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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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Ziff. A.2.4.4.4. RS 2023/04
Ziff. A.2.4.4.4. RS 2023/04, Sondersysteme der sozialen Sicherheit für internationale Organisationen in Deutschland
(1) Die Rechtstellung für Beschäftigte von internationalen Organisationen mit Sitz in Deutschland und ihre Familienangehörigen ergibt sich aus dem Gaststaatgesetz vom 30. 11. 2019 (BGBl. I S. 1929). Eine internationale Organisation im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn sie von mindestens 2 Völkerrechtssubjekten durch völkerrechtlichen Vertrag oder ein anderes völkerrechtliches Instrument errichtet wurde und Rechtsfähigkeit nach Völkerrecht besitzt. Für die Regulierung ihrer Tätigkeit in Deutschland müssen solche Organisationen mit der Bundesrepublik Deutschland ein sogenanntes "Sitzabkommen" abschließen. Das Gesetz findet im Übrigen keine Anwendung auf die Vereinten Nationen, NATO oder auf die Europäische Union und deren Organe oder Einrichtungen.
(2) § 19 Absatz 1 Gaststaatgesetz sieht u. a. vor, dass die deutschen Vorschriften über die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung auf internationale Organisationen und ihre in Deutschland beschäftigten Bediensteten keine Anwendung finden, soweit diese Bediensteten einem System der sozialen Sicherheit einer internationalen Organisation angehören. Auch die Familienangehörigen von Bediensteten werden nach Maßgabe des § 19 Absatz 2 in Verb. mit § 2 Nummer 10 Gaststaatgesetz dem Geltungsbereich der deutschen Vorschriften über die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung entzogen, solange sie über den Bediensteten im System der sozialen Sicherheit der internationalen Organisation berücksichtigungsfähig sind und eine ausreichende Absicherung im Krankheitsfall wie der Bedienstete haben. Die Anerkennung von sozialen Leistungen des Organisationssystems als Voraussetzung für die Befreiung von den deutschen Vorschriften obliegt dem BMAS; die entsprechende Befreiung wird im Bundesanzeiger veröffentlicht.
(3) Aufgrund eines generellen Ausschlusses der deutschen Vorschriften über die Krankenversicherungspflicht kommen weder bei den Bediensteten von internationalen Organisationen noch bei ihren mitversicherten Angehörigen die Regelungen über die Versicherungspflicht nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 SGB V zum Tragen. Vor diesem Hintergrund stellt sich auch die Frage, ob der Krankenversicherungsschutz von internationalen Organisationen die Anforderungen eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 13 SGB V erfüllt, nicht. Nach Sinn und Zweck des § 19 Absätze 1 und 2 Gaststaatgesetz und damit im Wege einer Auslegung dieser Norm gilt, dass für den vorgenannten Personenkreis auch die Begründung einer obligatorischen Anschlussversicherung nach § 188 Absatz 4 SGB V ausgeschlossen wird bzw. eine bereits bestehende freiwillige Versicherung zum Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit bei der internationalen Organisation ohne Kündigung zu beenden ist.
(4) Davon abzugrenzen sind die internationalen Organisationen, die ihre Tätigkeit in Deutschland noch vor dem Inkrafttreten des Gaststaatgesetzes aufgenommen haben. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die soziale Sicherheit deren Beschäftigten ergeben sich nicht aus dem Gesetz, sondern unmittelbar aus den jeweiligen Sitzstaatsabkommen, ggf. ergänzt um weitere rechtliche Grundlagen wie z. B. Immunitätenprotokolle. Diese sehen regelmäßig vor, dass die jeweiligen Organisationen ein eigenes Sozialversicherungssystem (einschließlich Krankenversicherung) für ihre Bediensteten errichten. Gleichzeitig wird sichergestellt, dass die Beschäftigten der internationalen Organisationen in die deutsche GKV nicht einbezogen werden, um eine doppelte Beitragspflicht zu vermeiden. Die hierfür in den jeweiligen Sitzstaatsabkommen verwendeten Formulierungen sind nicht einheitlich. Teilweise wird nur eine Befreiung von Pflichtbeiträgen definiert und teilweise die Anwendbarkeit der Vorschriften des deutschen Krankenversicherungsrechts generell ausgeschlossen. Auf diese Differenzierung kommt es jedoch nach Sinn und Zweck von Sitzstaatsabkommen im Kontext der hier relevanten Regelungen nicht an. Für die Dauer der Beschäftigung und somit der Zugehörigkeit zu einem besonderen Absicherungssystem der internationalen Organisation werden die Betroffenen von der Anwendbarkeit der Regelungen über die Auffang-Versicherungspflicht nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 SGB V ausgeschlossen. Gleiches gilt für den Ausschluss der Begründung der obligatorischen Anschlussversicherung nach § 188 Absatz 4 SGB V; eine bestehende freiwillige Versicherung ist zum Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit bei der internationalen Organisation ohne Kündigung zu beenden. Die vorgenannten Regelungen gelten z. B. für Beschäftigte des Europäischen Patentamts oder der internationalen Organisation EUMETSAT.
