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BVerfG 10.05.2023 - 2 BvR 390/21
BVerfG 10.05.2023 - 2 BvR 390/21 - Nichtannahmebeschluss: Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen strafgerichtliche Verurteilungen auf Grundlage des mittlerweile aufgehobenen § 219a Abs 1 StGB - Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde infolge Wegfalls der Beschwer nach rückwirkender Aufhebung von Strafnorm und Strafurteilen - kein Fortbestehen der Beschwer wegen der Möglichkeit einer Normenkontrolle des Aufhebungsgesetzes
Normen
§ 90 BVerfGG, § 219a Abs 1 StGB vom 13.11.1998, Art 316n Abs 1 Nr 1 StGBEG, Art 1 Nr 3 StGBuaÄndG 2022, Art 4 StGBuaÄndG 2022, § 13 Abs 1 VVHE-431000-MdJIE-20110908-SF
Vorinstanz
vorgehend OLG Frankfurt, 22. Dezember 2020, Az: 1 Ss 96/20, Beschluss
vorgehend LG Gießen, 12. Dezember 2019, Az: 4 Ns 406 Js 1531/15, Urteil
vorgehend OLG Frankfurt, 26. Juni 2019, Az: 1 Ss 15/19, Urteil
Tenor
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
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I.
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft die strafgerichtliche Verurteilung der Beschwerdeführerin, einer Fachärztin für Allgemeinmedizin, auf Grundlage der mittlerweile aufgehobenen Strafvorschrift des § 219a Abs. 1 StGB.
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1. Der Wortlaut der Vorschrift des § 219a StGB in der bis zuletzt geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 30. November 2020, gültig ab dem 1. Januar 2021 (BGBl I 2020 S. 2600), lautete wie folgt:
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§ 219a Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft
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(1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) seines Vermögensvorteils wegen oder in grob anstößiger Weise
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1. eigene oder fremde Dienste zur Vornahme oder Förderung eines Schwangerschaftsabbruchs oder
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2. Mittel, Gegenstände oder Verfahren, die zum Abbruch der Schwangerschaft geeignet sind, unter Hinweis auf diese Eignung
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anbietet, ankündigt, anpreist oder Erklärungen solchen Inhalts bekanntgibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
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(2) Absatz 1 Nr. 1 gilt nicht, wenn Ärzte oder auf Grund Gesetzes anerkannte Beratungsstellen darüber unterrichtet werden, welche Ärzte, Krankenhäuser oder Einrichtungen bereit sind, einen Schwangerschaftsabbruch unter den Voraussetzungen des § 218a Abs. 1 bis 3 vorzunehmen.
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(3) Absatz 1 Nr. 2 gilt nicht, wenn die Tat gegenüber Ärzten oder Personen, die zum Handel mit den in Absatz 1 Nr. 2 erwähnten Mitteln oder Gegenständen befugt sind, oder durch eine Veröffentlichung in ärztlichen oder pharmazeutischen Fachblättern begangen wird.
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(4) Absatz 1 gilt nicht, wenn Ärzte, Krankenhäuser oder Einrichtungen
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1. auf die Tatsache hinweisen, dass sie Schwangerschaftsabbrüche unter den Voraussetzungen des § 218a Absatz 1 bis 3 vornehmen, oder
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2. auf Informationen einer insoweit zuständigen Bundes- oder Landesbehörde, einer Beratungsstelle nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz oder einer Ärztekammer über einen Schwangerschaftsabbruch hinweisen.
- 3
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2. Das Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches - Aufhebung des Verbots der Werbung für den Schwangerschaftsabbruch (§ 219a StGB), zur Änderung des Heilmittelwerbegesetzes, zur Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes, zur Änderung des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch und zur Änderung des Gesetzes zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen vom 11. Juli 2022 (BGBl I S. 1082; im Folgenden: Aufhebungsgesetz) sieht unter anderem folgende Regelungen vor:
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Artikel 1 Änderung des Strafgesetzbuches
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Das Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl I S. 3322), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 22. November 2021 (BGBl I S. 4906) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
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1. In der Inhaltsübersicht wird die Angabe zu § 219a wie folgt gefasst: "§ 219a (weggefallen)".
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2. In § 218b Absatz 2 wird die Angabe "§§ 218, 219a" durch die Angabe "§§ 218" ersetzt.
