Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
EuGH 10.12.2020 - C-488/18
EuGH 10.12.2020 - C-488/18 - URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer) - 10. Dezember 2020 ( *1) - „Vorlage zur Vorabentscheidung – Steuerrecht – Mehrwertsteuer – Richtlinie 2006/112/EG – Art. 132 Abs. 1 Buchst. m – Befreiung für ‚bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen‘ – Unmittelbare Wirkung – Begriff der Einrichtungen ohne Gewinnstreben“
Leitsatz
In der Rechtssache C-488/18
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesfinanzhof (Deutschland) mit Entscheidung vom 21. Juni 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 25. Juli 2018, in dem Verfahren
Finanzamt Kaufbeuren mit Außenstelle Füssen
gegen
Golfclub Schloss Igling e. V.
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Vilaras, der Richter N. Piçarra (Berichterstatter), D. Šváby und S. Rodin sowie der Richterin K. Jürimäe,
Generalanwalt: G. Hogan,
Kanzler: M. Krausenböck, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 23. September 2019,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
des Golfclubs Schloss Igling e. V., vertreten durch die Steuerberater J. Hoffmann und M. Mühlbauer,
der deutschen Regierung, zunächst vertreten durch T. Henze und S. Eisenberg, dann durch J. Möller und S. Eisenberg als Bevollmächtigte,
der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Bulterman und M. de Ree als Bevollmächtigte,
der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Jokubauskaitė und R. Pethke als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 7. November 2019
folgendes
Entscheidungsgründe
Urteil
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Finanzamt Kaufbeuren mit Außenstelle Füssen (Deutschland) (im Folgenden: Finanzamt) und dem Golfclub Schloss Igling e. V. (im Folgenden: Golfclub) wegen der Entscheidung des Finanzamts, bestimmten im Zusammenhang mit dem Golfspiel stehenden, vom Golfclub den Golfspielern erbrachten Dienstleistungen die Befreiung von der Umsatzsteuer zu versagen.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie unterliegen „Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt“, der Mehrwertsteuer.
Titel IX („Steuerbefreiungen“) der Mehrwertsteuerrichtlinie enthält ein Kapitel 2 („Steuerbefreiungen für bestimmte, dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten“), das aus den Art. 132 bis 134 der Richtlinie besteht.
Art. 132 Abs. 1 Buchst. m und n der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt:
„Die Mitgliedstaaten befreien folgende Umsätze von der Steuer:
…
bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben;
bestimmte kulturelle Dienstleistungen und eng damit verbundene Lieferungen von Gegenständen, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannten kulturellen Einrichtungen erbracht werden“.
Art. 133 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie sieht vor:
„Die Mitgliedstaaten können die Gewährung der Befreiungen nach Artikel 132 Absatz 1 Buchstaben … m und n für Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, im Einzelfall von der Erfüllung einer oder mehrerer der folgenden Bedingungen abhängig machen:
Die betreffenden Einrichtungen dürfen keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der erbrachten Leistungen verwendet werden.
…“
In Art. 134 der Mehrwertsteuerrichtlinie heißt es:
„In folgenden Fällen sind Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen von der Steuerbefreiung des Artikels 132 Absatz 1 Buchstaben … m und n ausgeschlossen:
Sie sind für die Umsätze, für die die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht unerlässlich;
…“
Deutsches Recht
UStG
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes in seiner im Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: UStG) unterliegen die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer in Deutschland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, der Umsatzsteuer.
In § 4 UStG heißt es:
„Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:
22. a) die Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden,
b) andere kulturelle und sportliche Veranstaltungen, die von den in Buchstabe a genannten Unternehmern durchgeführt werden, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht“.
