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BSG 19.09.2019 - B 12 KR 21/19 R
BSG 19.09.2019 - B 12 KR 21/19 R - Versicherungspflicht bzw -freiheit - Geschäftsführer von Familiengesellschaften - Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbstständigen Tätigkeit - Minderheitsgesellschafter - schuldrechtliche Stimmrechtsvereinbarungen - kein Vertrauensschutz in die sog "Kopf-und-Seele"-Rechtsprechung - Verjährung von Ansprüchen auf Gesamtsozialversicherungsbeiträge nur auf Einrede
Normen
§ 25 Abs 1 S 1 SGB 3, § 7 Abs 1 SGB 4, § 7a SGB 4, § 25 Abs 1 S 1 SGB 4, § 25 Abs 2 S 1 SGB 4, § 1 S 1 Nr 1 SGB 6, § 214 BGB, Art 3 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG
Vorinstanz
vorgehend SG Osnabrück, 6. Dezember 2017, Az: S 47 R 340/15, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, 25. April 2018, Az: L 2 BA 5/18, Beschluss
Leitsatz
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1. Im Hinblick auf die Versicherungspflicht der Geschäftsführer von Familiengesellschaften besteht kein Vertrauensschutz in die sogenannte Kopf-und-Seele-Rechtsprechung.
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2. Die Verjährung von Ansprüchen auf Gesamtsozialversicherungsbeiträge ist nur auf Einrede zu berücksichtigen.
Tenor
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Die Revision der Klägerin gegen den Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 25. April 2018 wird zurückgewiesen.
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Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.
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Der Streitwert wird für das Revisionsverfahren auf 49 788,91 Euro festgesetzt.
Tatbestand
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Die klagende GmbH wendet sich gegen eine Beitragsnachforderung der beklagten DRV Bund über 49 788,91 Euro für den Zeitraum 1.1.2009 bis 31.12.2012 wegen Versicherungspflicht ihres zu 1. beigeladenen GmbH-Geschäftsführers in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) und nach dem Recht der Arbeitsförderung.
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Der Vater des Beigeladenen zu 1. war ursprünglich Inhaber eines Einzelunternehmens für Haus-technik und entschloss sich zum Jahreswechsel 2007/2008 zur Aufspaltung der damaligen Einzelfirma. Als Betriebsunternehmen wurde die klagende GmbH gegründet. Die Betriebsmittel blieben im Eigentum des Vaters als Einzelunternehmer, der seinerseits die Anlagegegenstände an die GmbH vermietete. Gründungsgesellschafter der klagenden GmbH waren der Beigeladene zu 1. und sein Vater. Von dem Stammkapital der Klägerin in Höhe von 25 000 Euro übernahm der Vater einen Anteil von 60 vH und der Beigeladene zu 1. einen Anteil von 40 vH (Gesellschaftsvertrag vom 21.12.2007). Beide Gesellschafter wurden zu alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführern bestellt. Gesellschafterbeschlüsse waren nach dem Gesellschaftsvertrag mit einfacher Stimmenmehrheit zu treffen. Aufgrund einer am 1.2.2008 privatschriftlich abgeschlossenen Stimmrechtsvereinbarung sollte jeder Gesellschafter über die Hälfte der Stimmrechte verfügen.
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Für seine Tätigkeit als Geschäftsführer erhielt der Beigeladene zu 1. ein monatliches Festgehalt von 3700 Euro brutto, das auch im Falle einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit fortgezahlt wurde.
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Aufgrund einer Betriebsprüfung für den Zeitraum vom 1.1.2009 bis 31.12.2012 setzte die Beklagte eine Beitragsnachforderung zur GRV und nach dem Recht der Arbeitsförderung in einer Gesamthöhe von 49 788,91 Euro fest; der Beigeladene zu 1. sei bei der klagenden GmbH beschäftigt (Bescheid vom 10.2.2015, Widerspruchsbescheid vom 12.5.2015).
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Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Urteil des SG vom 6.12.2017; Beschluss des LSG vom 25.4.2018). Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, der Beigeladene zu 1. halte nur eine Minderheit der Gesellschaftsanteile und verfüge über keine Sperrminorität. Die privatschriftlich vereinbarte isolierte Übertragung von Stimmrechten im Umfang von 10 vH vom Vater auf den Beigeladenen zu 1. sei auch im Falle gesellschaftsrechtlicher Unbedenklichkeit nicht geeignet, bei einem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer den sozialversicherungsrechtlichen Status als Selbstständiger zu begründen. Die sog "Kopf und Seele"-Rechtsprechung könne für die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status nach § 7 Abs 1 SGB IV nicht zu Gunsten der Klägerin herangezogen werden. Jedenfalls der für Statusentscheidungen zuständige 12. Senat des BSG orientiere sich nicht mehr an dieser Rechtsprechung. Der Hauptgesellschafter habe im Übrigen gerade davon Abstand genommen, dem Beigeladenen zu 1. umfassend "freie Hand" zu lassen, auch wenn dieser im Tagesgeschäft über erhebliche Entscheidungsfreiräume verfügt haben möge. Der Beigeladene zu 1. habe in seiner maßgeblichen Eigenschaft als Geschäftsführer auch kein relevantes unternehmerisches Risiko getragen. Ihm sei die vereinbarte monatliche Festvergütung gewiss gewesen. Da ein Verfahren nach § 7a SGB IV nicht eingeleitet worden sei, fehle eine tragfähige Grundlage für eine Inanspruchnahme von Vertrauensschutz.
