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BSG 30.09.2015 - B 3 KR 22/15 B
BSG 30.09.2015 - B 3 KR 22/15 B - Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Rechtsweg - Zuständigkeit der Sozialgerichte für Schadensersatzklage einer Krankenkasse gegen einen Dritten wegen des Vorwurfs einer gemeinschaftlich mit dem Leistungserbringer zu ihren Lasten begangenen Straftat - Widerklage
Normen
§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a SGG, § 51 Abs 1 Nr 2 SGG, § 54 Abs 5 SGG, § 100 SGG, § 153 Abs 1 SGG, § 10 SGB 5, § 37 Abs 1 SGB 5, § 69 SGB 5, § 132a SGB 5, § 13 GVG, § 17 Abs 2 GVG, § 40 Abs 2 S 1 VwGO, § 826 BGB
Vorinstanz
vorgehend SG München, 18. Mai 2010, Az: S 43 KR 1183/08, Urteil
vorgehend Bayerisches Landessozialgericht, 18. November 2014, Az: L 5 KR 379/10, Urteil
Leitsatz
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Für die Klage einer Krankenkasse gegen einen Dritten auf Schadensersatz wegen des Vorwurfs einer gemeinschaftlich mit dem Leistungserbringer zu Lasten der Krankenkasse begangenen Straftat ist der Sozialrechtsweg eröffnet.
Tenor
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Auf die Beschwerde der Beklagten wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 18. November 2014 aufgehoben.
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Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
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I. Im Streit steht ein Zahlungsanspruch der Beklagten gegen die Klägerin in Höhe von 30 157,85 Euro.
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Die Klägerin ist die Mutter des im Jahre 1998 geborenen, bei der Beklagten gesetzlich familienversicherten Kindes R. Die Tochter leidet ua an einem Hypoventilationssyndrom mit der Folge, dass sie beatmungspflichtig und schwerstpflegebedürftig ist. Nach dem SGB XI ist sie der Pflegestufe III zugeordnet. Bereits seit 1999 gewährte ihr die Beklagte häusliche Krankenpflege. Ab 1.5.2001 hat die Beklagte einen Rahmenvertrag nach § 132a SGB V für Leistungen der häuslichen Krankenpflege (§ 37 Abs 1 SGB V) zur Erfüllung dieser Sachleistung mit dem Inhaber des Pflegedienstes C., Dr. L., geschlossen.
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Die Beklagte forderte von der Klägerin zunächst den Gesamtbetrag von 38 196,84 Euro, der sich aus nicht erbrachten Leistungen der Krankenpflege für die Tochter im Zeitraum vom 1.5.2001 bis 30.11.2001 (24 940 Euro), aus Verzugszinsen (6622,51 Euro) und aus Schadensermittlungskosten (6634,33 Euro) zusammensetzte (Bescheid vom 19.10.2005; Widerspruchsbescheid vom 28.4.2006). Zur Begründung führte sie aus, dass die Klägerin gemeinsam mit dem Inhaber des Pflegedienstes Dr. L. im maßgeblichen Zeitraum sowohl über den Umfang der geleisteten Pflegestunden als auch über die Qualifikation der eingesetzten Pflegekräfte für die Krankenpflege der Versicherten getäuscht habe. Nach den staatsanwaltlichen Ermittlungen habe Dr. L. einen Teil der ihm von der Beklagten gezahlten Vergütungen für die Erbringung der Krankenpflegeleistungen auf das Konto der Klägerin in Höhe der Hauptforderung (von 24 940 Euro) überwiesen. Die Klägerin habe in rechtswidriger Weise Leistungen erschlichen, die ihr nicht zugestanden hätten. Sie sei aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs zur Rückzahlung dieses Betrags verpflichtet. Die Nebenforderungen wie Verzugszinsen und Schadensermittlungskosten richteten sich nach den Vorschriften des BGB.
