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BVerfG 07.04.2021 - 1 BvR 176/15
BVerfG 07.04.2021 - 1 BvR 176/15 - Stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung des Grundsatzes der Rechtssicherheit (Art 2 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 3 GG) durch Fehlen einer zeitlichen Höchstgrenze für die Heranziehung zu einmalig erhobenen kommunalen Beiträgen
Normen
Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 32 Abs 1 S 1 KAG BW
Vorinstanz
vorgehend BVerwG, 16. Dezember 2014, Az: 9 B 49/14, Beschluss
vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 31. März 2014, Az: 2 S 2366/13, Urteil
vorgehend VG Freiburg (Breisgau), 25. September 2014, Az: 1 K 437/13, Urteil
Tenor
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1. Der Wasserversorgungsbeitragsbescheid der Stadt Bräunlingen vom 19. Dezember 2011 - Mn -, der Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schwarzwald-Baar-Kreis vom 27. Februar 2013, das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 25. September 2013 - 1 K 437/13 - und das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 31. März 2014 - 2 S 2366/13 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtssicherheit (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes). Sie werden aufgehoben und die Sache wird zur Entscheidung über die Kosten an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen. Damit wird der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Dezember 2014 - BVerwG 9 B 49.14 - gegenstandslos.
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2. Das Land Baden-Württemberg hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.
Gründe
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A.
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Erhebung eines Wasserversorgungsbeitrags in Baden-Württemberg.
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I.
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1. Das Kommunalabgabengesetz des Landes Baden-Württemberg (KAG BW) verweist hinsichtlich der Festsetzungsverjährung von Kommunalabgaben (§ 1 KAG BW) im Wesentlichen auf Bestimmungen der Abgabenordnung, die sinngemäß anzuwenden sind, soweit sie sich nicht auf bestimmte Steuern beziehen und soweit nicht das Kommunalabgabengesetz Baden-Württemberg besondere Vorschriften enthält. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe c KAG BW in Verbindung mit § 169 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) beträgt die Festsetzungsfrist einheitlich vier Jahre. Sie beginnt gemäß § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabe entstanden ist. Für den Fall der Ungültigkeit einer Satzung enthält § 3 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe c KAG BW eine Sonderregelung des Beginns der Festsetzungsverjährung. Danach ist § 170 Abs. 1 AO anwendbar mit der Maßgabe, dass im Falle der Ungültigkeit einer Satzung die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntmachung einer neuen Satzung endet. Folglich kann die Festsetzungsverjährung unabhängig vom Eintritt der Vorteilslage solange nicht zu laufen beginnen, wie eine Satzung nicht in Kraft getreten ist.
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2. Eine Beitragspflicht entsteht nach § 32 Abs. 1 KAG BW, sobald das Grundstück an die Einrichtung oder den Einrichtungsteil (§ 29 Abs. 1 KAG BW) angeschlossen werden kann, frühestens aber mit Inkrafttreten der Satzung.
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3. Am 12. Dezember 2020 trat folgende Vorschrift in Kraft:
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§ 20 KAG BW Beitragserhebung
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(1) - (4) (…)
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(5) 1Die Festsetzung eines Beitrags oder einer sonstigen Abgabe zum Vorteilsausgleich ist ohne Rücksicht auf die Entstehung der Abgabenschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Vorteilslage eintrat, nicht mehr zulässig. 2…
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Diese Vorschrift bestimmt nach der Gesetzesbegründung der Landesregierung eine unabhängig von der Festsetzungsverjährung geltende zeitliche Höchstfrist (Ausschlussfrist) von 20 Jahren für die Festsetzung von sämtlichen Beiträgen und sonstigen Abgaben zum Vorteilsausgleich, die mit dem Eintritt der Vorteilslage zu laufen beginnt (vgl. LTDrucks 16/9087, S. 33).
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II.
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1. Der Beschwerdeführer ist seit 1977 Eigentümer eines unbebauten Grundstücks im Gebiet der im Ausgangsverfahren beklagten Stadt. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich eines Bebauungsplans aus dem Jahr 1981, der für das Grundstück ein allgemeines Wohngebiet festsetzt. Im Zuge der Erschließung dieses Gebiets wurden in den Jahren 1982/83 eine Wasserversorgungsleitung in der vor dem Grundstück des Beschwerdeführers verlaufenden öffentlichen Straße und eine Anschlussleitung in das unbebaute Grundstück gelegt, die allerdings verschlossen wurde (sogenannter Blindanschluss).
