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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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EuGH 11.04.2024 - C-116/23
EuGH 11.04.2024 - C-116/23 - URTEIL DES GERICHTSHOFS (Siebte Kammer) - 11. April 2024 ( *1) - „Vorlage zur Vorabentscheidung – Soziale Sicherheit – Wanderarbeitnehmer – Familienleistungen – Verordnung (EG) Nr. 883/2004 – Art. 3 – Leistungen bei Krankheit – Geltungsbereich – Pflegekarenzgeld – Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats, der in einem anderen Mitgliedstaat wohnt und arbeitet und einen Familienangehörigen in seinem Herkunftsmitgliedstaat pflegt – Akzessorietät zum Pflegegeld – Art. 4 – Gleichbehandlung“
Leitsatz
In der Rechtssache C-116/23
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesverwaltungsgericht (Österreich) mit Beschluss vom 23. Februar 2023, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Februar 2023, in dem Verfahren
XXXX,
Beteiligter:
Sozialministeriumservice,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten F. Biltgen sowie des Richters N. Wahl und der Richterin M. L. Arastey Sahún (Berichterstatterin),
Generalanwalt: J. Richard de la Tour,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
von XXXX, vertreten durch K. Mayr und D. Menkovic als Bevollmächtigte,
der österreichischen Regierung, vertreten durch J. Schmoll und C. Leeb als Bevollmächtigte,
der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek und J. Vláčil als Bevollmächtigte,
der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Clotuche-Duvieusart und B.-R. Killmann als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Entscheidungsgründe
Urteil
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 18 AEUV, Art. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta), der Art. 3, 4, 7 und 21 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. 2004, L 166, S. 1, berichtigt in ABl. 2004, L 200, S. 1) sowie des Effektivitätsgrundsatzes.
Es ergeht in einem Rechtsstreit zwischen XXXX und dem Sozialministeriumservice (Österreich) über die Weigerung des Sozialministeriumservice, XXXX Pflegekarenzgeld zuzuerkennen.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Verordnung Nr. 883/2004
Die Erwägungsgründe 8, 9, 12 und 16 der Verordnung Nr. 883/2004 lauten:
Der allgemeine Grundsatz der Gleichbehandlung ist für Arbeitnehmer, die nicht im Beschäftigungsmitgliedstaat wohnen, einschließlich Grenzgängern, von besonderer Bedeutung.
Der Gerichtshof hat mehrfach zur Möglichkeit der Gleichstellung von Leistungen, Einkünften und Sachverhalten Stellung genommen; dieser Grundsatz sollte explizit aufgenommen und ausgeformt werden, wobei Inhalt und Geist der Gerichtsentscheidungen zu beachten sind.
…
Im Lichte der Verhältnismäßigkeit sollte sichergestellt werden, dass der Grundsatz der Gleichstellung von Sachverhalten oder Ereignissen nicht zu sachlich nicht zu rechtfertigenden Ergebnissen oder zum Zusammentreffen von Leistungen gleicher Art für denselben Zeitraum führt.
…
Innerhalb der Gemeinschaft ist es grundsätzlich nicht gerechtfertigt, Ansprüche der sozialen Sicherheit vom Wohnort der betreffenden Person abhängig zu machen; in besonderen Fällen jedoch – vor allem bei besonderen Leistungen, die an das wirtschaftliche und soziale Umfeld der betreffenden Person gebunden sind – könnte der Wohnort berücksichtigt werden.“
Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 883/2004 sieht vor:
„Diese Verordnung gilt für alle Rechtsvorschriften, die folgende Zweige der sozialen Sicherheit betreffen:
Leistungen bei Krankheit;
…
Leistungen bei Arbeitslosigkeit;
…“
In Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 heißt es:
„Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, haben Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates.“
Art. 5 der Verordnung Nr. 883/2004 bestimmt:
„Sofern in dieser Verordnung nicht anderes bestimmt ist, gilt unter Berücksichtigung der besonderen Durchführungsbestimmungen Folgendes:
Hat nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats der Bezug von Leistungen der sozialen Sicherheit oder sonstiger Einkünfte bestimmte Rechtswirkungen, so sind die entsprechenden Rechtsvorschriften auch bei Bezug von nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats gewährten gleichartigen Leistungen oder bei Bezug von in einem anderen Mitgliedstaat erzielten Einkünften anwendbar.
Hat nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats der Eintritt bestimmter Sachverhalte oder Ereignisse Rechtswirkungen, so berücksichtigt dieser Mitgliedstaat die in einem anderen Mitgliedstaat eingetretenen entsprechenden Sachverhalte oder Ereignisse, als ob sie im eigenen Hoheitsgebiet eingetreten wären.“
In Art. 7 der Verordnung Nr. 883/2004 heißt es:
„Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, dürfen Geldleistungen, die nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten oder nach dieser Verordnung zu zahlen sind, nicht aufgrund der Tatsache gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden, dass der Berechtigte oder seine Familienangehörigen in einem anderen als dem Mitgliedstaat wohnt bzw. wohnen, in dem der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat.“
Art. 11 der Verordnung Nr. 883/2004 bestimmt:
„(1) Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften dies sind, bestimmt sich nach diesem Titel.
…
(3) Vorbehaltlich der Artikel 12 bis 16 gilt Folgendes:
eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;
…“
Art. 21 der Verordnung Nr. 883/2004 sieht vor:
„(1) Ein Versicherter und seine Familienangehörigen, die in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedstaat wohnen oder sich dort aufhalten, haben Anspruch auf Geldleistungen, die vom zuständigen Träger nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften erbracht werden. Im Einvernehmen zwischen dem zuständigen Träger und dem Träger des Wohn- oder Aufenthaltsorts können diese Leistungen jedoch vom Träger des Wohn- oder Aufenthaltsorts nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats für Rechnung des zuständigen Trägers erbracht werden.
