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BSG 09.11.2011 - B 12 KR 21/09 R
BSG 09.11.2011 - B 12 KR 21/09 R - Kranken- und Pflegeversicherung der Landwirte - rückwirkende Feststellung der Versicherungspflicht eines landwirtschaftlichen Unternehmers - Befreiungsantrag - Fristversäumnis - keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - Verfassungsmäßigkeit
Normen
§ 2 Abs 1 Nr 1 KVLG 1989 vom 29.07.1994, § 2 Abs 3 S 2 KVLG 1989 vom 29.07.1994, § 4 Abs 2 S 1 KVLG 1989, § 34 Abs 2 S 1 ALG, § 34 Abs 2 S 3 ALG, § 27 Abs 3 SGB 10, § 20 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB 11, Art 3 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend SG Leipzig, 18. Januar 2007, Az: S 8 KR 20/05, Urteil
vorgehend Sächsisches Landessozialgericht, 11. Dezember 2008, Az: L 1 KR 63/07, Urteil
Leitsatz
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Durch die rückwirkende Feststellung der Versicherungspflicht eines landwirtschaftlichen Unternehmers in der landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegeversicherung wird die bereits abgelaufene Frist für einen darauf bezogenen Befreiungsantrag nicht erneut eröffnet.
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 11. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.
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Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Versicherungspflicht des Klägers in der landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegeversicherung sowie seine Befreiung von der Versicherungspflicht in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung.
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Der Kläger ist seit 1991 bzw 1997 Geschäftsführer zweier Unternehmen in der Rechtsform einer GmbH, an denen er Gesellschaftsanteile von 36 % bzw 31 % hält. Diese bewirtschaften landwirtschaftliche Flächen von rund 300 ha und über 2000 ha; ihr Wirtschaftswert übersteigt jeweils 60 000 DM. Mit Bescheid vom 11.4.1995 stellte die Barmer Ersatzkasse fest, dass bei dem Kläger wegen der 1991 aufgenommenen Tätigkeit als Geschäftsführer und Gesellschafter ab 1.11.1991 keine Versicherungspflicht in der Kranken- und Rentenversicherung und keine Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung vorliege, da er hauptberuflich selbstständig tätig sei. Der Kläger wählte daraufhin eine private Krankenversicherung.
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Aufgrund eines Katasterhinweises vom 29.6.2001 übersandten die Rechtsvorgänger (Sächsische Landwirtschaftliche Krankenkasse bzw Pflegekasse - SLKK bzw SLPK) der Beklagten (Landwirtschaftliche Krankenkasse bzw Pflegekasse Mittel- und Ostdeutschland) dem Kläger einen Meldebogen zur Überprüfung der Mitgliedschaft als versicherungspflichtiger landwirtschaftlicher Unternehmer. Daraufhin beantragte dieser am 25.7.2001 die Befreiung von der Versicherungspflicht. Mit Bescheid vom 2.7.2003 stellten SLKK und SLPK die Versicherungspflicht des Klägers in der landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegeversicherung ab 1.1.1995 fest und setzten die für die Vergangenheit (22 354,54 Euro) und ab 1.7.2003 (insoweit 440,55 Euro monatlich) zu zahlenden Beiträge fest. Änderungen der Beitragsfestsetzungen erfolgten durch Bescheide vom 16.1.2004, 27.1.2005, 19.1.2006, 5.1.2007, 10.1.2008 sowie - nur bezüglich des Pflegeversicherungsbeitrags - mit Bescheid vom 1.7.2008. Den Befreiungsantrag des Klägers lehnte die SLKK mit einem weiterem Bescheid vom 2.7.2003 ab, weil dieser Antrag nicht innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht gestellt worden sei. Der gegen beide Bescheide eingelegte Widerspruch ist ohne Erfolg geblieben (Widerspruchsbescheid vom 1.4.2005).
