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BSG 27.03.2020 - B 10 EG 5/18 R
BSG 27.03.2020 - B 10 EG 5/18 R - Elterngeldberechtigung von nicht erwerbstätigen EU-Ausländern - Unionsbürgerschaft - formelles Freizügigkeitsrecht - Gleichstellung mit deutschen Staatsangehörigen - Leistungsausschluss nur bei Aberkennung des Freizügigkeitsrechts durch die Ausländerbehörde - materielles Freizügigkeitsrecht - keine Prüfungskompetenz der Elterngeldbehörden - keine Beschränkung durch erforderliche Arbeitserlaubnis für Staatsangehörige von Beitrittsstaaten - sozialgerichtliches Verfahren - Sprungrevision - kein Vertretungszwang für Zustimmungserklärung
Normen
§ 1 Abs 7 BEEG, § 1 Abs 1 S 1 BEEG, § 1 Abs 6 BErzGG vom 13.12.2006, § 62 Abs 1a S 4 EStG, § 2 Abs 1 FreizügG/EU 2004, § 2 Abs 7 FreizügG/EU 2004, § 5 Abs 4 FreizügG/EU 2004, § 6 FreizügG/EU 2004, § 11 Abs 2 FreizügG/EU 2004, § 13 FreizügG/EU 2004, § 71 AufenthG 2004, § 7 Abs 1 S 2 SGB 2 vom 13.05.2011, § 284 SGB 3, Art 20 Abs 1 S 2 AEUV, Art 21 Abs 1 AEUV, EUBeitrVtrHRVG, § 161 Abs 1 S 1 SGG, § 161 Abs 1 S 3 SGG, § 73 Abs 4 SGG
Vorinstanz
vorgehend SG Berlin, 7. März 2018, Az: S 2 EG 57/15, Urteil
Leitsatz
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1. Unionsbürger sind vom Elterngeldbezug nur ausgeschlossen, wenn die zuständige Ausländerbehörde förmlich festgestellt hat, dass sie nicht freizügigkeitsberechtigt sind.
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2. Den Elterngeldbehörden steht keine eigenständige Kompetenz zur Prüfung der materiellen Freizügigkeitsberechtigung von Unionsbürgern zu.
Tenor
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Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 7. März 2018 wird zurückgewiesen.
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Das beklagte Land hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten für das Revisionsverfahren zu erstatten.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin als kroatische Staatsangehörige und Unionsbürgerin Elterngeld zusteht.
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Die Klägerin lebt seit Dezember 2012 in Deutschland. Sie ist Mutter zweier 2012 und 2013 geborener Kinder und ihrer am 4.4.2015 geborenen Tochter A. (nachfolgend A). Die Klägerin lebt mit ihren Kindern in einem gemeinsamen Haushalt und betreut und erzieht sie dauerhaft. Bis zur Geburt von A war die Klägerin weder abhängig beschäftigt noch selbstständig tätig. Sie war nicht krankenversichert und bezog kein Mutterschaftsgeld. Zwischen Juli 2015 und Oktober 2015 war sie in einem Umfang von 6 bis 10 Wochenstunden geringfügig beschäftigt. Die Ausländerbehörde hat keine förmliche Feststellung des Nichtbestehens oder des Wegfalls ihrer Freizügigkeitsberechtigung als Unionsbürgerin nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU) getroffen.
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Der Beklagte lehnte den von der Klägerin am 20.5.2015 gestellten Antrag auf Elterngeld für die ersten 12 Lebensmonate der A ab, weil sie als nicht erwerbstägige Unionsbürgerin nicht freizügigkeitsberechtigt nach dem FreizügG/EU sei. Sie verfüge nicht über ausreichende Existenzmittel und habe keinen ausreichenden Krankenversicherungsschutz. Als nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerin benötige sie für den Bezug des Elterngelds eine Niederlassungs- oder Aufenthaltserlaubnis, die sie nicht habe (Bescheid vom 10.6.2015; Widerspruchsbescheid vom 19.8.2015).
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Das SG hat den Beklagten verurteilt, der Klägerin Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat der A zu zahlen. Sie sei als Unionsbürgerin mangels einer entgegenstehenden Entscheidung der zuständigen Ausländerbehörde über das Nichtbestehen oder den Wegfall des Freizügigkeitsrechts nach dem FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt und deshalb deutschen Staatsangehörigen beim Bezug von Elterngeld gleichgestellt (Urteil vom 7.3.2018).
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Mit der Sprungrevision rügt der Beklagte die Verletzung von § 1 Abs 1 und Abs 7 des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG). Zu Unrecht habe das SG den Begriff der Freizügigkeitsberechtigung in § 1 Abs 7 BEEG als ein rein formelles Recht angesehen und der Elterngeldbehörde eine eigenständige Prüfungskompetenz abgesprochen. Die Norm setze aber voraus, dass die Voraussetzungen des § 2 FreizügG/EU gegeben seien. Dies müsse bei gegebenen Zweifeln von der Elterngeldbehörde selbst geprüft und bei der Entscheidung über den Elterngeldanspruch berücksichtigt werden können. Auch nach der Rechtsprechung des BSG zum SGB II müsse von den Grundsicherungsträgern und den Sozialgerichten im Rahmen der Leistungsgewährung das Vorliegen der materiellen Freizügigkeitsberechtigung nach dem FreizügG/EU geprüft werden. Der gegenteiligen Rechtsprechung des BFH zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) sei nicht zu folgen. Vorliegend sei die Vermutung der Freizügigkeit widerlegt, weil die Klägerin als nicht erwerbstätige Unionsbürgerin im streitbefangenen Zeitraum weder über einen ausreichenden Krankenversicherungsschutz noch über ausreichende Existenzmittel verfügt habe. Dass eine entsprechende Entscheidung der Ausländerbehörde über das Nichtbestehen des Freizügigkeitsrechts der Klägerin nicht vorliege, sei unerheblich.
