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BAG 13.10.2021 - 5 AZR 129/20
BAG 13.10.2021 - 5 AZR 129/20 - Auslegung TV-L (Vergütung von Wegezeiten)
Normen
§ 37 Abs 1 TV-L, § 611 Abs 1 BGB, § 611a Abs 2 BGB
Vorinstanz
vorgehend ArbG Berlin, 29. Januar 2019, Az: 58 Ca 424/18, Urteil
vorgehend LArbG Berlin-Brandenburg, 19. November 2019, Az: 7 Sa 621/19, Urteil
Tenor
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1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 19. November 2019 - 7 Sa 621/19 - wird zurückgewiesen.
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2. Die Kosten der Revision hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten in der Revision über die Verpflichtung des beklagten Landes, Wegezeiten zu vergüten.
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Der Kläger ist beim beklagten Land als Wachpolizist im Zentralen Objektschutz tätig. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme der TV-L Anwendung. Der Kläger ist als Springer an wechselnden Schutzobjekten eingesetzt.
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Die Wachpolizisten müssen den Dienst in angelegter Uniform nebst persönlicher Schutzausrüstung (iF PSA) und streifenfertiger Dienstwaffe antreten. Auf der dunklen Oberbekleidung der Uniform ist in weißer Schrift der Schriftzug „POLIZEI“ aufgebracht. Es ist den Wachpolizisten freigestellt, ob sie den Weg zum und vom Dienst in Uniform zurücklegen. Dem Kläger steht an seinen Einsatzorten kein Spind zur Verfügung. Die Dienstwaffe ist nach einer Geschäftsanweisung des beklagten Landes über den Umgang mit Faustfeuerwaffen im streifenfertigen Zustand zu führen. Wachpolizisten ist es gestattet, die Dienstwaffe mit nach Hause zu nehmen, sofern dort eine geeignete Aufbewahrungsmöglichkeit besteht. Auf dem Weg zum und vom Dienst ist es den Wachpolizisten freigestellt, die Dienstwaffe mit oder ohne Dienstkleidung zu tragen. Das dem Kläger zugewiesene Waffenschließfach befindet sich im Polizeiabschnitt in der S Straße, B. Ob der Kläger die Uniform nebst PSA zu Hause an- und ablegt und ob er die Dienstwaffe zu Hause aufbewahrt und sie dort an- und ablegt, ist zwischen den Parteien streitig.
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Mit seiner Klage hat der Kläger - soweit diese in die Revision gelangt ist - die Feststellung der Vergütungspflicht für die von ihm aufgewandten Wegezeiten von seiner Wohnung zu den jeweils zugewiesenen Schutzobjekten seit dem 25. Juni 2015 verlangt. Er hat gemeint, die Wegezeiten, die von ihm in auffälliger Dienstkleidung unter Mitführen der Dienstwaffe zurückgelegt werden, seien zu vergütende Arbeitszeit.
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Der Kläger hat - soweit für die Revision von Bedeutung - zuletzt sinngemäß beantragt
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1.
festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die vom Kläger in der Zeit seit dem 25. Juni 2015 zusätzlich erbrachte Arbeitszeit - mit Ausnahme der Dienstantritte, an denen der Kläger bis zum 19. Dezember 2016 zur Nachtschicht oder nicht in B-Mitte zum Dienst angetreten ist - in näher bestimmtem Umfang an den Tagen, an denen er tatsächlich gearbeitet hat, durch Zurücklegen der Wegezeiten in Dienstkleidung unter Mitführung der Dienstwaffe zwischen seiner Wohnung in der M-Straße, B und dem ihm jeweils zugewiesenen, näher bezeichneten Einsatzort zu vergüten,
2.
festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die vom Kläger in der Zeit vom 25. Juni 2015 bis zum 19. Dezember 2016 zusätzlich erbrachte Arbeitszeit in näher bestimmtem Umfang an den Tagen, an denen er tatsächlich in Nachtschicht oder nicht in B-Mitte gearbeitet hat, durch Zurücklegen der Wegezeiten in Dienstkleidung unter Mitführung der Dienstwaffe zwischen seiner Wohnung in der M-Straße, B und dem ihm jeweils zugewiesenen, näher bezeichneten Einsatzort zu vergüten.
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Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt.
