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BSG 13.11.2012 - B 1 KR 13/12 R
BSG 13.11.2012 - B 1 KR 13/12 R - Sozialgerichtliches Verfahren - Auskunftsverlangen eines Versicherten gegen Krankenkasse hinsichtlich einer Weitergabe von gespeicherten Sozialdaten - statthafte Klageart - kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage - Verwaltungsakt - Vorverfahrenspflicht - Umfang des Auskunftsanspruchs - Übermittlungsmedium - Übermittlungsweg - Datenorganisation - effektiver Rechtsschutz - Recht auf informationelle Selbstbestimmung - Informationsinteresse - Verwaltungsaufwand - Verhältnismäßigkeit
Normen
§ 83 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 10, § 83 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB 10, § 83 Abs 1 S 4 SGB 10, § 83 Abs 3 SGB 10, § 83 Abs 4 Nr 1 SGB 10, § 83 Abs 5 SGB 10, § 84 SGB 10, § 82 SGB 10, § 31 SGB 10, § 25 SGB 10, § 54 Abs 1 SGG, § 54 Abs 4 SGG, § 54 Abs 5 SGG, § 78 Abs 1 SGG, Art 19 Abs 4 GG, Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend SG Speyer, 31. Juli 2008, Az: S 13 KR 346/05, Gerichtsbescheid
vorgehend Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, 21. April 2011, Az: L 5 KR 47/11, Urteil
Leitsatz
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Klagen Versicherte aufgrund des Rechts des Sozialverwaltungsverfahrens gegen ihre Krankenkasse auf Auskunft, ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage statthaft.
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 21. April 2011 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Erteilung einer Auskunft.
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Die bei der beklagten Krankenkasse versicherte Klägerin beantragte, ihr Auskunft darüber zu erteilen, ob und welche über sie gespeicherten Sozialdaten die Beklagte an welche Empfänger mit welchen Medien weitergegeben habe. Die Beklagte habe die betreffenden medizinischen Daten über das Internet versandt, medizinische Daten ohne Beziehung zum SGB IX an die Stadtverwaltung K. weitergegeben und Daten ohne Erlaubnis an die Bundesagentur für Arbeit übermittelt (Schreiben vom 25.7.2005). Da die Beklagte nicht reagierte, hat die Klägerin Klage erhoben. Die Beklagte lehnte daraufhin eine Verbescheidung und Auskunftserteilung ab (2.12.2005). Das SG hat die nun auf Erteilung der Auskunft gerichtete Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 31.7.2008). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen: Die zulässige Leistungsklage sei nicht begründet. Der Auskunftsanspruch hinsichtlich der nicht automatisiert gespeicherten Daten scheitere daran, dass der erforderliche Verwaltungsaufwand der Beklagten in Abwägung mit dem Informationsinteresse der Klägerin unverhältnismäßig erscheine (§ 83 Abs 1 S 3 SGB X). Insoweit sei die Beklagte auch nicht zu einer Teilauskunft verpflichtet. Es sei Sache der Klägerin, ihr Auskunftsbegehren auf eine mit verhältnismäßigem Aufwand zu erteilende Auskunft zu beschränken. Das Auskunftsverlangen sei insgesamt rechtsmissbräuchlich (§ 83 Abs 4 Nr 1 SGB X). Die Klägerin nähre den Verdacht, die Beklagte durch eine Überflutung mit Anträgen schikanieren zu wollen, indem sie eine Spezifizierung des Auskunftsersuchens verweigere und eine Vielzahl von Auskunftsersuchen auch in Parallelverfahren mit ähnlicher Intensität geltend mache (Urteil vom 21.4.2011).