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Das beklagte Land beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 7. März 2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Sprungrevision des Beklagten gegen das Urteil des SG (§ 161 Abs 1 Satz 1 SGG) ist nicht begründet und zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Der Senat konnte im schriftlichen Verfahren nach Lage der Akten entscheiden, nachdem die Beteiligten in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (§ 110 Abs 1 Satz 2 SGG) und im Termin zur mündlichen Verhandlung keiner der Beteiligten erschienen ist (§ 165 Satz 1, § 153 Abs 1, § 126 SGG).
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Zu Recht hat das SG den Beklagten verurteilt, der Klägerin Elterngeld für die ersten 12 Lebensmonate ihrer 2015 geborenen Tochter A zu zahlen. Der Bescheid des Beklagten vom 10.6.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.8.2015 (§ 95 SGG) ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat Anspruch auf Elterngeld nach § 1 Abs 1 Satz 1 BEEG, weil sie nicht dem persönlichen Anwendungsbereich des § 1 Abs 7 BEEG unterfällt.
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A. Die Sprungrevision des Beklagten ist zulässig.
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Nach § 161 Abs 1 Satz 1 SGG steht den Beteiligten die Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und sie vom SG im Urteil oder auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird; nach § 161 Abs 1 Satz 3 SGG ist die Zustimmung des Gegners der Revisionsschrift beizufügen, wenn die Revision im Urteil zugelassen ist. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Zulässigkeit der Sprungrevision steht nicht entgegen, dass die Klägerin persönlich die Zustimmung zur Einlegung der Sprungrevision erklärt hat, da die Zustimmungserklärung nicht dem Vertretungszwang unterliegt (BSG Urteil vom 23.10.1985 - 9a RVs 5/84 - juris RdNr 11; BSG Urteil vom 18.5.1978 - 3 RK 13/77 - juris RdNr 7; BSG Urteil vom 23.2.1977 - 12/11 Ra 88/75 - juris RdNr 8).
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B. Die Sprungrevision des Beklagten ist unbegründet.
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1. Streitgegenständlich ist der Anspruch der Klägerin auf Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat ihrer am 4.4.2015 geborenen Tochter A, den der Beklagte ihr mit Bescheid vom 10.6.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.8.2015 versagt hat. Hiergegen wendet sich die Klägerin zulässigerweise mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4, § 56 SGG), gerichtet auf den Erlass eines Grundurteils (§ 130 Abs 1 SGG; vgl hierzu Senatsurteil vom 27.6.2019 - B 10 EG 1/18 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 33 RdNr 10 mwN, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).
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2. Die Klägerin kann dem Grunde nach Elterngeld für die Betreuung und Erziehung ihrer Tochter A in der Zeit vom 4.4.2015 bis 3.4.2016 (Bezugszeitraum) beanspruchen. Anspruch auf Elterngeld hat, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, mit seinem Kind in einem Haushalt lebt, dieses Kind selbst betreut und erzieht und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (§ 1 Abs 1 Satz 1 BEEG idF des Gesetzes zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz vom 18.12.2014, BGBl I 2325). Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) erfüllt die Klägerin die genannten Voraussetzungen. Sie hatte - auch - nach der Geburt ihrer im April 2015 geborenen Tochter ihren Wohnsitz in B., sie lebte in einem Haushalt mit der von ihr selbst erzogenen und betreuten Tochter und sie übte im Bezugszeitraum zumindest keine volle Erwerbstätigkeit im Sinne von § 1 Abs 6 BEEG aus.
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3. Dem Anspruch der Klägerin aus § 1 Abs 1 Satz 1 BEEG steht nicht die Regelung des § 1 Abs 7 BEEG (idF des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.8.2007, BGBl I 1970) entgegen. Diese Norm erfasst allein "nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer und nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerinnen". Hierzu gehört die Klägerin als Unionsbürgerin mangels gegenteiliger Entscheidung der zuständigen Ausländerbehörde nicht.
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Die Klägerin zählt als kroatische Staatsbürgerin und Staatsangehörige eines Mitgliedstaats der Europäischen Union - EU - (Unionsbürger - Art 20 Abs 1 Satz 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der EU <AEUV>) zu den Ausländern, die § 1 Abs 1 Satz 1 BEEG nach dem Prinzip der Inländergleichbehandlung beim Bezug von Elterngeld mit deutschen Staatsbürgern grundsätzlich gleichgestellt hat ("wer") und die nicht dem persönlichen Anwendungsbereich des § 1 Abs 7 BEEG unterfallen (dazu unter a). Etwas anderes gilt nur, wenn - anders als hier - eine ausdrückliche Feststellung des Verlustes oder des Nichtbestehens der Freizügigkeit der dafür allein zuständigen Ausländerbehörde nach dem FreizügG/EU vorliegt (dazu unter b). Weder die Elterngeldstellen noch die Sozialgerichte sind im Rahmen des § 1 Abs 7 BEEG berechtigt, die materielle Freizügigkeitsberechtigung von Unionsbürgern nach dem FreizügG/EU in eigener Zuständigkeit zu prüfen (dazu unter c). Diese Rechtslage unterscheidet sich insoweit maßgeblich vom Grundsicherungsrecht (§ 7 Abs 1 Satz 2 SGB II idF vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II und in der Sozialhilfe nach dem SGB XII vom 22.12.2016, BGBl I 3155). Dort eröffnet die generelle Freizügigkeitsvermutung nach dem FreizügG/EU allein weder einen Zugang zu Leistungen nach dem SGB II noch steht sie dem Ausschluss von Leistungen nach dem SGB II entgegen (dazu unter d).
