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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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BAG 16.07.2019 - 1 AZR 537/17
BAG 16.07.2019 - 1 AZR 537/17 - Unzulässiges Teilurteil - Abfindungsanspruch - mittelbare Benachteiligung wegen Behinderung
Normen
§ 301 Abs 1 S 1 ZPO, § 301 Abs 1 S 2 ZPO, § 1 AGG, § 3 Abs 2 AGG, § 236a Abs 1 S 2 SGB 6, § 7 Abs 1 AGG, § 1 TVG, § 7 Abs 2 AGG
Vorinstanz
vorgehend ArbG Bochum, 8. September 2016, Az: 2 Ca 1653/15, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), 29. Juni 2017, Az: 11 Sa 53/17, Teilurteil
Tenor
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Auf die Revisionen der Parteien wird das Teilurteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 29. Juni 2017 - 11 Sa 53/17 - aufgehoben.
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Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Zahlung einer Abfindung.
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Der im April 1956 geborene Kläger ist schwerbehinderter Mensch und Mitglied der IG Metall. Er war bei der Beklagten am Produktionsstandort B beschäftigt. Für das Arbeitsverhältnis der Parteien galt der Manteltarifvertrag für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens vom 24. August 2001/11. September 2001 (MTV). § 19 Nr. 4 MTV sieht vor, dass Ansprüche, die nicht innerhalb bestimmter - in Nr. 2 geregelter - Fristen geltend gemacht werden, ausgeschlossen sind.
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Wegen der beabsichtigten Schließung ihres Standorts B vereinbarte die Beklagte am 12. Juni 2014 mit der IG Metall einen Sozialtarifvertrag (STV) und einigte sich am 25. Juni 2014 mit dem Betriebsrat auf einen Interessenausgleich sowie einen Sozialplan. Dieser erstreckt nach seiner Nr. 1 den Inhalt des in Abschn. C. des STV geregelten Sozialplans auf die Arbeitsverhältnisse aller Betriebsangehörigen.
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Abschn. C. des STV sieht für Arbeitnehmer der Jahrgänge 1949 bis 1959 ein individuelles Angebot für ein Ausscheiden zum 31. Dezember 2014 gegen Zahlung einer Abfindung vor. Nach Abschn. C. Ziff. 2.6 STV ist das Abfindungsangebot so zu bemessen, dass es „unter Anrechnung von Arbeitslosengeld 1 und Bezügen aus der O Altersversorgung … ab dem 60. Lebensjahr“ eine Absicherung iHv. 80 vH des zuletzt bezogenen Nettomonatseinkommens im Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis zum frühestmöglichen Wechsel in die gesetzliche Rente sicherstellt (sog. „Nettoabsicherung“). Der sich für den abzusichernden Zeitraum ergebende Gesamtbetrag zuzüglich der Aufwendungspauschale für die freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung ist unter Zuhilfenahme der dem Arbeitgeber bekannten und angezeigten Steuermerkmale auf eine Bruttosumme hochzurechnen (sog. „Bruttoisierung“). Abschn. C. Ziff. 4.1 Satz 1 und Ziff. 4.2 Satz 2 STV legen fest, dass der mit Abschluss des Aufhebungsvertrags entstehende Abfindungsanspruch mit der Gehaltsabrechnung für Januar 2015 abzurechnen und auszuzahlen ist.
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Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete aufgrund eines zwischen den Parteien im August/September 2014 geschlossenen Aufhebungsvertrags zum 31. Dezember 2014 gegen Zahlung einer Abfindung iHv. 6.960,26 Euro brutto. Bei der Berechnung der Abfindung legte die Beklagte als Renteneintrittsdatum den 1. März 2017 zugrunde. Zu diesem Zeitpunkt konnte der Kläger erstmals eine vorzeitige Altersrente für schwerbehinderte Menschen beziehen. Nach Art. 1 § 1 Nr. 15 des Aufhebungsvertrags sind „mit Erfüllung dieser Vereinbarung … alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Beschäftigungsverhältnis mit O und dessen Beendigung, gleich aus welchem Rechtsgrund, ob bekannt oder unbekannt, abgegolten“.