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Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung (Art 2 Abs 1 und Art 1 Abs 1 GG) und der §§ 83 bis 84a SGB X. Sie müsse ihren gesetzlich ausgeformten Auskunftsanspruch nicht näher konkretisieren, denn es gehe um einen Fall ihr nicht bekannter Datenweitergabe. Alle Anspruchsvoraussetzungen seien erfüllt. Es obliege der Beklagten, organisatorisch sicherzustellen, dass sie Auskunftsansprüche einfach erfüllen könne. Die Tatbestände der Weitergabe von Sozialdaten seien dokumentationspflichtig und damit leicht abrufbar. Insgesamt sei kein wesentlicher rechtserheblicher Aufwand für die Auskunftserteilung zu erwarten. Das LSG habe keine Feststellungen getroffen, die Schikane oder Rechtsmissbrauch belegten. Es hätte die Beklagte zumindest für den von ihm als begründet erachteten Teilbereich zur Erteilung einer Auskunft verurteilen müssen.
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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 21. April 2011 sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Speyer vom 31. Juli 2008 und die ablehnende Entscheidung der Beklagten vom 2. Dezember 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, ob und ggf welche zu ihrer Person bei der Beklagten gespeicherten Sozialdaten an welche Empfänger mit welchen Medien weitergegeben wurden,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 21. April 2011 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der Klägerin ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Das angefochtene LSG-Urteil ist aufzuheben, damit die Beklagte im wieder eröffneten Berufungsverfahren das Verfahrenshindernis des Fehlens eines Vorverfahrens (dazu 1.) beseitigen kann, das einer Entscheidung über den erhobenen Anspruch entgegensteht (vgl zu ergänzenden Hinweisen 2.).
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1. Eine Entscheidung über die Klage ist in der Sache noch nicht zulässig. Die Klägerin begehrt nach § 83 Abs 1 S 1 Nr 1 und 2 SGB X Auskunft darüber, ob und ggf welche der über die Klägerin bei der Beklagten gespeicherten Sozialdaten die Beklagte an welche Empfänger mit welchen Medien weitergab. Richtige Klageart für dieses Begehren ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG; dazu a). Gerichtlicher Rechtsschutz für dieses Begehren ist erst nach Durchführung eines Vorverfahrens zulässig (dazu b).
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a) Maßgeblich für die statthafte Klageart einer Klage auf Erteilung einer Auskunft nach § 83 SGB X ist, ob über die Ablehnung der Auskunftserteilung ein Verwaltungsakt zu ergehen hat. Zwar kann mit der Klage die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte (echte Leistungsklage, § 54 Abs 5 SGG). Hat die Behörde dagegen über die Ablehnung durch Verwaltungsakt zu entscheiden, ist die unechte Leistungsklage statthaft. In diesem Falle kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden, wenn der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung betrifft, auf die ein Rechtsanspruch besteht (§ 54 Abs 4 SGG). Erteilt eine Behörde eine Auskunft, erfolgt dies durch Realakt. Steht allein die Erteilung einer Auskunft im Streit, kommt insoweit die isolierte Leistungsklage in Betracht (§ 54 Abs 5 SGG; vgl zB BSG SozR 4-1300 § 84 Nr 1; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 54 RdNr 41; Zeihe, SGG, Stand November 2010, Vor § 54 Anm B II 6).
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Die vorliegend streitbefangene ablehnende Entscheidung über die Erteilung einer Auskunft nach § 83 SGB X hat durch Verwaltungsakt zu ergehen (vgl auch BSGE 107, 86 = SozR 4-1300 § 83 Nr 1, RdNr 2, 13; Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 83 RdNr 9 und 19). Der anderslautenden Auffassung des Berufungsgerichts, das eine allgemeine Leistungsklage genügen lässt, vermag der erkennende Senat nicht zu folgen.