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Die klagende GmbH rügt mit ihrer Revision eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV iVm Art 20 Abs 3 GG. Der Beigeladene zu 1. sei nach der bis 29.8.2012 vorliegenden einhelligen Rechtsprechung und der Erlasslage der Beklagten eindeutig als selbstständig anzusehen gewesen und könne sich insoweit auf Vertrauensschutz berufen. Diese Rechtsprechung sei nicht auf das Leistungsrecht begrenzt gewesen, wobei der Beschäftigtenbegriff im Leistungs- und Beitragsrecht auch nicht unterschiedlich sei. Darüber hinaus sei das Gebot eines fairen Verfahrens und das Recht auf Gehör verletzt, da das LSG ohne Einverständnis der Klägerin ohne mündliche Verhandlung entschieden habe.
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Die Klägerin beantragt,
den Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 25. April 2018 und das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 6. Dezember 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Februar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Mai 2015 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
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Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision ist nicht begründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG).
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I. Der angefochtene Beschluss ist nicht wegen eines Verfahrensfehlers aufzuheben. Der von der Klägerin gerügte Verstoß gegen § 153 Abs 4 SGG liegt nicht vor. Nach § 153 Abs 4 SGG kann das LSG außer im Falle einer erstinstanzlichen Entscheidung durch Gerichtsbescheid die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Hier ist die Klägerin ordnungsgemäß angehört worden. Eine Zustimmung der Verfahrensbeteiligten ist nicht erforderlich (Fock in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 153 RdNr 23). Auch bestehen keine Anhaltspunkte, dass das LSG sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hätte. Seiner Entscheidung, nach § 153 Abs 4 SGG vorzugehen, lagen weder sachfremde Erwägungen noch eine grobe Fehleinschätzung zugrunde (vgl BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 1 S 4; BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 13 S 38; BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 7 RdNr 27; BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 14 RdNr 9). Die rechtskundig vertretene Klägerin hatte im erstinstanzlichen Verfahren in der mündlichen Verhandlung ausreichend Gelegenheit, ihren Standpunkt durch ihren Prozessbevollmächtigten sowie ihren - seinerzeit anwesenden - Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer darzulegen. Im Berufungsverfahren mussten weitere Tatsachenfragen in einer mündlichen Verhandlung nicht mehr geklärt werden. Im Wesentlichen wurde im Berufungsverfahren der erstinstanzliche Vortrag schriftsätzlich wiederholt und präzisiert. Auch ist nach dem Rechtsstandpunkt des LSG nicht von besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auszugehen. Es hat seine Entscheidung vielmehr unter anderem tragend darauf gestützt, dass ohne Durchführung eines Anfrageverfahrens nach § 7a SGB IV keine tragfähige Grundlage für Vertrauensschutz bestehe, und konsequenterweise auch die Revision nicht zugelassen (dazu, dass in diesem Fall von tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auszugehen wäre, BSG Urteil vom 19.10.2016 - B 14 AS 33/15 R - juris; Sommer in Roos/Wahrendorf, SGG, 1. Aufl 2014, § 153 RdNr 31).
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II. Das LSG hat die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des SG auch in der Sache zu Recht zurückgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 10.2.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.5.2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs 1 Satz 2 SGG). Der Beigeladene zu 1. unterlag im Streitzeitraum (1.1.2009 bis 31.12.2012) in seiner Tätigkeit bei der Klägerin der Versicherungspflicht in der GRV und nach dem Recht der Arbeitsförderung und die Beklagte hat deshalb zu Recht eine Beitragsnachforderung gegen die Klägerin festgesetzt.
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Der Beigeladene zu 1. war im Streitzeitraum als Geschäftsführer bei der Klägerin beschäftigt und damit versicherungspflichtig in der GRV und nach dem Recht der Arbeitsförderung (dazu 1.). Die Klägerin kann sich auch nicht auf schutzwürdiges Vertrauen in eine anderslautende Rechtsprechung des BSG oder eine entgegenstehende Verwaltungspraxis der Beklagten berufen (dazu 2. und 3.). Da weder nach den Feststellungen des LSG noch den von diesem in Bezug genommenen Verwaltungsakten Anhaltspunkte bestehen, dass die Klägerin vor dem streitgegenständlichen Prüfzeitraum Betriebsprüfungen unterzogen wurde, kann sie sich insoweit auch von vornherein nicht auf einen dahingehenden Bestands- oder Vertrauensschutz berufen (dazu 4.). Offenbleiben kann, ob die Beitragsnachforderung teilweise verjährt war, da Verjährung nach § 25 Abs 1 Satz 1 SGB IV nur auf Einrede beachtlich ist und die Klägerin eine solche Einrede nicht erhoben hat (dazu 5.).