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a) Das SG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin als kroatische Staatsangehörige und damit als Unionsbürgerin im Bezugszeitraum grundsätzlich nicht dem persönlichen Anwendungsbereich des § 1 Abs 7 BEEG unterfällt.
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aa) Freizügigkeitsberechtigte Ausländer sind (insbesondere) Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der EU und der Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR). Für Angehörige eines Mitgliedstaats der EU gilt gemäß Art 21 Abs 1 AEUV ein von der Arbeitnehmer- oder Dienstleistungsfreizügigkeit unabhängiges Freizügigkeitsrecht, das allein aus der Unionsbürgerschaft folgt und aus dem sich ein Aufenthaltsrecht ergibt. Danach hat jeder Unionsbürger das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vorbehaltlich der in den Verträgen und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen frei zu bewegen und aufzuhalten. Dieses unmittelbar anwendbare subjektiv-öffentliche Recht steht den Unionsbürgern unabhängig vom Zweck seiner Inanspruchnahme zu. Es gilt auch für Angehörige der Beitrittsstaaten, die hinsichtlich des Zugangs zum Arbeitsmarkt Beschränkungen unterliegen (BFH Urteil vom 15.3.2017 - III R 32/15 - juris RdNr 13 f; BFH Beschluss vom 27.4.2015 - III B 127/14 - juris RdNr 12 f). Das Freizügigkeitsrecht der Unionsbürger besteht unabhängig von der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis oder dergleichen seitens des Aufnahmestaats und folgt unmittelbar aus primärem Unionsrecht oder aus zu dessen Umsetzung ergangenen Bestimmungen (BVerwG Urteil vom 11.9.2019 - 1 C 48/18 - juris RdNr 28; BFH Urteil vom 15.3.2017 - III R 32/15 - juris RdNr 14; Dienelt in Bergmann/Dienelt, AuslR, 12. Aufl 2018, Vorb FreizügG/EU RdNr 45; Magiera in Streinz, EUV/EAUV, 3. Aufl 2018, Art 21 AEUV RdNr 9, 19, 24 ff). Hierzu zählt als sekundäres Unionsrecht die (Freizügigkeits-)Richtlinie 2004/38/EG (ABl L 158 vom 30.4.2004, 77) und auf nationaler Ebene das FreizügG/EU, das sich auf sämtliche aus dem Unionsrecht ergebenden Freizügigkeitsrechte bezieht (BVerwG Urteil vom 11.9.2019 - 1 C 48/18 - juris RdNr 30). Das Freizügigkeitsrecht der Unionsbürger unterliegt danach gegenüber dem Aufenthaltsrecht von Drittstaatsangehörigen einer eigenen rechtlichen Systematik (Dienelt in Bergmann/Dienelt, AuslR, 12. Aufl 2018, Vorb FreizügG/EU RdNr 32). Die Rechtsregeln für nach Deutschland zuziehende und hier lebende Unionsbürger bilden insoweit - nach wie vor - eine vom allgemeinen Ausländerrecht zu trennende eigene Rechtsmaterie mit weitreichenden Garantien für einen gesicherten Aufenthalt und eine Inländergleichbehandlung in allen Bereichen (vgl schon Begründung der Bundesregierung vom 7.2.2003 zum Entwurf eines Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern <Zuwanderungsgesetz>, BT-Drucks 15/420 S 65).
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bb) Dem grundsätzlichen Freizügigkeitsrecht der Klägerin steht nicht entgegen, dass für Kroatien in der Zeit vom am 1.7.2013 erfolgten EU-Beitritt bis zum 30.6.2015 eine Beschränkung der Arbeitnehmer- und Dienstleistungsfreizügigkeit bestand (vgl Art 18 iVm Anlage V Nr 2 der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Kroatien und die Anpassungen des Vertrags über die Europäische Union, des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft, ABl L 112 vom 24.4.2012, 25, 69 ff; Gesetz zu dem Vertrag vom 9.12.2011 über den Beitritt der Republik Kroatien zur Europäischen Union, BGBl II 586). In Deutschland war insoweit für die Beschäftigung kroatischer Staatsangehöriger eine Arbeitsgenehmigung-EU gemäß § 284 SGB III erforderlich. Diese Einschränkung bewirkte indes nicht, dass ein Unionsbürger bei fehlender Genehmigung als nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer zu behandeln war (BFH Urteil vom 15.3.2017 - III R 32/15 - juris RdNr 14; BFH Beschluss vom 27.4.2015 - III B 127/14 - juris RdNr 15). Die auf den Arbeitsmarktzugang der Staatsangehörigen von Beitrittsstaaten bezogenen Beschränkungen des § 13 FreizügG/EU iVm § 284 SGB III begrenzen weder das grundsätzliche Freizügigkeitsrecht noch die Freizügigkeitsvermutung (BSG Urteil vom 30.1.2013 - B 4 AS 54/12 R - BSGE 113, 60 = SozR 4-4200 § 7 Nr 34, RdNr 21; vgl auch Dienelt in Bergmann/Dienelt, AuslR, 12. Aufl 2018, § 13 FreizügG/EU RdNr 56 f; Geyer in Hofmann, AuslR, 2. Aufl 2016, § 13 FreizügG/EU RdNr 2, Online-Ausgabe; Kurzidem in BeckOK AuslR, 24. Edition Stand 1.11.2019, § 13 FreizügG/EU RdNr 10 f).