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§ 83 SGB X fordert, über die Ablehnung der Erteilung einer Auskunft durch Verwaltungsakt zu entscheiden. Das folgt insbesondere aus § 83 Abs 5 SGB X im Zusammenspiel mit § 83 Abs 1 SGB X. Nach § 83 Abs 1 SGB X ist dem Betroffenen auf Antrag Auskunft zu erteilen über 1. die zu seiner Person gespeicherten Sozialdaten, auch soweit sie sich auf die Herkunft dieser Daten beziehen, 2. die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, an die Daten weitergegeben werden, und 3. den Zweck der Speicherung. In dem Antrag soll die Art der Sozialdaten, über die Auskunft erteilt werden soll, näher bezeichnet werden. Sind die Sozialdaten nicht automatisiert oder nicht in nicht automatisierten Dateien gespeichert, wird die Auskunft nur erteilt, soweit der Betroffene Angaben macht, die das Auffinden der Daten ermöglichen, und der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand nicht außer Verhältnis zu dem vom Betroffenen geltend gemachten Informationsinteresse steht. Die verantwortliche Stelle bestimmt das Verfahren, insbesondere die Form der Auskunftserteilung, nach pflichtgemäßem Ermessen. § 25 Abs 2 SGB X gilt entsprechend. § 83 Abs 2 bis 4 SGB X regelt Gründe, einen Auskunftsantrag nach § 83 Abs 1 SGB X abzulehnen.
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Die Ablehnung der Auskunftserteilung bedarf nach § 83 Abs 5 SGB X keiner Begründung, soweit durch die Mitteilung der tatsächlichen und rechtlichen Gründe, auf die die Entscheidung gestützt wird, der mit der Auskunftsverweigerung verfolgte Zweck gefährdet würde. In diesem Fall ist der Betroffene darauf hinzuweisen, dass er sich, wenn die in § 35 SGB I genannten Stellen der Kontrolle des Bundesbeauftragten für den Datenschutz unterliegen, an diesen, sonst an die nach Landesrecht für die Kontrolle des Datenschutzes zuständige Stelle wenden kann. Die Einschränkung der Begründungspflicht nach § 83 Abs 5 S 1 SGB X spiegelt die Regel wider, dass die Ablehnung grundsätzlich durch einen zu begründenden Verwaltungsakt zu erfolgen hat. Im Übrigen ist innerhalb des Klagesystems des SGG, das im Verhältnis zwischen Bürger und öffentlich-rechtlichem Leistungsträger vom Verwaltungsakt als typischem Regelungsinstrument nach dem SGB X und der darauf aufbauenden Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ausgeht (§ 54 Abs 1, 2 SGG), die isolierte oder echte Leistungsklage des Bürgers gegen den öffentlich-rechtlichen Leistungsträger die Ausnahme (vgl BSG SozR 4-1300 § 84 Nr 1 RdNr 24).
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b) Für die Zulässigkeit der Klage fehlt es an einem Vorverfahren. Zwar ist die Grundvoraussetzung einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage erfüllt, dass die Behörde durch Verwaltungsakt entschieden hat. Denn die Beklagte lehnte es nach Erhebung der ursprünglichen Untätigkeitsklage ab, die beantragte Auskunft zu erteilen (vgl entsprechend zur Erledigung der Untätigkeitsklage und zulässigen Fortführung der Klage in solchen Fällen BSG SozR 4-3300 § 71 Nr 2 RdNr 23 f mwN). Diese Ablehnung des Antrags erfüllt sachlich alle Voraussetzungen eines Verwaltungsaktes (§ 31 SGB X). Es ist unschädlich, dass diese Entscheidung der Beklagten nicht äußerlich in die Form eines Verwaltungsaktes gekleidet war. Hiergegen wandte sich die Klägerin auch unverzüglich und beharrte auf der Erfüllung ihres Anspruchs. Sie leitete damit das Widerspruchsverfahren ordnungsgemäß ein.
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Das LSG hat es insoweit - von seiner Rechtsauffassung her folgerichtig - unterlassen, das aus der Klageart erwachsende prozessuale Hindernis eines fehlenden Vorverfahrens zu beseitigen, das derzeit einer Sachentscheidung entgegensteht. Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind nämlich Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen (§ 78 Abs 1 S 1 SGG). Das hiernach obligatorische Vorverfahren ist nicht entbehrlich, weil keiner der in § 78 Abs 1 S 2 SGG genannten Ausnahmefälle vorliegt. Das Vorverfahren konnte - unabhängig von der Möglichkeit im Übrigen - hier auch nicht während des Klageverfahrens dadurch konkludent nachgeholt werden, dass die Beklagte der Klage entgegengetreten ist und ihre Abweisung beantragt hat. Die beklagte prozessführende Behörde ist nämlich mit der zur Entscheidung berufenen Widerspruchsbehörde (vgl § 85 Abs 2 Nr 2 SGG) nicht identisch (zur Kritik im Übrigen vgl zB BSGE 97, 47 = SozR 4-2700 § 34 Nr 1, RdNr 29 mwN; BSG SozR 3-5540 Anl 1 § 10 Nr 1 S 10 f).