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Mit Urteil vom 18.1.2007 hat das SG die bis dahin ergangenen Bescheide der Beklagten aufgehoben und diese verurteilt, den Kläger von der Versicherungspflicht in der landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu befreien: Er sei zwar als landwirtschaftlicher Unternehmer pflichtversichert und sein Befreiungsantrag verfristet. Er könne sich jedoch auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch berufen, da es die Barmer Ersatzkasse bei Erteilung des Bescheides vom 11.4.1995 unterlassen habe, ihn auf eine mögliche Versicherungspflicht in der landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegeversicherung hinzuweisen und sich die Beklagten dieses Unterlassen zurechnen lassen müssten. Angesichts dessen und der seit Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit verstrichenen Zeit sei die Beitragsforderung der Beklagten zudem verwirkt.
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In der mündlichen Verhandlung über die von den Beklagten dagegen eingelegte Berufung haben sie anerkannt, "dass eine beitragspflichtige Mitgliedschaft erst ab dem 06.07.2003 besteht"; der Kläger hat das Teilanerkenntnis angenommen. Das LSG hat sodann das Urteil des SG geändert und die Klage mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Beitragspflicht des Klägers erst ab 6.7.2003 besteht (Urteil vom 11.12.2008): Der Kläger sei seit dem 1.11.1991 versicherungspflichtig in der landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Er habe keinen Anspruch auf Befreiung, da er den Antrag nicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht gestellt habe. Wiedereinsetzung in die versäumte Antragsfrist sei ihm nicht zu gewähren, da die bloße Unkenntnis der Rechtslage keinen ausreichenden Grund hierfür darstelle und auch die maximale Frist von einem Jahr zur Nachholung der versäumten Handlung bei Antragstellung bereits abgelaufen gewesen sei, ohne dass dies auf höherer Gewalt beruht habe. Auch die rückwirkende Feststellung der Versicherungspflicht begründe keinen Befreiungsanspruch, da der vom 10. Senat des BSG im Rahmen übergangsrechtlicher Befreiungsanträge in der Alterssicherung der Landwirte herangezogene Rechtsgedanke des § 34 Abs 2 Satz 3 ALG nicht auf den vorliegenden Sachverhalt zu übertragen sei. Die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs lägen ebenfalls nicht vor, da die Antragsfrist auch bei Erlass des Bescheides der Barmer Ersatzkasse vom 11.4.1995 sowie bei einer fehlerhaften Auskunft des Vorsitzenden der Vertreterversammlung der Beklagten zu 1. im Jahre 2001 bereits verstrichen gewesen sei. Die verbliebenen Beitragsforderungen der Beklagten seien zutreffend berechnet worden und nicht verwirkt.
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Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung des - seiner Ansicht nach entsprechend anzuwendenden - § 34 Abs 2 Satz 3 ALG. Das BSG habe in mehreren Entscheidungen (ua Urteil vom 28.3.2000 - B 10 LW 4/99 R; BSG SozR 3-5868 § 85 Nr 8) unter Heranziehen des Rechtsgedankens des § 34 Abs 2 Satz 3 ALG festgestellt, dass ein Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 85 Abs 3 und 3a ALG nicht ohne Weiteres wegen Versäumung der Antragsfrist abgelehnt werden dürfe, wenn erst nach deren Ablauf die Versicherungspflicht bescheidmäßig festgestellt werde. Dem betroffenen Personenkreis solle zumindest eine gewisse Überlegungsfrist in der Zeit zwischen der Feststellung der Versicherungspflicht und dem Befreiungsantrag eingeräumt werden. Der allgemeine Gleichheitssatz gebiete, dass es zu keiner Bevorzugung der Personen kommen dürfe, die noch so rechtzeitig einen Bescheid über die Feststellung der Versicherungspflicht erhalten hätten, dass sie die Antragsnotwendigkeit erkennen und den Antrag noch vor Ablauf der allgemeinen Frist stellen konnten.
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Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 11. Dezember 2008 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 18. Januar 2007 zurückzuweisen.