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b) Das Freizügigkeitsrecht der Klägerin wird vermutet, solange sein Fehlen oder Verlust nicht förmlich festgestellt ist (vgl § 2 Abs 7, § 5 Abs 4, § 6 FreizügG/EU). Die förmliche Feststellung der fehlenden oder verlorenen Freizügigkeit von Unionsbürgern nach dem FreizügG/EU, welche die Rechtsfolge der Ausreisepflicht nach § 7 Abs 1 FreizügG/EU nach sich zieht, obliegt allein den Ausländerbehörden (§ 71 Abs 1 Aufenthaltsgesetz - AufenthG) und (im gerichtlichen Streitfall) den Verwaltungsgerichten (BFH Urteil vom 15.3.2017 - III R 32/15 - juris RdNr 15 <zustimmend Behrend, jurisPR-SozR 18/2017 Anm 5 E>; BFH Beschluss vom 27.4.2015 - III B 127/14 - juris RdNr 14, jeweils zum Kindergeld nach dem EStG; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 19.4.2016 - L 11 EG 4629/14 - juris RdNr 27 zum Elterngeld; vgl auch im Hinblick auf Titel nach dem AufenthG Senatsurteile vom 10.7.2014 - B 10 EG 5/14 R - SozR 4-7837 § 1 Nr 6 RdNr 19 und vom 30.9.2010 - B 10 EG 9/09 R - BSGE 107, 1 = SozR 4-7837 § 1 Nr 2, RdNr 32 zu § 1 Abs 7 BEEG sowie Senatsteilurteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 6/08 R - BSGE 105, 70 = SozR 4-7833 § 1 Nr 10, RdNr 32 f und Senatsbeschluss vom 28.11.2012 - B 10 EG 14/12 B - juris RdNr 7 zu § 1 Abs 6 des Bundeserziehungsgeldgesetzes < BErzGG> in seiner im Jahr 2006 geltenden Fassung).
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Erst nach einer Feststellung des Fehlens oder des Verlusts des Freizügigkeitsrechts nach § 2 Abs 1 FreizügG/EU durch die Ausländerbehörde findet das AufenthG Anwendung (§ 11 Abs 2 FreizügG/EU). Erst dann benötigt ein Unionsbürger einen Aufenthaltstitel nach dem AufenthG, will er sich weiterhin legal in Deutschland aufhalten und Elterngeld beanspruchen (vgl LSG Baden-Württemberg Urteil vom 19.4.2016 - L 11 EG 4629/14 - juris RdNr 27; Othmer in Roos/Bieresborn, MuSchG, BEEG, 2. Aufl 2020, § 1 BEEG RdNr 46, 50; Buchner/Becker, MuSchG und BEEG, 8. Aufl 2008, § 1 BEEG RdNr 46; vgl BFH Urteil vom 15.3.2017 - III R 32/15 - juris RdNr 15 für Kindergeld nach § 62 EStG in der im Jahr 2009 geltenden Fassung; vgl auch VG Göttingen Beschluss vom 15.12.2017 - 2 B 961/17 - juris RdNr 29 ff für Unterhaltsvorschuss nach § 1 Abs 2a Unterhaltsvorschussgesetz).
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An einer derartigen Entscheidung der Ausländerbehörde fehlt es hier. Bis dahin gilt deshalb eine generelle Freizügigkeitsvermutung (Begründung der Bundesregierung vom 22.9.2014 zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer Vorschriften, BT-Drucks 18/2581 S 16; BVerwG Urteil vom 11.9.2019 - 1 C 48/18 - juris RdNr 13; BVerwG Urteil vom 16.7.2015 - 1 C 22/14 - juris RdNr 12; ebenso BSG Urteil vom 9.8.2018 - B 14 AS 32/17 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 57 RdNr 20; BSG Urteil vom 3.12.2015 - B 4 AS 44/15 R - BSGE 120, 149 = SozR 4-4200 § 7 Nr 43, RdNr 34; Dienelt in Bergmann/Dienelt, AuslR, 12. Aufl 2018, § 4a FreizügG/EU RdNr 17, § 11 FreizügG/EU RdNr 13). Diese reicht für den Bezug von Elterngeld aus, und zwar selbst dann, wenn die zuständige Ausländerbehörde eine entsprechende Feststellung zu Unrecht unterlassen haben sollte. Eine etwaige rechtswidrige Verwaltungspraxis der zuständigen Ausländerbehörde ist allein Sache der Aufsicht und der Verwaltungsgerichte.
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c) Der Beklagte war nicht berechtigt, in eigener Zuständigkeit zu prüfen, ob die Klägerin die materiellen Voraussetzungen für die Freizügigkeitsberechtigung aus § 2 Abs 2 Nr 5 iVm § 4 FreizügG/EU erfüllt. Den Elterngeldstellen steht im Rahmen des § 1 Abs 7 BEEG keine eigene Prüfungskompetenz für das Bestehen oder Nichtbestehen eines materiellen Freizügigkeitsrechts von Unionsbürgern nach dem FreizügG/EU zu. Bei Zweifeln an der Freizügigkeit muss sich die Elterngeldstelle im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht (§ 20 SGB X) an die Ausländerbehörde wenden (im Ergebnis ebenso für die Elterngeldstellen die Richtlinien des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend <BMFSFJ> unter Nr 1.7.1 im Jahr 2015 <Stand: 4/2015> und aktuell <Stand: 7/2019>). § 1 Abs 1 Satz 1 iVm § 1 Abs 7 BEEG stellt Unionsbürger bei der Elterngeldgewährung deutschen Staatsangehörigen gleich, bis das Fehlen oder der Verlust ihrer materiellen Freizügigkeitsberechtigung durch die hierfür zuständigen Ausländerbehörden im dafür vorgesehenen Verfahren festgestellt ist (vgl LSG Baden-Württemberg Urteil vom 19.4.2016 - L 11 EG 4629/14 - juris RdNr 21 und 27; Othmer in Roos/Bieresborn, MuSchG, BEEG, 2. Aufl 2020, § 1 BEEG RdNr 46). Das folgt aus der Entstehungsgeschichte (dazu unter aa), der Systematik (dazu unter bb) sowie aus dem Sinn und Zweck (dazu unter cc) der Vorschrift des § 1 Abs 7 BEEG.
