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BVerfG 22.07.2021 - 2 BvC 5/21
BVerfG 22.07.2021 - 2 BvC 5/21 - Verwerfung einer Nichtanerkennungsbeschwerde (Art 93 Abs 1 Nr 4c GG, § 13 Nr 3a BVerfGG): Parallelentscheidung
Tenor
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Die Nichtanerkennungsbeschwerde wird verworfen.
Gründe
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I.
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Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Ablehnung seiner Anerkennung als Partei für die Wahl zum 20. Deutschen Bundestag.
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1. Mit Schreiben vom 27. September 2020 zeigte der Beschwerdeführer dem Bundeswahlleiter seine Teilnahme an der Wahl zum 20. Deutschen Bundestag an. Mit Schreiben vom 1. Oktober 2020 wies der Bundeswahlleiter auf verschiedene formelle Mängel der Beteiligungsanzeige hin und forderte weitere Nachweise an, die Auskunft über Umfang und Festigkeit der Organisation des Beschwerdeführers geben können. Daraufhin ergänzte der Beschwerdeführer seine Beteiligungsanzeige mit Schreiben vom 5. Oktober 2020. Mit Schreiben vom 8. Oktober 2020 teilte der Bundeswahlleiter mit, dass die Beteiligungsanzeige nunmehr die Formerfordernisse des § 18 Abs. 2 BWahlG erfülle und Nachweise über die Parteieigenschaft noch bis zum Fristablauf nachgereicht werden könnten.
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2. In seiner Sitzung vom 8. Juli 2021 stellte der Bundeswahlausschuss fest, dass der Beschwerdeführer nicht als Partei für die Wahl zum 20. Deutschen Bundestag anerkannt werde. Die Kriterien der Parteieigenschaft gemäß § 2 PartG seien nicht erfüllt, da die Vereinigung insbesondere lediglich eine einstellige Mitgliederzahl habe und bisher in der Öffentlichkeit kaum bis gar nicht, im Übrigen nur regional hervorgetreten sei.
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3. Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 12. Juli 2021 Nichtanerkennungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erhoben.
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a) Die Beschwerdeschrift ist lediglich vom Bundesvorsitzenden des Beschwerdeführers unterzeichnet.
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b) Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass Gründung und Aufbau der Vereinigung bis zum heutigen Tag unter den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie gelitten hätten und die Möglichkeit der Öffentlichkeitsarbeit deswegen stark eingeschränkt gewesen sei. Soweit der Bundeswahlleiter die Anzahl der Mitglieder des Beschwerdeführers in Höhe von vier hinterfrage, wögen Inhalte stets mehr als Mitgliederzahlen. Nach dem Parteiengesetz reichten drei Personen aus, um eine Partei zu gründen. Dann müssten auch vier Mitglieder ausreichend sein, um zur Bundestagswahl zugelassen zu werden.
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4. a) Dem Bundeswahlausschuss ist gemäß § 96b BVerfGG Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden. Mit Schreiben vom 15. Juli 2021 hat der Bundeswahlleiter ausgeführt, dass neben der geringen Mitgliederanzahl eine wesentliche Weiterentwicklung der organisatorischen Strukturen seit der Gründung des Beschwerdeführers nicht erkennbar sei. Die Vereinigung habe seit ihrem Bestehen zwar einen Landesverband in Sachsen-Anhalt gegründet. Dessen Vorstand sei jedoch personenidentisch mit dem Bundesvorstand. Weitere Gebietsverbände seien noch nicht gegründet worden. Damit sei insgesamt weder ein größerer Mitgliederzuwachs noch eine Fortentwicklung des Organisationsgrads und -umfangs seit der Gründung feststellbar gewesen.
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b) Die dem Bundeswahlausschuss nachgewiesene Öffentlichkeitsarbeit beschränke sich vorwiegend auf Aktivitäten in der Region Wittenberg. Als überregionale Maßnahmen habe der Beschwerdeführer lediglich einen Internetauftritt und den Versand von Drucksachen genannt. Eine hierauf beschränkte überregionale Öffentlichkeitsarbeit könne die im Übrigen lediglich regional ausgerichteten Aktivitäten nicht in einer Weise ausgleichen, dass von einem wirksamen Hervortreten in der Öffentlichkeit gesprochen werden könne.
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c) In der Gesamtbetrachtung sei der Ausschuss deshalb einstimmig zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 PartG nicht erfülle.
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5. Dem Beschwerdeführer ist Gelegenheit gegeben worden, sich zur Stellungnahme des Bundeswahlausschusses zu äußern. In seinen E-Mails vom 16. Juli 2021 führt der Unterzeichner der Nichtanerkennungsbeschwerde im Wesentlichen aus, dass er im Verlauf von mehr als zwei Jahrzehnten diversen Persönlichkeiten aus der Politik Texte geschrieben habe, und wiederholt, dass vier Mitglieder für die Gründung einer Partei ausreichend seien.
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II.
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Die Nichtanerkennungsbeschwerde ist unzulässig. Der Beschwerdeführer wurde durch den Unterzeichner der Beschwerdeschrift nicht ordnungsgemäß vertreten (1.). Die Nichtanerkennungsbeschwerde ist im Übrigen nicht hinreichend substantiiert (2.).
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1. Der Antrag ist bereits nicht wirksam anhängig gemacht worden, da der Beschwerdeführer nicht ordnungsgemäß vertreten wurde.
