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BSG 22.07.2015 - B 13 R 125/15 B
BSG 22.07.2015 - B 13 R 125/15 B - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung - Bewertung von beitragsfreien Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung - geminderte Berücksichtigung bei der Rentenberechnung - Verfassungskonformität
Normen
§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 58 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB 6 vom 25.09.1996, § 74 S 4 SGB 6 vom 21.07.2004, § 263 Abs 3 SGB 6 vom 21.07.2004, Art 14 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend SG Frankfurt, 21. Februar 2014, Az: S 10 R 529/11, Urteil
vorgehend Hessisches Landessozialgericht, 19. Februar 2015, Az: L 2 R 165/14, Beschluss
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 19. Februar 2015 wird als unzulässig verworfen.
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Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
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Das Hessische LSG hat mit Beschluss vom 19.2.2015 den vom Kläger im Zugunstenverfahren geltend gemachten Anspruch auf höhere Altersrente unter rentenwerterhöhender Berücksichtigung von weiteren Zeiten der schulischen Ausbildung und Hochschulausbildung verneint.
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Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Beschluss hat der Kläger beim BSG Beschwerde eingelegt. Er beruft sich ausschließlich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.
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Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Beschwerdebegründung vom 5.6.2015 genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, denn er hat den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht ordnungsgemäß dargelegt (§ 160 Abs 2 Nr 1 iVm § 160a Abs 2 S 3 SGG).
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Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt.
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Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl zum Ganzen BSG Beschluss vom 25.9.2002 - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
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Der Kläger hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam,
"ob die Regelung des § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI, nur Zeiten der Schulausbildung ab dem vollendeten 17. Lebensjahr und maximal für 8 Jahre als Anrechnungszeiten in der Gesetzlichen Rentenversicherung bei der Berechnung von Renten zugrunde zu legen, verfassungskonform ist."
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Der Kläger trägt vor, durch die geminderte Berücksichtigung der schulischen Ausbildungs-Anrechnungszeiten in "§ 58 Abs 1 Nr 4 SGB VI" (hier) durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz (WFG) vom 25.9.1996 (BGBl I 1461) werde die von ihm durch eigene Beitragszahlung langjährig betriebene Altersvorsorge unangemessen beeinträchtigt. Er genieße einen erhöhten verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz, weil er jährlich überdurchschnittliche Beitragszahlungen entrichtet habe und so das Umlagesystem der gesetzlichen Rentenversicherung in einer besonders schützenswerten Weise finanziert habe.
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Mit diesem und seinem weiteren Vortrag in seiner Beschwerdebegründung vom 5.6.2015 hat der Kläger jedoch die weitere Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Frage - ihre Qualität als Rechtsfrage iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG unterstellt - nicht hinreichend dargelegt. Er weist selbst darauf hin, dass das BSG bereits in seinen Entscheidungen vom 24.4.2014 (SozR 4-1300 § 44 Nr 30) und 13.11.2008 (B 13 R 77/07 R und B 13 R 43/07 R) die "Verfassungskonformität" der Regelung des § 58 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB VI in der Fassung des WFG 1996 bestätigt habe.
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Dass trotz dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung noch oder wieder Klärungsbedürftigkeit bestehe, hat der Kläger aber nicht hinreichend vorgetragen. Um darzulegen, dass einer bereits entschiedenen Rechtsfrage gleichwohl noch grundsätzliche Bedeutung zukomme, hat ein Beschwerdeführer aufzuzeigen, in welchem Umfang, von welcher Seite und mit welcher Begründung der Rechtsprechung widersprochen wurde bzw weshalb die Beantwortung der Rechtsfrage weiterhin umstritten sei (BSG SozR 1500 § 160 Nr 51), oder dass neue erhebliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen seien, die zu einer über die bisherige Erörterung hinausgehenden Betrachtung der grundsätzlich bereits entschiedenen Rechtsfrage führen könnten und die Möglichkeit einer anderweitigen Entscheidung nicht offensichtlich ausschlössen (vgl BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 160 RdNr 8b). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
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Wenn der Kläger im Hinblick auf die bei ihm vorliegende "höhere individuelle Beitragsdichte" auch bei der verfassungsrechtlichen Bewertung der gesetzgeberischen Ausgestaltung der schulischen Ausbildungs-Anrechnungszeiten nach § 58 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB VI einen erhöhten verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz für die von ihm repräsentierte Versichertengruppe mit einer "nahezu geschlossenen" Versichertenbiografie in der gesetzlichen Rentenversicherung und mit "überdurchschnittlich hohen Beitragszahlungen" reklamiert, versäumt er es, sich mit den von der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG entwickelten Maßstäben zur verfassungsrechtlichen Ausgestaltung von schulischen Ausbildungs-Anrechnungszeiten im hier gebotenem Maße auseinanderzusetzen und einen weiteren höchstrichterlichen Klärungsbedarf aufzuzeigen.
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Denn das BVerfG hat bereits in seiner Senatsentscheidung vom 1.7.1981 (1 BvR 874/77 ua) dem Gesetzgeber bei schulischen Ausbildungs-Ausfallzeiten (bzw schulischen Ausbildungs-Anrechnungszeiten) eine "größere Gestaltungsfreiheit" mit weitgehenden Eingriffsmöglichkeiten eingeräumt, weil diese Zeiten nicht auf "Beiträgen der Versicherten", sondern auf einem "allgemeinen fürsorgerischen Gedanken" beruhen (vgl BVerfGE 58, 81, 111 f). Infolgedessen genießen schulische Ausbildungs-Anrechnungszeiten als Bestandteil der "Rentenanwartschaft" auch nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 19.4.2011 - BSGE 108, 126 = SozR 4-2600 § 74 Nr 3, RdNr 30) nur einen "abgeleiteten" Eigentumsschutz (Art 14 Abs 1 GG) mit "geringerer Intensität“ als Beitragszeiten, die (unmittelbar) durch "mit Beiträgen versicherter" Arbeitsleistung erworben sind. Zudem sei darauf hingewiesen, dass das BSG mit dem vorgenannten Urteil sogar den (vollständigen) Wegfall der rentenwertsteigernden Bewertung von Anrechnungszeiten wegen Schul- oder Hochschulausbildung durch § 74 S 4 SGB VI iVm § 263 Abs 3 SGB VI (jeweils) in der Fassung des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes vom 21.7.2004 (BGBl I 1791) für Renten mit Rentenbeginn ab Januar 2009 bejaht hat. Auf diese Entscheidung ist der Kläger nicht näher eingegangen. Dies wäre aber schon deshalb geboten gewesen, weil das BSG hier ausdrücklich nicht beanstandet hat, dass der Gesetzgeber beim Abbau der rentenrechtlichen Bewertung von "beitragslosen" Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung bei denjenigen Versicherten (hier: Absolventen von Hochschulen) ansetzt, die die dadurch bedingte Minderung ihrer Rentenanwartschaften und Renten finanziell voraussichtlich besser verkraften können. Denn diese wiesen typischerweise - wie vorliegend nach eigenem Vortrag auch der Kläger - durch eine höhere berufliche Qualifikation bessere (versicherte) Arbeitsverdienste und deshalb auch überdurchschnittliche Rentenanwartschaften und Renten auf (vgl BSGE 108, 126 = SozR 4-2600 § 74 Nr 3, RdNr 61-64).
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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
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Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
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Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
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