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EuGH 17.06.2021 - C-58/20, C-59/20
EuGH 17.06.2021 - C-58/20, C-59/20 - URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer) - 17. Juni 2021 ( *1) - „Vorlage zur Vorabentscheidung – Mehrwertsteuer – Richtlinie 2006/112/EG – Art. 135 Abs. 1 – Steuerbefreiungen – Verwaltung von Sondervermögen – Auslagerung – Leistungen eines Dritten“
Leitsatz
In den verbundenen Rechtssachen C-58/20 und C-59/20
betreffend zwei Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesfinanzgericht (Österreich) mit Entscheidungen vom 29. Januar 2020 (C-59/20) und 30. Januar 2020 (C-58/20), beim Gerichtshof eingegangen am 4. Februar 2020, in den Verfahren
K (C-58/20),
DBKAG (C-59/20)
gegen
Finanzamt Österreich, zuvor Finanzamt Linz,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot (Berichterstatter), der Vizepräsidentin des Gerichtshofs R. Silva de Lapuerta in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Ersten Kammer, des Richters L. Bay Larsen, der Richterin C. Toader und des Richters N. Jääskinen,
Generalanwalt: P. Pikamäe,
Kanzler: D. Dittert, Referatsleiter,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. Februar 2021,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
der K und der DBKAG, vertreten durch G. Aigner, Steuerberater,
der österreichischen Regierung, vertreten durch A. Posch, F. Koppensteiner, J. Schmoll und S. Zolles als Bevollmächtigte,
der griechischen Regierung, vertreten durch K. Georgiadis, A. Dimitrakopoulou und M. Tassopoulou als Bevollmächtigte,
der Europäischen Kommission, zunächst vertreten durch L. Mantl und R. Lyal, dann durch L. Mantl und L. Lozano Palacios als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Entscheidungsgründe
Urteil
Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).
Sie ergehen im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen K (Rechtssache C-58/20) bzw. der DBKAG (Rechtssache C-59/20) und dem Finanzamt Österreich, zuvor Finanzamt Linz (Österreich) (im Folgenden: Finanzamt), wegen der Weigerung des Finanzamts, K und der DBKAG die in Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Steuerbefreiung zu gewähren.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Mehrwertsteuerrichtlinie
Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie enthält im Wesentlichen wortgleich die Steuerbefreiung, die zuvor in Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. 1977, L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie) vorgesehen war.
In Art. 135 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie heißt es:
„Die Mitgliedstaaten befreien folgende Umsätze von der Steuer:
…
die Verwaltung von durch die Mitgliedstaaten als solche definierten Sondervermögen;
…“
OGAW-Richtlinie
Mit der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (ABl. 2009, L 302, S. 32, im Folgenden: OGAW-Richtlinie) wurde die Richtlinie 85/611/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (ABl. 1985, L 375, S. 3) in der u. a. durch die Richtlinie 2001/107/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Januar 2002 (ABl. 2002, L 41, S. 20) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 85/611) aufgehoben und neu gefasst.
Art. 2 der OGAW-Richtlinie bestimmt:
„(1) Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
…
‚Verwaltungsgesellschaft‘ eine Gesellschaft, deren reguläre Geschäftstätigkeit in der Verwaltung von in der Form eines Investmentfonds oder einer Investmentgesellschaft konstituierten OGAW besteht (gemeinsame Portfolioverwaltung von OGAW);
…
(2) Für die Zwecke des Absatzes 1 Buchstabe b schließt die reguläre Geschäftstätigkeit einer Verwaltungsgesellschaft die in Anhang II genannten Aufgaben ein.
…“
Anhang II der OGAW-Richtlinie enthält eine nicht abschließende Aufzählung von Aufgaben, die in die gemeinsame Portfolioverwaltung einbezogen sind. In dieser Aufzählung, die mit derjenigen in Anhang II der Richtlinie 85/611 übereinstimmt, werden folgende Aufgaben genannt:
„– Anlageverwaltung.
Administrative Tätigkeiten:
gesetzlich vorgeschriebene und im Rahmen der Fondsverwaltung vorgeschriebene Rechnungslegungsdienstleistungen;
Kundenanfragen;
Bewertung und Preisfestsetzung (einschließlich Steuererklärungen);
Überwachung der Einhaltung der Rechtsvorschriften;
Führung des Anlegerregisters;
Gewinnausschüttung;
Ausgabe und Rücknahme von Anteilen;
Kontraktabrechnungen (einschließlich Versand der Zertifikate);
Führung von Aufzeichnungen.