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Der Klägerin muss mit Blick auf diesen Verfahrensfehler Gelegenheit zur Nachholung des Vorverfahrens im Berufungsverfahren gegeben werden, bevor das LSG über ihre Klage abschließend entscheidet (vgl zB BSGE 97, 47 = SozR 4-2700 § 34 Nr 1, RdNr 30; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 78 RdNr 3a mwN; zu einer abweichenden Konzeption des § 88 SGG und der Notwendigkeit eines Vorverfahrens bei einem Sonderfall vgl BSGE 75, 262 = SozR 3-8560 § 26 Nr 2).
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2. Ergänzend weist der erkennende Senat für die weitere Sachbehandlung auf Folgendes hin:
a) Rechtsgrundlage des Auskunftsbegehrens ist § 83 Abs 1 S 1 Nr 2 iVm Nr 1 SGB X. Danach ist - wie dargelegt - dem Betroffenen auf Antrag Auskunft zu erteilen ua über die zu seiner Person gespeicherten Sozialdaten, auch soweit sie sich auf die Herkunft dieser Daten beziehen, und über die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, an die Daten weitergegeben werden. In dem Antrag soll die Art der Sozialdaten, über die Auskunft erteilt werden soll, näher bezeichnet werden. Sind die Sozialdaten nicht automatisiert oder nicht in nicht automatisierten Dateien gespeichert, wird die Auskunft nur erteilt, soweit der Betroffene Angaben macht, die das Auffinden der Daten ermöglichen, und der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand nicht außer Verhältnis zu dem vom Betroffenen geltend gemachten Informationsinteresse steht. Die verantwortliche Stelle bestimmt das Verfahren, insbesondere die Form der Auskunftserteilung, nach pflichtgemäßem Ermessen. § 25 Abs 2 SGB X gilt entsprechend (§ 83 Abs 1 S 2 bis 5 SGB X). Für Sozialdaten, die nur deshalb gespeichert sind, weil sie auf Grund gesetzlicher, satzungsmäßiger oder vertraglicher Aufbewahrungsvorschriften nicht gelöscht werden dürfen, oder die ausschließlich Zwecken der Datensicherung oder der Datenschutzkontrolle dienen, gilt Absatz 1 nicht, wenn eine Auskunftserteilung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde (§ 83 Abs 2 SGB X). Die Auskunftserteilung unterbleibt ua, soweit die Auskunft die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit der verantwortlichen Stelle liegenden Aufgaben gefährden würde, und deswegen das Interesse des Betroffenen an der Auskunftserteilung zurücktreten muss (§ 83 Abs 4 Nr 1 SGB X).
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Es spricht viel dafür, dass der Auskunftsanspruch nach § 83 Abs 1 S 1 Nr 2 iVm Nr 1 SGB X nicht nur die Auskunft darüber umfasst, ob und ggf welche der über die Klägerin bei der Beklagten gespeicherten Sozialdaten die Beklagte an welche Empfänger weitergab. Über den Wortlaut der Regelung hinaus dürfte auch die Auskunft über das Übermittlungsmedium einzubeziehen sein, wenn dies erforderlich ist, um insbesondere Rechte auf künftiges Unterlassen, Löschung und Schadensersatz verfolgen zu können, wenn nämlich der Übermittlungsweg den Zugriff unberechtigter Dritter eröffnet. Genau darauf beruft sich die Klägerin. Es ist Sinn und Zweck des Auskunftsanspruchs nach § 83 Abs 1 S 1 Nr 1 und Nr 2 SGB X, den Betroffenen in die Lage zu versetzen, zu erfahren, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über ihn weiß. Dies dient dazu, die Rechte auf Löschung, Berichtigung, Sperrung und Schadensersatz (vgl §§ 82, 84 SGB X) effektiv geltend machen zu können. Der Auskunftsanspruch sichert hierdurch verfassungskonform das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art 2 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1 GG) ab (vgl grundlegend BVerfGE 65, 1, 43; Grundsatz der Transparenz; zur verfassungskonformen Konkretisierung der Parallelnorm des § 19 Bundesdatenschutzgesetz <BDSG> vgl BVerfGE 120, 351, 359 ff = Juris RdNr 53 ff).