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Der Kläger wies die Beklagte mit Schreiben vom 9. Oktober 2014 darauf hin, dass er im Rahmen der Unterzeichnung seines Aufhebungsvertrags aufgrund seiner Schwerbehinderung schlechter behandelt worden sei als ein vergleichbarer nicht schwerbehinderter Arbeitnehmer und machte ua. eine „fehlerhaft berechnete Abfindung“ geltend.
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Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte müsse ihm eine höhere Abfindung zahlen. Abschn. C. Ziff. 2.6 STV bewirke eine mittelbare Benachteiligung wegen Behinderung. Nicht schwerbehinderte Arbeitnehmer des identischen Geburtsjahrgangs erhielten eine höhere Abfindung, da sie erst später als er in die gesetzliche Rente wechseln könnten.
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Der Kläger hat zuletzt beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 76.700,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2015 zu zahlen;
hilfsweise
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 43.422,71 Euro netto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2015 zu zahlen.
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Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat geltend gemacht, die Regelungen im Sozialplan führten nicht zu einer Diskriminierung schwerbehinderter Menschen. Jedenfalls sei ein etwaiger Anspruch des Klägers nach § 19 Nr. 4 MTV verfallen.
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Das Arbeitsgericht hat dem Hauptantrag des Klägers iHv. 43.735,28 Euro brutto stattgegeben. Gegen diese Entscheidung haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat durch Teilurteil über die Berufung der Beklagten entschieden, diese zur Zahlung von 26.850,58 Euro verurteilt und die Klage iHv. 16.874,87 Euro abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter und begehrt darüber hinaus für den Fall ihres Obsiegens „in der vorliegenden Instanz“ die Rückzahlung eines ausgezahlten Betrags iHv. 47.633,07 Euro. Der Kläger erstrebt mit seiner Revision die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des vom Landesarbeitsgericht abgewiesenen Klagebetrags.
Entscheidungsgründe
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Die Revisionen der Parteien sind begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht durch Teilurteil über die Berufung der Beklagten entschieden. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 ZPO).
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I. Die Voraussetzungen für den Erlass eines Teilurteils nach § 301 Abs. 1 ZPO lagen nicht vor.
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1. Nach § 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat das Gericht die Entscheidung durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen, wenn von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder nur ein Teil eines Anspruchs zur Endentscheidung reif ist. Nach § 301 Abs. 1 Satz 2 ZPO kann über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, durch Teilurteil nur entschieden werden, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht. § 301 Abs. 1 ZPO setzt danach die Teilbarkeit der Klageforderung voraus. Der Teil, über den entschieden wird, muss vom Rest des geltend gemachten prozessualen Anspruchs unabhängig sein, so dass die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen nicht besteht (BAG 30. Mai 2018 - 10 AZR 780/16 - Rn. 20; 18. März 2014 - 3 AZR 874/11 - Rn. 11 mwN).
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2. Danach konnte das Landesarbeitsgericht nicht durch Teilurteil entscheiden. Bei dessen Erlass bestand im Hinblick auf den noch beim Landesarbeitsgericht anhängigen Teil des Rechtsstreits die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen. Der Kläger begehrt mit seinem Hauptantrag von der Beklagten die Zahlung einer um insgesamt 76.700,00 Euro brutto höheren Abfindung. Das Landesarbeitsgericht hat in seinem Teilurteil lediglich über den Teil dieses Zahlungsbetrags entschieden, der infolge der teilweise klagestattgebenden Entscheidung des Arbeitsgerichts Gegenstand der Berufung der Beklagten war. Da nicht ausgeschlossen ist, dass die Begründetheit des gesamten Zahlungsbegehrens von der Frage abhängen kann, ob der Kläger die Ausschlussfrist nach § 19 MTV gewahrt hat, durfte kein Teilurteil ergehen.
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II. Der Verfahrensfehler führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 ZPO). Es kann dahinstehen, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen das Revisionsgericht im Fall eines unzulässigen Teilurteils den noch nicht beschiedenen Teil „an sich ziehen“ und anstelle des Berufungsgerichts darüber entscheiden kann (vgl. BAG 18. März 2014 - 3 AZR 874/11 - Rn. 14). Aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lässt sich nicht beurteilen, in welcher Höhe der Hauptantrag des Klägers begründet ist.