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3. § 219a wird aufgehoben.
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[…]
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Artikel 4 Änderung des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch
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Vor Artikel 317 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch vom 2. März 1974 (BGBl I S. 469; 1975 I S. 1916; 1976 I S. 507), das zuletzt durch Artikel 3 Absatz 2 des Gesetzes vom 14. September 2021 (BGBl I S. 4250) geändert worden ist, wird folgender Artikel 316n eingefügt:
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"Artikel 316n
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Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches - Aufhebung des Verbots der Werbung für den Schwangerschaftsabbruch (§ 219a StGB), zur Änderung des Heilmittelwerbegesetzes, zur Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes, zur Änderung des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch und zur Änderung des Gesetzes zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen
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(1) Strafgerichtliche Urteile, die aufgrund der folgenden Vorschriften nach dem 3. Oktober 1990 ergangen sind, werden aufgehoben:
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1. aufgrund des § 219a des Strafgesetzbuches
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a) in der vom 16. Juni 1993 bis einschließlich 31. Dezember 1998 geltenden Fassung,
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b) in der vom 1. Januar 1999 bis einschließlich 28. März 2019 geltenden Fassung,
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c) in der vom 29. März 2019 bis einschließlich 31. Dezember 2020 geltenden Fassung oder
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d) in der seit dem 1. Januar 2021 geltenden Fassung sowie
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2. aufgrund des § 219b des Strafgesetzbuches in der vom 1. Oktober 1987 bis einschließlich 15. Juni 1993 geltenden Fassung.
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(2) Die Verfahren, die den in Absatz 1 genannten Urteilen zugrunde liegen, werden eingestellt."
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3. Mit Urteil vom 24. November 2017 sprach das Amtsgericht Gießen die Beschwerdeführerin der Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft gemäß § 219a Abs. 1 StGB in der bis einschließlich 28. März 2019 geltenden Fassung des Gesetzes schuldig - die Strafnorm enthielt zum damaligen Zeitpunkt noch nicht den erst durch Gesetz vom 22. März 2019 (BGBl I S. 350) eingefügten Privilegierungstatbestand des § 219a Abs. 4 StGB - und verhängte eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 150 Euro gegen sie. Der Beschwerdeführerin, die in ihrer Arztpraxis in Gießen Schwangerschaftsabbrüche vornimmt, wurde zur Last gelegt, eine frei zugängliche Internetseite betrieben zu haben, auf welcher sie Informationen über Schwangerschaftsabbrüche verbreitet habe. Dort habe sie eine Datei zur Verfügung gestellt, in welcher sowohl allgemeine Informationen zum Schwangerschaftsabbruch als auch Hinweise zu den in der Praxis verwendeten Methoden enthalten gewesen seien. Die Datei kläre darüber auf, welche Nebenwirkungen und Komplikationen nach der Maßnahme eintreten könnten. Sie habe zudem darüber belehrt, welche Dokumente zu einem Termin mitzubringen seien, so etwa eine Bescheinigung über eine nach § 219 StGB durchgeführte Beratung oder eine nach § 218 StGB bestehende Indikation.
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4. Die hiergegen eingelegte Berufung der Beschwerdeführerin verwarf das Landgericht Gießen mit Urteil vom 12. Oktober 2018 als unbegründet.
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5. Auf die Revision der Beschwerdeführerin hob das Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit Beschluss vom 26. Juni 2019 das Berufungsurteil mit den zugrundeliegenden Feststellungen auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts Gießen zurück. Das Revisionsgericht hielt die Feststellungen im landgerichtlichen Urteil für nicht ausreichend, um eine Prüfung vornehmen zu können, ob das der Beschwerdeführerin vorgeworfene Verhalten den Ausnahmetatbestand des zwischenzeitlich in Kraft getretenen § 219a Abs. 4 StGB erfüllt habe.
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6. Nach Zurückverweisung verhängte das Landgericht Gießen mit Urteil vom 12. Dezember 2019 unter Abänderung des Rechtsfolgenausspruchs im erstinstanzlichen Urteil eine Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu je 100 Euro und verwarf die Berufung im Übrigen.
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7. Die erneute Revision der Beschwerdeführerin verwarf das Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit Beschluss vom 22. Dezember 2020 als offensichtlich unbegründet.