Vertrieb.“
Österreichisches Recht
§ 6 Abs. 1 Z 8 lit i) des Umsatzsteuergesetzes 1994 (BGBl. Nr. 663/1994) in der auf die Sachverhalte der Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung sieht vor, dass die „Verwaltung von Sondervermögen“, die „Verwaltung von Beteiligungen im Rahmen des Kapitalfinanzierungsgeschäftes … durch Unternehmer, die eine Konzession für dieses Geschäft besitzen“, sowie die „Verwaltung von durch die anderen Mitgliedstaaten als solche definierten Sondervermögen“ steuerfrei sind.
Ausgangsrechtsstreitigkeiten und Vorlagefragen
Rechtssache C-58/20
Zwischen 2008 und 2014 lagerten verschiedene Verwaltungsgesellschaften (die vor 2011 als Kapitalanlagegesellschaften bezeichnet wurden) bestimmte Leistungen zur Ermittlung der für die Einkünftebesteuerung der Fonds-Anteilinhaber maßgeblichen Werte wie z. B. die Steuerrechnungen an einen Dritten, hier K, aus. Bei der Erbringung dieser Leistungen musste sich K auf die Ertragsrechnung auf Fondsebene stützen, wie sie von den Verwaltungsgesellschaften aufbauend auf der von der Depotbank erstellten Saldenliste und Fondsbuchhaltung erstellt wurde. K übernahm dabei die in den Salden und der Ertragsrechnung auf Fondsebene angeführten Werte nach einer bloßen Plausibilitätsprüfung (ohne Überprüfung auf Richtigkeit). Sodann musste K bei der Erstellung der Steuerrechnung auf Ebene der Anteilinhaber u. a. die anlegerbezogenen Merkmale berücksichtigen, aber auch eine eigene Aufwandsverrechnung vornehmen und eine eigenständige Verwendungsreihenfolge sowie eine spezifische Verlustverrechnung beachten.
Während des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Zeitraums blieben die Verwaltungsgesellschaften, die K beauftragt hatten, die steuerlichen Vertreter, die die für die Einkünftebesteuerung der Fonds-Anteilinhaber maßgeblichen Werte im Wege einer standardisierten Meldung an die Meldestelle zu übermitteln hatten. Die Verwaltungsgesellschaften übernahmen so die von K ermittelten relevanten Werte unverändert und übermittelten sie an die Meldestelle. Die Verwaltungsgesellschaften hafteten jedoch für die Richtigkeit der an die Meldestelle gemeldeten Beträge, insbesondere in Bezug auf die Kapitalertragsteuer. K traf gegenüber diesen Gesellschaften die zivilrechtliche Haftung für einen Schaden infolge einer von ihr verschuldeten Unrichtigkeit der Meldung der steuerrelevanten Werte.
K verrechnete die den Verwaltungsgesellschaften von ihr erbrachten Leistungen ohne Umsatzsteuer. Ihrer Ansicht nach fallen diese Leistungen unter die in Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Steuerbefreiung für die Verwaltung von Sondervermögen, da sie die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgestellten Voraussetzungen erfüllten, insbesondere diejenigen nach Rn. 72 des Urteils vom 4. Mai 2006, Abbey National (C-169/04, EU:C:2006:289), wonach die von einem Dritten erbrachten Leistungen, um unter diese Befreiung zu fallen, ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes bilden und für die Verwaltung dieser Sondervermögen spezifisch und wesentlich sein müssten. Die Leistungen zur Ermittlung der für die Einkünftebesteuerung der Fonds-Anteilinhaber maßgeblichen Werte, mit denen sie beauftragt sei, gebe es nur im Bereich der Sondervermögen, weshalb es sich um Verwaltungsleistungen handle, die für die Verwaltung von Sondervermögen spezifisch und wesentlich seien. Außerdem sei es für die Befreiung nicht erforderlich, dass die Gesamtheit der Verwaltungsleistungen ausgelagert werde.
Das Finanzamt vertritt demgegenüber die Auffassung, dass die Leistungen, die K den Verwaltungsgesellschaften erbringe, nicht unter diese Befreiung fallen könnten. Zum einen sei die Leistung von K, die darin bestehe, die für die Einkünftebesteuerung der Fonds-Anteilinhaber maßgeblichen Werte zu ermitteln, für die Verwaltung von Sondervermögen nicht spezifisch und wesentlich. Es handle sich dabei vielmehr um eine berufstypische Leistung eines Wirtschaftstreuhänders. Zum anderen sei diese Leistung nicht hinreichend eigenständig, um von der Steuerbefreiung erfasst zu werden.