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1. Im streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, der Versicherungspflicht in der GRV und nach dem Recht der Arbeitsförderung (vgl § 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI, § 25 Abs 1 Satz 1 SGB III). Der Beigeladene zu 1. war in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin beschäftigt.
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a) Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Die hierfür vom Senat entwickelten Abgrenzungsmaßstäbe (vgl zuletzt BSG Urteil vom 4.6.2019 - B 12 R 11/18 R - <Honorararzt>, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) gelten grundsätzlich auch für Geschäftsführer einer GmbH. Ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt, richtet sich bei Geschäftsführern einer GmbH aber in erster Linie danach, ob der Geschäftsführer nach der ihm zukommenden, sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmacht ihm nicht genehme Weisungen verhindern oder Beschlüsse beeinflussen kann, die sein Anstellungsverhältnis betreffen (vgl zuletzt BSG Urteil vom 14.3.2018 - B 12 KR 13/17 R - BSGE 125, 183 = SozR 4-2400 § 7 Nr 35, RdNr 18 ff und BSG Urteil vom 14.3.2018 - B 12 R 5/16 R - juris RdNr 13 ff).
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b) Bei einem Fremdgeschäftsführer scheidet eine selbstständige Tätigkeit generell aus (BSG Urteil vom 14.3.2018 - B 12 KR 13/17 R - BSGE 125, 183 = SozR 4-2400 § 7 Nr 35, RdNr 20; BSG Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 10/01 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 20 S 79). Ist ein GmbH-Geschäftsführer zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt, sind der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer ist nicht per se kraft seiner Kapitalbeteiligung selbstständig tätig, sondern muss über seine Gesellschafterstellung hinaus die Rechtsmacht besitzen, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Eine solche Rechtsmacht ist bei einem Gesellschafter gegeben, der mehr als 50 vH der Anteile am Stammkapital hält. Ein Geschäftsführer, der nicht über diese Kapitalbeteiligung verfügt und damit als Mehrheitsgesellschafter ausscheidet, ist dagegen grundsätzlich abhängig beschäftigt. Er ist ausnahmsweise nur dann als Selbstständiger anzusehen, wenn er exakt 50 vH der Anteile am Stammkapital hält oder ihm bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag eine umfassende ("echte" oder "qualifizierte"), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt ist. Denn der selbstständig tätige Gesellschafter-Geschäftsführer muss eine Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen haben und zumindest ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern können. Demgegenüber ist eine "unechte", auf bestimmte Gegenstände begrenzte Sperrminorität nicht geeignet, die erforderliche Rechtsmacht zu vermitteln (vgl BSG Urteil vom 11.11.2015 - B 12 R 2/14 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 27 RdNr 28 mwN; BSG Urteil vom 11.11.2015 - B 12 KR 10/14 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 28 RdNr 24 mwN; BSG Urteil vom 29.6.2016 - B 12 R 5/14 R - juris RdNr 39 ff; BSG Urteil vom 24.9.1992 - 7 RAr 12/92 - SozR 3-4100 § 168 Nr 8 S 16; BSG Urteil vom 14.3.2018 - B 12 KR 13/17 R - BSGE 125, 183 = SozR 4-2400 § 7 Nr 35, RdNr 21).
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Ein rein faktisches, nicht rechtlich gebundenes und daher jederzeit änderbares Verhalten der Beteiligten ist hingegen nicht maßgeblich. Dies wäre mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht zu vereinbaren. Eine "Schönwetter-Selbstständigkeit" lediglich in harmonischen Zeiten, während im Fall eines Zerwürfnisses die rechtlich bestehende Weisungsgebundenheit zum Tragen käme, ist nicht anzuerkennen (BSG Urteil vom 29.7.2015 - B 12 KR 23/13 R - BSGE 119, 216 = SozR 4-2400 § 7 Nr 24, RdNr 29 f mwN; BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 32; BSG Urteil vom 14.3.2018 - B 12 KR 13/17 R - BSGE 125, 183 = SozR 4-2400 § 7 Nr 35, RdNr 20).