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II.
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1. Mit ihrer fristgemäß am 18. Februar 2021 eingegangenen Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin unmittelbar gegen das Urteil des Landgerichts Gießen vom 12. Dezember 2019 und die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 26. Juni 2019 und vom 22. Dezember 2020 sowie mittelbar gegen § 219a StGB in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Information über einen Schwangerschaftsabbruch vom 22. März 2019 (BGBl I S. 350). Sie rügt eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 5 Abs. 1 GG, da ihre strafgerichtliche Verurteilung auf einem mit dem Grundgesetz unvereinbaren Strafgesetz beruhe. Sie führt hierzu im Wesentlichen aus, dass die Vorschrift des § 219a StGB nicht nur ungeeignet sei, das mit dieser Strafnorm verfolgte Ziel zu verwirklichen. Die Vorschrift sei zudem nicht erforderlich und mit Blick auf den durch sie bewirkten Eingriff in die Grundrechte der betroffenen Ärztinnen und Ärzte sowie mit Blick auf die in ihren Informationsmöglichkeiten eingeschränkten Frauen unangemessen. Darüber sieht sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt, weil das Oberlandesgericht in seiner ersten Revisionsentscheidung vom 26. Juni 2019 willkürlich die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens zum Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV unterlassen habe.
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2. Mit Schriftsatz vom 15. September 2022 äußerte sich die Beschwerdeführerin zu den Konsequenzen, die sich durch den Erlass des Aufhebungsgesetzes vom 11. Juli 2022 auf das Verfassungsbeschwerdeverfahren ergeben. Sie ist der Ansicht, dass hierdurch ihre Beschwerdebefugnis und das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen seien.
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Ihre Beschwer entfalle nur dann, wenn der durch das Aufhebungsgesetz eingeführte Art. 316n EGStGB, mit dem die sie betreffenden strafgerichtlichen Urteile aufgehoben worden sind, wirksam, also verfassungskonform erlassen worden sei. Ansonsten bestehe das Risiko, dass die Vorschrift einer nicht fristgebundenen abstrakten Normenkontrolle unterzogen werde. Dabei könnte das Bundesverfassungsgericht zum Ergebnis kommen, dass die Vorschrift verfassungswidrig sei. Hierdurch würden die strafgerichtlichen Urteile wohl wieder aufleben. Würde das vorliegende Verfassungsbeschwerdeverfahren als erledigt angesehen werden, wäre es ihr dann nicht möglich, erneut Verfassungsbeschwerde gegen die strafgerichtlichen Entscheidungen zu erheben, weil die hierfür geltende Frist verstrichen wäre. Das Risiko wiederauflebender strafgerichtlicher Urteile sowie die möglicherweise jahrzehntelange Rechtsunsicherheit im Hinblick auf die Einleitung eines etwaigen abstrakten Normenkontrollverfahrens seien der Beschwerdeführerin nicht zumutbar. Aus diesem Grund müsse Art. 316n EGStGB im Rahmen des vorliegenden Verfassungsbeschwerdeverfahrens inzident auf seine Verfassungsmäßigkeit geprüft werden. Bislang sei nicht geklärt, ob und unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber strafgerichtliche Urteile aufheben dürfe. Offen sei vor allen Dingen, ob es für die Rechtfertigung des mit der rückwirkenden Aufhebung von Strafurteilen verbundenen Eingriffs in den Gewaltenteilungsgrundsatz darauf ankomme, ob die den aufgehobenen Urteilen zugrundeliegende Strafnorm, das heißt hier der § 219a StGB, selbst verfassungswidrig gewesen sei. Im Rahmen der Inzidentprüfung des Art. 316n EGStGB müsse der Senat diese Frage beantworten und je nach Ergebnis auch den § 219a StGB auf seine Verfassungsmäßigkeit hin prüfen. Erweise sich hierbei dessen Verfassungswidrigkeit, möge zwar die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde entfallen. Mit der Verfassungswidrigerklärung des § 219a StGB hätte die Beschwerdeführerin indes ihr Rechtsschutzziel erreicht.