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1. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die in Abschn. C. Ziff. 2.6 STV geregelte Ausgestaltung der „Sozialplanabfindung“ für schwerbehinderte Menschen - wie den Kläger - gegen §§ 1, 3 Abs. 2 AGG verstößt.
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a) Abschn. C. Ziff. 2.6 STV enthält eine mittelbar auf das Kriterium der Behinderung beruhende Ungleichbehandlung, da er für den Umfang der Nettoabsicherung auf den Zeitraum bis zum frühestmöglichen Wechsel der Arbeitnehmer in die gesetzliche Rente abstellt (vgl. auch EuGH 6. Dezember 2012 - C-152/11 - [Odar] Rn. 56 ff.). Da Schwerbehinderte nach § 236a Abs. 1 Satz 2 SGB VI bereits mit 60 Jahren eine vorgezogene Altersrente in Anspruch nehmen können, während dies für nicht schwerbehinderte Arbeitnehmer frühestens mit Vollendung des 63. Lebensjahrs möglich ist - sofern sie die Voraussetzungen einer Altersrente für langjährig Versicherte nach § 236 Abs. 1 Satz 2 SGB VI erfüllen -, fällt ihre Nettoabsicherung und damit ihre Bruttoabfindung niedriger aus.
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b) Beide Personengruppen sind in Bezug auf die durch die Betriebsschließung verursachten wirtschaftlichen Nachteile in einer vergleichbaren Situation (zu diesem Erfordernis bei einer mittelbaren Benachteiligung vgl. BAG 19. Mai 2016 - 8 AZR 470/14 - Rn. 21, BAGE 155, 149). Ihr Arbeitsverhältnis mit ihrem Arbeitgeber endet aus demselben Grund und unter denselben Voraussetzungen (vgl. auch EuGH 6. Dezember 2012 - C-152/11 - [Odar] Rn. 61 f.).
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c) Die durch Abschn. C. Ziff. 2.6 STV bedingte Benachteiligung Schwerbehinderter ist nicht gerechtfertigt.
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aa) Allerdings ist die dort geregelte Berechnung der Abfindungshöhe grundsätzlich von einem legitimen Ziel getragen.
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(1) Das mit einer Regelung verfolgte Ziel muss nicht ausdrücklich benannt werden. Auch aus dem allgemeinen Kontext der Regelung können sich Anhaltspunkte ergeben, die es ermöglichen, den Zweck der Regelung festzustellen und dadurch Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Bestimmung zu überprüfen (vgl. BAG 26. April 2018 - 3 AZR 19/17 - Rn. 36 mwN).
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(2) Wie die Berechnung der Abfindungshöhe zeigt, soll - entsprechend dem zukunftsgerichteten Entschädigungscharakter von Abfindungen - den von der Betriebsschließung betroffenen Arbeitnehmern durch Abschn. C. Ziff. 2.6 STV ein pauschalierter Ausgleich für das bis zum frühestmöglichen Renteneintritt entfallende Arbeitsentgelt gewährt werden. Damit dient die Regelung einem legitimen Ziel. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union stellt die Gewährung eines Ausgleichs für die Zukunft entsprechend den Bedürfnissen der betroffenen Arbeitnehmer, die der Notwendigkeit der für einen Sozialtarifvertrag nur begrenzt zur Verfügung stehenden Mittel Rechnung trägt, ein rechtmäßiges Ziel dar (vgl. EuGH 6. Dezember 2012 - C-152/11 - [Odar] Rn. 40 ff., 68; 19. September 2018 - C-312/17 - [Bedi] Rn. 61).