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c) Gemessen daran war der zu 1. beigeladene Geschäftsführer beschäftigt. Er ist mit einer Beteiligung von 40 vH am Stammkapital der Gesellschaft Minderheitsgesellschafter und verfügt über keine echte Sperrminorität. Die zwischen dem Beigeladenen zu 1. und seinem Vater nur schuldrechtlich abgeschlossene Stimmrechtsvereinbarung, nach der jeder Gesellschafter über die Hälfte der Stimmrechte verfügen sollte, ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich. Die für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit notwendige Rechtsmacht, die den Gesellschafter-Geschäftsführer in die Lage versetzt, die Geschicke der Gesellschaft bestimmen oder ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern zu können, muss gesellschaftsrechtlich eingeräumt sein. Stimmbindungsabreden (vgl hierzu BSG Urteil vom 11.11.2015 - B 12 KR 13/14 R - BSGE 120, 59 = SozR 4-2400 § 7 Nr 26, RdNr 25) oder Veto-Rechte (vgl hierzu BSG Urteil vom 11.11.2015 - B 12 KR 10/14 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 28 RdNr 26), die außerhalb des Gesellschaftsvertrages nur schuldrechtlich eingeräumt und damit zumindest außerordentlich kündbar sind, sind unabhängig von ihrer gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit nicht zu berücksichtigen. Sie vermögen die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmachtverhältnisse nicht mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu verschieben (BSG Urteil vom 11.11.2015 - B 12 KR 13/14 R - BSGE 120, 59 = SozR 4-2400 § 7 Nr 26, RdNr 25 mwN; zuletzt BSG Urteil vom 14.3.2018 - B 12 KR 13/17 R - BSGE 125, 183 = SozR 4-2400 § 7 Nr 35, RdNr 22).
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d) Die Annahme von Beschäftigung wird durch die nach dem Geschäftsführervertrag vorgesehene Ausgestaltung der Geschäftsführertätigkeit bestätigt. Dieser Vertrag enthält typische Regelungen eines Arbeitsvertrages. So hatte der Beigeladene zu 1. unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens Anspruch auf eine monatliche feste Vergütung und auf Entgeltfortzahlung im Falle einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit.
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e) Selbst wenn - worauf das Revisionsvorbringen der Klägerin hindeutet - die gesellschaftsrechtliche Gestaltung vorliegend aus Gründen der Steuerersparnis gewählt wurde, ändert dies nichts an ihrer Maßgeblichkeit auch für die sozialversicherungsrechtliche Versicherungspflicht. Die von der Klägerin bzw ihren Gesellschaftern gewählte Konstruktion ist rechtswirksam, weshalb sich die Klägerin an ihr festhalten lassen muss.
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2. Die Klägerin kann auch keinen Vertrauensschutz nach Art 20 Abs 3 GG aufgrund einer Änderung der Rechtsprechung beanspruchen. Eine verfassungsrechtlich relevante "Abkehr" von früheren Rechtsprechungsmaßstäben zur Versicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführern in Familiengesellschaften gibt es nicht.
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a) Im Grundsatz besteht nach der Rechtsprechung des BVerfG kein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand höchstrichterlicher Rechtsprechung. Höchstrichterliche Rechtsprechung schafft kein Gesetzesrecht und erzeugt keine damit vergleichbare Rechtsbindung. Eine Rechtsprechungsänderung ist unbedenklich, wenn sie hinreichend begründet ist und sich im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung hält. Schutzwürdiges Vertrauen in eine bestimmte Rechtslage aufgrund höchstrichterlicher Entscheidungen kann nur bei Hinzutreten weiterer Umstände, insbesondere bei einer gefestigten und langjährigen Rechtsprechung entstehen. Eine rückwirkende Änderung ist ausgeschlossen, wenn im konkreten Einzelfall nach einer Gesamtwürdigung besondere Umstände für ein über die allgemeinen Grundsätze hinausgehendes besonderes Vertrauen bestehen, wobei Dispositionen in Erwartung einer bestimmten richterlichen Entscheidung für sich gesehen grundsätzlich nicht ausreichend sind (BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 5.11.2015 - 1 BvR 1667/15 - juris RdNr 12, 25 mwN; BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R - BSGE 120, 209 = SozR 4-2400 § 28p Nr 6, RdNr 30 ff; zum Ausschluss der rückwirkenden Anwendung einer geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Nachteil des Arbeitgebers im Beitragsrecht vgl BSG Urteil vom 18.11.1980 - 12 RK 59/79 - BSGE 51, 31, 36 ff = SozR 2200 § 1399 Nr 13 S 26 ff = juris RdNr 23 ff).
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b) In Bezug auf das Mitgliedschafts- und Beitragsrecht der Sozialversicherung bestand keine gefestigte und langjährige Rechtsprechung, nach der die Tätigkeit des zu 1. beigeladenen Geschäftsführers als nicht versicherungspflichtig und damit beitragsfrei zu beurteilen gewesen wäre.