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Das Strafverfahren gegen die Klägerin ist gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 2000 Euro eingestellt worden (§ 153a StPO, Amtsgericht München Beschluss vom 6.6.2003 - 821 Cs 315 Js 31865/03).
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Auf die von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage hat das SG München den Bescheid vom 19.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.4.2006 mangels Rechtsgrundlage aufgehoben. Ein Rückforderungsbescheid (§ 50 SGB X) hätte gegenüber der Versicherten ergehen müssen, an dem es hier fehlte. Im Übrigen hätten keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und der Beklagten bestanden, die mittels Verwaltungsakt hätten geregelt werden können (Urteil vom 18.5.2010).
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Im Berufungsverfahren hat die Beklagte Widerklage erhoben und beantragt, die Klägerin zur Zahlung von 30 157,85 Euro zu verurteilen. Sie hat den Antrag mit zu Unrecht vom Pflegedienst erhaltenen Geldern (24 940 Euro) und mit Schadensermittlungskosten: externe Ermittlungskosten (4181,35 Euro), An- und Abreisekosten (652,80 Euro) und Hotelkosten (383,70 Euro) beziffert. Daraufhin hat das LSG die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG München zurückgewiesen und die Widerklage der Beklagten als unzulässig verworfen (Urteil vom 18.11.2014). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Zutreffend sei das SG von einer fehlenden Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ausgegangen. Leistungsberechtigte und Leistungsempfängerin der häuslichen Krankenpflege sei die versicherte Tochter und nicht die Klägerin gewesen. Die Versicherte habe in einem eigenen, rechtlich selbstständigen gesetzlichen Versicherungsverhältnis zur Beklagten gestanden (§ 10 SGB V). Da die Klägerin nicht in das Vertragsverhältnis mit dem Pflegedienst einbezogen gewesen sei, habe die Beklagte auch keine Zahlungen an die Klägerin geleistet. Bislang sei nicht erwiesen, dass der Pflegedienst Zahlungen an die Klägerin geleistet habe. Die im Berufungsverfahren erhobene Widerklage (§ 100 SGG) sei unzulässig, weil der geltend gemachte Anspruch nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Über-/Unterordnungsverhältnis und auch nicht auf öffentlich-rechtlichen Vereinbarungen beruhe. Allenfalls komme ein zivilrechtlicher Anspruch gegen die Klägerin in Frage, für den der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nicht eröffnet sei. Das Klagebegehren beurteile sich nach zivilrechtlichen Vorschriften, die den gesamten Sachverhalt und auch die Forderung entscheidend prägten.
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Mit der Beschwerde wendet sich die Beklagte gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG. Sie beruft sich auf einen Verfahrensmangel und auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 3 SGG). Das LSG hätte den Rechtsstreit nach § 202 SGG iVm § 17a Abs 2 GVG an das zuständige Landgericht nach Anhörung der Parteien von Amtswegen verweisen müssen, anstatt die Widerklage als unzulässig zu verwerfen. Überdies hält die Beklagte sinngemäß für grundsätzlich bedeutsam die Rechtsfrage, ob der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet ist für einen Schadensersatzanspruch der Krankenkasse, der ihr gegen den Versicherten oder gegen einen Dritten wegen einer gemeinschaftlich mit einem Leistungserbringer zu Lasten der Krankenkasse begangenen Straftat zusteht. Das BSG habe bislang lediglich über die Klage einer Krankenkasse gegen einen Leistungserbringer auf Rückzahlung der Vergütung wegen Abrechnungsbetrugs entschieden und den Sozialrechtsweg für einschlägig gehalten (Hinweis auf BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 3). Über die vorliegende Konstellation, dass ein Dritter am Geschehen beteiligt gewesen sei, liege jedoch noch keine Rechtsprechung des BSG vor.
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II. Auf die Beschwerde der Beklagten war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
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Die Beklagte hat formgerecht (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) und auch in der Sache zutreffend einen Verfahrensfehler (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) gerügt. Anstatt die Widerklage durch Prozessurteil als unzulässig zu verwerfen, hätte ein Sachurteil über den geltend gemachten Anspruch ergehen müssen. Es handelt sich um einen Rechtsstreit, für den der Sozialrechtsweg (§ 51 Abs 1 Nr 2 SGG) bestimmt ist.