AO
§ 52 („Gemeinnützige Zwecke“) der Abgabenordnung in ihrer im Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: AO) bestimmt:
„(1) Eine Körperschaft verfolgt gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. …
(2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 sind als Förderung der Allgemeinheit anzuerkennen:
…
die Förderung des Sports …
…“
§ 55 („Selbstlosigkeit“) AO sieht in Abs. 1 vor:
„Eine Förderung oder Unterstützung geschieht selbstlos, wenn dadurch nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke – zum Beispiel gewerbliche Zwecke oder sonstige Erwerbszwecke – verfolgt werden und wenn die folgenden Voraussetzungen gegeben sind:
…
2. Die Mitglieder dürfen bei ihrem Ausscheiden oder bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft nicht mehr als ihre eingezahlten Kapitalanteile und den gemeinen Wert ihrer geleisteten Sacheinlagen zurückerhalten.
…
4. Bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks darf das Vermögen der Körperschaft, soweit es die eingezahlten Kapitalanteile der Mitglieder und den gemeinen Wert der von den Mitgliedern geleisteten Sacheinlagen übersteigt, nur für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden (Grundsatz der Vermögensbindung). Diese Voraussetzung ist auch erfüllt, wenn das Vermögen einer anderen steuerbegünstigten Körperschaft oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts für steuerbegünstigte Zwecke übertragen werden soll.
…“
In § 58 („Steuerlich unschädliche Betätigungen“) AO heißt es:
„Die Steuervergünstigung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass
…
8. eine Körperschaft gesellige Zusammenkünfte veranstaltet, die im Vergleich zu ihrer steuerbegünstigten Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung sind,
9. ein Sportverein neben dem unbezahlten auch den bezahlten Sport fördert,
…“
§ 59 („Voraussetzung der Steuervergünstigung“) AO sieht vor:
„Die Steuervergünstigung wird gewährt, wenn sich aus der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung (Satzung im Sinne dieser Vorschriften) ergibt, welchen Zweck die Körperschaft verfolgt, dass dieser Zweck den Anforderungen der §§ 52 bis 55 entspricht und dass er ausschließlich und unmittelbar verfolgt wird; die tatsächliche Geschäftsführung muss diesen Satzungsbestimmungen entsprechen.“
§ 61 („Satzungsmäßige Vermögensbindung“) AO bestimmt in Abs. 1:
„Eine steuerlich ausreichende Vermögensbindung (§ 55 Abs. 1 Nr. 4) liegt vor, wenn der Zweck, für den das Vermögen bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks verwendet werden soll, in der Satzung so genau bestimmt ist, dass auf Grund der Satzung geprüft werden kann, ob der Verwendungszweck steuerbegünstigt ist.“
Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen
Der Golfclub ist ein privatrechtlicher Verein, dessen Zweck die Pflege und Förderung von Golf ist. Hierzu betreibt er einen Golfplatz und die dazugehörigen Anlagen, die er von der Golfplatz-Y-Betriebs-GmbH gepachtet hat. Die Mittel des Golfclubs dürfen nur für die Zwecke seiner Satzung verwendet werden, die vorsieht, dass sein Vermögen bei Auflösung oder Aufhebung an eine von der Mitgliederversammlung bestimmte Person oder Institution fällt.
Am 25. Januar 2011 erwarb der Golfclub alle Anteile an der Golfplatz-Y-Betriebs-GmbH zum Preis von 380000 Euro. Zur Finanzierung dieses Vorhabens nahm er bei seinen Mitgliedern Darlehen auf, die mit 4 % jährlich verzinst wurden und mit 5 % jährlich getilgt werden sollten.
Im selben Jahr erzielte der Golfclub Einnahmen in Höhe von insgesamt 78615,02 Euro aus folgenden Tätigkeiten:
Nutzung des Golfplatzes;
Vermietung von Golfbällen;
mietweise Überlassung von Caddies;
Verkauf eines Golfschlägers;
Durchführung von Golfturnieren und Veranstaltungen, bei denen der Golfclub Startgelder für die Teilnahme vereinnahmte.