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Die Beklagten beantragen übereinstimmend,
die Revision zurückzuweisen.
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Die Beklagten verteidigen das Urteil des LSG: Das BSG habe den Rechtsgedanken des § 34 Abs 2 Satz 3 ALG nur mit Rücksicht auf die Fülle der für Laien schwer zu durchschauenden Neuregelungen in den Jahren 1995 und 1996 auf die Übergangsregelungen des § 85 Abs 3 und 3a ALG übertragen, was mit den hier vorliegenden Umständen nicht vergleichbar sei. Stattdessen habe es bereits zu der Vorgängerregelung des § 4 Abs 2 Satz 1 KVLG 1989 ausdrücklich entschieden, dass die Frist für den Befreiungsantrag eine absolut wirkende, von Amts wegen zu beachtende Ausschlussfrist sei (BSG Urteil vom 10.6.1980 - 11 RK 11/79 - USK 80157).
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG das Urteil des SG geändert und die Klage mit der Maßgabe abgewiesen, dass eine Beitragspflicht des Klägers erst ab 6.7.2003 besteht. Zutreffend hat das LSG entschieden, dass der Kläger zumindest seit 1.11.1991 versicherungspflichtig in der landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegeversicherung ist (hierzu 2.) und dass er nicht aufgrund seines Antrags vom 25.7.2001 von der Krankenversicherungspflicht zu befreien ist (hierzu 3.). Schließlich sind die für die Zeit vom 6.7.2003 bis zum 11.12.2008 vom Kläger zu zahlenden Beiträge durch die Beklagten zutreffend festgesetzt worden und nicht verwirkt (hierzu 4.).
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1. Im Streit steht zwischen den Beteiligten noch die Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers in der landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegeversicherung durch den gemeinsamen Bescheid der SLKK und SLPK vom 2.7.2003 sowie die Ablehnung des Befreiungsantrags des Klägers durch die SLKK mit weiterem Bescheid vom selben Tag. Darüber hinaus sind im Revisionsverfahren (nur noch) Beitragsforderungen für die Zeit ab 6.7.2003 im Streit. Das von den Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG mit Rücksicht auf die Rechtsprechung des BSG zu den Folgen einer rückwirkenden Feststellung der Mitgliedschaft in der Krankenversicherung (BSGE 69, 20 = SozR 3-2200 § 381 Nr 2) abgegebene - vom Kläger angenommene - Teilanerkenntnis ist als Verzicht auf Beitragsnachforderungen für die Zeit bis 5.7.2003 auszulegen. Gegenstand des Rechtsstreits sind über § 86 SGG auch die Bescheide vom 16.1.2004 und 27.1.2005 sowie nach § 96 Abs 1 SGG die Bescheide vom 19.1.2006, 5.1.2007, 10.1.2008 und - nur den Pflegeversicherungsbeitrag betreffend - vom 1.7.2008, durch die die unbefristeten Beitragsfestsetzungen der jeweils vorhergehenden Bescheide mit Wirkung für die Zukunft geändert wurden. Über die während des Revisionsverfahrens ergangenen Änderungsbescheide hat der Senat dagegen - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht zu befinden (vgl § 171 Abs 2 SGG).