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1. Gegenstand des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde ist allein, ob das LSG die von der Beklagten im Berufungsverfahren mit der Widerklage (§ 100 SGG) gegen die Klägerin (Widerbeklagte) erhobene allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) zu Recht als unzulässig verwerfen durfte. Der Senat hat hingegen nicht die Entscheidung des LSG über die Berufung der Beklagten hinsichtlich der Aufhebung des Bescheids (vom 19.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.4.2006) aus Anlass der ursprünglich erhobenen Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) zu überprüfen. Die Beklagte hat sich im Beschwerdeverfahren gegen die Aufhebung ihres Bescheids nicht gewandt und hat innerhalb der gesetzlichen Frist keine Zulassungsgründe geltend gemacht (§ 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 iVm § 160a Abs 2 Satz 1 und 3 SGG). Insoweit hat das LSG unangefochten und damit rechtskräftig entschieden, dass die Beklagte nicht befugt war, ihren geltend gemachten Zahlungsanspruch durch Verwaltungsakt festzusetzen.
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2. Die Widerklage ist zulässig. Sie kann nach § 100 SGG bei dem Gericht erhoben werden, bei dem die Klage anhängig ist. Im sozialgerichtlichen Verfahren kann eine Widerklage auch noch im Berufungsverfahren (§ 153 Abs 1 SGG) erhoben werden. Einer Einwilligung der Klägerin bedurfte es hierfür nicht (vgl BSGE 17, 139, 143 = SozR Nr 5 zu § 100 SGG, Da 3; 53, 212, 213 = SozR 4100 § 145 Nr 2 S 8; BSG SozR 4-5562 § 8 Nr 5 RdNr 14; anders im Zivilprozess vgl § 530 Abs 1 ZPO). Die Widerklage gibt der Beklagten die Möglichkeit, einen selbstständigen Gegenanspruch gegen die Klägerin im selben Verfahren aus prozessökonomischen Gründen geltend zu machen (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ders, SGG, 11. Aufl 2014, § 100 RdNr 1). Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Widerklage ist, dass ein rechtlicher Zusammenhang mit dem Klageanspruch besteht. Das ist hier der Fall. Die Klägerin hatte sich mit der Anfechtungsklage gegen den Zahlungsanspruch gewandt. Mit der Widerklage macht die Beklagte nun den - betragsmäßig reduzierten - Zahlungsanspruch aus demselben Lebenssachverhalt geltend. Hierfür besteht ein Rechtsschutzbedürfnis, weil sie diesen Anspruch nicht durch Verwaltungsakt geltend machen kann, sondern nur durch die allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG). Es fehlt an einem öffentlich-rechtlichen Über- und Unterordnungsverhältnis (vgl dazu BSGE 53, 212, 213 = SozR 4100 § 145 Nr 2 S 8 mwN).
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3. Allgemeine Prozessvoraussetzung für die Widerklage ist, dass der Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit eröffnet ist (vgl BSGE 18, 293, 298 = SozR Nr 2 zu § 839 BGB, Aa 3 R). Dies ist entgegen der Ansicht des LSG, das den ordentlichen Rechtsweg (§ 13 GVG) angenommen hat, hier der Fall. Der vorliegende Rechtsstreit ist eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).
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a) Nach § 51 Abs 1 Nr 2 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten ua in Angelegenheiten der GKV, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen sind. Eine Ausnahme ist insoweit für Streitigkeiten in Angelegenheiten nach § 110 SGB V aufgrund einer Kündigung von Versorgungsverträgen vorgesehen, die für Hochschulkliniken oder Plankrankenhäuser gelten. Von der Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind ferner Streitigkeiten in Verfahren nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die Rechtsbeziehungen nach § 69 SGB V betreffen, ausgenommen (vgl § 51 Abs 3 SGG idF des Gesetzes vom 22.12.2010, BGBl I 2262 mWv 1.1.2011). Die aufgezeigten Ausnahmen liegen nicht vor.