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Selbst wenn Art. 316n EGStGB unabhängig von der Verfassungswidrigkeit des § 219a StGB als wirksam angesehen würde und die angegriffenen Gerichtsentscheidungen aufgehoben blieben, bestünde die Beschwer der Beschwerdeführerin fort. Sie könnte weiterhin als rechtmäßig verurteilte Straftäterin qualifiziert und stigmatisiert werden. Es bestehe ein Unterschied darin, ob strafgerichtliche Urteile aus politischen Gründen durch den Gesetzgeber oder aus verfassungsrechtlichen Gründen durch das Bundesverfassungsgericht aufgehoben würden. Nur im letzteren Fall stünde fest, dass die Beschwerdeführerin zu Unrecht verurteilt worden sei. Allein diese Feststellung ließe die Beschwer entfallen.
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Schließlich bestehe die Beschwer auch deshalb fort, weil Art. 316n EGStGB die verhängte und durch die Beschwerdeführerin entrichtete Geldstrafe unberührt lasse. Die Rückzahlung der Geldstrafe oder eine Entschädigung für die Verurteilung seien gesetzlich nicht vorgesehen.
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III.
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1. Das Bundesministerium der Justiz hat für die Bundesregierung Stellung zu den Auswirkungen des Erlasses des Aufhebungsgesetzes auf das vorliegende Verfassungsbeschwerdeverfahren genommen. Es ist der Ansicht, dass die Verfassungsbeschwerde durch die gesetzgeberischen Maßnahmen unzulässig geworden sei. Sowohl der mittelbar angegriffene § 219a StGB als auch die hierauf beruhenden Urteile seien aufgehoben worden. Dadurch habe sich das Rechtsschutzanliegen der Beschwerdeführerin erledigt. Sie habe auch nicht hinreichend substantiiert geltend gemacht, dass das Rechtsschutzbedürfnis trotz Erledigung fortbestehe. Einer Entscheidung über die mit der Verfassungsbeschwerde verbundenen verfassungsrechtlichen Fragen käme keine Bedeutung für Dritte zu, weil die Strafnorm und die hierauf ergangenen Urteile aufgehoben worden seien. Soweit es allein die Beschwerdeführerin betreffe, begründe die bloße Möglichkeit einer künftigen abstrakten Normenkontrolle von Art. 316n EGStGB und das mögliche Wiederaufleben der angegriffenen Gerichtsentscheidungen keine hinreichende und gegenwärtige Beschwer. Andernfalls wäre aus der bloßen Möglichkeit, dass der Gesetzgeber eine bestimmte Regelung erlassen könnte, eine Beschwer abzuleiten. Eine dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde liefe auf ein unzulässiges Gutachtenverfahren hinaus. Es könne offenbleiben, ob im Fall eines erfolgreichen Normenkontrollverfahrens die gegen die Beschwerdeführerin ergangenen Urteile tatsächlich wiederaufleben würden. Denn es käme auch in Betracht, dass das Bundesverfassungsgericht sich auf die Feststellung der Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz beschränke. Ebenso verhalte sich die Beschwerdeführerin nicht dazu, warum bei Wiederaufleben eines Strafurteils nicht die Frist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG erneut zu laufen beginnen sollte. Mit der Aufhebung des § 219a StGB und der damit einhergehenden Amnestie sei die Beschwerdeführerin darüber hinaus umfassend rehabilitiert worden. Dass die Entlastung lediglich politisch motiviert gewesen sein soll, überzeuge nicht, weil auch die Belastung durch Strafnormen regelmäßig das Ergebnis einer politischen Entscheidung sei. Soweit die Beschwerdeführerin vortrage, sie sei weiterhin beschwert, weil das Aufhebungsgesetz keine Rückzahlung der bereits entrichteten Geldstrafe vorsehe, habe sie nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, inwieweit sie versucht habe, unter Berufung auf § 13 der Einforderungs- und Beitreibungsanordnung (EBAO) eine Rückzahlung der entrichteten Geldstrafe zu erreichen.