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Das Arbeitsgericht hat das beklagte Land zu einer Zeitgutschrift auf dem für den Kläger geführten Arbeitszeitkonto verurteilt, im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Soweit für die Revision von Bedeutung, hat das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende erstinstanzliche Urteil in Bezug auf die Feststellung der Vergütungspflicht von Wegezeiten zurückgewiesen. Der Kläger verfolgt mit seiner Revision die Feststellung der Vergütungspflicht der Wegezeiten zwischen Wohnsitz und Einsatzort weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht die Feststellung der Vergütungspflicht von Wegezeiten zwischen Wohnung und Einsatzort abgelehnt.
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I. Die Revision des Klägers ist nur teilweise zulässig. Soweit er die Feststellung einer Vergütungspflicht vor dem 1. April 2016 begehrt, ist die Revision unzulässig, weil sich die Revisionsbegründung nicht mit dem vom Landesarbeitsgericht angenommenen Verfall von Ansprüchen gemäß § 37 Abs. 1 TV-L für die Zeit vor dem 1. April 2016 auseinandersetzt.
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1. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision müssen gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revisionsgründe angegeben werden. Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergeben soll (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO). Die Revisionsbegründung muss den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Das erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Der Revisionsführer muss darlegen, warum er die Begründung des Berufungsgerichts für unrichtig hält (vgl. BAG 24. Juni 2020 - 5 AZR 93/19 - Rn. 12, BAGE 171, 161). Hat das Berufungsgericht seine Entscheidung auf zwei voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Revisionsbegründung beide Erwägungen angreifen. Andernfalls ist das Rechtsmittel insoweit insgesamt unzulässig (st. Rspr., zuletzt BAG 12. Januar 2021 - 4 AZR 271/20 - Rn. 10).
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2. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung des Klägers nicht gerecht, soweit das Landesarbeitsgericht seine klageabweisende Entscheidung für Ansprüche aus der Zeit vor dem 1. April 2016 auf zwei - jeweils für sich tragende - Begründungen stützt. Zunächst bewertet es die Wegezeiten von der Wohnung des Klägers zu den jeweiligen Einsatzorten nicht als zu vergütende Arbeitszeit. Sodann folgt eine eigenständige weitere Begründung für die Zurückweisung der Berufung in Bezug auf diese Wegezeiten: Etwaige Ansprüche aus der Zeit vor dem 1. April 2016 seien aufgrund der Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TV-L verfallen. Mit dieser zweiten Begründung setzt sich die Revisionsbegründung nicht auseinander.
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II. Soweit die Revision des Klägers zulässig ist, ist sie jedoch unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat frei von Rechtsfehlern die begehrte Feststellung der Vergütungspflicht von Wegezeiten zwischen Wohnung und Einsatzort abgelehnt.
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1. Die Feststellungsanträge des Klägers sind in der zuletzt gestellten Fassung nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Dies hat der Senat in einem Parallelverfahren entschieden, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (BAG 13. Oktober 2021 - 5 AZR 270/20 - Rn. 12). Der vorliegende Sachverhalt entspricht insoweit demjenigen des vorgenannten Verfahrens.
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2. Die Anträge auf Feststellung der Vergütungspflicht von Wegezeiten sind unbegründet. Die Wegezeiten zwischen Wohnung und Einsatzort sind keine vergütungspflichtigen Arbeitszeiten iSv. § 611 Abs. 1 BGB bzw. seit dem 1. April 2017 iSv. § 611a Abs. 2 BGB. Dies hat der Senat in einem Parallelverfahren entschieden, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (BAG 13. Oktober 2021 - 5 AZR 295/20 - Rn. 42 ff.). Der vorliegende Sachverhalt entspricht insoweit demjenigen des vorgenannten Verfahrens. Auch während seines Einsatzes als Springer zur Bewachung verschiedener Schutzobjekte kann der Kläger in Bezug auf den Arbeitsweg nicht mit einem Außendienstmitarbeiter verglichen werden. Das wirtschaftliche Ziel der von ihm in dieser Zeit ausgeübten Gesamttätigkeit ist nicht darauf gerichtet gewesen, verschiedene Einsatzobjekte aufzusuchen. Die Anfahrt dient allein dem Erreichen des Schutzobjekts und zählt nicht zur geschuldeten Tätigkeit eines Wachpolizisten. Diese beinhaltet allein die Bewachung von Schutzobjekten (vgl. BAG 31. März 2021 - 5 AZR 148/20 - Rn. 21).
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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