…“
Verordnung (EU) Nr. 492/2011
Art. 7 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (ABl. 2011, L 141, S. 1) bestimmt:
„(1) Ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist, darf aufgrund seiner Staatsangehörigkeit im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten hinsichtlich der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Entlohnung, Kündigung und, falls er arbeitslos geworden ist, im Hinblick auf berufliche Wiedereingliederung oder Wiedereinstellung, nicht anders behandelt werden als die inländischen Arbeitnehmer.
(2) Er genießt dort die gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigungen wie die inländischen Arbeitnehmer.“
Österreichisches Recht
AVRAG
§ 14a Abs. 1 des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (BGBl. 459/1993) in der für den Ausgangsrechtsstreit maßgeblichen Fassung (im Folgenden: AVRAG) sieht vor:
„Der Arbeitnehmer kann schriftlich eine Herabsetzung, eine Änderung der Lage der Normalarbeitszeit oder eine Freistellung gegen Entfall des Arbeitsentgelts zum Zwecke der Sterbebegleitung eines nahen Angehörigen … für einen bestimmten, drei Monate nicht übersteigenden Zeitraum unter Bekanntgabe von Beginn und Dauer verlangen, auch wenn kein gemeinsamer Haushalt mit dem nahen Angehörigen gegeben ist. …“
§ 14c Abs. 1 AVRAG bestimmt:
„Arbeitnehmer/innen und Arbeitgeber/innen können, sofern das Arbeitsverhältnis ununterbrochen drei Monate gedauert hat, schriftlich eine Pflegekarenz gegen Entfall des Arbeitsentgeltes zum Zwecke der Pflege oder Betreuung eines/einer nahen Angehörigen im Sinne des § 14a, dem/der zum Zeitpunkt des Antritts der Pflegekarenz Pflegegeld ab der Stufe 3 nach § 5 des Bundespflegegeldgesetzes (BPGG), BGBl. Nr. 110/1993 [in der für den Ausgangsrechtsstreit maßgeblichen Fassung, im Folgenden: BPGG], gebührt, für die Dauer von mindestens einem Monat bis zu drei Monaten vereinbaren. …“
BPGG
In § 3a BPGG heißt es:
„(1) Anspruch auf Pflegegeld nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes besteht auch ohne Grundleistung gemäß § 3 Abs. 1 und 2 für österreichische Staatsbürger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, sofern nach der Verordnung … Nr. 883/2004 … nicht ein anderer Mitgliedstaat für Pflegeleistungen zuständig ist.
(2) Den österreichischen Staatsbürgern sind gleichgestellt:
Fremde, die nicht unter eine der folgenden Ziffern fallen, insoweit sich eine Gleichstellung aus Staatsverträgen oder Unionsrecht ergibt, oder
…
Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht … verfügen, …
…“
§ 21c BPGG bestimmt:
„(1) Personen, die eine Pflegekarenz gemäß § 14c AVRAG vereinbart haben … gebührt für die Dauer der Pflegekarenz, höchstens aber für drei Monate, ein Pflegekarenzgeld nach den Bestimmungen dieses Abschnittes. … Auf das Pflegekarenzgeld besteht ein Rechtsanspruch.
(2) Vor Inanspruchnahme des Pflegekarenzgeldes muss die karenzierte Person aus dem nunmehr karenzierten Arbeitsverhältnis ununterbrochen drei Monate … vollversichert … gewesen sein. … Das Pflegekarenzgeld gebührt, soweit in diesem Bundesgesetz oder in einer gemäß Abs. 5 erlassenen Verordnung keine abweichende Regelung erfolgt, in der Höhe des … Grundbetrages des Arbeitslosengeldes …
(3) Personen, die zum Zwecke der Sterbebegleitung eines nahen Angehörigen oder der Begleitung von schwerst erkrankten Kindern eine Familienhospizkarenz
1. gemäß §§ 14a oder 14b AVRAG …
…
in Anspruch nehmen, gebührt für die Dauer der Familienhospizkarenz ein Pflegekarenzgeld nach den Bestimmungen dieses Abschnittes. …“
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
Der Kläger des Ausgangsverfahrens, ein italienischer Staatsangehöriger, der seit 2013 in Österreich wohnt und arbeitet, hat gemäß § 14c Abs. 1 AVRAG mit seinem Arbeitgeber für den Zeitraum vom 1. Mai 2022 bis zum 13. Juni 2022 eine Pflegekarenz vereinbart, um seinen Vater zu pflegen, der in Italien wohnhaft war.
Am 10. Mai 2022 beantragte der Kläger beim Sozialministeriumservice für den Zeitraum vom 10. Mai 2022 bis zum 13. Juni 2022 die Zuerkennung von Pflegekarenzgeld gemäß § 21c Abs. 1 BPGG, da der Gesundheitszustand seines Vaters eine 24-Stunden-Pflege erfordere. Der Vater, der nach italienischem Recht Pflegegeld bezog, hätte bei einem gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich aufgrund seines Gesundheitszustands gemäß § 3a BPGG Anspruch auf Pflegegeld der Stufe 3 gehabt.
Der Vater des Klägers des Ausgangsverfahrens verstarb am 29. Mai 2022.
Mit Bescheid vom 7. Juni 2022 wies das Sozialministeriumservice den Antrag des Klägers des Ausgangsverfahrens mit der Begründung ab, dass dessen Vater kein Pflegegeld nach österreichischem Recht bezogen habe, der Bezug einer solchen Leistung an die pflegebedürftige Person gemäß dem maßgeblichen österreichischen Recht aber eine notwendige Voraussetzung für die Zuerkennung von Pflegekarenzgeld an die pflegende Person sei.