K legte gegen die Bescheide des Finanzamts vom 9. September 2014 über die Umsatzsteuer für die Jahre 2008 bis 2012, vom 25. September 2015 über die Umsatzsteuer für das Jahr 2013 und vom 23. Januar 2019 über die Umsatzsteuer für das Jahr 2014 Beschwerde beim vorlegenden Gericht ein, das der Ansicht ist, dass Zweifel hinsichtlich der Auslegung des Begriffs „Verwaltung von Sondervermögen“ im Sinne von Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie bestünden.
Vor diesem Hintergrund hat das Bundesfinanzgericht beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Ist Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen, dass unter dem Begriff der „Verwaltung von Sondervermögen“ auch die von der Verwaltungsgesellschaft einem Dritten übertragenen steuerlichen Agenden zu verstehen sind, die darin bestehen, die gesetzeskonforme Besteuerung der Fondseinkünfte der Anteilinhaber sicherzustellen?
Rechtssache C-59/20
Mit Lizenzvertrag vom 11. Dezember 2008 wurde der DBKAG, die Sondervermögen verwaltet, von der SC GmbH mit Sitz in Deutschland gegen Zahlung einer Lizenzgebühr ein Nutzungsrecht an einer Software zur Erstellung wesentlicher Berechnungen für das Risikomanagement und die Performancemessung (im Folgenden: SC-Software) eingeräumt.
Die SC-Software ist speziell auf das Investmentfondsgeschäft und die komplexen Anforderungen des Gesetzgebers in den betreffenden Bereichen zugeschnitten. SC haftet für die Erstellung korrekter Berechnungen der Risiko- und Performancekennzahlen.
Die SC-Software ist nur für das Zusammenwirken mit der anderen Software der DBKAG geeignet. Die DBKAG musste ihre EDV-Umgebung an die Erfordernisse der SC-Software anpassen und die von dieser zu beachtenden Parameter (u. a. die Berechnungsmethoden) festlegen. Über Schnittstellen zu anderen Programmen der DBKAG werden automatisch die von der DBKAG eingegebenen und für die Berechnungen durch SC erforderlichen Kurs- und Marktwertdaten täglich in das SC-Softwareprogramm eingespielt. Somit führt die SC-Software die Berechnungen der Risiko- und Performancekennzahlen ausgehend von Daten durch, die von der DBKAG eingegeben wurden. Sodann werden die mit der SC-Software berechneten Risiko- und Performancekennzahlen von der DBKAG verwendet, um Berichte zu erstellen, mit denen den gesetzlichen Informationspflichten gegenüber den Behörden und den Anlegern in Bezug auf das Risiko- und Performancemanagement nachgekommen werden soll.
Mit weiteren Verträgen vom 11. Dezember 2008 wurde vereinbart, dass SC der DBKAG verschiedene Unterstützungsleistungen erbringen sollte. Insbesondere verpflichtete sich SC, die Mitarbeiter der DBKAG für die von ihnen zu erfüllenden Aufgaben bei der Konfiguration der SC-Software und bei der manuellen Eingabe der für das Funktionieren dieser Software erforderlichen Daten zu schulen. SC verpflichtete sich auch zu Softwareaktualisierungen, um insoweit etwa auftretende Mängel zu beheben.
SC fakturierte die Lizenzeinräumung und die weiteren Serviceleistungen als im Bestimmungsstaat, der Republik Österreich, steuerbare und umsatzsteuerpflichtige Leistungen, wies aber keine Umsatzsteuer aus, sondern verwies auf den Übergang der Steuerschuld auf die DBKAG aufgrund des Reverse-Charge-Systems.
Die DBKAG ist jedoch der Ansicht, dass die Leistungen von SC unter die Steuerbefreiung gemäß Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie fallen müssten. Die SC-Software erbringe nämlich Berechnungsleistungen in Bezug auf Risiko- und Performancekennzahlen, die für die Verwaltung von Sondervermögen spezifisch und wesentlich seien. Die Tatsache, dass sie selbst bestimmte Daten für die SC-Software liefere, dürfe keinen Einfluss auf die Einstufung dieser Leistungen als steuerbefreite Umsätze haben.