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Die Beklagte hatte die Wasserversorgung zunächst bis zum 31. Dezember 1975 öffentlich-rechtlich geregelt. Durch Satzung vom 18. Dezember 1975 hob sie ihre Satzungen über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung und über die Abgabe von Wasser ersatzlos auf. Für die Versorgung mit Trinkwasser erhob sie seitdem bis zum 31. Dezember 2006 privatrechtliche Entgelte. Die "Allgemeinen Bedingungen für die Versorgung mit Wasser aus den Versorgungsnetzen des Städt. Wasserwerkes Bräunlingen (SWB), AVB-Wasser" traten bereits am 15. Juli 1974 in Kraft.
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Am 9. November 2006 beschloss der Gemeinderat der Beklagten die Satzung über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und die Versorgung der Grundstücke mit Wasser (Wasserversorgungssatzung - WVS -), die am 1. Januar 2007 in Kraft trat. Nach § 1 Abs. 1 WVS betreibt die Beklagte die Wasserversorgung seither als öffentliche Einrichtung. Nach § 25 WVS erhebt sie zur teilweisen Deckung ihres Aufwands für die Anschaffung, Herstellung und den Ausbau der öffentlichen Wasserversorgungsanlagen einen Wasserversorgungsbeitrag.
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2. Mit Bescheid vom 19. Dezember 2011, der dem Beschwerdeführer am 20. Dezember 2011 zugestellt wurde, zog die Beklagte diesen zu einem Wasserversorgungsbeitrag in Höhe von 2.222,68 Euro heran. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies das Landratsamt mit Widerspruchsbescheid zurück.
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3. Das Verwaltungsgericht wies die vom Beschwerdeführer gegen den Ausgangs- und den Widerspruchsbescheid erhobene Klage ab, ließ aber im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 (BVerfGE 133, 143 ff.) die Berufung zu.
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4. Der Verwaltungsgerichtshof wies die Berufung des Beschwerdeführers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zurück. Satzungsrechtliche Grundlage für die Beitragserhebung sei die Wasserversorgungssatzung der Beklagten vom 9. November 2006. Im Fall des Beschwerdeführers sei die abstrakte Beitragsschuld gemäß § 32 Abs. 1 KAG BW erst am 1. Januar 2007 entstanden, weil erst an diesem Tag die hierfür erforderliche satzungsrechtliche Grundlage in Kraft getreten sei. Festsetzungsverjährung sei im vorliegenden Fall nicht eingetreten. Da die abstrakte Beitragsschuld hier erst am 1. Januar 2007 entstanden sei, habe die Festsetzungsfrist am 31. Dezember 2011 geendet. Diese Frist sei mit der Zustellung des Betragsbescheides am 20. Dezember 2011 eingehalten worden. Die Beklagte habe das Recht auf Erhebung eines Wasserversorgungsbeitrags auch nicht verwirkt.
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Dass zwischen der Verschaffung der Anschlussmöglichkeit und der Heranziehung zu einem Wasserversorgungsbeitrag ein Zeitraum von fast 30 Jahren verstrichen sei, berühre die Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung nicht. Zwar lasse sich dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 (BVerfGE 133, 143 ff.) möglicherweise der allgemeine Rechtsgedanke entnehmen, es müsse regelmäßig eine absolute zeitliche Obergrenze für eine Beitragserhebung geben. Hier sei eine verfassungsrechtlich möglicherweise gebotene absolute zeitliche Obergrenze der Beitragserhebung im vorliegenden Fall nicht überschritten, weil unter der Geltung des Privatrechts jedem Grundstückseigentümer hätte bewusst sein müssen, dass er ein Entgelt leisten müsse, sobald er sein Grundstück bebauen und an die Wasserversorgung anschließen wolle. Die Gemeinde habe zudem keine Befugnis gehabt, bereits bei Bestehen einer tatsächlichen Vorteilslage ein Entgelt zu fordern. Eine absolute zeitliche Obergrenze der Beitragserhebung könne sich nur auf die Zeiträume beziehen, in denen es überhaupt dem Grunde nach eine öffentlich-rechtliche Beitragspflicht gegeben habe, nicht jedoch auf solche Zeiträume, in denen eine Beitragserhebung wegen des privatrechtlich geregelten Entgelts rechtlich gar nicht möglich gewesen sei.
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Schließlich obliege es der Organisationsgewalt der Gemeinde, ob sie zur Finanzierung der Trinkwasserversorgung eine privatrechtliche Entgeltregelung treffe oder Kommunalabgaben erhebe. Die Organisationshoheit der Gemeinden würde unverhältnismäßig eingeschränkt, wenn die Umstellung von einer privatrechtlichen Entgeltregelung zu einer Finanzierung über öffentliche Abgaben dazu führte, dass für viele unbebaute, aber bebaubare Grundstücke keine Beiträge mehr erhoben werden dürften, obwohl eine Vorteilslage bestehe und nach der privatrechtlichen Regelung damit habe gerechnet werden müssen, dass im Falle einer Bebauung Entgelte zu entrichten seien.