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Die Zuständigkeitsvorschriften des SGG einschließlich des § 51 SGG sind zwingend und begründen ausschließliche Zuständigkeiten. Im Regelfall sind daher sämtliche Rechtsstreitigkeiten aus dem öffentlich-rechtlichen Rechts- und Pflichtenkreis der Krankenkassen, der unmittelbar ihre öffentlichen Aufgaben betrifft, den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesen (vgl nur BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 9 RdNr 15 mwN).
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b) Die Zulässigkeit des Rechtswegs richtet sich nach dem Streitgegenstand. Dieser wird durch den geltend gemachten prozessualen Anspruch, dh durch den Klageantrag und den Klagegrund im Sinne eines bestimmten Sachverhalts festgelegt (stRspr, zB BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 4 RdNr 26; vgl auch BSG SozR 4-1500 § 51 Nr 9 RdNr 17 mwN). Die Frage, ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlicher Art ist, richtet sich nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird, wenn eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt (stRspr, vgl nur GmSOGB SozR 1500 § 51 Nr 53 S 108 = BGHZ 108, 284, 286). Deshalb ist entscheidend darauf abzustellen, ob der zur Klagebegründung vorgetragene Sachverhalt für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge von Rechtssätzen des Zivil- oder des Sozialrechts geprägt wird (vgl BSG SozR 3-1500 § 51 Nr 24; BGHZ 89, 250, 252; BGHZ 103, 255, 256). Die in dieser Weise vorzunehmende Abgrenzung weist das Streitverhältnis in diejenige Verfahrensordnung, die ihm nach der gesetzgeberischen Wertung in der Sache am besten entspricht, und bewirkt zugleich, dass regelmäßig diejenigen Gerichte anzurufen sind, die durch ihre Sachkunde und Sachnähe zur Entscheidung über den in Frage stehenden Anspruch besonders geeignet sind (vgl BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 3 RdNr 9; vgl auch BGHZ 89, 250, 252).
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Nach diesen Maßstäben ist der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet. Die Beklagte erhebt gegenüber der Klägerin den Vorwurf, dass sie entsprechend einem gemeinsam mit dem Pflegedienstleiter Dr. L. gefassten Plan vorgegangen sei. Die Klägerin habe wahrheitswidrig Leistungsnachweise über die Krankenpflege ihrer Tochter unterschrieben, die zur Rechnungslegung an die Beklagte weitergereicht worden seien. Tatsächlich seien mindestens 40 % weniger Pflegestunden als abgerechnet und zudem nichtexaminierte Pflegekräfte eingesetzt worden. Die Unrechtsabrede habe auch umfasst, dass Dr. L. die von der Beklagten erhaltenen Vergütungen an die Klägerin weitergeleitet habe. Allein für die Monate Mai bis Juli 2001 hätten Ermittler "Buchhaltungsbelege" sichergestellt, die Zahlungen von Dr. L. an die Klägerin in Höhe von insgesamt 24 940 Euro ausgewiesen hätten (Berufungsbegründung vom 10.10.2010, S 14 ff, 17 LSG-Akte). Aus diesem Sachvortrag leitet die Beklagte einen Erstattungs- bzw Schadensersatzanspruch her und erhebt den Vorwurf einer von einem Versicherten bzw einem Dritten zusammen mit einem Leistungserbringer zu Lasten der Krankenkasse gemeinschaftlich begangenen Straftat.