Das Finanzamt ist seinerseits der Ansicht, dass die Einräumung des Nutzungsrechts an der SC-Software eine steuerpflichtige Leistung sei. SC erbringe nur eine bloße technische Hilfeleistung, die weder spezifisch noch wesentlich für die Verwaltung von Sondervermögen sei. Da außerdem die SC-Software die gegenständlichen Berechnungen ohne Mitwirkung der DBKAG nicht ausführen könne, sei die Leistung von SC nicht eigenständig genug, um unter die Steuerbefreiung zu fallen.
Die DBKAG erhob gegen die Bescheide des Finanzamts vom 24. Oktober 2014 betreffend die Wiederaufnahme der Umsatzsteuerverfahren für die Jahre 2009 und 2010 sowie gegen die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2009 und 2010 Beschwerde beim vorlegenden Gericht.
Wie in der Rechtssache C-58/20 ist das vorlegende Gericht der Auffassung, dass Zweifel hinsichtlich der Auslegung des Begriffs „Verwaltung von Sondervermögen“ im Sinne von Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie bestünden. Zwar betrachtet es die Leistungen des Risikomanagements und der Performancemessung als für die Verwaltung von Sondervermögen spezifische Tätigkeiten. Es fragt sich jedoch, ob die von der SC im vorliegenden Fall übernommene Verantwortung ausreicht, damit für ihre Leistung die in dieser Bestimmung vorgesehene Steuerbefreiung greift.
Vor diesem Hintergrund hat das Bundesfinanzgericht beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Ist Art. 135 Abs.1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie in dem Sinne auszulegen, dass für die Zwecke der in dieser Bestimmung vorgesehenen Steuerbefreiung unter den Begriff der „Verwaltung von Sondervermögen“ auch die Einräumung eines Nutzungsrechts an einer speziell für die Verwaltung von Sondervermögen entwickelten Spezialsoftware durch einen dritten Lizenzgeber an eine Kapitalanlagegesellschaft fällt, wenn diese Spezialsoftware wie im Ausgangsverfahren ausschließlich der Erfüllung spezifischer und wesentlicher Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Verwaltung der Sondervermögen dient, dabei aber auf der technischen Infrastruktur der Kapitalanlagegesellschaft ausgeführt wird und ihre Funktionen nur durch die untergeordnete Mitwirkung der Kapitalanlagegesellschaft und unter laufender Heranziehung von durch die Kapitalanlagegesellschaft bereitgestellten Marktdaten erfüllen kann?
Mit Entscheidung des Präsidenten des Gerichtshofs vom 3. März 2020 sind die Rechtssachen C-58/20 und C-59/20 zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamem Urteil verbunden worden.
Zu den Vorlagefragen
Mit seinen Vorlagefragen möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass von Dritten an Sondervermögen-Verwaltungsgesellschaften erbrachte Dienstleistungen wie steuerliche Arbeiten, die die Besteuerung der Fondseinkünfte der Anteilinhaber gemäß dem nationalen Recht sicherstellen, und die Einräumung eines Nutzungsrechts an Software, die der Durchführung von für das Risikomanagement und die Performancemessung wesentlichen Berechnungen dient, unter die in dieser Bestimmung vorgesehene Steuerbefreiung fallen.
Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die vom Gerichtshof vorgenommene Auslegung der Bestimmungen der Sechsten Richtlinie, da diese durch die Mehrwertsteuerrichtlinie aufgehoben und ersetzt wurde, auch für deren Bestimmungen gilt, wenn die Bestimmungen dieser beiden Unionsrechtsinstrumente als gleichbedeutend angesehen werden können.
Folglich gilt die Auslegung von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Sechsten Richtlinie durch den Gerichtshof auch für Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie, da diese Bestimmungen, wie bereits oben in Rn. 3 festgestellt, im Wesentlichen wortgleich sind und daher als gleichbedeutend angesehen werden können.
Insoweit handelt es sich bei den in Art. 135 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Steuerbefreiungen nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs um autonome unionsrechtliche Begriffe, die eine von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedliche Anwendung des Mehrwertsteuersystems verhindern sollen (Urteil vom 2. Juli 2020, Blackrock Investment Management [UK], C-231/19, EU:C:2020:513, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Außerdem sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die Begriffe, mit denen die in Art. 135 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Steuerbefreiungen umschrieben sind, eng auszulegen, da Letztere Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegt (Urteil vom 2. Juli 2020, Blackrock Investment Management [UK], C-231/19, EU:C:2020:513, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Darüber hinaus müssen die Wirtschaftsteilnehmer nach dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität das Organisationsmodell wählen können, das ihnen rein wirtschaftlich betrachtet am besten zusagt, ohne Gefahr zu laufen, dass ihre Umsätze von der in Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Steuerbefreiung ausgeschlossen werden (Urteil vom 2. Juli 2020, Blackrock Investment Management [UK], C-231/19, EU:C:2020:513, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Somit fallen die von einem außenstehenden Verwalter erbrachten Verwaltungsdienstleistungen grundsätzlich unter Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie (Urteil vom 4. Mai 2006, Abbey National, C-169/04, EU:C:2006:289, Rn. 69).