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aa) Zwar haben insbesondere die für das Recht der Arbeitslosen- und Unfallversicherung zuständigen Senate des BSG sich für das jeweilige Leistungsrecht in der Vergangenheit auf die sog "Kopf und Seele"-Rechtsprechung gestützt. Danach konnte eine rechtlich bestehende Abhängigkeit durch die tatsächlichen Verhältnisse überlagert sein und eine selbstständige Tätigkeit etwa vorliegen, wenn ein Geschäftsführer aufgrund seiner Stellung in der Familie die Geschäfte der Gesellschaft wie ein Alleingesellschafter nach eigenem Gutdünken führte und die Ordnung des Betriebes prägte, er "Kopf und Seele" des Unternehmens war oder er - wirtschaftlich gesehen - seine Tätigkeit nicht wie für ein fremdes, sondern wie für ein eigenes Unternehmen ausübte (vgl etwa BSG Urteil vom 23.9.1982 - 10 RAr 10/81 - SozR 2100 § 7 Nr 7 S 6; BSG Urteil vom 29.10.1986 - 7 RAr 43/85; BSG Urteil vom 8.12.1987 - 7 RAr 25/86 - juris RdNr 31; BSG Urteil vom 11.2.1993 - 7 RAr 48/92 - juris RdNr 23 ff; BSG Urteil vom 14.12.1999 - B 2 U 48/98 R - juris RdNr 21; BSG Urteil vom 28.1.1992 - 11 RAr 133/90 - USK 9201; im konkreten Fall abgelehnt: BSG Urteil vom 10.5.2007 - B 7a AL 8/06 R - juris; umgekehrt allerdings <Beschäftigung trotz Sperrminorität bei familiärer Bindung für möglich gehalten>: BSG Urteil vom 6.2.1992 - 7 RAr 134/90 - BSGE 70, 81 = SozR 3-4100 § 104 Nr 8). Daraus lässt sich aber für die Klägerin kein Vertrauensschutz herleiten.
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bb) Die "Kopf und Seele"-Rechtsprechung war stets eine Erscheinungsform der höchstrichterlichen einzelfallbezogenen Auslegung und Anwendung des Typusbegriffs der Beschäftigung. Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist bei der Auslegung und Anwendung von § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV angesichts der Vielzahl denkbarer Fallkonstellationen eine eindeutige Vorhersehbarkeit des Ergebnisses ausgeschlossen, da die versicherten Personen ausgehend vom Normalfall in der Form eines Typus beschrieben sind. Es ist dabei nicht erforderlich, dass stets sämtliche als idealtypisch erkannten Merkmale vorliegen, diese können vielmehr in unterschiedlichem Maße und verschiedener Intensität gegeben sein; je für sich genommen haben sie nur die Bedeutung von Anzeichen oder Indizien. Entscheidend ist jeweils ihre Verbindung, die Intensität und die Häufigkeit ihres Auftretens im konkreten Einzelfall. Maßgeblich ist das Gesamtbild (zum Ganzen BVerfG Kammerbeschluss vom 20.5.1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr 11 S 27 f = juris RdNr 7). Das BSG hat zur Konkretisierung des Begriffs der abhängigen Beschäftigung im Laufe der Zeit zahlreiche Indizien entwickelt, die für oder gegen abhängige Beschäftigung sprechen. Hierzu zählt auch die mögliche Bedeutung familienhafter Rücksichtnahme, wobei die "Kopf und Seele"-Rechtsprechung insbesondere der Leistungssenate sich aus einer Reihe von Einzelaspekten zusammensetzte, die in die Gesamtabwägung einbezogen wurden. Erforderlich waren über das Vorliegen familiärer Verbindungen hinaus stets weitere tatsächliche Kriterien (vgl etwa BSG Urteil vom 23.9.1982 - 10 RAr 10/81 - SozR 2100 § 7 Nr 7 S 5 = juris RdNr 21: Unternehmensgeschichte, Gesellschaftsgründung aus rein steuerlichen oder haftungsrechtlichen Gründen; BSG Urteil vom 11.1.1989 - 7 RAr 8/87 - juris RdNr 41: besonderer Sachverstand oder Branchenkenntnisse; BSG Urteil vom 28.1.1992 - 11 RAr 133/90 - juris RdNr 31: Interessenlage innerhalb der Gesellschaft nach dem "Gedanken der ehelichen Wirtschaftsgemeinschaft" gleichgerichtet; BSG Urteil vom 8.12.1987 - 7 RAr 25/86: Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg). Einen Leit- oder Obersatz, nach dem bei familiären Bindungen regelmäßig keine Beschäftigung des Geschäftsführers vorgelegen hätte, hat das BSG nie gebildet (vgl auch Freudenberg, B+P 2019, 341, 344; beispielhaft dazu, dass dieses Verständnis auch in der Literatur bestand, Schäfers, GmbH-StB 2006, 176).