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Auch wenn die Beteiligung eines Dritten an dem Vertragsbruch einer Vertragspartei beim Vorliegen besonderer Umstände eine zum Schadensersatz verpflichtende sittenwidrige Schädigung des anderen Vertragspartners im Sinne von § 826 BGB sein kann (stRspr, BGHZ 12, 308, 317 f mwN; vgl auch BGH vom 19.2.1979 - II ZR 186/77 - NJW 1979, 1704), wird deshalb vorliegend nicht der Zivilrechtsweg eröffnet. Denn der behauptete Lebenssachverhalt ist maßgeblich von Rechtsvorschriften des Rechts der GKV (SGB V) geprägt, für die die Sozialgerichte die Sach- und Entscheidungskompetenz haben.
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c) Der Sachleistungsanspruch des familienversicherten Kindes auf häusliche Krankenpflege wird dadurch sichergestellt, dass Leistungen der häuslichen Krankenpflege durch geeignete Pflegekräfte erbracht werden (§ 37 Abs 1 SGB V). Im Bereich der häuslichen Krankenpflege schließen daher die Krankenkassen über die Einzelheiten der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege, über die Preise und deren Abrechnung Verträge mit den Leistungserbringern nach § 132a Abs 2 Satz 1 SGB V (in der hier relevanten Vorläuferfassung des Gesetzes vom 23.6.1997, BGBl I 1520). Die zwischen den Krankenkassen und den Leistungserbringern geschlossenen Verträge sind öffentlich-rechtlicher Natur.
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Seit dem 1.1.2000 sind die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten dem öffentlich-rechtlichen Regime unterworfen. Die vertraglichen Beziehungen im Bereich der häuslichen Krankenpflege waren bis Ende 1999 noch dem Privatrecht zugeordnet (vgl GmSOGB SozR 1500 § 51 Nr 39 = BGHZ 97, 312). Mit der Neufassung des § 69 SGB V (idF des Gesetzes vom 22.12.1999, BGBl I 2626) hat der Gesetzgeber klargestellt, dass ab 1.1.2000 die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und der Leistungserbringer in Zukunft insgesamt nur noch nach öffentlichem Recht zu bewerten sein sollten (vgl BSG SozR 3-2500 § 132a Nr 1 S 3 mwN). Die Vorschriften des Zivilrechts bleiben aber weiterhin entsprechend anwendbar, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 SGB V und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach dem Vierten Kapitel des SGB V (Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern) vereinbar sind (§ 69 Abs 1 Satz 3 SGB V). Daher sind für alle Streitigkeiten aus dem Leistungserbringerrecht - bis auf die unter a) genannten Ausnahmen - ausschließlich die Sozialgerichte zuständig (vgl auch BSGE 89, 24 = SozR 3-2500 § 69 Nr 1; BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 3). Nach § 69 Abs 1 Satz 4 SGB V gilt dies auch, soweit durch diese Rechtsbeziehungen Rechte Dritter berührt sind. Im Verhältnis zwischen Krankenkassen bzw ihren Verbänden und Dritten soll ausschließlich öffentliches Recht Anwendung finden. Eine Doppelqualifizierung von Handlungen der Krankenkassen in diesem Bereich ist damit nicht mehr möglich (vgl BSG aaO; vgl auch BT-Drucks 14/1245 S 67 f).
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Für die Rechtswegfrage ist nicht entscheidend, dass die auch bei der Beklagten versicherte Klägerin nicht selbst Partei des öffentlich-rechtlichen Vertrags nach § 132a SGB V ist, sondern nur der Pflegedienst, der den Sachleistungsanspruch der familienversicherten Tochter (§ 37 Abs 1 SGB V) für die Beklagte erfüllt. Die gesetzlich familienversicherte Tochter (§ 10 SGB V) steht in einem eigenständigen Versicherungsverhältnis zur Beklagten, wenngleich sie als minderjähriges Kind nur durch den gesetzlichen Vertreter - die Klägerin - handlungsberechtigt ist. Die Ausgestaltung der Familienversicherung in § 10 SGB V hat zur Folge, dass Leistungsansprüche nicht mehr dem Stammversicherten, sondern dem Familienangehörigen selbst zustehen (vgl BSG SozR 3-2500 § 10 Nr 16 S 65 f).