Die von einem außenstehenden Verwalter erbrachten Dienstleistungen können jedoch nur dann als steuerbefreite Umsätze im Sinne des Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie eingestuft werden, wenn sie ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes bilden, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen der Verwaltung von Sondervermögen erfüllen soll (Urteil vom 2. Juli 2020, Blackrock Investment Management [UK], C-231/19, EU:C:2020:513, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Die vorstehend in den Rn. 29 bis 33 dargestellte Rechtsprechung bildet den Prüfungsmaßstab für die vom vorlegenden Gericht gestellten Fragen.
Zur Voraussetzung der Eigenständigkeit
Als Erstes ist zur Klärung der Frage, ob Dienstleistungen von Dritten an Sondervermögen-Verwaltungsgesellschaften unter die in Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Steuerbefreiung fallen, zu prüfen, ob diese Dienstleistungen ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes bilden.
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Voraussetzung der „Eigenständigkeit“ nicht dahin ausgelegt werden kann, dass eine für die Verwaltung von Sondervermögen spezifische und wesentliche Dienstleistung vollständig ausgelagert sein müsste, damit sie von der in Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Steuerbefreiung erfasst wird.
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs soll die in dieser Bestimmung vorgesehene Steuerbefreiung den Zugang von Kleinanlegern zum Wertpapiermarkt fördern. Die gemeinsame Verwaltung von Anlagen in Investmentfonds bietet Kleinanlegern nämlich die Möglichkeit, trotz einer bescheidenen Investition ein diversifiziertes Portfolio zu halten, das sie gegen die Wertschwankungsrisiken bei Wertpapieren wappnet, und ermöglicht es ihnen, die Kosten einer sachkundigen Verwaltung umzulegen. Gäbe es die Befreiung nicht, wären Anteilinhaber an Organismen für gemeinsame Anlagen steuerlich stärker belastet als a priori größere Anleger, die ihr Geld unmittelbar in Wertpapieren anlegen und keine Fondsverwaltungsleistungen in Anspruch nehmen. Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität lässt es aber nicht zu, dass Wirtschaftsteilnehmer, die gleichartige Umsätze tätigen, bei der Erhebung der Mehrwertsteuer unterschiedlich behandelt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. März 2014, ATP PensionService, C-464/12, EU:C:2014:139, Rn. 43 und 44 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
Auch wenn die in Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Steuerbefreiung eng auszulegen ist, sprechen somit der Grundsatz der steuerlichen Neutralität und die Ziele dieser Befreiung für eine Auslegung, die ihr nicht ihre Wirkung nimmt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. Dezember 2015, Fiscale Eenheid X, C-595/13, EU:C:2015:801, Rn. 68).
Wenn aber eine für die Verwaltung von Sondervermögen spezifische und wesentliche Leistung schon deshalb der Mehrwertsteuer unterliegen sollte, weil sie nicht vollständig ausgelagert ist, würde dies die Verwaltungsgesellschaften, die diese Leistung selbst erbringen, und die Anleger, die ihr Geld unmittelbar in Wertpapieren anlegen und keine Fondsverwaltungsleistungen in Anspruch nehmen, begünstigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. März 2014, ATP PensionService, C-464/12, EU:C:2014:139, Rn. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Daher würde eine Auslegung der Voraussetzung der „Eigenständigkeit“, wonach eine für die Verwaltung von Sondervermögen spezifische und wesentliche Dienstleistung vollständig ausgelagert sein müsste, damit die in Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Steuerbefreiung greift, die praktische Wirksamkeit der Möglichkeit der Steuerbefreiung für eine solche Leistung einschränken, wenn diese von einem Dritten erbracht wird.
Im Übrigen hat der Gerichtshof entschieden, dass die von einem Dritten an eine Sondervermögen-Verwaltungsgesellschaft erbrachten Beratungsdienstleistungen für Wertpapieranlagen und seine Empfehlungen zum An- und Verkauf von Vermögenswerten, die für die Verwaltung des Sondervermögens spezifisch und wesentlich sind, unter die in Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Steuerbefreiung fallen können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. März 2013, GfBk, C-275/11, EU:C:2013:141, Rn. 33).