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2. Der Generalbundesanwalt vertritt ebenfalls die Auffassung, dass die Beschwerdebefugnis mit Inkrafttreten des Art. 316n EGStGB entfallen sei. Die unmittelbar angegriffenen Gerichtsentscheidungen seien aufgehoben, das Strafverfahren endgültig eingestellt worden. Es liege auch kein Grund vor, der trotz Erledigung des ursprünglichen Rechtsschutzziels zur Annahme eines fortbestehenden Rechtsschutzbedürfnisses führe. Eine Wiederholungsgefahr komme nicht in Betracht, weil die Strafnorm des § 219a StGB aufgehoben worden sei und künftige Verurteilungen nicht zu besorgen seien. Bei dem Grundrechtseingriff handele es sich auch nicht um einen Hoheitsakt, dessen Belastung sich üblicherweise auf eine so kurze Zeitspanne beschränke, dass innerhalb dieses Zeitraums eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht zu erlangen sei. Weiterhin unterbleibe nicht die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage von grundsätzlicher Bedeutung. Die Grundsätze für die Beurteilung der mit der Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen Fragestellung seien bereits durch die Senatsentscheidungen zum Schwangerschaftsabbruch - die Urteile des Ersten Senats vom 25. Februar 1975 (BVerfGE 39, 1) und des Zweiten Senats vom 28. Mai 1993 (BVerfGE 88, 203) - geklärt. Schließlich liege kein Fall einer fortdauernden Beeinträchtigung vor. Das folge nicht aus der von der Beschwerdeführerin entrichteten Geldstrafe. Die Rechtsfolgen der durch Gesetz erfolgten Urteilsaufhebung und Verfahrenseinstellung seien dieselben, die im Fall der Aufhebung einer rechtskräftigen Verurteilung im Wiederaufnahmeverfahren und eines anschließenden Freispruchs einträten. In beiden Fällen seien die Rechtsfolgen der aufgehobenen Entscheidung möglichst rückgängig zu machen. Eine bereits vollstreckte Geldstrafe sei daher zurückzuzahlen. Das ergebe sich bereits aus dem allgemeinen Rechtsgedanken der ungerechtfertigten Bereicherung, sei aber auch ausdrücklich in § 13 Abs. 1 und 2 EBAO geregelt. Die Argumentation der Beschwerdeführerin, wonach der Aufhebung ihrer Verurteilung durch den Gesetzgeber eine geringere Rehabilitierungswirkung als der Aufhebung durch das Bundesverfassungsgericht zukomme, könne nicht nachvollzogen werden. In beiden Fällen trete die rehabilitierende Wirkung durch die Entscheidung eines Verfassungsorgans ein. Es sei nicht erkennbar, inwieweit von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eine stärkere Rehabilitierungswirkung ausgehen könne. Ob der vom Gesetzgeber mit dem Erlass von Art. 316n EGStGB vorgenommene Eingriff in die Gewaltenteilung einer verfassungsrechtlichen Überprüfung standhalten würde, sei im vorliegenden Verfassungsbeschwerdeverfahren nicht zu prüfen. Die Beschwerdeführerin werde von Art. 316n EGStGB nicht beschwert. Die von ihr angestellten hypothetischen Erwägungen zu einer möglichen Aufhebung von Art. 316n EGStGB in einem abstrakten Normenkontrollverfahren könnten weder eine inzidente Überprüfung der Norm rechtfertigen noch seien sie geeignet, eine gegenwärtige Beschwer zu begründen.
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3. Die Beschwerdeführerin hat auf die Stellungnahmen des Bundesministeriums der Justiz und des Generalbundesanwalts erwidert und dabei ihr Vorbringen wiederholt und vertieft. Ergänzend hat sie vorgetragen, am 23. Februar 2023 bei der Staatsanwaltschaft Gießen einen Antrag auf Erstattung der entrichteten Geldstrafe gestellt zu haben.
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4. Die Akten des Ausgangsverfahrens 406 Js 15031/15 haben der Kammer vorgelegen.
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IV.
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Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, da Annahmegründe nach § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte der Beschwerdeführerin angezeigt. Denn die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Das Rechtsschutzziel der Beschwerdeführerin hat sich erledigt (1.). Sie hat nicht hinreichend substantiiert dazu vorgetragen, dass sie trotz der Erledigung über ein fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnis verfügt (2.).