Das Finanzamt weigerte sich, diese Tätigkeiten von der Umsatzsteuer zu befreien. Seiner Ansicht nach sind die Startgelder für Golfveranstaltungen nur dann gemäß § 4 Nr. 22 UStG befreit, wenn der Antragsteller eine gemeinnützige Körperschaft im Sinne der §§ 51 ff. AO ist. Dies sei beim Golfclub nicht der Fall, da dessen Satzung keine hinreichend genauen Regelungen zur Vermögensbindung im Fall seiner Auflösung enthalte. Der Erwerb der Golfplatz-Y-Betriebs-GmbH zeige, dass der Golfclub nicht ausschließlich Zwecke ohne Gewinnstreben verfolge.
Das Finanzamt erließ daher einen Umsatzsteuerbescheid, mit dem alle genannten Tätigkeiten der Umsatzsteuer unterworfen wurden.
Dieser Bescheid wurde vom Finanzgericht München (Deutschland) aufgehoben. Das Finanzgericht befand, dass der Golfclub eine Einrichtung ohne Gewinnstreben im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Mehrwertsteuerrichtlinie sei und dass diese Vorschrift unmittelbare Wirkung habe, die die Mitgliedstaaten verpflichte, alle in engem Zusammenhang mit Sport stehenden Tätigkeiten, die von einer solchen Einrichtung ausgeübt würden, von der Steuer zu befreien.
Das Finanzamt hat gegen das Urteil Revision beim Bundesfinanzhof (Deutschland) eingelegt. Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs hängt die Entscheidung des Rechtsstreits zum einen davon ab, ob Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Mehrwertsteuerrichtlinie unmittelbare Wirkung habe, so dass sich Einrichtungen ohne Gewinnstreben bei fehlender oder nicht ordnungsgemäßer Umsetzung der Vorschrift in nationales Recht vor den nationalen Gerichten unmittelbar auf sie berufen könnten, und zum anderen von der Definition des Begriffs der Einrichtungen ohne Gewinnstreben im Sinne dieser Vorschrift.
Die Zweifel des vorlegenden Gerichts hinsichtlich der Frage, ob Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Mehrwertsteuerrichtlinie unmittelbare Wirkung hat, ergeben sich aus dem Urteil vom 15. Februar 2017, British Film Institute (C-592/15, EU:C:2017:117, Rn. 23 und 24), in dem der Gerichtshof entschieden hat, dass Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. n der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. 1977, L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie), dessen Wortlaut dem von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Mehrwertsteuerrichtlinie entspricht, keine solche Wirkung hat.
Das vorlegende Gericht möchte ferner wissen, ob der Begriff der Einrichtung ohne Gewinnstreben im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Mehrwertsteuerrichtlinie als autonomer unionsrechtlicher Begriff anzusehen ist und, wenn ja, ob er dahin auszulegen ist, dass er nur Einrichtungen erfasst, deren Satzung für den Fall der Übertragung auf eine andere Einrichtung vorsieht, dass die andere Einrichtung ebenfalls einen nicht auf Gewinnstreben ausgerichteten Zweck verfolgen muss.
Unter diesen Umständen hat der Bundesfinanzhof beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Kommt Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Mehrwertsteuerrichtlinie, nach dem „bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben“, unmittelbare Wirkung zu, so dass sich Einrichtungen ohne Gewinnstreben bei fehlender Umsetzung unmittelbar auf diese Bestimmung berufen können?
Bei Bejahung der ersten Frage: Handelt es sich bei der „Einrichtung ohne Gewinnstreben“ im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Mehrwertsteuerrichtlinie um
einen autonom unionsrechtlich auszulegenden Begriff, oder
sind die Mitgliedstaaten befugt, das Vorliegen einer derartigen Einrichtung von Bedingungen wie § 52 AO in Verbindung mit § 55 AO (oder den §§ 51 ff. AO in ihrer Gesamtheit) abhängig zu machen?