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Die Klägerin beruft sich gerade darauf, dass die Beklagte die Klägerin betreffende Sozialdaten ohne Schutz vor dem Zugriff unberechtigter Dritter übermittelt habe. Kenntnis über das Übermittlungsmedium kann insoweit zur Kenntnis über eine "unzulässige Verarbeitung" führen. Eine unzulässige Verarbeitung kann einen Schadensersatzanspruch nach § 82 SGB X (iVm § 7 bzw § 8 BDSG) auslösen und eine gegen die Anforderungen nach § 78a SGB X verstoßende Datenverarbeitung sein (zum Beispiel des Fehlens einer nach Nr 2 der Anlage zu § 78a SGB X einzurichtenden Zugangskontrolle vgl Rombach in Hauck/Noftz, SGB X, Online-Ausgabe, § 82 RdNr 21, Stand März 2002; derselbe ebenda, § 78a RdNr 35, Stand Mai 2011; so auch bzgl § 7 BDSG Wagner, MittLVA Württ 1991, 268, 270; Gabel in Taeger/Gabel, BDSG, 2010, § 7 RdNr 7; vgl auch Schultze-Melling, CR 2005, 73, 77; Klett/Lee, CR 2008, 644, 647). Dafür sprechen auch Art 23 und Art 17 Abs 1 der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.10.1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Richtlinie 95/46/EG, ABl EG Nr L 281/31 vom 23.11.1995; vgl auch Art 5 Richtlinie 95/46/EG).
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b) Die Grundvoraussetzungen des geltend gemachten Auskunftanspruchs dürften erfüllt sein: Die Klägerin beantragte bei der Beklagten als "verantwortliche Stelle" (§ 67 Abs 9 S 2 SGB X, § 35 SGB I) die gewünschte Auskunft darüber, ob und ggf welche der über die Klägerin bei der Beklagten gespeicherten, noch nicht mitgeteilten Sozialdaten die Beklagte an welche Empfänger mit welchen Medien weitergab. Weder bedurfte es einer weiteren Konkretisierung des Antrags (zur bloßen Beschleunigungs-, nicht Ausschlussfunktion des § 83 Abs 1 S 2 SGB X vgl Entwurf der Bundesregierung zum BDSG, BT-Drucks 7/1027 S 26, Zu § 11; vgl auch Bericht des Innenausschusses zum BDSG, BT-Drucks 7/5277 S 7, Zu § 11, wonach die Vorschrift "im Interesse des Bürgers" in eine Sollvorschrift umgewandelt worden ist; s auch Rombach in Hauck/Noftz, SGB X, Online-Ausgabe, § 83 RdNr 20, Stand Einzelkommentierung August 2002) noch der Darlegung eines schützenswerten Auskunftsinteresses (vgl BVerwGE 89, 14, 17 f; Knemeyer, JZ 1992, 348, 350).