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Dabei kann dahinstehen, ob für die Frage der ordnungsgemäßen Vertretung der Partei oder Vereinigung im Nichtanerkennungsverfahren auf § 11 Abs. 3 Satz 2 PartG in Verbindung mit § 26 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB abzustellen (vgl. Detterbeck, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 93 Rn. 104b; Lenz/Hansel, BVerfGG, 3. Aufl. 2020, § 96a Rn. 5; Lechner/Zuck, BVerfGG, 8. Aufl. 2019, § 96a Rn. 12) oder ob in Zweifelsfällen (vgl. Bechler/Neidhardt, NVwZ 2013, S. 1438 1440>) oder gar regelmäßig (vgl. Schlaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, 11. Aufl. 2018, Rn. 345c; Hummel, in: Burkiczak/Dollinger/Schorkopf, BVerfGG, 2015, § 96a Rn. 14) § 18 Abs. 2 Satz 3 BWahlG entsprechend heranzuziehen ist.
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Im letzteren Fall wäre die vorliegende Beschwerde mangels ordnungsgemäßer Vertretung unzulässig, da die Beschwerdeschrift nicht von mindestens drei Mitgliedern des Bundesvorstandes des Beschwerdeführers unterzeichnet ist. Etwas Anderes ergibt sich im Ergebnis aber auch nicht auf der Grundlage von § 11 Abs. 3 Satz 2 PartG in Verbindung mit § 26 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB. Danach werden politische Parteien gerichtlich und außergerichtlich durch ihren satzungsmäßigen Vertreter oder, wenn die Satzung keine Regelung trifft, durch den Vorstand vertreten.
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Nach Ziffer 9 der Satzung des Beschwerdeführers besteht der Bundesvorstand aus mindestens vier Mitgliedern. Eine Vertretungsregelung enthält die Satzung nicht, so dass der Bundesverband nach den allgemeinen Regeln nur durch sämtliche Vorstandsmitglieder gemeinschaftlich vertreten werden kann. Die Nichtanerkennungsbeschwerde wurde vorliegend aber lediglich durch den Vorsitzenden unterzeichnet.
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Selbst wenn man die einzige in der Satzung enthaltene Vertretungsregel bezüglich der Gebietsverbände auf den Bundesverband anwenden wollte, ergäbe sich nichts Anderes. Auch hier sieht die Satzung des Beschwerdeführers die Vertretung durch mindestens zwei Vorstandsmitglieder gemeinschaftlich vor. Ein einzelnes Vorstandsmitglied ist damit weder nach den allgemeinen Regeln noch nach der Satzung des Beschwerdeführers berechtigt, die politische Vereinigung zu vertreten.
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2. a) Die Nichtanerkennungsbeschwerde entspricht außerdem nicht den Begründungsanforderungen nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 96a Abs. 2 BVerfGG. Danach hat der Beschwerdeführer sich mit den Erwägungen des Bundeswahlausschusses auseinanderzusetzen und die "erforderlichen" Beweismittel vorzulegen (vgl. BTDrucks 17/9391, S. 11 und BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 25. Juli 2017 - 2 BvC 4/17 -, Rn. 8).
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b) aa) Nachdem der Bundeswahlausschuss seine ablehnende Entscheidung maßgeblich darauf gestützt hat, dass der Beschwerdeführer lediglich vier Mitglieder zähle, auch unter Berücksichtigung seines erst kurzen Bestehens keine hinreichenden Nachweise zu seinem Hervortreten in der Öffentlichkeit gemacht habe, lediglich regional auftrete und auch nur über einen Gebietsverband verfüge, hätte es dem Beschwerdeführer oblegen, sich hiermit wenigstens im Ansatz substantiiert auseinanderzusetzen und entsprechende Nachweise zu erbringen. Er stützt sich jedoch allein darauf, dass vier Mitglieder ausreichten, um als Partei nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 BWahlG anerkannt zu werden. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, Bedenken gegen die Richtigkeit der Entscheidung des Bundeswahlausschusses zu begründen.
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bb) Die Mitgliederzahl fließt zwar lediglich als ein, jedoch regelmäßig mit großem Gewicht versehener Faktor (vgl. BVerfGE 89, 291 306>) in die erforderliche Gesamtbeurteilung der Ernsthaftigkeit der politischen Zielsetzung ein. Bei einer Partei in der Gründungsphase - wie es beim Beschwerdeführer der Fall ist - kann insoweit lediglich verlangt werden, dass er von einem Mitgliederwechsel unabhängig ist. Bei vier Mitgliedern liegt auf der Hand, dass ein Austritt bereits einzelner Mitglieder zugleich zur Auflösung des Beschwerdeführers führen müsste (vgl. BVerfGE 134, 124 130 f. Rn. 20> für eine Beschwerdeführerin, die über 42 Mitglieder verfügte). Eine Partei muss - jedenfalls in einem gewissen Umfang - über eine gefestigte Mitgliederstruktur verfügen. Es ist nicht ersichtlich, wie der Beschwerdeführer mit seiner geringen Zahl von nur vier Mitgliedern auf die politische Willensbildung des Volkes Einfluss nehmen und einen Wahlkampf mit dem Ziel parlamentarischer Vertretung führen will (vgl. dazu BVerfGE 91, 262 274>; 134, 131 134 Rn. 12>).
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cc) Der Beschwerdeführer trägt auch nicht dazu vor, wie er in der Öffentlichkeit in Erscheinung getreten sei oder sonst an der politischen Willensbildung mitwirke. Der bloß pauschale Verweis auf die eingeschränkte Möglichkeit, in Pandemiezeiten öffentliche Präsenzveranstaltungen abzuhalten, ist insofern nicht ausreichend. Auch der Hinweis auf einzelne Schriftstücke, die der Beschwerdeführer an prominente Politiker geschickt haben will, wiegt das Fehlen (sonstigen) öffentlichen Engagements nicht auf.
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