Falls es sich um einen autonom unionsrechtlich auszulegenden Begriff handelt: Muss eine Einrichtung ohne Gewinnstreben im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Mehrwertsteuerrichtlinie über Regelungen für den Fall ihrer Auflösung verfügen, nach denen sie ihr dann vorhandenes Vermögen auf eine andere Einrichtung ohne Gewinnstreben zur Förderung von Sport und Körperertüchtigung zu übertragen hat?
Zu den Vorlagefragen
Zur ersten Frage
Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass er unmittelbare Wirkung hat, so dass sich auf diese Vorschrift, wenn durch die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, mit denen sie umgesetzt wird, nur eine begrenzte Zahl in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehender Dienstleistungen von der Mehrwertsteuer befreit wird, eine Einrichtung ohne Gewinnstreben vor den nationalen Gerichten unmittelbar berufen kann, um die Befreiung anderer in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehender Dienstleistungen von der Mehrwertsteuer zu erwirken, die diese Einrichtung für die solche Tätigkeiten ausübenden Personen erbringt und die nach den genannten Rechtsvorschriften nicht befreit sind.
Nach ständiger Rechtsprechung kann sich der Einzelne in allen Fällen, in denen die Bestimmungen einer Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, gegenüber einem Mitgliedstaat vor dessen Gerichten auf sie berufen, wenn der Mitgliedstaat die Richtlinie nicht fristgemäß oder nicht ordnungsgemäß in nationales Recht umgesetzt hat (Urteil vom 15. Februar 2017, British Film Institute, C-592/15, EU:C:2017:117, Rn. 13 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Eine Bestimmung des Unionsrechts ist unbedingt, wenn sie eine Verpflichtung begründet, die weder an eine Bedingung geknüpft ist noch zu ihrer Erfüllung oder Wirksamkeit einer Maßnahme der Organe der Europäischen Union oder der Mitgliedstaaten bedarf (Urteil vom 16. Juli 2015, Larentia + Minerva und Marenave Schiffahrt, C-108/14 und C-109/14, EU:C:2015:496, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Sie ist hinreichend genau, wenn sie in unzweideutigen Worten eine Verpflichtung festlegt (Urteil vom 1. Juli 2010, Gassmayr, C-194/08, EU:C:2010:386, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Im vorliegenden Fall ergibt sich schon aus dem Wortlaut von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Mehrwertsteuerrichtlinie, dass die Mitgliedstaaten „bestimmte … Dienstleistungen“ als dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten von der Steuer befreien müssen, sofern sie zum einen „in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung“ stehen und zum anderen von „Einrichtungen ohne Gewinnstreben“ an „Personen …, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben“, erbracht werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Oktober 2008, Canterbury Hockey Club und Canterbury Ladies Hockey Club, C-253/07, EU:C:2008:571, Rn. 21 und 22).
Die Wendung „bestimmte … Dienstleistungen“ weist darauf hin, dass diese Vorschrift die Mitgliedstaaten nicht dazu verpflichtet, allgemein alle Dienstleistungen von der Steuer zu befreien, die in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehen.
Folglich ist die genannte Vorschrift, die weder eine abschließende Liste der in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehenden und von den Mitgliedstaaten von der Steuer zu befreienden Dienstleistungen enthält noch eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Befreiung aller ein solches Merkmal aufweisenden Dienstleistungen von der Steuer, dahin auszulegen, dass sie den Mitgliedstaaten insoweit einen gewissen Ermessensspielraum einräumt, wie der Generalanwalt in den Nrn. 35 und 38 seiner Schlussanträge im Wesentlichen festgestellt hat.
Nach Ansicht der niederländischen Regierung bedeutet das Wort „bestimmte“ in Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Mehrwertsteuerrichtlinie, dass die dort vorgesehene Steuerbefreiung nur für Dienstleistungen gelte, die die beiden in Rn. 29 des vorliegenden Urteils angeführten Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllten sowie die in Art. 134 Buchst. a der Richtlinie aufgestellte Voraussetzung, dass diese Dienstleistungen für die Umsätze, für die die Steuerbefreiung gewährt werde, unerlässlich seien.