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1. a) Soweit sich die Beschwerdeführerin weiterhin gegen das Urteil des Landgerichts Gießen vom 12. Dezember 2019, die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 26. Juni 2019 und vom 22. Dezember 2020 sowie mittelbar gegen § 219a StGB wendet, hat sich ihr Rechtsschutzziel erledigt. Die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde als Voraussetzung für eine Entscheidung zur Sache muss noch im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsbeschwerde gegeben sein (vgl. BVerfGE 21, 139 143>; 30, 54 58>; 33, 247 253>; 56, 99 106>; 106, 210 214>). Daran fehlt es hier. Die rückwirkende Aufhebung der unmittelbar angegriffenen Gerichtsentscheidungen durch Art. 316n Abs. 1 Nr. 1 EGStGB und des mittelbar angegriffenen § 219a StGB durch Art. 1 Nr. 3 des Aufhebungsgesetzes hat dazu geführt, dass sich das mit der Verfassungsbeschwerde verfolgte Begehren erledigt hat. Die angegriffenen Hoheitsakte entfalten gegenüber der Beschwerdeführerin keine belastenden Wirkungen mehr. Der verfassungsgerichtliche Rechtsschutz ist damit nicht mehr notwendig, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung abzuwehren oder zu beseitigen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 3. November 2015 - 2 BvR 2019/09 -, Rn. 21).
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b) Der Eintritt einer erledigenden Situation wird nicht - wie von der Beschwerdeführerin geltend gemacht - dadurch in Frage gestellt, dass Art. 316n EGStGB im Rahmen eines möglicherweise in der Zukunft stattfindenden Normenkontrollverfahrens für verfassungswidrig erklärt werden könnte und in der Folge die aufgehobenen Urteile wieder aufleben würden.
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aa) Die Verfassungsbeschwerde ist ein außerordentlicher Rechtsbehelf, der dem Einzelnen zur Verteidigung seiner Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte eingeräumt ist. Darüber hinaus hat sie die Funktion, das objektive Verfassungsrecht zu wahren und seiner Auslegung und Fortbildung zu dienen (vgl. BVerfGE 33, 247 258 f.>; 98, 218 242 f.>; 124, 300 318>; 126, 1 17>). Für den Zweck der Grundrechtsverteidigung der Beschwerdeführerin ist eine Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von Art. 316n EGStGB nicht erforderlich. Die genannte Regelung ist weder Gegenstand dieses Verfassungsbeschwerdeverfahrens noch ist die Beschwerdeführerin durch dieses Gesetz beschwert. Die Regelung wirkt sich vielmehr ausschließlich begünstigend auf ihre Grundrechtsposition aus, indem sie die gegen sie ergangenen Gerichtsentscheidungen und die zugrundeliegende Strafnorm des § 219a StGB aufgehoben hat. Insofern kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die Klärung der Verfassungsmäßigkeit von Art. 316n EGStGB einen Beitrag dazu leisten könnte, das objektive Verfassungsrecht zu wahren und fortzubilden. Denn die objektive Funktion der Verfassungsbeschwerde ist dem vorrangigen Zweck des Grundrechtsschutzes untergeordnet (vgl. Bethge, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 90 Rn. 9 <Jan. 2022>; Hopfauf, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hennecke, GG, 15. Aufl. 2022, Art. 93 Rn. 406). Aus der in erster Linie zu betrachtenden Perspektive des Individualrechtsschutzes ist das Anliegen der Beschwerdeführerin vollständig erreicht. Einer weiteren Klärung verfassungsrechtlich bedeutsamer Fragen bedarf es insoweit nicht.
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bb) Im Übrigen kann ein mögliches Normenkontrollverfahren nicht durch eine Inzidentprüfung - hier des Art. 316n EGStGB - innerhalb eines Verfassungsbeschwerdeverfahrens ersetzt werden. Ansonsten würden die notwendige Abgrenzung und Balance zwischen den einzelnen Verfahrensarten unterlaufen werden (vgl. BVerfGE 98, 265 318 f.>). Prinzipale Normenkontrollverfahren sind abschließend in den Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 und Art. 100 Abs. 1 GG vorgesehen und an bestimmte Zulässigkeitsvoraussetzungen geknüpft. So sind im ersteren Fall nur die Bundesregierung, die Landesregierungen oder ein Viertel der Mitglieder des Bundestages, im letzteren Fall nur die mit der Anwendung und Auslegung der streitigen Norm befassten Gerichte antragsbefugt. Wollte man zulassen, dass im Verfassungsbeschwerdeverfahren Normen zur verfassungsgerichtlichen Prüfung gestellt werden könnten, von denen wie vorliegend für die Beschwerdeführerin keine gegenwärtige Beschwer ausgeht und die sie selbst mit der Verfassungsbeschwerde mangels eigener rechtlicher Betroffenheit nicht angreifen könnte, wäre dies mit der aufgezeigten gesetzlichen Systematik nicht vereinbar.