Der Gerichtshof hat es nämlich für unerheblich befunden, ob es Sache dieser Verwaltungsgesellschaft ist, die Empfehlungen umzusetzen, nachdem sie überprüft hat, dass diese gegen keine gesetzlichen Anlagegrenzen für Sondervermögen verstoßen, und ob damit die Letztentscheidung und die Letztverantwortung bei ihr verbleiben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. März 2013, GfBk, C-275/11, EU:C:2013:141, Rn. 27).
In der Rechtssache C-58/20 ist es vorliegend, um festzustellen, ob die von K an die betreffenden Verwaltungsgesellschaften erbrachten Dienstleistungen wie die Leistungen zur Ermittlung der für die Einkünftebesteuerung der Fonds-Anteilinhaber maßgeblichen Werte unter die in Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Steuerbefreiung fallen, Angelegenheit des vorlegenden Gerichts, zu beurteilen, ob diese Dienstleistungen als für die Tätigkeit der Verwaltung von Sondervermögen spezifisch und wesentlich anzusehen sind. Dass es Sache der Verwaltungsgesellschaften ist, ausgehend von den Berechnungen eines Dritten die standardisierten Meldungen zu erstellen und sie an die Meldestelle zu übermitteln, ist für sich genommen nicht ausschlaggebend dafür, ob solche Dienstleistungen unter diese Befreiung fallen.
Desgleichen ist es in der Rechtssache C-59/20, um festzustellen, ob die Dienstleistungen von SC an die DBKAG wie die Einräumung des Nutzungsrechts an der SC-Software unter die in Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Steuerbefreiung fallen, Angelegenheit des vorlegenden Gerichts, zu beurteilen, ob diese Dienstleistungen als für die Tätigkeit der Verwaltung von Sondervermögen spezifisch und wesentlich anzusehen sind. Der Umstand, dass die fragliche Software nur auf der technischen Infrastruktur der betreffenden Verwaltungsgesellschaft ausgeführt werden kann und ihre Funktionen nur durch die untergeordnete Mitwirkung der Verwaltungsgesellschaft und unter laufender Heranziehung von durch die Verwaltungsgesellschaft bereitgestellten Marktdaten erfüllen kann, ist für sich genommen nicht ausschlaggebend dafür, ob solche Dienstleistungen unter diese Befreiung fallen.
Zur Voraussetzung der Spezifität und Wesentlichkeit der Dienstleistung
Als Zweites ist für die Feststellung, ob von Dritten an Sondervermögen-Verwaltungsgesellschaften erbrachte Dienstleistungen wie steuerliche Arbeiten, die die Besteuerung der Fondseinkünfte der Anteilinhaber gemäß dem nationalen Recht sicherstellen, und die Einräumung eines Nutzungsrechts an Software, die der Durchführung von für das Risikomanagement und die Performancemessung wesentlichen Berechnungen dient, unter die in Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Steuerbefreiung fallen, zu prüfen, ob diese Dienstleistungen für die Verwaltung von Sondervermögen spezifisch und wesentlich sind.
Erstens ist zu den steuerlichen Arbeiten darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs neben den Aufgaben der Anlageverwaltung die administrativen Aufgaben der Organismen für gemeinsame Anlagen selbst, wie sie in Anhang II der OGAW-Richtlinie aufgeführt sind, unter Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie fallen (Urteil vom 4. Mai 2006, Abbey National, C-169/04, EU:C:2006:289, Rn. 64).
Anhang II der OGAW-Richtlinie sieht nämlich vor, dass die Tätigkeit der gemeinsamen Portfolioverwaltung u. a. administrative Tätigkeiten wie z. B. gesetzlich vorgeschriebene und im Rahmen der Fondsverwaltung vorgeschriebene Rechnungslegungsdienstleistungen sowie die Bewertung und Preisfestsetzung (einschließlich Steuererklärungen) umfasst.
Außerdem steht der Umstand, dass bestimmte Leistungen nicht in Anhang II der OGAW-Richtlinie aufgeführt sind, ihrer Einbeziehung in die Kategorie der spezifischen Dienstleistungen, die zur Tätigkeit der „Verwaltung“ von Sondervermögen im Sinne von Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie gehören, nicht entgegen (Urteil vom 7. März 2013, GfBk, C-275/11, EU:C:2013:141, Rn. 25).