Wie der Generalanwalt in Nr. 42 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ergibt sich eine solche Auslegung jedoch nicht aus dem Wortlaut von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Mehrwertsteuerrichtlinie, der eindeutig „bestimmte“ Dienstleistungen betrifft und nicht „die“ oder „alle“ Dienstleistungen, die die beiden dort aufgestellten Voraussetzungen erfüllen. Dass nach Art. 134 Buchst. a der Richtlinie, den die niederländische Regierung angeführt hat, Dienstleistungen, die in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehen, von der Steuerbefreiung in Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie ausgeschlossen sind, wenn sie „für die Umsätze, für die die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht unerlässlich [sind]“, hat keinen Einfluss auf diese Auslegung. Mit Art. 134 Buchst. a der Richtlinie wird der den Mitgliedstaaten durch ihren Art. 132 Abs. 1 Buchst. m eingeräumte Ermessensspielraum bei der Festlegung der in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehenden und von einer Einrichtung ohne Gewinnstreben erbrachten Dienstleistungen, die aufgrund der letztgenannten Vorschrift von der Mehrwertsteuer zu befreien sind, nämlich nicht beseitigt, sondern nur eingeschränkt.
Eine Auslegung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Mehrwertsteuerrichtlinie in dem Sinne, dass die Mitgliedstaaten trotz des zur Beschreibung der Leistungen, die den zu befreienden Umsatz bilden, verwendeten Wortes „bestimmte“ verpflichtet sind, „alle“ in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehenden Leistungen von der Steuer zu befreien, wäre geeignet, den sachlichen Anwendungsbereich dieser Befreiung über ihren Wortlaut hinaus auszudehnen, entgegen der Rechtsprechung des Gerichtshofs, wonach die zur Umschreibung der Steuerbefreiungen in Art. 132 Abs. 1 der Richtlinie verwendeten Begriffe eng auszulegen sind (vgl. entsprechend Urteil vom 15. Februar 2017, British Film Institute, C-592/15, EU:C:2017:117, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Diese Auslegung des Wortlauts von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Mehrwertsteuerrichtlinie ist umso mehr geboten, als von den 17 Umsätzen, die gemäß den Buchst. a bis q des Art. 132 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie von der Steuer befreit sind, allein die in den Buchst. m und n dieses Absatzes beschriebenen Umsätze nur bestimmte der dort genannten Leistungen betreffen, während in den übrigen in diesem Absatz geregelten Fallgruppen weder das Wort „bestimmte“ noch ein ähnliches Wort verwendet wird. Somit würde gegen den Wortlaut der übrigen Fallgruppen verstoßen, wenn dieses Wort dahin ausgelegt würde, dass es nur auf die Anwendungsvoraussetzungen der Steuerbefreiung verweist, die sich aus dem Wortlaut von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m und n der Richtlinie ergeben.
Im Urteil vom 15. Februar 2017, British Film Institute (C-592/15, EU:C:2017:117), hat gerade die Verwendung des Wortes „bestimmte“ im Wortlaut von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. n der Sechsten Richtlinie – der Art. 132 Abs. 1 Buchst. n der Mehrwertsteuerrichtlinie entspricht – den Gerichtshof zu der Feststellung veranlasst, dass diese Vorschrift den Mitgliedstaaten einen Ermessensspielraum bei der Bestimmung der steuerbefreiten kulturellen Dienstleistungen lässt, woraus er gefolgert hat, dass sie nicht die Bedingungen erfüllt, um vor den nationalen Gerichten unmittelbar geltend gemacht werden zu können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Februar 2017, British Film Institute, C-592/15, EU:C:2017:117, Rn. 14, 16, 23 und 24).