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2. Den Bescheid über die Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers in der landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegeversicherung vom 2.7.2003 hat das LSG zu Recht auf die Anfechtungsklage hin nicht aufgehoben, denn der Kläger wird hierdurch und auch wegen der Feststellung der Versicherungspflicht erst ab dem 1.1.1995 nicht iS des § 54 Abs 1 Satz 2 SGG beschwert. Nach § 2 Abs 1 Nr 1 KVLG 1989 (in der ab 1.1.1989 gültigen Fassung durch Gesetz vom 20.12.1988, BGBl I 2477, die nach EinigVtr Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet G Abschnitt III Nr 1, BGBl II 1990, 885, 889, 1055, mit den dort genannten Maßgaben seit dem 3.10.1990 auch im Beitrittsgebiet Anwendung findet) sind in der Krankenversicherung der Landwirte ua versicherungspflichtig Unternehmer der Land- und Forstwirtschaft (landwirtschaftliche Unternehmer), deren Unternehmen, unabhängig vom jeweiligen Unternehmer, eine auf Bodenbewirtschaftung beruhende Existenzgrundlage bildet bzw (idF ab 1.1.1995 durch Gesetz vom 29.7.1994, BGBl I 1890) auf Bodenbewirtschaftung beruht und die Mindestgröße (hier: 4 ha) erreicht. Dabei gelten nach § 2 Abs 3 Satz 2 KVLG 1989 (idF durch Gesetz vom 29.7.1994, BGBl I 1890; sinngemäß bereits idF durch Gesetz vom 20.12.1988, BGBl I 2477) auch Mitglieder einer juristischen Person als Unternehmer, wenn sie hauptberuflich im Unternehmen tätig und wegen dieser Tätigkeit nicht kraft Gesetzes in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind.
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Nach den nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG haben diese Voraussetzungen bezogen auf die seit Januar 1991 ausgeübte Geschäftsführertätigkeit des Klägers zumindest seit dem 1.11.1991 und bezogen auf die weitere Geschäftsführertätigkeit seit dem 15.1.1997 vorgelegen, worüber zwischen den Beteiligten auch kein Streit besteht. Die Versicherungspflicht nach § 2 KVLG 1989 begründet nach § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB XI gleichzeitig die Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung, die nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB XI bei der Beklagten zu 2. bzw für die Zeit zuvor bei deren Rechtsvorgängerin, der SLPK, durchzuführen ist.
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Der Versicherungspflicht in der landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegeversicherung steht - anders als in der Revisionsbegründung angedeutet - auch die im Bescheid der Barmer Ersatzkasse vom 11.4.1995 getroffene Feststellung des Nichtbestehens einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht entgegen. Wie auch für den Kläger anhand der weiteren Ausführungen des Bescheides unschwer erkennbar war, bezog sich diese Feststellung allein auf den (von der Krankenkasse bejahten) versicherungsrechtlichen Status als Selbstständiger und auf die bisher bei der Barmer Ersatzkasse durchgeführte "Fehlversicherung" nach SGB V, zu deren Prüfung diese Krankenkasse ausschließlich berufen war. Ausführungen zu den Besonderheiten der landwirtschaftlichen Sozialversicherung, insbesondere zur Kranken- und Pflegeversicherung dieses Sondersystems, enthielt der Bescheid nicht.
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3. Der Kläger war - in Übereinstimmung mit dem Urteil des LSG - aufgrund seines Antrags vom 25.7.2001 nicht von der Versicherungspflicht in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung zu befreien (wodurch auch die Versicherungspflicht in der landwirtschaftlichen Pflegeversicherung entfallen wäre), denn dieser Antrag war verspätet (hierzu a), ohne dass dem Kläger wegen der versäumten Frist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (hierzu b) oder dass er nach den Grundsätzen über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch so zu stellen wäre, als hätte er den Antrag rechtzeitig gestellt (hierzu c).
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a) Nach § 4 Abs 2 Satz 1 KVLG 1989 ist ein Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht bei der zuständigen Krankenkasse zu stellen. Diese Frist war hier bei der entsprechenden Antragstellung des Klägers im Juli 2001 bereits verstrichen.