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c) Die Einwendungen der Beklagten dürften kaum durchgreifen. Unerheblich ist insoweit der Einwand der Beklagten hinsichtlich der telefonischen Weitergabe von Sozialdaten, dass sie nicht jedes Telefonat aktenkundig mache. Der Auskunftsanspruch nach § 83 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB X erstreckt sich nämlich auch auf nicht gespeicherte Empfänger bzw die nicht dokumentierte Übermittlung von Sozialdaten (vgl auch Rombach in Hauck/Noftz, SGB X, Online-Ausgabe, § 83 RdNr 8, Stand August 2002; Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 83 RdNr 4; Gola/Schomerus, BDSG, 11. Aufl 2012, § 19 RdNr 6; Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl 2011, § 19 RdNr 26; Schaffland/Wiltfang, BDSG, § 19 RdNr 3, Stand Einzelkommentierung Oktober 2011; Mester in Taeger/Gabel, BDSG, 2010, § 19 RdNr 14). Das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) gebietet grundsätzlich, die Übermittlung personenbezogener Daten zu protokollieren, sodass der Betroffene von der Weitergabe seiner Daten Kenntnis erlangen und dagegen den Rechtsweg beschreiten kann (vgl BVerfGE 65, 1, 70; s auch Baumann, DVBl 1984, 612, 618; für eine "Speicherungspflicht" aufgrund des § 19 Abs 1 S 1 Nr 2 BDSG auch: Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl 2011, § 19 RdNr 26).
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Dem Auskunftsanspruch der Klägerin steht nicht entgegen, dass die Auskunft, wenn die Sozialdaten nicht automatisiert oder nicht in nicht automatisierten Dateien gespeichert sind, nur erteilt wird, soweit der Betroffene Angaben macht, die das Auffinden der Daten ermöglichen, und der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand nicht außer Verhältnis zu dem vom Betroffenen geltend gemachten Informationsinteresse steht (§ 83 Abs 1 S 3 SGB X). Bei Prüfung dieser Voraussetzung ist zu beachten, dass mit Blick auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung Einschränkungen des Informationsrechts nur zulässig sind, wenn sie gegenläufigen Interessen von größerem Gewicht dienen. Gesetzliche Ausschlusstatbestände müssen sicherstellen, dass die betroffenen Interessen einander umfassend und auch mit Blick auf den Einzelfall zugeordnet werden (vgl BVerfG Beschluss <Kammer> vom 10.10.2000 - 1 BvR 586/90, 1 BvR 673/90 -, NVwZ 2001, 185, 186). Grundsätzlich kann die Sicherung der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung staatlicher Stellen eine Einschränkung des Auskunftsrechts rechtfertigen. Ob im Einzelfall eine Auskunftserteilung ausgeschlossen werden darf oder nicht, richtet sich insbesondere nach der Bedeutung des Auskunftsrechts für die Grundrechte des Betroffenen, nach dem Gewicht der jeweiligen behördlichen Aufgabe und nach den Auswirkungen einer Auskunft auf die Aufgabenerfüllung (vgl BVerfGE 120, 351, 365 = Juris RdNr 77).
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Die Klägerin hat Angaben gemacht, die das Auffinden der Daten (hinsichtlich der Empfänger) ermöglichen. Der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand steht nicht außer Verhältnis zu dem von ihr geltend gemachten Informationsinteresse. Das Informationsinteresse der Klägerin ergibt sich nicht nur allgemein aus ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Sie untermauert es mit dem Hinweis, die Beklagte habe die Klägerin betreffende medizinische Daten über das Internet versandt. Zudem habe sie medizinische Daten an die Stadtverwaltung K. ohne erkennbare Rechtfertigung (im Rahmen des SGB IX) weitergegeben. Schließlich habe sie ohne gesetzliche Grundlage Sozialdaten an die Bundesagentur für Arbeit übermittelt.
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Der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand ist zudem unter Berücksichtigung effizienter, kostensparender Verfahren zu bemessen. Um eine Auskunft zu ermöglichen, bestimmt die verantwortliche Stelle unter Berücksichtigung dieses Interesses das Verfahren, insbesondere die Form der Auskunftserteilung (vgl § 83 Abs 1 S 4 SGB X). In diesem Sinne ist es der Beklagten durchaus möglich, der Klägerin in einer Art und Weise Auskunft zu erteilen, die den organisatorischen Aufwand in Grenzen hält, beispielsweise in Form der Gewährung von Akteneinsicht. Die Beklagte hat es bei alledem in der Hand, die Aktenführung generell so zu gestalten, dass der Aufwand für die gesetzlichen Auskunftsrechte möglichst gering gehalten wird (vgl auch BVerfGK 7, 168, 184 = SozR 4-1300 § 25 Nr 1 RdNr 54).