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cc) Hinzu kommt, dass der für das Mitgliedschafts- und Beitragsrecht der Sozialversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung zuständige 12. Senat des BSG seine Rechtsprechung zur Gewichtung der tatsächlichen Verhältnisse gegenüber den vertraglichen Vereinbarungen bereits deutlich vor dem streitbefangenen Prüfzeitraum präzisiert hatte. Für Familiengesellschaften hat er bereits 2001 offengelassen, ob es von dem Grundsatz, dass Fremdgeschäftsführer wegen fehlender Rechtsmacht versicherungspflichtig beschäftigt sind, Ausnahmen gibt (BSG Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 10/01 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 20 S 82 = juris RdNr 20). Ab 2006 hat er die Bedeutung der vertraglich eingeräumten Rechtsmacht betont. Er hat klargestellt, dass eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung der nur formellen Vereinbarung nur vorgeht, soweit eine formlose Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Der Senat hat insoweit ausdrücklich klargestellt, dass es nicht zur Disposition der Vertragsparteien steht, die Wirkungen eines aus steuer- bzw haftungsrechtlichen Gründen abgeschlossenen wirksamen Vertrages nach Maßgabe der Individualnützlichkeit auf bestimmte Rechtsgebiete zu beschränken (BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - juris RdNr 22; BSG Urteil vom 24.1.2007 - B 12 KR 31/06 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 20).
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dd) Darüber hinaus ist der Beschäftigungsbegriff seit jeher kontextabhängig und bereichsspezifisch ausgelegt worden (so ausdrücklich BSG Urteil vom 29.7.2015 - B 12 KR 23/13 R - BSGE 119, 216 = SozR 4-2400 § 7 Nr 24, RdNr 32; vgl bereits BSG Beschluss vom 11.12.1973 - GS 1/73 - BSGE 37, 10, 12 ff = SozR Nr 62 zu § 1259 RVO S Aa 76 ff = juris RdNr 21 ff zum Begriff des "versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses"). Insbesondere für das Leistungsverhältnis in der Arbeitslosenversicherung findet ein besonderer leistungsrechtlicher Begriff der Beschäftigung Verwendung (vgl BSG Urteil vom 28.9.1993 - 11 RAr 69/92 - BSGE 73, 126, 127 ff = SozR 3-4100 § 101 Nr 5 S 13 f mwN; aus Sicht des Versicherungs- und Beitragsrechts vgl BSG Urteil vom 4.6.2009 - B 12 KR 31/07 R - SozR 4-2400 § 7a Nr 3 RdNr 11; BSG Urteil vom 4.6.2009 - B 12 R 6/08 R - USK 2009-72 = juris RdNr 15). Diese Unterschiede zwischen dem versicherungsrechtlichen und dem leistungsrechtlichen Beschäftigtenbegriff hat der Gesetzgeber mit § 7a Abs 1 Satz 2 SGB IV, § 336 SGB III (idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954) aufgegriffen. Der erkennende Senat hat nur vereinzelt - soweit ersichtlich nur ein einziges Mal - auf die "Kopf und Seele"-Rechtsprechung zurückgegriffen (vgl BSG Urteil vom 23.6.1994 - 12 RK 72/92 - juris RdNr 18; zur Frage, ab wie vielen Entscheidungen von einer "ständigen" oder "gefestigten" Rechtsprechung ausgegangen werden kann: Pohl, Rechtsprechungsänderung und Rückanknüpfung, 2005, S 93 ff).
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c) Schließlich ist, ohne dass dies aber einer abschließenden Entscheidung bedürfte, ausgehend von den Beteiligten nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen und daher für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG ohnehin fraglich, ob die Klägerin und der Beigeladene zu 1. sich überhaupt mit Erfolg auf die "Kopf und Seele"-Rechtsprechung hätten berufen können. Dagegen, dass der Beigeladene zu 1. "Kopf und Seele" des klägerischen Unternehmens war, spricht vielmehr die Feststellung des LSG, dass der Beigeladene zu 1. zwar im Tagesgeschäft über erhebliche Entscheidungsfreiräume verfügt haben möge, der Hauptgesellschafter im Übrigen aber gerade davon Abstand genommen habe, ihm umfassend "freie Hand" zu lassen. Er habe selbst als Geschäftsführer aktiv im Unternehmen mitgewirkt.
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3. Auch besteht kein Vertrauensschutz aufgrund einer vermeintlich geänderten Verwaltungspraxis der Beklagten. Die Beitragspflichtigen dürfen zwar nicht für eine zurückliegende Zeit mit einer Beitragsnachforderung überrascht werden, die in Widerspruch steht zu dem vorangegangenen Verhalten der Verwaltung, auf deren Rechtmäßigkeit sie vertraut haben und vertrauen durften (vgl BSG Urteil vom 27.9.1983 - 12 RK 10/82 - BSGE 55, 297 = SozR 5375 § 2 Nr 1). Eine vertrauensstiftende gesicherte Rechtspraxis liegt aber gerade nicht vor, wenn - wie hier - eine Rechtsfrage nicht abschließend geklärt ist. Auch erweckten die Rundschreiben der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger nie den Anschein, bei Familiengesellschaften griffe automatisch die "Kopf und Seele"-Rechtsprechung, sondern sie wiesen auf die Notwendigkeit individueller Prüfung hin. Nach Anlage 3 des Rundschreibens über die Statusfeststellung von Erwerbstätigen vom 13.4.2010 war, wenn dem Geschäftsführer gesellschaftsvertraglich kein maßgeblicher Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft eingeräumt war, "in allen anderen Fällen" jeweils individuell zu prüfen, ob ein abhängiges und damit sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliege.