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cc) Insofern kann dahinstehen, ob das im Rahmen einer Prüfung von Art. 316n EGStGB angerufene Bundesverfassungsgericht im Fall eines erfolgreichen Normenkontrollverfahrens die Nichtigkeit der angegriffenen Norm aussprechen und damit - wie von der Beschwerdeführerin geltend gemacht - ein Wiederaufleben der aufgehobenen Strafurteile einschließlich ihrer eigenen Verurteilung bewirken könnte. Es spricht sehr viel dafür, dass eine solche Rechtsfolge im Hinblick auf rechtsstaatliche Grundsätze, insbesondere den Vertrauensschutz der von der Aufhebung der strafgerichtlichen Verurteilungen Begünstigten, ausgeschlossen wäre. Für den Fall der Verfassungswidrigkeit des Art. 316n EGStGB käme daher wohl allein eine Unvereinbarerklärung der Norm in Betracht, die die Aufhebung der betroffenen strafgerichtlichen Urteile unberührt ließe.
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2. Bei Erledigung des Rechtsschutzziels einer Verfassungsbeschwerde besteht das Rechtsschutzbedürfnis nur in eng begrenzten Ausnahmefällen fort. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.
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a) Ein fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnis kann nicht unter dem Gesichtspunkt einer Wiederholungsgefahr angenommen werden. Das setzt eine hinreichend konkretisierte Möglichkeit voraus, dass die Beschwerdeführerin erneut ähnlichen Hoheitsakten ausgesetzt wird, die sie bereits angegriffen hat (vgl. BVerfGE 103, 44 58 f.>; 104, 220 223>; 116, 69 79>; BVerfGK 6, 260 263>). Eine solche Möglichkeit ist hier ausgeschlossen. Der mittelbar angegriffene § 219a StGB wurde ersatzlos aufgehoben. Künftige Verurteilungen der Beschwerdeführerin wegen Werbens für Schwangerschaftsabbrüche kommen daher nicht in Betracht.
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b) Ein fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnis kann weiterhin nicht damit begründet werden, dass sich die durch den angegriffenen Hoheitsakt einhergehende Belastung auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher die Beschwerdeführerin nach dem regelmäßigen Geschäftsgang eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kaum erlangen konnte und ihr Grundrechtsschutz anderenfalls in unzumutbarer Weise verkürzt würde (vgl. BVerfGE 9, 89 93 f.>; 107, 299 311>; 153, 1 32 Rn. 75> m.w.N.). Um eine solche Konstellation geht es vorliegend nicht.
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c) Ein Rechtsschutzbedürfnis besteht auch nicht deshalb fort, weil ansonsten die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage von grundsätzlicher Bedeutung unterbliebe und der gerügte Grundrechtseingriff besonders belastend erscheint (vgl. BVerfGE 81, 138 140>; 91, 125 133>; 97, 298 308>; 119, 309 317>). Die Frage, ob die angegriffenen Hoheitsakte in besonders belastender Weise in die Grundrechte der Beschwerdeführerin eingegriffen haben, muss dabei nicht geklärt werden. Denn jedenfalls besteht für das nicht mehr geltende Recht kein über den Einzelfall hinausgehendes Interesse, seine Verfassungsmäßigkeit auch noch nach seinem Außerkrafttreten zu klären (vgl. BVerfGE 91, 186 200>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 1. März 2010 - 1 BvR 2380/09 -, Rn. 6; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 4. November 2010 - 1 BvR 661/06 -, Rn. 4; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. August 2018 - 1 BvR 2674/17 -, Rn. 4).
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d) Ein schutzwürdiges Rechtsschutzinteresse besteht schließlich nicht unter dem Gesichtspunkt einer fortdauernden Beeinträchtigung (vgl. BVerfGE 33, 247 257 f.>; 69, 161 168>; 81, 138 140>).