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aa) Bereits die Entstehungsgeschichte des § 1 Abs 7 BEEG spricht dafür, dass Unionsbürger grundsätzlich nicht von dem Anwendungsbereich dieser Norm erfasst werden sollen. Das Elterngeld löste mit dem Inkrafttreten des BEEG zum 1.1.2007 das Erziehungsgeld ab (vgl Begründung der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 20.6.2006 zum Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Elterngeldes, BT-Drucks 16/1889 S 2). In § 1 Abs 7 BEEG übernahm das BEEG die Vorgängerregelung des § 1 Abs 6 BErzGG. § 1 Abs 7 BEEG muss daher im Lichte des § 1 Abs 6 BErzGG betrachtet werden (so bereits Senatsteilurteil vom 30.9.2010 - B 10 EG 9/09 R - BSGE 107, 1 = SozR 4-7837 § 1 Nr 2, RdNr 23 f).
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§ 1 Abs 6 Satz 1 BErzGG (idF des Dritten Gesetzes zur Änderung des BErzGG vom 12.10.2000, BGBl I 1426) regelte in der Zeit vom 1.1.2001 bis zum 31.12.2005, dass ein Ausländer mit der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der EU oder eines der Vertragsstaaten des EWR wie ein Inländer Erziehungsgeld erhielt. Satz 2 des § 1 Abs 6 BErzGG machte dagegen für "andere" Ausländer, die keine EU-/EWR-Bürger waren, den Anspruch auf Erziehungsgeld von dem Besitz bestimmter Titel nach dem AufenthG abhängig. Die Regelung verfolgte ua das Ziel "das BErzGG in einigen Vorschriften an das EG-Recht anzupassen" und zwar "zur Klarstellung und auch zur Vermeidung eines Vertragsverletzungsverfahrens der Europäischen Kommission gegen Deutschland vor dem EuGH" (Begründung der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 5.4.2000 zum Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundeserziehungsgeldgesetzes, BT-Drucks 14/3118 S 10). Der Gesetzgeber ging dabei ausweislich der Gesetzesmaterialien davon aus, dass "EU-/EWR-Bürger" einen Anspruch auf Gleichbehandlung mit Inländern haben (BT-Drucks 14/3118 S 14).
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Zum 1.1.2006 wurde die Regelung des § 1 Abs 6 BErzGG durch das Gesetz zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss vom 13.12.2006 (BGBl I 2915) entsprechend dem Wortlaut des späteren § 1 Abs 7 BEEG geändert und insbesondere auf die bis dahin ausdrücklich normierte Inländergleichstellung von EU-Ausländern verzichtet (vgl Begründung der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 20.6.2006 zum Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Elterngeldes, BT-Drucks 16/1889 S 18 f). Aus den Gesetzesmaterialien sowohl zur Änderung des § 1 Abs 6 BErzGG zum 1.1.2006 (vgl Begründung der Bundesregierung vom 3.5.2006 zum Entwurf eines Gesetzes zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss, BT-Drucks 16/1368) als auch zur wortgleichen Übernahme dieser Regelung in § 1 Abs 7 BEEG zum 1.1.2007 (vgl BT-Drucks 16/1889) ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Leistungen des BErzGG bzw des BEEG für Unionsbürger - anders als bisher - ausgeschlossen, begrenzt oder von dem Bestehen eines materiellen Freizügigkeitsrechts im Sinne der zum 1.1.2005 in Kraft getretenen Regelung des § 2 FreizügG/EU ohne formelle Feststellung der dafür zuständigen Ausländerbehörden abhängig gemacht werden sollten. Im Gegenteil: Der Gesetzgeber ging davon aus, dass durch die Änderungen "der Prüfaufwand in Neufällen nicht höher" sein werde "als bisher" (BT-Drucks 16/1368 S 2). Ziel der Gesetzesänderungen war es lediglich - unter Beibehaltung des Grundsatzes, dass ausländische Staatsangehörige nur dann Kindergeld bzw Unterhaltsvorschuss oder Erziehungsgeld und ab 1.1.2007 Elterngeld erhalten sollen, wenn sie sich voraussichtlich dauerhaft in Deutschland aufhalten - die Anspruchsvoraussetzungen unter Beachtung der differenzierten Vorgaben des BVerfG in seinen Beschlüssen vom 6.7.2004 (1 BvL 4/97 und 1 BvR 2515/95) und "der neuen Systematik der Aufenthaltstitel nach dem Aufenthaltsgesetz" neu zu regeln (BT-Drucks 16/1368 S 1, 8; vgl auch BT-Drucks 16/1889 S 19).
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bb) Die systematische Auslegung spricht ebenfalls dafür, dass von § 1 Abs 7 BEEG Unionsbürger nur dann erfasst werden, wenn für sie das Nichtbestehen oder der Verlust der Freizügigkeitsberechtigung nach dem FreizügG/EU durch die zuständige Ausländerbehörde festgestellt wurde.