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5. Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die Nichtzulassung der Revision wies das Bundesverwaltungsgericht zurück.
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III.
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Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seines Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit aus Art. 20 Abs. 3 GG. Seine Heranziehung zu einem Wasserversorgungsbeitrag sei nach den Maßgaben des Beschlusses des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 (BVerfGE 133, 143 ff.) verfassungswidrig. Der Gesetzgeber des Landes Baden-Württemberg habe − so sein Vortrag vor dem Inkrafttreten von § 20 Abs. 5 KAG BW − im Ergebnis nicht sichergestellt, dass vorteilsausgleichende Kommunalabgaben nicht zeitlich unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden könnten. Das Kommunalabgabengesetz Baden-Württemberg sei insoweit nichtig, als der Landesgesetzgeber die Bestimmung einer zeitlichen Höchstgrenze für die Festsetzung von Beiträgen versäumt habe.
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Nach Inkrafttreten von § 20 Abs. 5 KAG BW hat der Beschwerdeführer seinen bisherigen Verfassungsbeschwerdevortrag ergänzt und insbesondere geltend gemacht, dass die Frage, ob der Landesgesetzgeber das ihm bei der Bestimmung der Ausschlussfrist (hier von 20 Jahren) eingeräumte Ermessen insbesondere im Hinblick auf gesetzliche Aufbewahrungsfristen rechtsfehlerfrei ausgeübt habe, dahinstehen könne, weil in seinem Fall zwischen dem nach dem Kommunalabgabengesetz Baden-Württemberg n.F. zu berücksichtigenden spätesten Zeitpunkt des Eintritts der Vorteilslage (dem 31. Dezember 1983) und dem Zeitpunkt des Erlasses des angegriffenen Wasserversorgungsbeitragsbescheides (vom 19. Dezember 2011) ein längerer Zeitraum als die Ausschlussfrist von 20 Jahren liege, nämlich weitere fast acht Jahre. Der Wille des Gesetzgebers, die Festsetzung einer Abgabe nach Ablauf der Ausschlussfrist von 20 Jahren nach Eintritt der Vorteilslage generell zu unterbinden, sei offensichtlich.
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IV.
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Die Beklagte des Ausgangsverfahrens und das Innenministerium Baden-Württemberg haben zu der Verfassungsbeschwerde Stellung genommen. Die Akten des Ausgangsverfahrens wurden beigezogen.
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B.
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Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt (§ 93c Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Annahme ist zur Durchsetzung von in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechten des Beschwerdeführers angezeigt. Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden. Die im Wesentlichen zulässige Verfassungsbeschwerde (I.) ist offensichtlich begründet (II.). Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit (Art. 20 Abs. 3 GG).
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I.
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Soweit der Beschwerdeführer mittelbar Nr. 3, Ziff. 3.6 der "Allgemeinen Bedingungen für die Versorgung mit Wasser aus den Versorgungsnetzen des Städt. Wasserwerkes Bräunlingen (SWB), AVB-Wasser vom 15.7.1974" angreift, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, da sie nicht den gesetzlichen Begründungsanforderungen aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügt. Der Beschwerdeführer zeigt nicht im Ansatz auf, inwieweit er in seinen rügefähigen Rechten verletzt sein soll. Fehl geht auch die Rüge einer Verfassungswidrigkeit des § 3 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe c KAG BW.
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Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde zulässig. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht durch das Inkrafttreten von § 20 Abs. 5 Satz 1 KAG BW unzulässig geworden, weil der Beschwerdeführer durch den angegriffenen Beitragsbescheid weiterhin in Höhe der Beitragsforderung beschwert ist.
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II.
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Die Verfassungsbeschwerde ist auch offensichtlich begründet. Die angegriffenen gerichtlichen und behördlichen Entscheidungen, die noch auf der alten Rechtslage beruhen, verstoßen gegen den in Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Grundsatz der Rechtssicherheit in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit.