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aa) Die Versicherungspflicht auch in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung tritt grundsätzlich bereits mit dem Vorliegen ihrer Voraussetzungen kraft Gesetzes ein, ohne dass es hierzu eines feststellenden Verwaltungsakts oder der Kenntniserlangung des Versicherten hiervon bedarf (BSG SozR 5420 § 2 Nr 33 <Leitsatz und S 65 ff>; BSG Urteil vom 10.6.1980 - 11 RK 11/79 - USK 80157; vgl allgemein zur Krankenversicherungspflicht zB Peters in KassKomm, Stand April 2008, § 5 SGB V RdNr 206; Baier in Krauskopf/Wagner/Knittel, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, Stand Dezember 1997, Vor § 5 SGB V RdNr 3). Dass dies insbesondere für die Versicherungspflicht nach § 2 Abs 1 Nr 1 KVLG 1989 gilt, verdeutlicht § 22 Abs 1 Nr 1 KVLG 1989, der für den Beginn der Mitgliedschaft allein an den Tag der Aufnahme der Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer anknüpft, während die Mitgliedschaft der nach § 2 Abs 1 Nr 2 und 5 KVLG 1989 Versicherungspflichtigen erst mit deren Aufnahme in das Mitgliederverzeichnis beginnt.
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An den Eintritt der Versicherungspflicht im vorgenannten Sinne knüpft § 4 Abs 2 Satz 1 KVLG 1989 nach seinem insoweit eindeutigen Wortlaut für den Beginn der Antragsfrist an (im Ergebnis ebenso Noell/Deisler, Die Krankenversicherung der Landwirte, 16. Aufl 2001, S 145). Gleichzeitig schließt der Wortlaut des § 4 KVLG 1989 eine Antragstellung nach Ablauf der ersten drei Monate nach Eintritt der Versicherungspflicht aus. Eine entsprechende Regelung, wie sie - ausgehend von einer ersten Antragsfrist von einem Monat nach Eintritt der Versicherungspflicht - in § 5 KVLG 1989 für die Befreiung von der Versicherungspflicht wegen Binnenfischerei, Imkerei oder Wanderschäferei vorgesehen ist, fehlt in § 4 KVLG 1989. Darauf, dass dieses Ergebnis auch dem Willen des historischen Gesetzgebers entspricht, deutet insbesondere die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zu § 4 KVLG hin (BT-Drucks VI/3012 S 27). Danach sollte die gegenüber der Vorbildnorm § 173a Abs 2 RVO von einem auf drei Monate verlängerte Antragsfrist gerade den Besonderheiten der Landwirtschaft ("Feststellung des Einheitswerts, Erfassung des Personenkreises") Rechnung tragen. Einer solchen Verlängerung hätte es nicht bedurft, wenn nach der Vorstellung der Entwurfsverfasser diese Umstände, insbesondere die Schwierigkeiten bei der Erfassung des von der Versicherungspflicht betroffenen Personenkreises mit der Folge einer oft rückwirkenden Feststellung der Versicherungspflicht zu einer Antragsberechtigung auch nach Ablauf der mit dem Eintritt der Versicherungspflicht beginnenden Antragsfrist hätten führen sollen.
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bb) Die Einräumung einer Möglichkeit zur Antragstellung auch aus Anlass einer erst nach Ablauf der Drei-Monats-Frist des § 4 Abs 2 Satz 1 KVLG 1989 erfolgten Feststellung der Versicherungspflicht ist entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht von Verfassungs wegen geboten.