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Eine Selbstbindung aufgrund einer früheren Verwaltungspraxis kann im Übrigen nur im Rahmen eines der Verwaltung eingeräumten Beurteilungsspielraums oder Ermessens eintreten. § 7 Abs 1 SGB IV räumt den Behörden aber bereits keinen derartigen Spielraum bei der Beurteilung der Frage ein, ob eine Beschäftigung vorliegt oder nicht (vgl Segebrecht in jurisPK-SGB IV, 3. Aufl 2016, § 7 RdNr 28). Im Widerspruch zu zwingenden gesetzlichen Vorgaben kann keine Selbstbindung der Verwaltung entstehen (Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl 2018, § 40 RdNr 103 und 156; Kischel in BeckOK, GG, Stand 15.5.2019, Art 3 RdNr 112); einen aus Art 3 Abs 1 GG abzuleitenden Anspruch auf "Gleichbehandlung im Unrecht" gibt es nicht (vgl BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 9.10.2000 - 1 BvR 1627/95 - juris RdNr 52; BFH Beschluss vom 26.9.2007 - V B 8/06 - BFHE 219, 245). Offenbleiben kann insoweit, ob für die Annahme von Vertrauensschutz stets eine konkret-individuelle Feststellung in einem Verfahren der Clearing- oder Einzugsstelle herbeigeführt worden sein müsste.
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4. Die Klägerin kann sich auch nicht auf Bestands- oder Vertrauensschutz aufgrund vorangegangener Betriebsprüfungen berufen (zur Fortentwicklung der diesbezüglichen Rechtsprechung des Senats vgl ausführlich Urteil vom selben Tag - B 12 KR 25/18 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Es bestehen bereits keine Anhaltspunkte, dass die im Dezember 2007 gegründete Klägerin vor dem streitgegenständlichen Prüfzeitraum einer Betriebsprüfung unterzogen worden wäre.
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5. Auf Grundlage der Feststellungen des LSG ist nicht auszuschließen, dass die streitbefangene Beitragsnachforderung bei Erlass des angefochtenen Bescheids teilweise verjährt war. Ob dies der Fall ist, kann jedoch offenbleiben, denn die Verjährung nach § 25 Abs 1 Satz 1 SGB IV ist nur auf Einrede beachtlich (dazu ). Eine entsprechende Einrede hat die Klägerin aber nicht erhoben (dazu ).
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a) Dass die Verjährung nach § 25 Abs 1 Satz 1 SGB IV nicht von Amts wegen, sondern nur auf eine entsprechende Einrede zu beachten ist, folgt aus Wortlaut sowie Sinn und Zweck (dazu <aa>), Systematik (dazu <bb>) und Entstehungsgeschichte (dazu <cc>) insbesondere des § 25 Abs 2 Satz 1 SGB IV (offen noch BSG Urteil vom 13.8.1996 - 12 RK 76/94 - SozR 3-2400 § 25 Nr 6; zu einer Sonderkonstellation vgl BSG Urteil vom 25.10.1990 - 12 RK 27/89 - BSGE 67, 290 = SozR 3-2400 § 25 Nr 2: "hier von Amts wegen zu beachten").