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Nach der Binnensystematik des § 1 BEEG handelt es sich bei § 1 Abs 7 BEEG um eine Ausnahmevorschrift für die Gruppe der nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländer (vgl Dalichau, BEEG, Band I, Stand 1.8.2019, § 1 S 102; Lenz in Rancke, Mutterschutz/Elterngeld/Elternzeit/Betreuungsgeld, 5. Aufl 2018, § 1 BEEG, RdNr 22). Hinsichtlich der von der Vorschrift erfassten Ausländer knüpft § 1 Abs 7 BEEG an die "Systematik der Aufenthaltstitel nach dem Aufenthaltsgesetz" an (vgl BT-Drucks 16/1368 S 8 zur wortgleichen Vorgängerbestimmung des § 1 Abs 6 BErzGG) und fordert insbesondere den Besitz einer der genannten Aufenthaltstitel. In gesetzessystematischer Hinsicht passt sie deshalb bereits nicht auf Unionsbürger, weil diese - wie oben bereits ausgeführt - gerade nicht dem Erfordernis eines Aufenthaltstitels nach dem AufenthG unterliegen (§ 1 Abs 2 Nr 1 AufenthG). § 1 Abs 7 BEEG ist daher dahingehend auszulegen, dass die Vorschrift lediglich Ausländer erfasst, die einen Titel nach dem AufenthG benötigen. Das AufenthG findet auf Unionsbürger nach § 11 Abs 2 FreizügG/EU erst dann Anwendung, wenn die Ausländerbehörde das Nichtbestehen oder den Verlust der Freizügigkeitsberechtigung nach dem FreizügG/EU festgestellt hat (vgl BT-Drucks 15/420 S 106; Dienelt in Bergmann/Dienelt, AuslR, 12. Aufl 2018, § 4a FreizügG/EU RdNr 16). Nur eine solche Feststellung der Ausländerbehörde rechtfertigt es daher, einen Unionsbürger dem Anwendungsbereich des § 1 Abs 7 BEEG zu unterwerfen (vgl insoweit auch zu den Entscheidungen der Ausländerbehörde zu Aufenthaltstiteln und der damit einhergehenden Tatbestandswirkung Senatsurteile vom 30.9.2010 - B 10 EG 7/09 R - juris RdNr 29 und B 10 EG 6/09 R - juris RdNr 30; Röhl in BeckOK Arbeitsrecht, 55. Edition Stand 1.3.2020, § 1 BEEG RdNr 40; Othmer in Roos/Bieresborn, MuSchG, BEEG, 2. Aufl 2020, § 1 BEEG RdNr 50; zur Tatbestandswirkung der förmlichen Feststellung des Nichtbestehens oder des Verlusts des Freizügigkeitsrechts durch die Ausländerbehörde für die Familienkasse im steuerrechtlichen Kindergeldrecht s auch BFH Beschluss vom 10.6.2015 - V B 136/14 - juris RdNr 4 mwN; Avvento in Kirchhof, EStG, 19. Aufl 2020, § 62 RdNr 5). Das AufenthG vermittelt deshalb im Elterngeldrecht auch keine günstigere Rechtsstellung (sog "Günstigkeitsklausel", § 11 Abs 1 Satz 11 FreizügG/EU), solange die Freizügigkeitsberechtigung vermutet wird.
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Spiegelbildlich entspricht das gefundene Auslegungsergebnis der Rechtsprechung des Senats zum Erfordernis eines Aufenthaltstitels als Anknüpfungsvoraussetzung im Erziehungsgeld- bzw Elterngeldrecht. Die Klärung von sich im Erziehungsgeld- bzw Elterngeldrecht stellenden weitergehenden Fragen des Ausländerrechts ist Sache der zuständigen Ausländerbehörden (vgl Senatsurteil vom 10.7.2014 - B 10 EG 5/14 R - SozR 4-7837 § 1 Nr 6 RdNr 19; Senatsteilurteil vom 30.9.2010 - B 10 EG 9/09 R - BSGE 107, 1 = SozR 4-7837 § 1 Nr 2, RdNr 32 <zu § 1 Abs 7 BEEG>, Senatsteilurteil vom 3.12.2009 - B 10 EG 6/08 R - BSGE 105, 70 = SozR 4-7833 § 1 Nr 10, RdNr 32 <zu § 1 Abs 6 BErzGG>; Senatsbeschluss vom 28.11.2012 - B 10 EG 14/12 B - juris RdNr 7 <zu § 1 Abs 6 BErzGG>; Röhl in BeckOK Arbeitsrecht, 55. Edition Stand 1.3.2020, § 1 BEEG RdNr 40; Othmer in Roos/Bieresborn, MuSchG, BEEG, 2. Aufl 2020, § 1 BEEG RdNr 50; BFH Beschluss vom 10.6.2015 - V B 136/14 - juris RdNr 4 mwN <zu § 62 EStG>).