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Zwar hat die Gruppe derjenigen, deren Versicherungspflicht noch während der ersten drei Monate nach ihrem Eintritt durch die landwirtschaftliche Krankenkasse festgestellt wird, gegenüber der vom Kläger repräsentierten Gruppe derjenigen, deren Versicherungspflicht erst zu einem späteren Zeitpunkt festgestellt wird, den Vorteil, ggf auch ohne eine regelmäßig vorangegangene Anzeige der Aufnahme einer landwirtschaftlichen Unternehmertätigkeit so zeitig auf die Versicherungspflicht hingewiesen worden zu sein, dass ein fristgerechter Befreiungsantrag noch möglich ist. Der mit dem Fehlen eines solchen Hinweises verbundene Nachteil derjenigen, deren Versicherungspflicht erst zu einem späteren Zeitpunkt festgestellt wird, rechtfertigt sich jedoch aus der Konzeption des KVLG 1989, dass in Verbindung mit § 2 Abs 2 Nr 3 SGB IV als einen Sonderfall zur Beschäftigtenversicherung eine Versicherungspflicht von Unternehmern (§ 2 Abs 1 Nr 1 KVLG 1989) begründet. In deren Rahmen obliegt es dem Unternehmer, von sich aus den an die Aufnahme seiner Tätigkeit anknüpfenden Verpflichtungen nachzukommen und im Zweifelsfall eine Klärung über Bestehen und Umfang dieser Pflichten herbeizuführen (vgl BSG SozR 3-5868 § 3 Nr 3 S 17 f; BSG SozR 3-5850 § 14 Nr 2 S 5 f). Neben Melde- und Anzeigepflichten des Unternehmens-, Gewerbe- und Steuerrechts sowie den sozialrechtlichen Meldepflichten nach § 28a SGB IV gehört hierzu auch die Verpflichtung nach § 27 Abs 1 KVLG 1989, die Aufnahme der Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer sowie alle sonstigen die Versicherungspflicht und Beitragshöhe sowie die Mitgliedschaft berührenden Tatbestände innerhalb von zwei Wochen der landwirtschaftlichen Krankenkasse zu melden. Kommt der Unternehmer dieser Verpflichtung nicht nach, kann er sich nicht auf eine erst nach Ablauf der Antragsfrist des § 4 Abs 2 Satz 1 KVLG 1989 rückwirkend erfolgte Feststellung der Versicherungspflicht berufen. Dem vergleichbar hat es das BVerfG als mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar angesehen, wenn einem selbstständigen Lehrer die Befreiungsmöglichkeit von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 231 Abs 6 SGB VI nur deshalb verschlossen ist, weil diese Versicherungspflicht in seinem Fall im Unterschied zu anderen selbstständigen Lehrern bereits vor dem Stichtag 31.12.1998 durch den Rentenversicherungsträger festgestellt worden war (BVerfG SozR 4-2600 § 2 Nr 10 RdNr 34 ff, 41 ff). Zugleich hat das BVerfG auch in der - hier von der Beklagten nicht mehr verfolgten - Beitragsnacherhebung bei verspäteter und unvollständiger Erfassung des versicherten Personenkreises keinen Verfassungsverstoß gesehen, sofern der Gesetzgeber ua durch eine Meldepflicht Maßnahmen zur Erfassung des betroffenen Personenkreises trifft (BVerfG aaO RdNr 34 ff).
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cc) Nach alledem verbleibt im vorliegenden Kontext der landwirtschaftlichen Krankenversicherung für die vom Kläger gewünschte Übertragung des Rechtsgedankens aus § 34 Abs 2 Satz 3 iVm Satz 1 ALG, wie sie der für Streitigkeiten aus der Altershilfe bzw Alterssicherung der Landwirte zuständige 10. Senat des BSG in mehreren Entscheidungen in Bezug auf § 85 Abs 3 und Abs 3a ALG (damals idF durch Gesetz vom 15.12.1995, BGBl I 1814) vorgenommen hat (Urteile vom 28.3.2000 - B 10 LW 4/99 R und B 10 LW 2/99 R; BSG SozR 3-5868 § 3 Nr 3; BSG SozR 3-5868 § 85 Nr 8), auch in Ermangelung einer erkennbaren Regelungslücke im Recht der landwirtschaftlichen Krankenversicherung (vgl insoweit die vorstehenden Ausführungen zur Auslegung des § 4 Abs 2 Satz 1 KVLG 1989) kein Raum (zu den Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung allgemein vgl zB BVerfG Beschluss vom 25.1.2011 - 1 BvR 918/10 - NJW 2011, 836).