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aa) Nach § 25 Abs 2 Satz 1 SGB IV gelten für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung die Vorschriften des BGB sinngemäß. Die Wirkung der Verjährung regelt das BGB in § 214 (so schon die amtliche Überschrift). Gemäß § 214 Abs 1 BGB ist der Schuldner nach Eintritt der Verjährung berechtigt, die Leistung zu verweigern. Dieses Recht kann er ausüben, indem er sich auf die Einrede der Verjährung beruft, er muss es aber nicht. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass nach § 25 Abs 2 SGB IV die Vorschriften des BGB bloß "sinngemäß" gelten (so aber die Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger, vgl DOK 1982, 681, 684 f; nach Fallgruppen differenzierend: Zieglmeier in KasselerKomm, Stand 1.8.2019, § 25 SGB IV RdNr 17 ff; wie hier Segebrecht in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl 2016, § 25 RdNr 71, die darauf abstellt, dass das BGB "auch bezogen auf die Wirkung der Verjährung […] 'seinem Sinn nach' [und nicht umgekehrt im Sinne des Sozialrechts] angewandt werden soll[e]"; Udsching in Hauck/Noftz, SGB IV, Stand Juni 2019, K § 25 RdNr 14: "uneingeschränkte Bezugnahme auf die Vorschriften des bürgerlichen Rechts"; im Ausgangspunkt ebenso auch Kreikebohm, SGB IV, 3. Aufl 2018, § 25 RdNr 11). Zwar mag das Gesetz mit der Anordnung der bloß sinngemäßen Geltung der Vorschriften des BGB Raum für eine Berücksichtigung etwaiger sozialversicherungsrechtlicher Besonderheiten lassen. Dass und ggf welche sozialversicherungsrechtlichen Besonderheiten aber gerade der Ausgestaltung der Verjährung als Einrede entgegenstünden, ist nicht ersichtlich. Insbesondere verfängt es nicht, insoweit auf die besondere Schutzwürdigkeit der Versicherten zu verweisen. Vielmehr sieht auch das BGB bestimmte Personenkreise als besonders schutzwürdig an (vgl nur das Verbraucherschutzrecht, § 13 BGB), ohne dass § 214 BGB insoweit aber eine Ausnahme enthielte. Auch zählte die klagende GmbH als Arbeitgeberin gerade nicht zu diesem besonders schutzwürdigen Personenkreis (vgl auch Zieglmeier, aaO, RdNr 19, der - unter Verweis auf BSG Urteil vom 24.3.1983 - 1 RA 71/82 - davon ausgeht, dass im Verhältnis zwischen Sozialversicherungsträger und Arbeitgeber die Verjährung nur auf Einrede zu beachten sei). Demnach gebieten weder Sinn und Zweck der Verjährung an sich noch Sinn und Zweck der Klausel über die bloß sinngemäße Anwendung eine abweichende Beurteilung.
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bb) Neben § 25 Abs 2 Satz 1 SGB IV verweist das SGB noch in anderen - wortgleich formulierten - Bestimmungen ua wegen der Wirkung von Verjährungsvorschriften auf das BGB, namentlich in § 45 Abs 2 SGB I für die Verjährung von Ansprüchen auf Sozialleistungen, § 113 Abs 2 SGB X für die Verjährung von Erstattungsansprüchen zwischen Sozialleistungsträgern sowie § 111 Abs 2 SGB XII für die Verjährung von Kostenerstattungsansprüchen zwischen Sozialhilfeträgern. Für § 45 Abs 2 SGB I ist geklärt, dass die Verjährung jeweils nur auf Einrede beachtlich ist (BSG Urteil vom 15.6.2000 - B 7 AL 64/99 R - BSGE 86, 182 = SozR 3-1200 § 45 Nr 9). Zu § 113 Abs 2 SGB X nimmt sogar die Gesetzesbegründung ausdrücklich auf die Vorgängervorschrift des heutigen § 214 BGB (= § 222 BGB aF) Bezug (BT-Drucks 9/95 S 27, dort zu § 119: "Danach kann der Leistungsträger nach Ablauf der Verjährungsfrist die Erstattung verweigern, aber auch den Anspruch noch erfüllen […]"; dazu auch Leopold in Mutschler/Palsherm, jurisPK-SGB X, 2. Aufl 2017, § 113 RdNr 44 f; zur Beachtlichkeit der Verjährung nur auf Einrede insoweit LSG Baden-Württemberg Urteil vom 28.9.2011 - L 5 KR 2152/10 - Juris RdNr 66; vgl auch BSG Urteil vom 1.8.1991 - 6 RKa 9/89 - BSGE 69, 158 = SozR 3-1300 § 113 Nr 1, das die Missbräuchlichkeit der Erhebung der Verjährungseinrede prüft, worauf es nicht ankäme, wenn es der Erhebung der Verjährungseinrede von vorneherein nicht bedürfte). Auch zu § 111 Abs 2 SGB XII geht die Kommentarliteratur, soweit ersichtlich einhellig, davon aus, dass die Verjährung nur auf Einrede zu beachten ist (Böttiger in Coseriu/Eicher/Siefert, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl 2014, § 111 RdNr 25 f; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl 2018, § 111 RdNr 4).
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cc) Zur Vorgängervorschrift des § 29 RVO hat das BSG zwar noch entschieden, dass die Verjährung von Amts wegen zu beachten ist (BSG Urteil vom 30.4.1968 - 3 RK 48/65 - BSGE 28, 61 = SozR Nr 15 zu § 29 RVO), allerdings enthielt § 29 RVO auch noch keine ausdrückliche Bezugnahme auf die Vorschriften des BGB ua zur Wirkung der Verjährung (dazu Udsching, aaO, RdNr 14).
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b) Die Klägerin hat die Einrede der Verjährung weder vor noch im Revisionsverfahren erhoben. Insoweit kann dahinstehen, ob die Einrede im Revisionsverfahren überhaupt noch wirksam erhoben werden kann, wenn sie vorher noch nicht vorgebracht worden ist (vgl dazu BSG Urteil vom 30.1.1958 - 4 RJ 270/56 - juris RdNr 18).
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO.
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IV. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 GKG.
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