Am 7. Juli 2022 erhob der Kläger des Ausgangsverfahrens gegen diesen Bescheid Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (Österreich), das vorlegende Gericht. Er machte geltend, dass das Pflegekarenzgeld keine dem Pflegegeld akzessorische Leistung sei – das Pflegegeld werde nämlich der pflegebedürftigen Person zuerkannt und ausbezahlt, während das Pflegekarenzgeld der pflegenden Person zuerkannt und ausbezahlt werde. Beim Pflegekarenzgeld handele es sich also um eine Sozialleistung an die pflegende Person, so dass die Zuerkennung vom Arbeitsort dieser Person abhänge. Eine solche Leistung sei nämlich als „Leistung bei Krankheit“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 883/2004 anzusehen. Der Kläger des Ausgangsverfahrens machte geltend, dass aufgrund seiner Arbeit in Österreich auf ihn gemäß Art. 11 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 883/2004 im vorliegenden Fall die österreichischen Rechtsvorschriften zum Pflegekarenzgeld anzuwenden seien, so dass er gemäß Art. 21 Abs. 1 dieser Verordnung Anspruch auf diese Leistung habe, bei der es sich um eine Geldleistung handele, auch wenn er sich in einem anderen Mitgliedstaat aufhalte.
Im Übrigen werde durch die Auslegung im Bescheid des Sozialministeriumservice vom 7. Juni 2022 die Zuerkennung von Pflegekarenzgeld an Unionsbürger, die nicht die österreichische Staatsangehörigkeit hätten, im Wesentlichen ausgeschlossen, da in der Regel nur diese Eltern außerhalb von Österreich hätten. Diese Auslegung stelle daher eine mittelbare Diskriminierung von Wanderarbeitnehmern dar oder zumindest eine Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit, was gegen Art. 45 AEUV und Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 verstoße.
Das vorlegende Gericht weist erstens darauf hin, dass sich die Parteien des Ausgangsrechtsstreits zwar einig seien, dass das Pflegekarenzgeld eine „Leistung bei Krankheit“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 883/2004 sei, es jedoch auch denkbar wäre, dass es sich um eine Leistung bei vorübergehendem Arbeitsausfall handele, die dann als Leistung bei Arbeitslosigkeit zu behandeln wäre.
Zur Qualifizierung des Pflegekarenzgeldes als „Geldleistung“ verweist das vorlegende Gericht zweitens auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs, nach der Leistungen an die pflegende Person als „Leistungen bei Krankheit“ gemäß der Verordnung Nr. 883/2004 anzusehen seien. Da die in Rede stehende Leistung an die pflegende Person gehe, letztlich aber der pflegebedürftigen Person zugutekomme, sei sie nicht als „Geldleistung“ zu qualifizieren, sondern als „Sachleistung“, die nur für die Pflege von in Österreich wohnhaften Personen gebühre. Diese Leistung könne jedoch auch als nicht unter die Verordnung Nr. 883/2004 fallend, sondern von der arbeitsrechtlichen Anbindung der pflegenden Person abhängig angesehen werden. In diesem Fall wäre die Leistung immer dann zu gewähren, wenn die pflegende Person die Voraussetzungen von § 21c Abs. 1 BPGG erfülle, unabhängig vom Wohnort der pflegebedürftigen Person.
Drittens fragt sich das vorlegende Gericht, ob der Umstand, dass der Kläger des Ausgangsverfahrens durch den Umzug nach Österreich vor zehn Jahren von seinem Freizügigkeitsrecht Gebrauch gemacht habe, für die Anwendung der Verordnung Nr. 883/2004 eine Rolle spiele und ob in weiterer Folge die Nichtgewährung des Pflegekarenzgeldes ein Hindernis für die Ausübung des Freizügigkeitsrechts darstelle.
Was viertens den Umstand betrifft, dass nach § 3a BPGG österreichisches Pflegegeld nur pflegebedürftigen Personen gebührt, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich haben, weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass dieses Kriterium naturgemäß von österreichischen Staatsangehörigen leichter zu erfüllen sei als von Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten, wie im vorliegenden Fall dem Vater des Klägers des Ausgangsverfahrens, der in Italien wohnhaft gewesen sei und italienisches Pflegegeld bezogen habe. Das vorlegende Gericht stellt sich somit die Frage, ob eine mittelbare Diskriminierung im Sinne von Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 aufgrund der Staatsangehörigkeit, aber auch aufgrund des Wohnorts vorliege, da der Umstand, dass die pflegebedürftige Person österreichisches Pflegegeld ab der Stufe 3 beziehen müsse, damit ein Anspruch auf Pflegekarenzgeld bestehe, Wanderarbeitnehmer wie den Kläger des Ausgangsverfahrens stärker treffe als österreichische Staatsangehörige, deren Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Regel in Österreich hätten.
Fünftens möchte das vorlegende Gericht im Hinblick auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (Österreich), nach der Sozialversicherungsträger Anträge im Geiste sozialer Rechtsanwendung zugunsten des Versicherten zu beurteilen haben, wissen, inwieweit der Umstand zu berücksichtigen ist, dass der Kläger des Ausgangsverfahrens die Voraussetzungen für die Zuerkennung einer anderen, für ihn günstigeren nationalen Leistung – nämlich für die Familienhospizkarenz gemäß § 21c Abs. 3 BPGG – erfüllt hätte, deren Zuerkennung nicht davon abhänge, dass die pflegebedürftige Person österreichisches Pflegegeld beziehe. Es fragt sich, ob trotz des Umstands, dass diese Rechtsprechung nicht auf das Sozialministeriumservice – bei dem es sich nicht um einen Sozialversicherungsträger handele – anwendbar sei, und des Umstands, dass der Kläger des Ausgangsverfahrens kein Pflegekarenzgeld aus dem Titel der Familienhospizkarenz beantragt habe, im in Rede stehenden Fall nicht eine insbesondere gegen Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 und Art. 7 der Charta verstoßende mittelbare Diskriminierung vorliege.
Vor diesem Hintergrund hat das Bundesverwaltungsgericht beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Handelt es sich bei Pflegekarenzgeld um eine Leistung bei Krankheit im Sinne des Art. 3 der Verordnung Nr. 883/2004 oder allenfalls um eine andere Leistung des Art. 3 der Verordnung Nr. 883/2004?