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Darüber hinaus ist auch die Situation, die den 10. Senat zu dieser Übertragung veranlasst hat, mit der vorliegenden Sachverhaltsgestaltung nicht zu vergleichen. So hat der 10. Senat die Verlängerung der gesetzlich bis 31.3.1996 bzw 30.6.1996 begrenzten Antragsfristen des § 85 Abs 3 und Abs 3a ALG mit der durch die Einbeziehung der Landwirtsehegatten in die Alterssicherung der Landwirte zum 1.1.1995 entstandenen Übergangssituation gerechtfertigt. Diese Übergangssituation war seinerzeit dadurch gekennzeichnet gewesen, dass eine Vielzahl von Personen ohne Änderung ihrer persönlichen Verhältnisse versicherungspflichtig geworden, der entsprechende Personenkreis nicht leicht zu ermitteln gewesen und der Verwaltungsvollzug hinter der Prognose des Gesetzgebers zurückgeblieben war (so BSG Urteile vom 28.3.2000 - B 10 LW 4/99 R und B 10 LW 2/99 R). Zusätzlich hat der 10. Senat den damals ausdrücklich geregelten Ausschluss einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hervorgehoben (insbes BSG SozR 3-5868 § 3 Nr 3 S 17).
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Dem ist die Sach- und Rechtslage im vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Eine Übergangssituation der vorbeschriebenen Art liegt weder der Versicherungspflicht landwirtschaftlicher Unternehmer auch als Gesellschafter einer juristischen Person nach § 2 Abs 1 Nr 1 iVm Abs 3 KVLG 1989 (bis zum 31.12.1988: § 2 Abs 1 Nr 1 iVm Abs 2 KVLG) zu Grunde noch der Regelung über die Befreiung von der Versicherungspflicht in § 4 KVLG 1989 (zuvor § 4 KVLG). Gleichzeitig fehlt ein ausdrücklicher Ausschluss der Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, welcher auch bei unverschuldeter verspäteter Antragstellung eine Befreiung grundsätzlich ausschließt (vgl aber das noch zur Rechtslage vor In-Kraft-Treten des SGB X am 1.1.1981 ergangene BSG Urteil vom 10.6.1980 - 11 RK 11/79 - jedoch andererseits BSGE 64, 153 = SozR 1300 § 27 Nr 4 zum Beitrittsrecht für Schwerbehinderte nach § 176c RVO). Zudem deuten gerade Regelungen wie § 34 Abs 2 Satz 3 ALG oder § 7a Abs 6 SGB IV und die mittlerweile aufgehobenen, die Einführung des Anfrageverfahrens nach § 7a SGB IV flankierenden Übergangsregelungen in §§ 7b und 7c SGB IV (jeweils idF durch Gesetz vom 20.12.1999, BGBl I 2000, 2) darauf hin, dass Unkenntnis oder Unsicherheit über das Vorliegen von Versicherungspflicht nur ausnahmsweise und nur kraft besonderer gesetzlicher Anordnung für den Beginn der Versicherungs- und Beitragspflicht oder hiermit verbundene weitere Rechtsfolgen eine Anknüpfung an deren Feststellung durch Verwaltungsakt zulassen.
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Danach begann vorliegend die Antragsfrist im Hinblick auf die vom Kläger seit Januar 1991 ausgeübte Geschäftsführertätigkeit mit Eintritt der Versicherungspflicht spätestens am 1.11.1991 und endete am 31.1.1992 (§ 26 Abs 1 SGB X iVm § 187 Abs 2, § 188 Abs 2 Alt 2 BGB; vgl dazu Volbers/Müller, Krankenversicherung der Landwirte, 6. Aufl 2005, S 64). Einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht stellte der Kläger aber erstmals am 25.7.2001, mithin mehr als neun Jahre nach Fristablauf.