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Die Beklagte kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, die Auskunftserteilung müsse unterbleiben, soweit die Auskunft die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit der verantwortlichen Stelle liegenden Aufgaben gefährden würde, und deswegen das Interesse des Betroffenen an der Auskunftserteilung zurücktreten muss (vgl § 83 Abs 4 Nr 1 SGB X). Wenn die Beklagte die begehrte Auskunft erteilt, gefährdet die gewünschte Information als solche nicht die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung der Beklagten (vgl zu diesem wortlautgetreuen Ansatz auch BVerwGE 89, 14, 18; BFHE 203, 227, 233; BFHE 202, 425, 428; s auch Mallmann in Simitis, BDSG, 7. Aufl 2011, § 19 RdNr 84; Wedde in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, 3. Aufl 2010, § 19 RdNr 23). Selbst wenn man entgegen den verfassungs- und europarechtlichen Wertungen - über den Wortlaut hinaus - Rechtsmissbrauch durch die Regelung des § 83 Abs 4 Nr 1 SGB X abwehren könnte, griffe eine solche Folge zu Lasten der Klägerin nach den dargelegten Grundsätzen effektiver Auskunftsgestaltung nicht ein.
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d) Sollten die Widerspruchsstelle im Vorverfahren und sodann das LSG dennoch nicht das gesamte Begehren für begründet erachten, bestehen Bedenken gegen die Rechtsauffassung des LSG, das Gericht müsse sich bei Ablehnung des Gesamtanspruchs nicht mit zu bejahenden Teilansprüchen befassen. Das LSG ist nach allgemeinen Grundsätzen bei teilbarem Streitgegenstand der Klage und unterschiedlichen Ergebnissen für Teile des Streitgegenstands zwecks Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) verpflichtet, hinsichtlich des erfolgreichen Klageteils der Klage stattzugeben, also bei der unechten Leistungsklage den angefochtenen Verwaltungsakt "abzuändern" (§ 54 Abs 1 S 1 SGG) und den Beklagten zu der Teilleistung zu verurteilen, auf die Anspruch besteht (§ 54 Abs 4 SGG), soweit dies dem Klagebegehren entspricht. Bestehen Zweifel darüber, dass hilfsweise die zulässige Teilleistung begehrt wird, ist dies im Verfahren zu klären (§§ 92, 106, 123 SGG; vgl allgemein Hauck in Hennig, SGG, Stand September 2012, § 106 RdNr 7 ff). Das SGG gibt selbst nicht vor, wann und unter welchen Voraussetzungen die Regelungen eines Verwaltungsaktes teilbar und damit der teilweisen Bestandskraft zugänglich sind. Vielmehr knüpft es an die nach materiell-rechtlichen Vorschriften zu beurteilende Teilbarkeit an (vgl § 54 Abs 1 S 1 iVm § 131 Abs 1 S 1 SGG und BSGE 59, 137, 143 = SozR 2200 § 368a Nr 13 S 38; BVerwG Beschluss vom 2.1.1997 - 8 B 240/96; BVerwG Beschluss vom 30.7.2010 - 8 B 125/09; BFH Beschluss vom 24.3.2009 - III B 120/07 - BFH/NV 2009, 1142; BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 17; Hauck in Zeihe, SGG, Stand November 2010, § 131 Anm 3 mwN). Auskunftsbegehren, die sich - wie vorliegend - auf § 83 SGB X stützen, sind ihrer Art nach grundsätzlich teilbar. Das belegt die differenzierte Regelungsstruktur dieser Norm.
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3. Die Kostenentscheidung bleibt dem LSG vorbehalten.
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