Wenn es sich um eine Leistung bei Krankheit handelt, handelt es sich bei Pflegekarenzgeld um eine Geldleistung im Sinne des Art. 21 der Verordnung Nr. 883/2004?
Handelt es sich bei Pflegekarenzgeld um eine Leistung für die pflegende Person oder die pflegebedürftige Person?
Fällt daher ein Sachverhalt, in dem ein Antragsteller auf Pflegekarenzgeld, welcher italienischer Staatsangehöriger ist, in Österreich im Bundesland Oberösterreich seit 28. Juni 2013 dauerhaft wohnhaft ist, in Österreich im selben Bundesland seit 1 Juli 2013 durchgehend beim selben Dienstgeber arbeitet – somit kein Hinweis auf eine Grenzgängereigenschaft beim Antragsteller gegeben ist – und eine Pflegekarenz zur Pflege des Vaters, welcher italienischer Staatsbürger ist und dauerhaft in Italien (Sassuolo) wohnt, für den verfahrensrelevanten Zeitraum 1. Mai 2022 bis 13. Juni 2022 mit dem Dienstgeber vereinbart und von der belangten Behörde ein Pflegekarenzgeld begehrt, in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 883/2004?
Steht Art. 7 der Verordnung Nr. 883/2004 bzw. das Diskriminierungsverbot in den verschiedenen europarechtlichen Ausführungen (z. B. Art. 18 AEUV, Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 und dergleichen) einer nationalen Regelung entgegen, welche die Leistung des Pflegekarenzgeldes davon abhängig macht, dass seitens der pflegebedürftigen Person österreichisches Pflegegeld ab der Stufe 3 bezogen wird?
Steht das unionsrechtliche Effektivitätsprinzip beziehungsweise das unionsrechtliche Diskriminierungsverbot in den verschiedenen europarechtlichen Ausführungen (z. B. Art. 18 AEUV, Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 und dergleichen) in einer Sachverhaltskonstellation wie der gegenständlichen der Anwendung einer nationalen Regelung bzw. einer national gefestigten Rechtsprechung entgegen, welche keinen Spielraum für die Umdeutung eines „Antrags auf Pflegekarenzgeld“ auf einen „Antrag auf Familienhospizkarenz“ vorsieht, da eindeutig ein Formular betreffend „Antrag auf Pflegekarenzgeld“ und eben nicht „Antrag auf Familienhospizkarenz“ verwendet wurde und auch eindeutig eine Vereinbarung mit dem Dienstgeber geschlossen wurde, die von „Pflege naher Angehöriger“ statt „Sterbebegleitung“ spricht – obwohl der zugrunde liegende Sachverhalt aufgrund des zwischenzeitig eingetretenen Todes des pflegebedürftigen Vaters grundsätzlich ebenso die Voraussetzungen für Pflegekarenzgeld aus dem Titel der Familienhospizkarenz erfüllen würde, wäre nur eine andere Vereinbarung mit dem Dienstgeber geschlossen und ein anderer Antrag bei der Behörde gestellt worden?
Steht Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 oder eine andere Bestimmung des Unionsrechts (zum Beispiel Art. 7 der Charta) einer nationalen Regelung (§ 21c Abs. 1 BPGG) entgegen, welche die Leistung des Pflegekarenzgeldes davon abhängig macht, dass seitens der pflegebedürftigen Person österreichisches Pflegegeld ab der Stufe 3 bezogen wird, während eine andere nationale Regelung (§ 21c Abs. 3 BPGG) bei Anwendung auf den gleichen Sachverhalt die Leistung gerade nicht von einer gleich gelagerten Voraussetzung abhängig macht?
Zu den Vorlagefragen
Zu den Fragen 1 bis 4
Mit den Fragen 1 bis 4, die gemeinsam zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob der Begriff „Leistungen bei Krankheit“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 883/2004 dahin auszulegen ist, dass er ein Pflegekarenzgeld an einen Arbeitnehmer umfasst, der gegen Entfall des Arbeitsentgelts zur Betreuung oder Pflege eines nahen Angehörigen, der in einem anderen Mitgliedstaat Pflegegeld bezieht, karenziert wird. Für den Fall der Bejahung dieser Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob eine solche Leistung unter den Begriff der „Geldleistung“ im Sinne dieser Verordnung fällt.
Zulässigkeit
Ohne förmlich die Unzulässigkeit dieser Fragen zu rügen, macht die Europäische Kommission geltend, dass sie für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits nicht maßgeblich seien, da Art. 45 AEUV und Art. 7 der Verordnung Nr. 492/2011 unabhängig davon anwendbar seien, ob das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Pflegekarenzgeld in den Geltungsbereich der Verordnung Nr. 883/2004 falle.
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach gefestigter Rechtsprechung eine Vermutung für die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen des nationalen Gerichts spricht, die es zur Auslegung des Unionsrechts in dem rechtlichen und sachlichen Rahmen stellt, den es in eigener Verantwortung festgelegt und dessen Richtigkeit der Gerichtshof nicht zu prüfen hat. Der Gerichtshof kann das Ersuchen eines nationalen Gerichts nur dann zurückweisen, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn er nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (Urteil vom 7. Dezember 2023, Obshtina Razgrad, C-441/22 und C-443/22, EU:C:2023:970, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem Vorabentscheidungsersuchen, dass das vorlegende Gericht die Beantwortung dieser Fragen durch den Gerichtshof als für den Ausgangsrechtsstreit entscheidungserheblich erachtet, insbesondere was die Qualifizierung des in Rede stehenden Pflegekarenzgeldes im Hinblick auf das Unionsrecht betrifft. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die vom vorlegenden Gericht erbetene Auslegung des Unionsrechts für die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits offensichtlich nicht erforderlich ist.
Die Fragen 1 bis 4 sind daher zulässig.