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Nur für das steuerrechtliche Kindergeld hat der Gesetzgeber seit dem 18.7.2019 eine Prüfungskompetenz der Familienkassen zur Freizügigkeitsberechtigung in Abs 1a Satz 4 der kindergeldrechtlichen Parallelvorschrift des § 62 EStG normiert (idF vom 11.7.2019, eingeführt durch das Gesetz gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch vom 11.7.2019, BGBl I 1066) Die Neuregelung erfolgte ua auch als Reaktion auf die Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 15.3.2017 - III R 32/15 - juris RdNr 15; Beschluss vom 27.4.2015 - III B 127/14 - juris RdNr 14), wonach den Familienkassen die Berufung auf die fehlende Freizügigkeitsberechtigung im Rahmen der Entscheidung über den Kindergeldanspruch verwehrt ist, wenn die fehlende Freizügigkeitsberechtigung nicht durch die Ausländerbehörden oder die Verwaltungsgerichte förmlich festgestellt worden ist (vgl zu den Motiven für die Einführung: Begründung der Bundesregierung vom 25.3.2019 zum Entwurf des Gesetzes gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch, BT-Drucks 19/8691 S 63 ff und Avvento in Kirchhof, EStG, 19. Aufl 2020, § 62 RdNr 5; zur Kritik an dieser Regelung: Derksen/Kubicki, NZS 2019, 651, 654; Meyer, SozSich 2019, 288, 290 ff; Schreiber, ZESAR 2019, 384, 387, 389). § 62 Abs 1a EStG in der vorgenannten Fassung lautet wie folgt:
"Begründet ein Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, so hat er für die ersten drei Monate ab Begründung des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts keinen Anspruch auf Kindergeld. Dies gilt nicht, wenn er nachweist, dass er inländische Einkünfte im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 mit Ausnahme von Einkünften nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erzielt. Nach Ablauf des in Satz 1 genannten Zeitraums hat er Anspruch auf Kindergeld, es sei denn, die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 oder Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU liegen nicht vor oder es sind nur die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 Nummer 1a des Freizügigkeitsgesetzes/EU erfüllt, ohne dass vorher eine andere der in § 2 Absatz 2 des Freizügigkeitsgesetzes/EU genannten Voraussetzungen erfüllt war. Die Prüfung, ob die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Kindergeld gemäß Satz 2 vorliegen oder gemäß Satz 3 nicht gegeben sind, führt die Familienkasse in eigener Zuständigkeit durch. Lehnt die Familienkasse eine Kindergeldfestsetzung in diesem Fall ab, hat sie ihre Entscheidung der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen. Wurde das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen durch die Verwendung gefälschter oder verfälschter Dokumente oder durch Vorspiegelung falscher Tatsachen vorgetäuscht, hat die Familienkasse die zuständige Ausländerbehörde unverzüglich zu unterrichten."
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In das BEEG wurde eine vergleichbare Regelung zur Prüfungskompetenz von Elterngeldstellen über das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines materiellen Freizügigkeitsrechts von Unionsbürgern nach dem FreizügG/EU im Rahmen der Prüfung eines geltend gemachten Elterngeldanspruchs bisher jedoch nicht eingefügt. Werden der Elterngeldstelle im Einzelfall konkrete Umstände bekannt, aufgrund derer Zweifel an der Freizügigkeitsberechtigung bestehen, kann sie sich daher lediglich an die zuständige Ausländerbehörde wenden (vgl auch § 11 Abs 1 Satz 9 FreizügG/EU iVm § 87 Abs 2 AufenthG) und dort nachfragen, ob eine Entscheidung der Ausländerbehörde über den Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt nach § 2 Abs 7, § 5 Abs 4 oder § 6 Abs 1 FreizügG/EU bereits ergangen ist oder ergehen soll (vgl auch Richtlinien des BMFSFJ unter Nr 1.7.1 im Jahr 2015 <Stand 4/2015> und aktuell <Stand 7/2019>). Bei noch nicht abgeschlossenen Prüfverfahren der Ausländerbehörde kann die Elterngeldbehörde ggf prüfen, ob sie im Einzelfall einem solchen Umstand im Rahmen und unter den Voraussetzungen des § 26 Abs 1 BEEG iVm § 32 Abs 1 Alt 2 SGB X Rechnung tragen kann.
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cc) Sinn und Zweck des § 1 Abs 7 BEEG stützen die Auslegung des Senats. Die Anknüpfung an die Freizügigkeitsvermutung trägt bei Unionsbürgern der Zielsetzung des Elterngelds Rechnung, solchen ausländischen Staatsangehörigen den Bezug von Elterngeld zu eröffnen, die sich voraussichtlich dauerhaft in Deutschland aufhalten (vgl dazu Begründung der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 20.6.2006 zum Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Elterngeldes, BT-Drucks 16/1889 S 19 iVm der Begründung der Bundesregierung vom 3.5.2006 zum Entwurf eines Gesetzes zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss, BT-Drucks 16/1368 S 8 zur wortgleichen Vorgängervorschrift des § 1 Abs 6 BErzGG in seiner im Jahr 2006 geltenden Fassung). Eine positive Aufenthaltsprognose kann sich nämlich auch aus den tatsächlichen Umständen des Aufenthalts ergeben (BVerfG Beschluss vom 4.12.2012 - 1 BvL 4/12 - BVerfGE 132, 360 RdNr 27; vgl zur einschränkenden Auslegung von § 1 Abs 3 Nr 3b Bundeskindergeldgesetz