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bb) Die Regelung geht jedoch über das zur Erreichung dieses legitimen Ziels Erforderliche hinaus (EuGH 6. Dezember 2012 - C-152/11 - [Odar] Rn. 70; vgl. auch EuGH 19. September 2018 - C-312/17 - [Bedi] Rn. 77). Durch das undifferenzierte Abstellen auf den „frühestmöglichen Wechsel“ in die gesetzliche Rente wird die durch dieses neutrale Kriterium bewirkte Ungleichbehandlung zum einen nicht durch objektive Faktoren gerechtfertigt, die nichts mit der Behinderung zu tun haben (EuGH 6. Dezember 2012 - C-152/11 - [Odar] Rn. 67). Zum anderen führt dieses Tatbestandsmerkmal zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen der schwerbehinderten Arbeitnehmer, da die Betriebsparteien damit zur Begrenzung der Höhe der diesen Arbeitnehmern zu zahlenden Abfindung an einen sozialversicherungsrechtlichen Vorteil anknüpfen, dessen Daseinsberechtigung gerade den Schwierigkeiten und den besonderen Risiken Rechnung tragen soll, mit denen schwerbehinderte Arbeitnehmer konfrontiert sind (EuGH 6. Dezember 2012 - C-152/11 - [Odar] Rn. 67).
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2. Dem Kläger steht damit ein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung zu, die sich nach Maßgabe von Abschn. C. Ziff. 2.6 STV ergeben würde, wenn er nicht schwerbehindert wäre.
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Zwar ist eine gegen das Benachteiligungsverbot nach § 7 Abs. 1 AGG verstoßende Regelung gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam (vgl. etwa BAG 9. Dezember 2015 - 4 AZR 684/12 - Rn. 53, BAGE 153, 348). Die Unwirksamkeit bewirkt aber lediglich, dass den benachteiligten Arbeitnehmern für die Vergangenheit ein Anspruch auf die vorenthaltene Leistung zuzuerkennen ist (sog. „Anpassung nach oben“). Den Angehörigen der mittelbar benachteiligten Gruppe sind dieselben Vorteile zu gewähren wie den nicht benachteiligten Arbeitnehmern (vgl. EuGH 19. Juni 2014 - C-501/12 - [Specht] Rn. 95; 28. Januar 2015 - C-417/13 - [Starjakob] Rn. 46). Kann der Arbeitgeber - wie vorliegend - den Begünstigten für die Vergangenheit die gewährten Leistungen nicht mehr entziehen, ist eine solche zur Beseitigung der Diskriminierung erforderliche „Anpassung nach oben“ selbst dann gerechtfertigt, wenn sie zu erheblichen finanziellen Belastungen des Arbeitgebers führt (vgl. BAG 18. Februar 2016 - 6 AZR 700/14 - Rn. 32, BAGE 154, 118). Die Regelungen in Abschn. C. Ziff. 2.6 STV sind daher so anzuwenden, wie sie für vergleichbare nicht schwerbehinderte Arbeitnehmer gegolten hätten.
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3. Die Abgeltungsklausel in Art. 1 § 1 Nr. 15 des Aufhebungsvertrags steht dem Anspruch des Klägers auf Zahlung einer höheren Abfindung nicht entgegen. Unterstellt die Regelung enthielte ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis (vgl. dazu BAG 23. Oktober 2013 - 5 AZR 135/12 - Rn. 19 mwN, BAGE 146, 217) und erfasste auch Ansprüche aus dem STV, verstieße der darin liegende Verzicht des Klägers auf eine „diskriminierungsfreie“ Anwendung von Abschn. C. Ziff. 2.6 STV gegen § 4 Abs. 4 Satz 1 TVG und wäre daher nach § 134 BGB unwirksam. Nach § 4 Abs. 4 Satz 1 TVG ist ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Der dem Kläger zustehende Anspruch auf Zahlung einer tariflichen Abfindung in der Höhe, wie sie ihm ohne seine Schwerbehinderung zu zahlen gewesen wäre, ist - da der STV das maßgebende Bezugssystem für die Gewährung einer solchen „Anpassung nach oben“ bleibt - ein tarifliches Recht im Sinne dieser Norm.
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4. Entgegen der Annahme der Beklagten ist der sich aus dem STV ergebende Anspruch des Klägers auch nicht nach § 19 Nr. 4 MTV verfallen.