Für die Feststellung, ob die von einem Dritten an eine Verwaltungsgesellschaft erbrachten Leistungen unter die in Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Steuerbefreiung fallen, ist nämlich zu ermitteln, ob die von diesem Dritten erbrachte Dienstleistung eine enge Verbindung mit der der Verwaltungsgesellschaft eigenen Tätigkeit aufweist, die bewirkt, dass sie die spezifischen und wesentlichen Funktionen der Verwaltung von Sondervermögen erfüllt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. März 2013, GfBk, C-275/11, EU:C:2013:141, Rn. 23).
Insoweit erfasst der Begriff „Verwaltung“ von Sondervermögen im Sinne von Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie nicht nur die Verwaltung von Anlagen, die die Auswahl und die Veräußerung der Vermögensgegenstände einschließt, die Gegenstand dieser Verwaltung sind, sondern auch Verwaltungs- und Buchführungsleistungen wie die Ermittlung des Betrags der Einkünfte und des Preises der Anteile oder Aktien an dem Fonds, die Bewertung des Vermögens, die Buchführung, die Vorbereitung der Erklärungen über die Verteilung der Einkünfte, die Lieferung von Angaben und Unterlagen für die regelmäßig zu veröffentlichenden Abschlüsse und die Steuererklärungen, Statistiken und Mehrwertsteuererklärungen sowie die Vorbereitung der Voraussagen über die Erträge (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. März 2013, GfBk, C-275/11, EU:C:2013:141, Rn. 27).
Dagegen fallen Leistungen, die etwa nicht für die Tätigkeit eines Fonds, mit dem Sondervermögen verwaltet wird, spezifisch sind, sondern jeder Anlageart innewohnen, nicht unter diesen Begriff „Verwaltung“ von Sondervermögen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. Dezember 2015, Fiscale Eenheid X, C-595/13, EU:C:2015:801, Rn. 78).
Somit fallen von einem Dritten an eine Verwaltungsgesellschaft erbrachte Verwaltungs- und Buchführungsleistungen wie steuerliche Arbeiten, die die Besteuerung der Fondseinkünfte der Anteilinhaber gemäß dem nationalen Recht sicherstellen, soweit sie eine enge Verbindung mit der Tätigkeit der Verwaltung von Sondervermögen aufweisen, unter die in Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Steuerbefreiung.
Zweitens hat der Gerichtshof, was die Einräumung eines Nutzungsrechts an Software betrifft, zwar in Rn. 71 des Urteils vom 4. Mai 2006, Abbey National (C-169/04, EU:C:2006:289), unter Verweis auf das Urteil vom 5. Juni 1997, SDC (C-2/95, EU:C:1997:278), befunden, dass rein materielle oder technische Dienstleistungen wie z. B. die Zurverfügungstellung eines Datenverarbeitungssystems nicht von der in Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Sechsten Richtlinie, der Vorgängerbestimmung von Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie, vorgesehenen Steuerbefreiung erfasst wurden (Urteil vom 9. Dezember 2015, Fiscale Eenheid X, C-595/13, EU:C:2015:801, Rn. 74).
Diese Rechtsprechung kann jedoch nicht dahin verstanden werden, dass vom Anwendungsbereich der in Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Steuerbefreiung von vornherein jede Dienstleistung auszuschließen ist, die einer Verwaltungsgesellschaft von einem Dritten über ein Datenverarbeitungssystem erbracht wird.
Der Gerichtshof hat nämlich in Rn. 37 des Urteils vom 5. Juni 1997, SDC (C-2/95, EU:C:1997:278), klargestellt, dass die Tatsache allein, dass eine Leistung vollständig im Wege der elektronischen Datenverarbeitung ausgeführt wird, an sich der Anwendung der Steuerbefreiung auf diese Leistung nicht entgegensteht.
Insbesondere hat der Gerichtshof im Urteil vom 2. Juli 2020, Blackrock Investment Management (UK) (C-231/19, EU:C:2020:513), obwohl es um Dienstleistungen – u. a. der Leistungs- und Risikoüberwachung – ging, die ein Dritter Fonds-Verwaltungsgesellschaften mittels einer Softwareplattform erbrachte, diese Dienstleistungen nicht von vornherein vom Anwendungsbereich der in Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Steuerbefreiung ausgeschlossen. Dass die betreffenden Dienstleistungen nicht unter diese Steuerbefreiung fallen konnten, begründete er in den Rn. 48 und 49 jenes Urteils vielmehr damit, dass sie nicht für die Verwaltung von Sondervermögen spezifisch waren, weil sie zum Zweck der Verwaltung von Anlagen unterschiedlicher Art konzipiert worden waren und gleichermaßen für die Verwaltung von Sondervermögen und für die Verwaltung anderer Fonds verwendet werden konnten.