Wegen der Ähnlichkeit des jeweiligen Wortlauts der Buchst. m und n von Art. 132 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie müssen dieselben Gründe bei der Auslegung der in Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie vorgesehenen Befreiung herangezogen werden.
Eine einheitliche Auslegung beider Vorschriften ist umso mehr gerechtfertigt, als sowohl die Leistungen im Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung, auf die sich die Steuerbefreiung in Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Mehrwertsteuerrichtlinie bezieht, als auch die kulturellen Dienstleistungen, auf die sich die Steuerbefreiung in ihrem Art. 132 Abs. 1 Buchst. n bezieht, dem Gemeinwohl dienende Unterhaltungs- und Freizeittätigkeiten darstellen, was sie von den dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten unterscheidet, die von den übrigen 15 Steuerbefreiungen in Art. 132 Abs. 1 der Richtlinie erfasst werden.
Eine solche Auslegung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Mehrwertsteuerrichtlinie steht auch im Einklang mit der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift. Im ursprünglichen Vorschlag für die Sechste Richtlinie hatte die Europäische Kommission nämlich angeregt, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Tätigkeiten von Amateuren generell von der Mehrwertsteuer zu befreien. Der Unionsgesetzgeber hat jedoch durch die Aufnahme der Wendung „bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen“ in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Sechsten Richtlinie, dem Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Mehrwertsteuerrichtlinie entspricht, den Mitgliedstaaten einen Ermessensspielraum für die inhaltliche Präzisierung dieser Steuerbefreiung eingeräumt.
Aus den Urteilen vom 16. Oktober 2008, Canterbury Hockey Club und Canterbury Ladies Hockey Club (C-253/07, EU:C:2008:571), vom 21. Februar 2013, Žamberk (C-18/12, EU:C:2013:95), und vom 19. Dezember 2013, Bridport and West Dorset Golf Club (C-495/12, EU:C:2013:861), kann im Übrigen kein anderer Schluss gezogen werden.
Zum einen geht es in diesen Urteilen nämlich nicht darum, ob Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Mehrwertsteuerrichtlinie unmittelbare Wirkung hat. Zum anderen hat der Gerichtshof dort zwar den Ermessensspielraum, über den die Mitgliedstaaten u. a. bei der Festlegung der Begünstigteneigenschaft und der Art der Erbringung der nach dieser Vorschrift steuerbefreiten Dienstleistungen verfügen, begrenzt, doch war er nicht mit der Frage befasst, über welchen Ermessensspielraum die Mitgliedstaaten bei der Festlegung der Leistungen verfügen, die nach dieser Vorschrift von der Steuer befreit werden können. Folglich können diese Urteile nicht angeführt werden, um die Argumentation zu stützen, dass die in Rede stehende Vorschrift unmittelbare Wirkung habe.
Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass er keine unmittelbare Wirkung hat, so dass sich auf diese Vorschrift, wenn durch die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, mit denen sie umgesetzt wird, nur eine begrenzte Zahl in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehender Dienstleistungen von der Mehrwertsteuer befreit wird, eine Einrichtung ohne Gewinnstreben vor den nationalen Gerichten nicht unmittelbar berufen kann, um die Befreiung anderer in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehender Dienstleistungen von der Mehrwertsteuer zu erwirken, die diese Einrichtung für die solche Tätigkeiten ausübenden Personen erbringt und die nach den genannten Rechtsvorschriften nicht befreit sind.
Zur zweiten und zur dritten Frage
Mit seiner zweiten und seiner dritten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass der Begriff der Einrichtung ohne Gewinnstreben im Sinne dieser Vorschrift ein autonomer unionsrechtlicher Begriff ist, der verlangt, dass eine solche Einrichtung im Fall ihrer Auflösung von ihr erzielte Gewinne, die die eingezahlten Kapitalanteile ihrer Mitglieder sowie den gemeinen Wert der von ihnen geleisteten Sacheinlagen übersteigen, nicht an ihre Mitglieder verteilen darf.