Beantwortung der Vorlagefragen
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Unterscheidung zwischen Leistungen, die vom Geltungsbereich der Verordnung Nr. 883/2004 erfasst sind, und solchen, die von ihm ausgeschlossen sind, im Wesentlichen von den grundlegenden Merkmalen der jeweiligen Leistung abhängt, insbesondere von ihrem Zweck und den Voraussetzungen ihrer Gewährung, nicht dagegen davon, ob eine Leistung von den nationalen Rechtsvorschriften als eine Leistung der sozialen Sicherheit eingestuft wird (Urteil vom 15. Juni 2023, Thermalhotel Fontana, C-411/22, EU:C:2023:490, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Nach ständiger Rechtsprechung kann eine Leistung somit als Leistung der sozialen Sicherheit angesehen werden, wenn sie erstens den Begünstigten aufgrund eines gesetzlich umschriebenen Tatbestands ohne jede im Ermessen liegende individuelle Prüfung der persönlichen Bedürftigkeit gewährt wird und sich zweitens auf eines der in Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 883/2004 ausdrücklich aufgezählten Risiken bezieht. Diese beiden Voraussetzungen sind kumulativ (Urteil vom 15. Juni 2023, Thermalhotel Fontana, C-411/22, EU:C:2023:490, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Die erste in der vorstehenden Randnummer dieses Urteils genannte Voraussetzung ist erfüllt, wenn eine Leistung nach objektiven Kriterien gewährt wird, deren Vorliegen den Anspruch auf die Leistung eröffnet, ohne dass die zuständige Behörde andere persönliche Umstände berücksichtigen kann (Urteil vom 15. Juni 2023, Thermalhotel Fontana, C-411/22, EU:C:2023:490, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Im vorliegenden Fall ist diese erste Voraussetzung offensichtlich erfüllt, da die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Leistung gemäß § 21c Abs. 1 letzter Satz BPGG automatisch gewährt wird, wenn sich der Antragsteller in Pflegekarenz befindet, ohne dass das Sozialministeriumservice andere persönliche Umstände des Antragstellers berücksichtigt.
Hinsichtlich der zweiten oben in Rn. 33 genannten Voraussetzung spricht Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 883/2004 ausdrücklich von „Leistungen bei Krankheit“; Hauptziel dieser Leistungen ist die Heilung der erkrankten Person, indem die Versorgung gewährt wird, die ihr Zustand erfordert, wodurch sie das Risiko einer Erkrankung abdecken (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juni 2023, Thermalhotel Fontana, C-411/22, EU:C:2023:490, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).
In dieser Hinsicht hat der Gerichtshof entschieden, dass durch die Pflegebedürftigkeit der Person entstandene Kosten, die die Behandlung der Person und/oder die Verbesserung ihres Alltags betreffen, wie insbesondere Kosten, die ihr Hilfe durch Dritte sichern, „Leistungen bei Krankheit“ im Sinne des genannten Art. 3 Abs. 1 Buchst. a gleichzustellen sind, sofern solche Kosten darauf abzielen, den Gesundheitszustand und die Lebensbedingungen der pflegebedürftigen Personen zu verbessern (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. März 1998, Molenaar, C-160/96, EU:C:1998:84, Rn. 23 und 24, sowie vom 25. Juli 2018, A [Hilfe für eine schwerbehinderte Person], C-679/16, EU:C:2018:601, Rn. 43 und 44 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
Im vorliegenden Fall beruht die Zuerkennung des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Pflegekarenzgeldes zwar auf der Arbeitnehmereigenschaft der pflegenden Person. Allerdings hängt sie zum einen davon ab, dass die pflegebedürftige Person nach österreichischem Recht Pflegegeld einer bestimmten Pflegestufe bezieht.
Zum anderen zielt das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Pflegekarenzgeld, auch wenn es der pflegenden Person gewährt und ausbezahlt wird, um den Gehaltsverlust auszugleichen, den diese während ihrer unbezahlten Karenz erleidet, offensichtlich ebenfalls und hauptsächlich darauf ab, der pflegenden Person die Erbringung der Pflege zu ermöglichen, die aufgrund des Gesundheitszustands der pflegebedürftigen Person erforderlich ist, so dass es letztlich vor allem dieser Person zugutekommt.
Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Pflegekarenzgeld unter den Begriff „Leistungen bei Krankheit“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 883/2004 fällt.
Hinsichtlich der weiteren Frage, ob diese Leistung als „Geldleistung“ im Sinne dieser Verordnung zu qualifizieren ist, ist klarzustellen, dass sie aus einem festen Geldbetrag besteht, der regelmäßig an die pflegende Person ausbezahlt wird, ohne dass der tatsächliche Pflegeaufwand berücksichtigt wird; sie soll den durch die Pflegekarenz entstehenden Gehaltsverlust ausgleichen und die sich aus dieser Karenz ergebenden Kosten abfedern.
Hierzu ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass die Tragung der Versicherungsbeiträge eines Dritten, von dem sich eine pflegebedürftige Person Leistungen der häuslichen Pflege erbringen lässt, selbst als Geldleistung qualifiziert werden muss, da sie in dem Sinne zum eigentlichen Pflegegeld akzessorisch ist, als sie die Inanspruchnahme von Pflege erleichtern soll (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juli 2004, Gaumain-Cerri und Barth, C-502/01 und C-31/02, EU:C:2004:413, Rn. 27).
Folglich ist das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Pflegekarenzgeld, das zum eigentlichen Pflegegeld akzessorisch ist, ebenfalls als „Geldleistung“ im Sinne der Verordnung Nr. 883/2004 zu qualifizieren.
Nach alledem ist auf die Fragen 1 bis 4 zu antworten, dass Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 883/2004 dahin auszulegen ist, dass der Begriff „Leistungen bei Krankheit“ im Sinne dieser Bestimmung ein Pflegekarenzgeld an einen Arbeitnehmer umfasst, der gegen Entfall des Arbeitsentgelts zur Betreuung oder Pflege eines nahen Angehörigen, der in einem anderen Mitgliedstaat Pflegegeld bezieht, karenziert wird. Folglich fällt eine solche Leistung auch unter den Begriff „Geldleistung“ im Sinne dieser Verordnung.