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aa) Die Beschwerdeführerin macht insoweit ein Rehabilitationsinteresse geltend (vgl. zu dieser Fallgruppe BVerfGE 148, 267 278 f. Rn. 28>; 148, 296 341 f. Rn. 108>). Sie trägt hierzu vor, dass sie trotz Aufhebung der strafgerichtlichen Urteile weiterhin als verurteilte Straftäterin bezeichnet und dadurch stigmatisiert werden könnte. Nur dann, wenn das Bundesverfassungsgericht die Strafnorm des § 219a StGB für verfassungswidrig erklären würde, stünde fest, dass sie zu Unrecht verurteilt worden sei. Dies sei hingegen nicht der Fall, wenn der Gesetzgeber die Strafnorm und die strafgerichtlichen Entscheidungen lediglich aus politischen Gründen aufgehoben habe. Diese Argumentation geht fehl.
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Der Gesetzgeber hat durch den Erlass von Art. 316n Abs. 1 Nr. 1 EGStGB die gegen die Beschwerdeführerin ergangenen strafgerichtlichen Entscheidungen aufgehoben. Für den Eintritt dieser Rechtsfolge spielt es keine Rolle, ob das Aufhebungsgesetz verfassungsmäßig ist. Mit der Aufhebung der strafgerichtlichen Verurteilung der Beschwerdeführerin und der zugrundeliegenden Strafnorm des § 219a StGB wurde die Beschwerdeführerin umfassend rehabilitiert. Dies entspricht auch der erklärten Absicht des Gesetzgebers. Wie der Begründung zum Gesetzentwurf zu entnehmen ist (BTDrucks 20/1635, S. 11 f.), war sich der Gesetzgeber bei Erlass des Art. 316n EGStGB bewusst, dass die nachträgliche Aufhebung von rechtskräftigen Gerichtsurteilen durch den Gesetzgeber eine Maßnahme darstellt, die in einem Rechtsstaat besonderer Rechtfertigung bedarf. Diese Rechtfertigung hat er vorliegend ausdrücklich aus einem seiner Ansicht nach bestehenden Rehabilitierungsauftrag für die nach § 219a StGB Verurteilten abgeleitet. Insofern darf sich die Beschwerdeführerin darauf berufen, keine verurteilte Straftäterin mehr zu sein. Welche zusätzliche Rehabilitationswirkung von einer verfassungsgerichtlichen Feststellung der Verfassungswidrigkeit des § 219a StGB ausgehen sollte, erschließt sich daher nicht.
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bb) Der Umstand, dass die entrichtete Geldstrafe der Beschwerdeführerin noch nicht erstattet wurde, führt ebenfalls nicht zu einer fortdauernden Belastung. Der Wortlaut des § 13 Abs. 1 EBAO sieht vor, dass die Vollstreckungsbehörde die Zurückzahlung zu Unrecht vereinnahmter oder aufgrund besonderer Ermächtigung zurückzuzahlender Geldbeträge anordnet. Die durch den Gesetzgeber angeordnete Aufhebung des Urteils des Landgerichts Gießen vom 12. Dezember 2019 nebst der dort verhängten Geldstrafe dürfte jedenfalls unter den Tatbestand eines zu Unrecht vereinnahmten Geldbetrags fallen. Ähnlich wie nach einem erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahren gemäß den §§ 359 ff. StPO ist die Rechtsgrundlage für die erbrachte Leistung der Beschwerdeführerin nachträglich entfallen (vgl. Berendt, in: Dörndorfer/Wendtland/Gerlach/Diehn, BeckOK Kostenrecht, § 13 EBAO Rn. 2 <April 2023>; Dörndorfer, in: Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 5. Aufl. 2021, § 13 EBAO Rn. 1). Der Umstand, dass eine Erstattung nach § 13 Abs. 1 EBAO grundsätzlich von Amts wegen zu erfolgen hat, hier nach dem Vortrag der Beschwerdeführerin bislang noch nicht geschehen ist, ändert nichts daran, dass es der Beschwerdeführerin offen steht und ihr zumutbar ist, die von ihr bereits beantragte Rückforderung der Geldstrafe weiter zu betreiben und gegen ablehnende Entscheidungen den hierfür eröffneten Rechtsweg zu beschreiten.
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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