Das vorlegende Gericht stellt diese Fragen für den Fall, dass der Gerichtshof eine unmittelbare Wirkung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Mehrwertsteuerrichtlinie bejahen sollte. Auch wenn diese Vorschrift keine solche Wirkung hat, ist jedoch darauf hinzuweisen, dass es im Rahmen des durch Art. 267 AEUV eingeführten Verfahrens der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof dessen Aufgabe ist, dem nationalen Gericht eine für die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits sachdienliche Antwort zu geben. Zu diesem Zweck kann der Gerichtshof aus dem gesamten vom nationalen Gericht vorgelegten Material, insbesondere aus der Begründung der Vorlageentscheidung, diejenigen Elemente des Unionsrechts herausarbeiten, die unter Berücksichtigung des Gegenstands des Ausgangsrechtsstreits einer Auslegung bedürfen (vgl. u. a. Urteil vom 27. März 2014, Le Rayon d’Or, C-151/13, EU:C:2014:185, Rn. 25 und 26).
Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der Vorlageentscheidung, dass das vorlegende Gericht nicht nur zu beurteilen hat, ob sich der Golfclub vor den nationalen Gerichten unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Mehrwertsteuerrichtlinie berufen kann, um zu erwirken, dass in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen von der Mehrwertsteuer befreit werden, die nach dem UStG nicht befreit sind. Es muss ferner klären, ob der Golfclub in Bezug auf Dienstleistungen in Form der Organisation von Golfveranstaltungen, für die ein Startgeld zu entrichten ist und die unter die Steuerbefreiung in § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG fallen, eine Einrichtung ohne Gewinnstreben im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Mehrwertsteuerrichtlinie ist und deshalb in den Genuss einer solchen Befreiung kommen kann.
Im Einklang mit der Rechtsprechung, wonach die Steuerbefreiungen in Art. 132 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie autonome unionsrechtliche Begriffe sind, die eine von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedliche Anwendung des Mehrwertsteuersystems verhindern sollen (vgl. u. a. Urteil vom 21. Februar 2013, Žamberk, C-18/12, EU:C:2013:95, Rn. 17), ist davon auszugehen, dass der in Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie verwendete Begriff der Einrichtungen ohne Gewinnstreben ein autonomer unionsrechtlicher Begriff ist.
Das vorlegende Gericht möchte vom Gerichtshof insbesondere wissen, ob Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Mehrwertsteuerrichtlinie die Einstufung als Einrichtung ohne Gewinnstreben im Sinne dieser Vorschrift davon abhängig macht, dass eine solche Einrichtung im Fall ihrer Auflösung ihr Vermögen einer anderen Einrichtung zur Förderung von Sport und Körperertüchtigung ohne Gewinnstreben übertragen muss.
Der Gerichtshof hat zu Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Sechsten Richtlinie, dem Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Mehrwertsteuerrichtlinie entspricht, entschieden, dass bei der Beurteilung der Frage, ob es sich um eine Einrichtung ohne Gewinnstreben im Sinne der erstgenannten Vorschrift handelt, auf das mit ihr verfolgte Ziel abzustellen ist; sie darf nämlich im Gegensatz zum Zweck eines gewerblichen Unternehmens nicht das Ziel haben, für ihre Mitglieder Gewinne zu erwirtschaften. Haben die zuständigen nationalen Stellen festgestellt, dass eine Einrichtung nach ihrem satzungsmäßigen Zweck diese Anforderung erfüllt, kann die Tatsache, dass sie später Gewinne erzielt, auch wenn sie diese systematisch anstrebt oder erwirtschaftet, die ursprüngliche Qualifizierung der Einrichtung nicht in Frage stellen, solange die Gewinne nicht an ihre Mitglieder verteilt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. März 2002, Kennemer Golf, C-174/00, EU:C:2002:200, Rn. 26 bis 28).