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Ausschlaggebend für die Rechtswegzuweisung ist vielmehr, dass nach dem Vorwurf der Beklagten die Klägerin Täuschungshandlungen gemeinsam mit dem nach § 132a SGB V vertragsverpflichteten Inhaber des Pflegedienstes vorgenommen haben soll im Hinblick auf die Erfüllung der Leistungen, die Gegenstand dieses öffentlich-rechtlichen Vertrags gewesen sind. Damit steht der geltend gemachte Anspruch in unmittelbarem Sachzusammenhang mit der behaupteten Verletzung des öffentlich-rechtlichen Vertrags nach § 132a SGB V. Der Schwerpunkt des Rechtsstreits liegt daher in der Prüfung von Ansprüchen aus dem Leistungserbringer-Vertragsrecht (vgl dazu BSG SozR 3-1500 § 51 Nr 15 S 27), von dem die Klägerin als Dritte bzw als gesetzliche Vertreterin der leistungsberechtigten Versicherten betroffen ist.
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d) Wenn das LSG mangels eines Über-/Unterordnungsverhältnisses und wegen Fehlens vertraglicher Beziehungen zur Klägerin den Zivilrechtsweg für einschlägig gehalten hat, übersieht es, dass nach § 17 Abs 2 GVG das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten entscheidet, selbst wenn die Norm einem anderen Rechtsgebiet zugehörig ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 51 Nr 15 S 27; vgl auch Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Aufl 2015, GVG § 17 RdNr 5 mwN).
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Ebenso wie die Rückforderung einer Leistung der Rechtsnatur dieser Leistung folgt, folgen auch Ersatz- oder Schadensersatzansprüche sowie Unterlassungsansprüche wegen Verletzung besonderer Verpflichtungen der Rechtsnatur, in die das Rechtsverhältnis eingebettet ist und dem die besondere Verpflichtung entnommen ist. Daher sind Sozialgerichte als zuständig anerkannt worden, wenn Leistungsträger Schadensersatzansprüche auf unerlaubte Handlungen gestützt haben, sofern dieser Schadensersatzanspruch aus einem Sozialrechtsverhältnis hervorgegangen war (vgl BSGE 66, 176 = SozR 3-4100 § 155 Nr 1 im Anschluss an BGHZ 103, 255). Dem steht auch nicht entgegen, dass nach der ausdrücklichen Rechtswegzuweisung (§ 40 Abs 2 Satz 1 VwGO) für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertag beruhen, der ordentliche Rechtsweg gegeben ist. Zweck dieser Regelung ist, den Rechtsweg zu den Zivilgerichten für solche öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten zu erhalten, in denen ein enger Sachzusammenhang mit der Amtshaftung (§ 839 BGB iVm Art 34 GG) besteht. Keineswegs sind damit aber alle Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten den Zivilgerichten zugewiesen worden (stRspr, vgl nur BSGE 70, 186 = SozR 3-1200 § 53 Nr 4 mwN).
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4. Das LSG wird daher im zurückverwiesenen Berufungsverfahren die Widerklage unter allen nach dem vorgetragenen Sachverhalt in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen haben. Ob der geltend gemachte Anspruch letztlich nach den Vorschriften des Deliktsrechts oder aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs berechtigt ist, ist eine Frage der Begründetheit der Klage. Für die Einordnung des Klagebegehrens als zivilrechtliche oder öffentlich-rechtliche Streitigkeit ist dies nach den aufgezeigten Maßstäben nicht von maßgeblicher Relevanz (vgl auch BSG SozR 4-1720 § 17a Nr 3 mwN).
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5. Gemäß § 160a Abs 5 SGG kann das BSG in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverweisen, wenn die Beschwerde zusätzlich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) gestützt wird, der Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) aber selbst bei Zulassung der Revision voraussichtlich zu einer Zurückverweisung führen würde (vgl nur BSG vom 9.12.2010 - B 13 R 170/10 B - Juris RdNr 21 mwN).
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6. Das LSG wird auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.
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