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a) Nach § 19 Nr. 2 Buchst. b MTV sind alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis - mit Ausnahme der vorliegend nicht einschlägigen in § 19 Nr. 2 Buchst. a MTV genannten - innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit vom Beschäftigten geltend zu machen, andernfalls sind sie gemäß § 19 Nr. 4 MTV ausgeschlossen.
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b) Diese Ausschlussfrist hat der Kläger gewahrt. Er hat seinen Anspruch auf „Anpassung nach oben“ mit Schreiben vom 9. Oktober 2014 rechtzeitig gegenüber der Beklagten geltend gemacht.
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aa) Die Wahrung der Ausschlussfrist scheitert nicht daran, dass der Anspruch des Klägers bei Geltendmachung noch nicht entstanden wäre (vgl. dazu BAG 16. Januar 2013 - 10 AZR 863/11 - Rn. 27 f., BAGE 144, 210). Nach Abschn. C. Ziff. 4.1 STV entsteht der Anspruch auf Abfindung mit Abschluss des dreiseitigen Vertrags. Dieser wurde im August/September 2014 und damit vor Zugang der Geltendmachung im Oktober 2014 abgeschlossen.
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bb) Unschädlich ist die Geltendmachung bereits vor Fälligkeit der Abfindung.
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(1) Der Wortlaut von § 19 Nr. 2 Buchst. b MTV schließt eine Geltendmachung bereits vor Eintritt der Fälligkeit eines Anspruchs nicht aus. Der Rechtsbegriff der Fälligkeit bezeichnet den Zeitpunkt, von dem ab der Gläubiger die Leistung fordern kann. Damit legt der Wortlaut der Tarifnorm lediglich den Zeitpunkt fest, zu dem ein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis zur Wahrung der Ausschlussfrist spätestens geltend gemacht werden muss. Ein Wille der Tarifvertragsparteien, nach dem die Anmeldung eines zwar entstandenen, jedoch noch nicht fälligen Anspruchs zur Wahrung der Ausschlussfrist unzureichend sein soll, hat im Wortlaut der Tarifbestimmung keinen Niederschlag gefunden (vgl. auch BAG 11. Dezember 2003 - 6 AZR 539/02 - Rn. 33 mwN, BAGE 109, 100).
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(2) Auch Sinn und Zweck von § 19 Nr. 2 Buchst. b MTV gebieten kein anderes Ergebnis. Die Ausschlussfrist soll die Parteien des Arbeitsverhältnisses zur alsbaldigen Geltendmachung und Klärung ihrer Ansprüche veranlassen. Dieses Ziel erfordert es nicht, einen Anspruch erst nach Eintritt der Fälligkeit geltend zu machen. Die von der Ausschlussfrist bezweckte rasche Klärung des Anspruchs kann vielmehr bei einer Geltendmachung vor Fälligkeit in der Regel noch schneller erreicht werden (vgl. BAG 11. Dezember 2003 - 6 AZR 539/02 - Rn. 34 ff. mwN, BAGE 109, 100).
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cc) Die Geltendmachung mit Schreiben vom 9. Oktober 2014 war ordnungsgemäß.
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(1) Zur Geltendmachung im Sinne tariflicher Ausschlussfristen gehört, die andere Seite zur Erfüllung des Anspruchs aufzufordern. Der Anspruchsinhaber muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer bestimmten Forderung ist und auf deren Erfüllung besteht. Die Geltendmachung setzt voraus, dass der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und die Höhe des Anspruchs sowie der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Schuldner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich gemacht wird. Die Art des Anspruchs sowie die Tatsachen, auf die der Anspruch gestützt wird, müssen erkennbar sein. Eine Bezifferung der Forderung ist nicht erforderlich, wenn dem Schuldner die Höhe bekannt oder für ihn ohne Weiteres errechenbar ist und die schriftliche Geltendmachung erkennbar hiervon ausgeht (BAG 8. Mai 2018 - 9 AZR 586/17 - Rn. 34; 16. Januar 2013 - 10 AZR 863/11 - Rn. 24 mwN, BAGE 144, 210).
