgestaltung der Vorhaltekostenfinanzierung weitgehend an das Institut für das Entgeltwesen im Krankenhaus Krankenhäuser sind Einrichtungen der stationären Versorgung, deren Kern die Akut- beziehungsweise… (InEK) und die Selbstverwaltungspartner auf der Ortsebene. Eine erste Ausgliederung des Vorhaltevolumens je Bundesland und Leistungsgruppe soll demnach das InEK vornehmen, und zwar anhand eines einheitlichen Prozentanteils der DRGs (nach Abzug von variablen Sachkosten und unter Anrechnung des Pflegebudgets). Die Verteilung der Mittel auf die Klinikstandorte soll das Institut anhand der individuellen Anteile am Case-Mix berechnen. Ausgezahlt wird es im Rahmen der fallbezogenen Rechnungsstellung mit entsprechenden Erlösausgleichen und einem Liquiditätsmechanismus. Das Vorhaltebudget soll erstmals nach zwei, anschließend alle drei Jahre neu kalkuliert werden. Dafür wird das aktuelle Case-Mix-Volumen zugrunde gelegt. Fallzahlschwankungen im Rahmen eines Korridors von plus oder minus 20 Prozent sollen unberücksichtigt bleiben.