Zu Frage 5
Vorab ist darauf hinzuweisen, dass das vorlegende Gericht in Frage 5 auf Art. 18 AEUV Bezug nimmt.
Im Rahmen des durch Art. 267 AEUV eingeführten Verfahrens der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof ist es Aufgabe des Gerichtshofs, dem nationalen Gericht eine für die Entscheidung des bei diesem anhängigen Rechtsstreits sachdienliche Antwort zu geben. Hierzu hat er die ihm vorgelegten Fragen gegebenenfalls umzuformulieren. Außerdem kann der Gerichtshof veranlasst sein, unionsrechtliche Vorschriften zu berücksichtigen, die das nationale Gericht in seiner Frage nicht angeführt hat (Urteil vom 7. September 2023, Groenland Poultry, C-169/22, EU:C:2023:638, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Zu Art. 18 AEUV hat der Gerichtshof mehrfach festgestellt, dass dieser in eigenständiger Weise nur auf unionsrechtlich geregelte Sachverhalte angewendet werden kann, für die der AEU-Vertrag keine besonderen Diskriminierungsverbote vorsieht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Dezember 2022, Caisse nationale d’assurance pension, C-731/21, EU:C:2022:969, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Der Grundsatz der Nichtdiskriminierung wurde für den Bereich der sozialen Sicherheit jedoch durch Art. 45 AEUV, durch Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 und durch Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 umgesetzt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juni 2022, Kommission/Österreich [Indexierung von Familienleistungen], C-328/20, EU:C:2022:468, Rn. 98).
Unter Berücksichtigung aller vom vorlegenden Gericht ausgeführten Gesichtspunkte ist daher davon auszugehen, dass dieses mit Frage 5 im Wesentlichen wissen möchte, ob Art. 45 Abs. 2 AEUV, Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 und Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 dahin auszulegen sind, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegenstehen, mit der die Zuerkennung von Pflegekarenzgeld davon abhängig gemacht wird, dass die pflegebedürftige Person nach dem Recht dieses Mitgliedstaats Pflegegeld einer bestimmten Stufe bezieht.
Hierzu ist zum einen darauf hinzuweisen, dass Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 entsprechend Art. 45 AEUV die Gleichbehandlung im Bereich der sozialen Sicherheit ohne Unterscheidung nach der Staatsangehörigkeit dadurch sicherstellen soll, dass er alle Diskriminierungen beseitigt, die sich insoweit aus den nationalen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten ergeben. Zum anderen stellt Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 klar, dass ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist, im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten die gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigungen genießt wie die inländischen Arbeitnehmer (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juni 2022, Kommission/Österreich [Indexierung von Familienleistungen], C-328/20, EU:C:2022:468, Rn. 93 und 94 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
Der durch Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 auf Arbeitnehmer, die Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten sind, erstreckte Begriff der „sozialen Vergünstigung“ umfasst alle Vergünstigungen, die – ob sie an einen Arbeitsvertrag anknüpfen oder nicht – den inländischen Arbeitnehmern im Allgemeinen gewährt werden, und zwar hauptsächlich wegen ihrer objektiven Arbeitnehmereigenschaft oder einfach wegen ihres Wohnorts im Inland, und deren Erstreckung auf die Arbeitnehmer, die Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaats sind, deshalb als geeignet erscheint, deren Mobilität innerhalb der Union und daher auch ihre Integration im Aufnahmemitgliedstaat zu fördern. Dieser Begriff der sozialen Vergünstigung darf nicht eng ausgelegt werden (Urteil vom 16. Juni 2022, Kommission/Österreich [Indexierung von Familienleistungen], C-328/20, EU:C:2022:468, Rn. 95 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Des Weiteren ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass bestimmte Leistungen sowohl Leistungen bei Krankheit im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 883/2004 als auch soziale Vergünstigungen im Sinne von Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 bilden können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juni 2022, Kommission/Österreich [Indexierung von Familienleistungen], C-328/20, EU:C:2022:468, Rn. 96 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Der Umstand, dass das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Pflegekarenzgeld, wie oben in Rn. 39 ausgeführt, vor allem der pflegebedürftigen Person zugutekommt, wirkt sich folglich nicht darauf aus, dass es auch als „soziale Vergünstigung“ im Sinne von Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 zu qualifizieren ist, da es den Lebensunterhalt eines Arbeitnehmers sicherstellen soll, der während seiner Karenzierung keiner beruflichen Tätigkeit nachgeht und somit kein Entgelt erhält.
Dies gilt umso mehr, als – wie oben in Rn. 48 ausgeführt – sowohl Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 als auch Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 den in Art. 45 AEUV verankerten Grundsatz der Gleichbehandlung im Bereich der sozialen Sicherheit konkretisieren. Daher sind diese beiden Bestimmungen grundsätzlich in gleicher Weise und im Einklang mit Art. 45 AEUV auszulegen (Urteil vom 16. Juni 2022, Kommission/Österreich [Indexierung von Familienleistungen], C-328/20, EU:C:2022:468, Rn. 98).
Vor diesem Hintergrund stellt eine auf dem Wohnsitz beruhende Unterscheidung, die sich stärker zum Nachteil der Angehörigen anderer Mitgliedstaaten auswirken kann, da Gebietsfremde meist Ausländer sind, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs eine mittelbare Ungleichbehandlung aufgrund der Staatsangehörigkeit dar, die nur dann zulässig wäre, wenn sie objektiv gerechtfertigt ist (Urteil vom 16. Juni 2022, Kommission/Österreich [Indexierung von Familienleistungen], C-328/20, EU:C:2022:468, Rn. 99 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Im vorliegenden Fall setzt die Zuerkennung des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Pflegekarenzgeldes gemäß § 21c Abs. 1 BPGG in Verbindung mit § 14c Abs. 1 AVRAG und § 3a BPGG voraus, dass die pflegebedürftige Person nach österreichischem Recht Pflegegeld ab der Stufe 3 bezieht. Das Pflegekarenzgeld wird also nur zuerkannt, wenn die österreichischen Behörden für die Auszahlung des Pflegegeldes an die pflegebedürftige Person zuständig sind. Folglich ist die direkte Verbindung mit dem Mitgliedstaat des gewöhnlichen Aufenthalts der pflegebedürftigen Personen als erwiesen anzusehen.