und § 1 BErzGG: Senatsurteil vom 5.5.2015 - B 10 KG 1/14 R - BSGE 119, 33 = SozR 4-5870 § 1 Nr 4 und Senatsurteil vom 23.9.2004 - B 10 EG 2/04 R - BSGE 93, 189 = SozR 4-7833 § 1 Nr 5). Hätte der Gesetzgeber Unionsbürger nicht wie Inländer behandeln wollen, hätte eine differenzierende Regelung nahe gelegen (vgl zu der oben zitierten ab 18.7.2019 geltenden kindergeldrechtlichen Vorschrift des § 62 Abs 1a EStG die Begründung der Bundesregierung vom 25.3.2019 zum Entwurf des Gesetzes gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch, BT-Drucks 19/8691 S 63, wonach nicht "jeder Grund für die Inanspruchnahme des Freizügigkeitsrechts <…> für die Inanspruchnahme von Kindergeld" ausreicht). Das SG hat jedenfalls zutreffend darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit einer "Bleibeperspektive" in Deutschland bis zur Feststellung der Ausländerbehörde über das Fehlen oder den Verlust der Freizügigkeitsberechtigung nach dem FreizügG/EU aus tatsächlichen Gründen bestehen kann. Denn das Vorliegen einer der unterschiedlichen Freizügigkeitstatbestände kann während eines Aufenthalts in Deutschland ohne die Voraussetzung der Erteilung eines förmlichen Aufenthaltstitels kurzfristig wechseln, neu entstehen, wegfallen oder das Freizügigkeitsrecht kann ggf sogar zu einem Daueraufenthaltsrecht erstarken (BVerwG Urteil vom 11.9.2019 - 1 C 48/18 - juris RdNr 13; Dienelt in Bergmann/Dienelt, AuslR, 12. Aufl 2018, § 7 FreizügG/EU RdNr 25). Im Übrigen steht diese Entscheidung im Ermessen der Ausländerbehörde, die im Rahmen der Abwägung etwa die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, den Grad der Aufenthaltsverfestigung sowie eine erwartbare Einkommensverbesserung bei dem Unionsbürger berücksichtigen muss (BVerwG Urteil vom 25.10.2017 - 1 C 34/16 - juris RdNr 31; VGH Hessen vom 24.10.2016 - 3 B 2352/16 - juris RdNr 7; Dienelt in Bergmann/Dienelt, AuslR, 12. Aufl 2018, § 5 FreizügG/EU RdNr 60; Geyer in Hofmann, AuslR, 2. Aufl 2016, § 5 FreizügG/EU RdNr 13, Online-Ausgabe; Kurzidem in BeckOK AuslR, 24. Edition Stand 1.11.2019, § 5 FreizügG/EU RdNr 16; vgl auch LSG Baden-Württemberg Urteil vom 19.4.2016 - L 11 EG 4629/14 - juris RdNr 27).
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d) Das Auslegungsergebnis zu § 1 Abs 7 BEEG, wonach Unionsbürger nur dann vom Elterngeldbezug ausgeschlossen sind, wenn für sie das Nichtbestehen der Freizügigkeitsberechtigung nach dem FreizügG/EU durch die zuständige Ausländerbehörde förmlich festgestellt wurde, steht nicht im Widerspruch zur Rechtslage des § 7 Abs 1 Satz 2 SGB II (in der hier maßgeblichen Fassung vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II und in der Sozialhilfe nach dem SGB XII vom 22.12.2016, BGBl I 3155) und der hierzu ergangenen Rechtsprechung der Grundsicherungssenate. Allerdings muss danach eine Prüfung der materiellen Freizügigkeitsberechtigung durch die Grundsicherungsträger bzw die Sozialgerichte erfolgen. Die generelle Freizügigkeitsvermutung nach dem FreizügG/EU allein eröffnet weder einen Zugang zu Leistungen nach dem SGB II noch steht sie dem Ausschluss von Leistungen nach dem SGB II entgegen (vgl zB BSG Urteil vom 9.8.2018 - B 14 AS 32/17 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 57 RdNr 20; BSG Urteil vom 30.8.2017 - B 14 AS 31/16 R - BSGE 124, 81 = SozR 4-4200 § 7 Nr 53, RdNr 23).
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Eine Abweichung im Sinne des § 41 Abs 2 SGG liegt nicht vor. Eine Abweichung kommt nur dann in Betracht, wenn eine identische Rechtsfrage durch einen oder mehrere Senate unterschiedlich beantwortet wird (vgl BSG Urteil vom 16.12.2004 - B 9 VS 1/04 R - BSGE 94, 133 = SozR 4-3200 § 81 Nr 2, RdNr 21 mwN). Hier dagegen werden in unterschiedlichen Regelungsbereichen unterschiedliche Rechtsfragen aufgeworfen (vgl dazu BSG Urteil vom 16.12.2014 - B 9 V 6/13 R - SozR 4-7945 § 3 Nr 1 RdNr 22; Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl 2017, § 41 RdNr 34, Online-Ausgabe Stand 25.3.2019). Die bereichsspezifische Abgrenzung des persönlichen Anwendungsbereichs ist im Elterngeldrecht nach Wertungen vorzunehmen, die sich von denjenigen des SGB II wesentlich unterscheiden. Denn anders als § 1 Abs 7 BEEG sieht § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 1 bis 3 SGB II ein System von Leistungsausschlüssen für Ausländerinnen und Ausländer vor, das in erster Linie auch Unionsbürger erfasst (vgl dazu Begründung der Bundesregierung vom 23.4.2007 zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union, BT-Drucks 16/5065 S 234; Leopold in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl 2020, § 7 RdNr 89, Online-Ausgabe Stand 1.3.2020) und ausdrücklich an die materiellen Aufenthaltsrechte im Sinne des § 2 Abs 2 Nr 1a und Abs 5 FreizügG/EU anknüpft. Das Elterngeld unterliegt bereits im Ansatz anderen Wertungen und Strukturen als die bedürftigkeitsabhängige Grundsicherung für Arbeitsuchende, die zur Absicherung des Existenzminimums (§ 1 Abs 1 SGB II) einerseits und zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit andererseits (§ 1 Abs 2 Satz 1 SGB II) gedacht ist.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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