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(2) Vor dem Hintergrund einer der Beklagten bereits hinreichend bekannten Problematik der mittelbaren Diskriminierung Schwerbehinderter durch die Berechnungsregel in Abschn. C. Ziff. 2.6 STV genügt das Schreiben des klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 9. Oktober 2014 den genannten Anforderungen. Es bezeichnet den Anspruch sowohl seinem Grunde nach als auch hinsichtlich der Höhe ausreichend deutlich. Eine Bezifferung war nicht erforderlich, da sich die Höhe der Forderung aus den Vorgaben in Abschn. C. Ziff. 2.6 STV ergab und damit für die Beklagte errechenbar war. Die Beklagte musste das Schreiben auch als Aufforderung verstehen, eine zutreffend berechnete „diskriminierungsfreie“ Abfindung nachzuzahlen.
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5. Der Senat kann über die Höhe der dem Kläger noch zu zahlenden Abfindung nach Abschn. C. Ziff. 2.6 STV nicht abschließend selbst entscheiden.
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a) Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass bei der Ermittlung der 80%igen-Nettoabsicherung der Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis 30. April 2019 und nicht - wie vom Kläger angenommen - bis zum 29. Februar 2020 zugrunde zu legen ist. Denn nach § 236 Abs. 1 Satz 2 SGB VI kann der Kläger mit Vollendung des 63. Lebensjahrs und damit ab dem 1. Mai 2019 eine gesetzliche Altersrente beziehen. Entgegen der in der Revision vom Kläger geäußerten Ansicht bezieht sich die Regelung in Abschn. C. Ziff. 2.6 Satz 1 STV aufgrund ihrer eindeutigen Formulierung („frühestmöglichen Wechsel in die gesetzliche Rente“) nicht lediglich auf den möglichen Zeitpunkt einer Inanspruchnahme der Regelaltersrente, sondern auch auf den Zeitpunkt einer vorgezogenen Inanspruchnahme der Altersrente für langjährig Versicherte.
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b) Allerdings fehlt es an den erforderlichen Feststellungen zur Berechnung der nach den Vorgaben in Abschn. C. Ziff. 2.6 STV vorzunehmenden „Bruttoisierung“ der sich danach ergebenden Nettoabsicherung des Klägers.
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III. Über den Antrag der Beklagten auf Rückzahlung von 47.633,07 Euro nach § 717 Abs. 2 ZPO hat der Senat nicht zu entscheiden.
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1. Die Beklagte durfte den Antrag zwar erstmals in der Revision in das Verfahren einführen. Der Vollstreckungsschuldner kann den Anspruch gemäß § 717 Abs. 2 Satz 2 ZPO schon im anhängigen Rechtsstreit als Inzidentantrag geltend machen. Der Antrag kann in jeder Instanz, also auch noch in der Revisionsinstanz gestellt werden (vgl. BGH 2. Mai 2017 - I ZB 1/16 - [ECLI:DE:BGH:2017:020517BIZB1.16.0] Rn. 3).
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2. Der Antrag wurde von der Beklagten aber nur für den Fall gestellt, dass ihre Revision Erfolg hat, zur Aufhebung des Berufungsurteils sowie zur Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung führt. Dies zeigen die Ausführungen der Beklagten in der Revisionsbegründung. Ein solches Antragsverständnis entspricht auch ihrer wohlverstandenen Interessenlage. Der auf § 717 Abs. 2 ZPO gestützte Schadensersatzanspruch soll gewährleisten, dass derjenige, der aufgrund eines vorläufig vollstreckbaren Urteils in Anspruch genommen worden ist, die im Wege der Zwangsvollstreckung beigetriebene oder zur Abwehr der Vollstreckung erbrachte Leistung nach Aufhebung des Titels sogleich zurückerhält (BAG 12. November 2014 - 7 ABR 86/12 - Rn. 17 mwN, BAGE 150, 1). Ein Anspruch auf Schadensausgleich besteht daher nur, wenn das vorläufig vollstreckbare Urteil, aufgrund dessen der Schuldner vorzeitig in Anspruch genommen wurde und geleistet hat, aufgehoben oder abgeändert wird. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Die Beklagte hat am 31. März 2017 zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil gezahlt. Dieses wird durch die Entscheidung des Senats nicht abgeändert.
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