Daraus folgt, dass die Akzessorietät des Pflegekarenzgeldes zum nach Maßgabe des anwendbaren österreichischen Rechts gewährten Pflegegeld geeignet ist, Wanderarbeitnehmer wie den Kläger des Ausgangsverfahrens, dessen Vater in einem anderen Mitgliedstaat wohnhaft war, stärker zu beeinträchtigen als österreichische Staatsbürger, deren Familie, insbesondere deren Eltern, in der Regel ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich haben.
Dieser akzessorische Charakter des Pflegekarenzgeldes führt somit zu einer mittelbaren Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, die nur zulässig ist, wenn sie objektiv gerechtfertigt ist.
Hierzu hat der Gerichtshof wiederholt entschieden, dass eine solche mittelbare Diskriminierung dann gerechtfertigt ist, wenn sie geeignet ist, die Verwirklichung eines legitimen Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (Urteil vom 16. Juni 2022, Kommission/Österreich [Indexierung von Familienleistungen], C-328/20, EU:C:2022:468, Rn. 104 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Das Vorabentscheidungsersuchen enthält zwar keine Angaben zu einer möglichen Rechtfertigung des akzessorischen Charakters des Pflegekarenzgeldes im Verhältnis zum nach Maßgabe des anwendbaren österreichischen Rechts gewährten Pflegegeldes ab Stufe 3, jedoch nennt die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen das Ziel des Erhalts des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit.
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass die Verordnung Nr. 883/2004 kein gemeinsames System der sozialen Sicherheit schafft, sondern unterschiedliche nationale Systeme bestehen lässt. Die Mitgliedstaaten sind weiterhin für die Ausgestaltung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit zuständig; in Ermangelung einer Harmonisierung auf Unionsebene bestimmt das Recht eines jeden Mitgliedstaats u. a. die Voraussetzungen für die Begründung von Ansprüchen auf Sozialleistungen (Urteil vom 15. September 2022, Rechtsanwaltskammer Wien, C-58/21, EU:C:2022:691, Rn. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Soweit – wie von der Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen ausgeführt – die Pflegestufe Aufschluss über den Pflegeaufwand geben kann, den die pflegebedürftige Person benötigt, was gegebenenfalls mit sich bringt, dass die pflegende Person nicht in der Lage ist, ihrer beruflichen Tätigkeit nachzugehen, erscheint das Ziel, die Zuerkennung von durch die öffentliche Hand finanzierten Leistungen auf Fälle ab der Pflegestufe 3 zu begrenzen, legitim.
Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass diese Voraussetzung für den Bezug von Pflegegeld ab der Stufe 3 auch dann als erfüllt gilt, wenn das Pflegegeld nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats bezogen wird. Insoweit ist hervorzuheben, dass Art. 5 der Verordnung Nr. 883/2004, gelesen im Licht des neunten Erwägungsgrundes dieser Verordnung, den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsatz der Gleichstellung von Leistungen, Einkünften und Sachverhalten verankert, den der Unionsgesetzgeber in den Text dieser Verordnung einführen wollte, damit dieser Grundsatz unter Beachtung des Inhalts und des Geistes der gerichtlichen Entscheidungen des Gerichtshofs ausgeformt wird (Urteil vom 12. März 2020, Caisse d’assurance retraite et de la santé au travail d’Alsace-Moselle, C-769/18, EU:C:2020:203, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Gleichwohl ist es letztlich Sache des vorlegenden Gerichts, im Licht insbesondere der oben in den Rn. 61 bis 63 angestellten Erwägungen und auf der Grundlage aller verfügbaren Informationen zu beurteilen, ob im Hinblick auf die oben in Rn. 59 genannten, nach Unionsrecht zulässigen Rechtfertigungsgründe, insbesondere in Bezug auf eine mögliche erhebliche Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. April 1998, Kohll, C-158/96, EU:C:1998:171, Rn. 41, und vom 15. September 2022, Rechtsanwaltskammer Wien, C-58/21, EU:C:2022:691, Rn. 74 sowie die dort angeführte Rechtsprechung), der akzessorische Charakter des in Rede stehenden Pflegekarenzgeldes im Verhältnis zum nach österreichischem Recht gewährten Pflegegeld ab der Stufe 3 gerechtfertigt sein kann. Die oben in Rn. 58 genannte, im Ausgangsverfahren in Rede stehende mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit kann nur gerechtfertigt sein, wenn sie dazu dient, das mit ihr verfolgte Ziel in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Dezember 2022, Caisse nationale d’assurance pension, C-731/21, EU:C:2022:969, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung), was ebenfalls vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist.
Nach alledem ist auf Frage 5 zu antworten, dass Art. 45 Abs. 2 AEUV, Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 sowie Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 dahin auszulegen sind, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats, nach der die Zuerkennung von Pflegekarenzgeld davon abhängig gemacht wird, dass die pflegebedürftige Person nach den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats Pflegegeld einer bestimmten Pflegestufe bezieht, entgegenstehen, es sei denn, diese Voraussetzung ist objektiv durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt, das insbesondere der Erhaltung des finanziellen Gleichgewichts des nationalen Systems der sozialen Sicherheit dient, und stellt eine verhältnismäßige Maßnahme zur Erreichung dieses Ziels dar.