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b) Dem Kläger ist wegen der versäumten Frist zur Beantragung der Befreiung von der Versicherungspflicht in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Dabei braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob eine Wiedereinsetzung in die Frist des § 4 Abs 2 Satz 1 KVLG 1989 nach § 27 SGB X allgemein (vgl einerseits BSG Urteil vom 10.6.1980 - 11 RK 11/79 - andererseits BSGE 64, 153 = SozR 1300 § 27 Nr 4) oder zumindest dann ausgeschlossen ist, wenn sie allein auf der Unkenntnis des Versicherten und/oder Beitragspflichtigen vom Bestehen der Versicherung beruht (vgl BSG SozR 5420 § 2 Nr 33; BSG SozR 4-2600 § 6 Nr 5 RdNr 19 mwN). Denn die Wiedereinsetzung scheidet bereits nach § 27 Abs 3 SGB X aus, weil im Falle des Klägers die versäumte Handlung nicht innerhalb eines Jahres nach Ablauf der Frist des § 4 Abs 2 Satz 1 KVLG 1989 am 31.1.1992 nachgeholt wurde. Dass diese Verspätung von mehr als einem Jahr auf höherer Gewalt beruhte, ist nach den - vom Kläger im Revisionsverfahren nicht beanstandeten - Tatsachenfeststellungen des LSG nicht erkennbar.
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c) Der Kläger kann schließlich auch nicht nach den Grundsätzen über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch verlangen, so gestellt zu werden, als habe er den Befreiungsantrag fristgerecht gestellt. Nach diesen Grundsätzen kann die Verletzung der dem Versicherungsträger gegenüber dem Versicherten obliegenden Betreuungspflicht (vgl §§ 14, 15 SGB I) dazu führen, dass der Versicherungsträger einen dadurch entstandenen sozialrechtlichen Nachteil oder Schaden des Versicherten ausgleichen muss, indem er eine (rechtmäßige) Amtshandlung vornimmt und so den Zustand herstellt, der ohne die Pflichtverletzung bestehen würde (stRspr, vgl zB jüngst BSGE 106, 296 = SozR 4-2500 § 50 Nr 2, RdNr 25 mwN). Zutreffend hat bereits das LSG darauf abgestellt, dass selbst für den Fall, dass die Barmer Ersatzkasse im Zusammenhang mit der Überprüfung der Versicherungs- und Beitragspflicht des Klägers und der Erteilung ihres Bescheides vom 11.4.1995 die Verpflichtung getroffen hätte, den Kläger auf eine mögliche Versicherungspflicht als landwirtschaftlicher Unternehmer hinzuweisen, und wenn sich die Beklagte zu 1. eine solche Pflichtverletzung zurechnen lassen müsste, der vom Kläger geltend gemachte Nachteil nicht - wie erforderlich - durch eben diese Pflichtverletzung entstanden wäre. Denn bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides bestand für den Kläger keine Möglichkeit mehr, die Befreiung von der Versicherungspflicht in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung fristgerecht zu beantragen. Anhaltspunkte für eine der Beklagten zu 1. zurechenbare oder für eine von ihr selbst verursachte Pflichtverletzung zu einem früheren Zeitpunkt hat das LSG - ebenfalls vom Kläger im Revisionsverfahren ungerügt - nicht festgestellt.
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4. Dass die vom Kläger aufgrund der Versicherungspflicht in der landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegeversicherung ab 6.7.2003 zu zahlenden Beiträge von der Beklagten zutreffend festgesetzt worden sind, zieht er nicht in Zweifel. Hierfür bestehen auf Grundlage der Feststellungen des LSG auch keine Anhaltspunkte. Ebenso fehlen Anhaltspunkte für eine Verwirkung dieser unmittelbar mit Bescheid vom 2.7.2003 und den nachfolgenden Änderungsbescheiden geltend gemachten Beiträge. Insoweit fehlt es hier bereits am Zeitmoment der Verwirkung, also an einem längeren Zeitraum, in dem die Beklagten die Ausübung ihres Rechts zur Geltendmachung rückständiger Beiträge unterlassen hätten (zu dieser Voraussetzung allgemein vgl zB Urteil des Senats vom 27.7.2011 - B 12 R 16/09 R - RdNr 36 f, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG SozR 4-2400 § 24 Nr 5 RdNr 31 mwN).
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5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
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