Wird eine Dienstleistung wie die Einräumung eines Nutzungsrechts an Software ausschließlich für die Zwecke der Verwaltung von Sondervermögen und nicht an andere Fonds erbracht, kann sie mithin als „spezifisch“ für diesen Zweck angesehen werden.
Aus dem Vorstehenden folgt daher, dass Dienstleistungen wie steuerliche Arbeiten, die die Besteuerung der Fondseinkünfte der Anteilinhaber gemäß dem nationalen Recht sicherstellen, und die Einräumung eines Nutzungsrechts an Software, die der Durchführung von für das Risikomanagement und die Performancemessung wesentlichen Berechnungen dient, unter die in Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Steuerbefreiung fallen, wenn sie eine enge Verbindung mit der Verwaltung von Sondervermögen aufweisen und ausschließlich für die Zwecke der Verwaltung von Sondervermögen erbracht werden.
Vorliegend ist es Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die Dienstleistungen, die den in den Ausgangsverfahren betroffenen Verwaltungsgesellschaften von K und SC erbracht werden, diese Voraussetzungen erfüllen.
Konkret wird das vorlegende Gericht in der Rechtssache C-58/20 namentlich prüfen müssen, ob die von K erledigten steuerlichen Arbeiten Pflichten nach österreichischem Recht entsprechen, die für Sondervermögen spezifisch sind und sich somit von den für andere Arten von Investmentfonds vorgesehenen Pflichten unterscheiden.
In der Rechtssache C-59/20 geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass das vorlegende Gericht die Leistungen des Risikomanagements und der Performancemessung als für die Verwaltung von Sondervermögen spezifische Tätigkeiten betrachtet. Das vorlegende Gericht weist auch darauf hin, dass die Berechnungen der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Software eine wesentliche Grundlage für die Erfüllung der nach österreichischem Recht vorgeschriebenen Funktionen des Risikomanagements und der Performancemessung seitens der DBKAG bildeten. Der Umstand, dass diese Software etwa zur Durchführung von Berechnungen dient, die für die Verwaltungsleistungen des Risikomanagements und der Performancemessung des betreffenden Fonds wesentlich sind, könnte daher die Annahme zulassen, dass sie für die Verwaltung dieses Fonds wesentlich ist. Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die oben in Rn. 58 genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass von Dritten an Sondervermögen-Verwaltungsgesellschaften erbrachte Dienstleistungen wie steuerliche Arbeiten, die die Besteuerung der Fondseinkünfte der Anteilinhaber gemäß dem nationalen Recht sicherstellen, und die Einräumung eines Nutzungsrechts an Software, die ausschließlich der Durchführung von für das Risikomanagement und die Performancemessung wesentlichen Berechnungen dient, unter die in dieser Bestimmung vorgesehene Steuerbefreiung fallen, wenn sie eine enge Verbindung mit der Verwaltung von Sondervermögen aufweisen und ausschließlich für die Zwecke der Verwaltung von Sondervermögen erbracht werden, auch wenn sie nicht vollständig ausgelagert sind.
Kosten
Für die Parteien der Ausgangsverfahren ist das Verfahren ein Zwischenstreit in den beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreitigkeiten; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Gründe
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:
Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass von Dritten an Sondervermögen-Verwaltungsgesellschaften erbrachte Dienstleistungen wie steuerliche Arbeiten, die die Besteuerung der Fondseinkünfte der Anteilinhaber gemäß dem nationalen Recht sicherstellen, und die Einräumung eines Nutzungsrechts an Software, die ausschließlich der Durchführung von für das Risikomanagement und die Performancemessung wesentlichen Berechnungen dient, unter die in dieser Bestimmung vorgesehene Steuerbefreiung fallen, wenn sie eine enge Verbindung mit der Verwaltung von Sondervermögen aufweisen und ausschließlich für die Zwecke der Verwaltung von Sondervermögen erbracht werden, auch wenn sie nicht vollständig ausgelagert sind.
Bonichot
Silva de Lapuerta
Bay Larsen
Toader
Jääskinen
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 17. Juni 2021.
Der Kanzler
A. Calot Escobar
Der Präsident der Ersten Kammer
J.-C. Bonichot
( *1)Verfahrenssprache: Deutsch.
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