Zu den Fragen 6 und 7
Mit den Fragen 6 und 7, die gemeinsam zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung oder Rechtsprechung entgegensteht, die zum einen die Zuerkennung von Pflegekarenzgeld bzw. von Pflegekarenzgeld aus dem Titel der Familienhospizkarenz an unterschiedliche Voraussetzungen knüpft und es zum anderen nicht erlaubt, einen Antrag auf Pflegekarenz in einen Antrag auf Familienhospizkarenz umzudeuten.
Hierzu ergibt sich aus Art. 48 AEUV, der eine Koordinierung und keine Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten vorsieht und der die Grundlage der Verordnung Nr. 883/2004 bildet, dass die materiellen und formellen Unterschiede zwischen den Systemen der sozialen Sicherheit der einzelnen Mitgliedstaaten und folglich zwischen den Ansprüchen der dort Versicherten durch diese Bestimmung nicht berührt werden, so dass jeder Mitgliedstaat dafür zuständig bleibt, im Einklang mit dem Unionsrecht in seinen Rechtsvorschriften festzulegen, unter welchen Voraussetzungen die Leistungen eines Systems der sozialen Sicherheit gewährt werden (Urteil vom 25. November 2021, Finanzamt Österreich [Familienleistungen für Entwicklungshelfer], C-372/20, EU:C:2021:962, Rn. 70 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Mit der Verordnung Nr. 883/2004 wird also kein gemeinsames System der sozialen Sicherheit geschaffen, sondern sie lässt unterschiedliche nationale Systeme bestehen und soll diese nur koordinieren, um die wirksame Ausübung der Freizügigkeit sicherzustellen. Die Mitgliedstaaten sind daher weiterhin für die Ausgestaltung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit zuständig (Urteil vom 25. November 2021, Finanzamt Österreich [Familienleistungen für Entwicklungshelfer], C-372/20, EU:C:2021:962, Rn. 71 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem Vorabentscheidungsersuchen, dass sich zum einen die Voraussetzungen für die Zuerkennung von Pflegekarenzgeld aus dem Titel der Familienhospizkarenz nach § 21c Abs. 3 BPGG von jenen für die Zuerkennung des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Pflegekarenzgeldes nach Abs. 1 dieser Bestimmung unterscheiden, da § 21c Abs. 3 BPGG nicht verlangt, dass die pflegebedürftige Person österreichisches Pflegegeld ab der Stufe 3 bezieht, wie es § 21c Abs. 1 BPGG vorsieht.
Zum anderen scheint das Sozialministeriumservice nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs in einem Fall wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht verpflichtet zu sein, den Antrag auf Pflegekarenzgeld im Geiste sozialer Rechtsanwendung zugunsten des Antragstellers zu beurteilen, auch wenn er die Voraussetzungen für eine vorteilhaftere nationale Leistung, nämlich für das Pflegekarenzgeld aus dem Titel der Familienhospizkarenz gemäß § 21c Abs. 3 BPGG, erfüllt.
Wie jedoch von der österreichischen Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen ausgeführt, richtet sich die verschiedene Ausgestaltung zweier verschiedener Leistungsansprüche im Bereich der sozialen Sicherheit, mit denen unterschiedliche Ziele verfolgt werden, sowie ihre Geltendmachung vor den nationalen Behörden ausschließlich nach nationalem Recht.
Die verschiedene Ausgestaltung der Voraussetzungen für die Zuerkennung von Pflegekarenzgeld bzw. von Pflegekarenzgeld aus dem Titel der Familienhospizkarenz hat also keine diskriminierenden Auswirkungen auf Personen, die von ihrem Freizügigkeitsrecht Gebrauch gemacht haben.
Nach alledem ist auf die Fragen 6 und 7 zu antworten, dass Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung oder Rechtsprechung, die zum einen die Zuerkennung von Pflegekarenzgeld bzw. Pflegekarenzgeld aus dem Titel der Familienhospizkarenz an unterschiedliche Voraussetzungen knüpft und es zum anderen nicht erlaubt, einen Antrag auf Pflegekarenz in einen Antrag auf Familienhospizkarenz umzudeuten, nicht entgegensteht.
Kosten
Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Gründe
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Siebte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit
ist dahin auszulegen, dass
der Begriff „Leistungen bei Krankheit“ im Sinne dieser Bestimmung ein Pflegekarenzgeld an einen Arbeitnehmer umfasst, der gegen Entfall des Arbeitsentgelts zur Betreuung oder Pflege eines nahen Angehörigen, der in einem anderen Mitgliedstaat Pflegegeld bezieht, karenziert wird. Folglich fällt diese Leistung auch unter den Begriff „Geldleistung“ im Sinne dieser Verordnung.
Art. 45 Abs. 2 AEUV, Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 und Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union
sind dahin auszulegen, dass
sie einer Regelung eines Mitgliedstaats, nach der die Zuerkennung von Pflegekarenzgeld davon abhängig gemacht wird, dass die pflegebedürftige Person nach den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats Pflegegeld einer bestimmten Pflegestufe bezieht, entgegenstehen, es sei denn, diese Voraussetzung ist objektiv durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt, das insbesondere der Erhaltung des finanziellen Gleichgewichts des nationalen Systems der sozialen Sicherheit dient, und stellt eine verhältnismäßige Maßnahme zur Erreichung dieses Ziels dar.
Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004
ist dahin auszulegen, dass
er einer nationalen Regelung oder Rechtsprechung, die zum einen die Zuerkennung von Pflegekarenzgeld bzw. Pflegekarenzgeld aus dem Titel der Familienhospizkarenz an unterschiedliche Voraussetzungen knüpft und es zum anderen nicht erlaubt, einen Antrag auf Pflegekarenz in einen Antrag auf Familienhospizkarenz umzudeuten, nicht entgegensteht.
Biltgen
Wahl
Arastey Sahún
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 11. April 2024.
Der Kanzler
A. Calot Escobar
Der Kammerpräsident
F. Biltgen
( *1)Verfahrenssprache: Deutsch.
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