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1. Rechtssicherheit und Vertrauensschutz gewährleisten im Zusammenwirken mit den Grundrechten die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und seinen Vollzug (vgl. bereits BVerfGE 60, 253 267 f.>; 63, 343 357>; 132, 302 317 Rn. 41>). Die Bürgerinnen und Bürger sollen die ihnen gegenüber möglichen staatlichen Eingriffe voraussehen und sich dementsprechend einrichten können (vgl. bereits BVerfGE 13, 261 271>; 63, 215 223>). Dabei knüpft der Grundsatz des Vertrauensschutzes an ihr berechtigtes Vertrauen in bestimmte Regelungen an. Er besagt, dass sie sich auf die Fortwirkung bestimmter Regelungen in gewissem Umfang verlassen dürfen. Das Rechtsstaatsprinzip gewährleistet darüber hinaus aber unter bestimmten Umständen Rechtssicherheit auch dann, wenn keine Regelungen bestehen, die Anlass zu spezifischem Vertrauen geben oder wenn Umstände einem solchen Vertrauen sogar entgegenstehen. Es schützt in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit davor, dass lange zurückliegende, in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge unbegrenzt zur Anknüpfung neuer Lasten herangezogen werden können. Als Elemente des Rechtsstaatsprinzips sind Rechtssicherheit und Vertrauensschutz eng miteinander verbunden, da sie gleichermaßen die Verlässlichkeit der Rechtsordnung gewährleisten (BVerfGE 133, 143 158 Rn. 41>).
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Für die Auferlegung einer Beitragspflicht zum Vorteilsausgleich in Anknüpfung an zurückliegende Tatbestände ist die Regelung einer Verjährung als abschließende Zeitgrenze, bis zu der Beiträge geltend gemacht werden können, verfassungsrechtlich geboten. Dem Gesetzgeber obliegt es, einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an Beiträgen für solche Vorteile einerseits und dem Interesse des Beitragsschuldners andererseits, irgendwann Klarheit zu erlangen, ob und in welchem Umfang er zu einem Beitrag herangezogen werden kann (BVerfGE 133, 143 158 f. Rn. 42>).
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Ausdruck der Gewährleistung von Rechtssicherheit sind auch Verjährungs-regelungen. Sie sollen sicherstellen, dass Einzelne nach Ablauf einer bestimmten Frist nicht mehr mit Forderungen überzogen werden. Die Verjährung von Geldleistungsansprüchen der öffentlichen Hand soll einen gerechten Ausgleich zwischen dem berechtigten Anliegen der Allgemeinheit an der umfassenden und vollständigen Realisierung dieser Ansprüche auf der einen Seite und dem schutzwürdigen Interesse der Bürgerinnen und Bürger auf der anderen Seite bewirken, irgendwann nicht mehr mit einer Inanspruchnahme rechnen zu müssen und entsprechend disponieren zu können. Während das staatliche Interesse an der vollständigen Durchsetzung von Geldleistungspflichten vornehmlich von den Grundsätzen der richtigen Rechtsanwendung und der materiellen Gerechtigkeit (Belastungsgleichheit) sowie von fiskalischen Erwägungen getragen wird, steht dem auf Seiten der Bürger das Prinzip der Rechtssicherheit gegenüber (BVerfGE 133, 143 159 Rn. 43>).
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Dabei ist es den Verjährungsregelungen eigen, dass sie ohne individuell nachweisbares oder typischerweise vermutetes, insbesondere ohne betätigtes Vertrauen greifen. Sie schöpfen ihre Berechtigung und ihre Notwendigkeit vielmehr aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit, demzufolge Einzelne auch gegenüber dem Staat die Erwartung hegen dürfen, irgendwann nicht mehr mit einer Geldforderung überzogen zu werden, wenn der berechtigte Hoheitsträger über einen längeren Zeitraum seine Befugnis nicht wahrgenommen hat (BVerfGE 133, 143 159 Rn. 44>).
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Auch für die Erhebung von Beiträgen, die einen einmaligen Ausgleich für die Erlangung eines Vorteils durch Anschluss an eine Einrichtung schaffen sollen, ist der Gesetzgeber verpflichtet, Verjährungsregelungen zu treffen oder jedenfalls im Ergebnis sicherzustellen, dass diese nicht unbegrenzt nach Erlangung des Vorteils festgesetzt werden können. Die Legitimation von Beiträgen liegt − unabhängig von der gesetzlichen Ausgestaltung ihres Wirksamwerdens − in der Abgeltung eines Vorteils, der den Betreffenden zu einem bestimmten Zeitpunkt zugekommen ist (vgl. BVerfGE 49, 343 352 f.>; 93, 319 344>; 137, 1 18 Rn. 43>). Je weiter dieser Zeitpunkt bei der Beitragserhebung zurückliegt, desto mehr verflüchtigt sich die Legitimation zur Erhebung solcher Beiträge. Zwar können dabei die Vorteile auch in der Zukunft weiter fortwirken und tragen nicht zuletzt deshalb eine Beitragserhebung auch noch relativ lange Zeit nach Anschluss an die entsprechende Einrichtung. Jedoch verliert der Zeitpunkt des Anschlusses, zu dem der Vorteil, um dessen einmalige Abgeltung es geht, dem Beitragspflichtigen zugewendet wurde, deshalb nicht völlig an Bedeutung. Der Bürger würde sonst hinsichtlich eines immer weiter in die Vergangenheit rückenden Vorgangs dauerhaft im Unklaren gelassen, ob er noch mit Belastungen rechnen muss. Dies ist ihm im Lauf der Zeit immer weniger zumutbar. Der Grundsatz der Rechtssicherheit gebietet vielmehr, dass ein Vorteilsempfänger in zumutbarer Zeit Klarheit darüber gewinnen kann, ob und in welchem Umfang er die erlangten Vorteile durch Beiträge ausgleichen muss (BVerfGE 133, 143 159 f. Rn. 45>).