(5) Regelmäßig werden auch die Familienangehörigen von Bediensteten der internationalen Organisationen unter bestimmten Voraussetzungen in dieses besondere Sicherungssystem subsidiär einbezogen. Jedoch werden die Familienangehörigen nach den Sitzstaatsabkommen — anders als Beschäftigte selbst und anders als das Gaststaatgesetz dies vorsieht — von den deutschen Vorschriften über die Versicherungspflicht oder die obligatorische Anschlussversicherung nach § 188 Absatz 4 SGB V in der gesetzlichen Krankenversicherung (weiterhin) erfasst. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob der Krankenversicherungsschutz von internationalen Organisationen für Familienangehörige die Anforderungen eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 13 SGB V und § 188 Absatz 4 SGB V erfüllt. Dies ist nach den Kriterien des BSG (vgl. BSG, Urteil vom 20. 3. 2013, — B 12 KR 14/11 R —, USK 2013-7) dann der Fall, wenn das Sicherungsniveau den qualitativen Anforderungen des § 193 Absatz 3 Satz 1 VVG genügt. Zur Erfüllung der Versicherungspflicht ist somit erforderlich, aber auch ausreichend, dass eine anderweitige Absicherung unter Einhaltung einer Selbstbeteiligungsgrenze in Höhe von maximal 5 000 EUR kalenderjährlich ambulante und stationäre Heilbehandlung in Deutschland abdeckt. Dagegen bedarf es weder einer Absicherung von Zahnbehandlungen und Zahnersatz noch von Pflegeleistungen im Sinne der Pflegeversicherung. Bei Absicherungssystemen von internationalen Organisationen mit Sitzstaatsabkommen dürften diese Anforderungen regelmäßig erfüllt sein. Die Krankenkassen können ohne nähere Prüfung unterstellen, dass bereits beim Zustandekommen des entsprechenden Sitzstaatsabkommens Deutschland als Vertragspartner geprüft hat, ob das Absicherungssystem der internationalen Organisation einen ausreichenden Schutz im Krankheitsfall bietet, und nur dann dem Ausschluss des deutschen Krankenversicherungsrechts für die Beschäftigten der Organisation und deren Angehörigen zugestimmt hat, wenn der Versicherungsschutz dem Schutz der GKV gleichwertig ist.
(6) Im Übrigen ist zu beachten, dass die Familienangehörigen durch das Absicherungssystem von internationalen Organisationen nur in Bezug auf die nachrangige Versicherungspflicht nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 SGB V von dieser ausgenommen sind. Erfüllt der Familienangehörige einen anderen Versicherungspflicht-Tatbestand, z. B. durch Ausübung einer mehr als geringfügigen Beschäftigung, gelten für ihn die deutschen Rechtsvorschriften. Eine vorrangige Absicherung über das System der Internationalen Organisation kommt insofern nicht in Betracht.
(7) Endet der Anspruch in einem derartigen Sicherungssystem wegen der Beendigung des Dienstverhältnisses oder des Wegfalls der Voraussetzungen für Familienangehörige, muss bei der Prüfung des Tatbestandes "zuletzt versichert" im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 13 SGB V auf die Versicherungssystemzugehörigkeit vor der Absicherung in diesem Sondersystem zurückgegriffen werden, weil es weder der GKV noch der PKV zuzuordnen ist. Darüber hinaus kann sich das Zugangsrecht zur freiwilligen Krankenversicherung bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 SGB V ergeben.
(8) Die in diesem Abschnitt dargestellten Grundsätze gelten für Mitglieder einer Truppe, eines zivilen Gefolges der Streitkräfte der NATO und deren Angehörige sinngemäß, sofern sie nach Artikel 13 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut von der Anwendbarkeit der in Deutschland geltenden Bestimmungen über soziale Sicherheit ausgeschlossen sind.
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