Desgleichen sieht Art. 133 Abs. 1 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie vor, dass die Mitgliedstaaten die Gewährung der Befreiung nach ihrem Art. 132 Abs. 1 Buchst. m für Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, im Einzelfall von der Bedingung abhängig machen können, dass die Einrichtungen „keine systematische Gewinnerzielung anstreben [dürfen]; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der erbrachten Leistungen verwendet werden“. Die in Art. 133 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie vorgesehene Bedingung entspricht den Merkmalen des Begriffs der Einrichtung ohne Gewinnstreben im Sinne ihres Art. 132 Abs. 1 Buchst. m (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. März 2002, Kennemer Golf, C-174/00, EU:C:2002:200, Rn. 33).
Das Fehlen eines Gewinnstrebens solcher Einrichtungen setzt voraus, dass sie während ihres gesamten Bestehens und auch bei ihrer Auflösung für ihre Mitglieder keine Gewinne erwirtschaften. Andernfalls könnte eine solche Einrichtung diese Anforderung nämlich dadurch umgehen, dass sie nach ihrer Auflösung die durch ihre gesamten Tätigkeiten erzielten Gewinne an ihre Mitglieder verteilt, obgleich ihr die mit der Einstufung als „Einrichtung ohne Gewinnstreben“ verbundenen – insbesondere steuerlichen – Vorteile zugutegekommen sind.
Folglich kann als „Einrichtung ohne Gewinnstreben“ im Sinne von Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Mehrwertsteuerrichtlinie nur eine Einrichtung eingestuft werden, deren Vermögen fortwährend der Verwirklichung des von ihr verfolgten Zwecks dient und nach ihrer Auflösung nicht auf ihre Mitglieder übertragen werden kann, soweit es die eingezahlten Kapitalanteile ihrer Mitglieder und den gemeinen Wert der von ihnen geleisteten Sacheinlagen übersteigt.
Daher ist auf die zweite und die dritte Frage zu antworten, dass Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass der Begriff der Einrichtung ohne Gewinnstreben im Sinne dieser Vorschrift ein autonomer unionsrechtlicher Begriff ist, der verlangt, dass eine solche Einrichtung im Fall ihrer Auflösung von ihr erzielte Gewinne, die die eingezahlten Kapitalanteile ihrer Mitglieder sowie den gemeinen Wert der von ihnen geleisteten Sacheinlagen übersteigen, nicht an ihre Mitglieder verteilen darf.
Kosten
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Gründe
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass er keine unmittelbare Wirkung hat, so dass sich auf diese Vorschrift, wenn durch die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, mit denen sie umgesetzt wird, nur eine begrenzte Zahl in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehender Dienstleistungen von der Mehrwertsteuer befreit wird, eine Einrichtung ohne Gewinnstreben vor den nationalen Gerichten nicht unmittelbar berufen kann, um die Befreiung anderer in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehender Dienstleistungen von der Mehrwertsteuer zu erwirken, die diese Einrichtung für die solche Tätigkeiten ausübenden Personen erbringt und die nach den genannten Rechtsvorschriften nicht befreit sind.
Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2006/112 ist dahin auszulegen, dass der Begriff der Einrichtung ohne Gewinnstreben im Sinne dieser Vorschrift ein autonomer unionsrechtlicher Begriff ist, der verlangt, dass eine solche Einrichtung im Fall ihrer Auflösung von ihr erzielte Gewinne, die die eingezahlten Kapitalanteile ihrer Mitglieder sowie den gemeinen Wert der von ihnen geleisteten Sacheinlagen übersteigen, nicht an ihre Mitglieder verteilen darf.
Vilaras
Piçarra
Šváby
Rodin
Jürimäe
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 10. Dezember 2020.
Der Kanzler
A. Calot Escobar
Der Präsident der Vierten Kammer
M. Vilaras
( *1)Verfahrenssprache: Deutsch.
Kontakt zur AOK Sachsen-Anhalt
Persönlicher Ansprechpartner
Hotline 0800 226 5354
E-Mail-Service