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Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, die berechtigten Interessen der Allgemeinheit am Vorteilsausgleich und der Einzelnen an Rechtssicherheit durch entsprechende Gestaltung von Verjährungsbestimmungen zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen. Dabei steht ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der Grundsatz der Rechtssicherheit verbietet es dem Gesetzgeber jedoch, die berechtigten Interessen des Bürgers völlig unberücksichtigt zu lassen und ganz von einer Regelung abzusehen, die der Erhebung der Abgabe eine bestimmte zeitliche Grenze setzt (BVerfGE 133, 143 160 Rn. 46>).
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2. Danach sind die angegriffenen Entscheidungen mit dem Grundsatz der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit unvereinbar.
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a) § 32 Abs. 1 Satz 1 KAG BW fordert für das Entstehen der Anschlussbeitragspflicht neben der Möglichkeit, das Grundstück an die Einrichtung anzuschließen, ausdrücklich das Inkrafttreten einer Satzung, die nach § 32 Abs. 1 Satz 2 KAG BW nicht bereits zum Zeitpunkt des Bestehens der Anschlussmöglichkeit in Kraft sein muss. Die vierjährige Festsetzungsfrist (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe c KAG BW in Verbindung mit § 169 AO) beginnt erst mit dem Ablauf des Kalenderjahres zu laufen, in dem die Beitragsschuld entstanden ist (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe c KAG BW in Verbindung mit § 170 Abs. 1 AO). Daher kann ohne eine Satzung eine Beitragsschuld nicht entstehen und deshalb auch nicht verjähren. Mithin setzte das Landesrecht bis zur Bestimmung einer unabhängig von der Festsetzungsverjährung geltenden, mit dem Eintritt der Vorteilslage beginnenden Ausschlussfrist der Erhebung von Beiträgen zum Vorteilsausgleich keine bestimmte zeitliche Grenze, wenn − wie hier − nach der Schaffung der Vorteilslage keine wirksame Beitragssatzung erlassen worden war. Es ließ damit in diesen Fällen entgegen dem verfassungsrechtlichen Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit das berechtigte Interesse des Bürgers unberücksichtigt, in zumutbarer Zeit Klarheit darüber zu gewinnen, ob und in welchem Umfang er die erlangten Vorteile durch Beiträge ausgleichen muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. April 2015 - 9 C 16/14 -, Rn. 9 f.; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 29. Juni 2020 - 1 BvR 1866/15 u.a. -, Rn. 5).
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b) Der Verwaltungsgerichtshof hat die Vorschrift des § 32 Abs. 1 KAG BW gleichwohl ungeachtet einer fehlenden zeitlichen Begrenzung der Beitragsforderung zur Anwendung gebracht. Er vertritt die Auffassung, die vom Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 5. März 2013 geforderte zeitliche Obergrenze der Beitragserhebung könne sich nur auf die Zeiträume beziehen, in denen es überhaupt dem Grunde nach eine öffentlich-rechtliche Beitragspflicht gegeben habe, und nicht auf solche Zeiträume, in denen eine Beitragserhebung rechtlich gar nicht möglich gewesen sei. Bei privatrechtlicher Ausgestaltung fehle es schon an der Erwartung des Grundstückseigentümers, nicht mehr zu einer Kostenbeteiligung für die Herstellung der Wasserversorgungseinrichtung herangezogen zu werden. Unter der Geltung des Privatrechts habe jedem Grundstückseigentümer vielmehr bewusst sein müssen, dass er ein wie auch immer bezeichnetes Entgelt leisten müsse, sobald er sein Grundstück bebauen und an die Wasserversorgung anschließen wolle.
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c) Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs kann schon deshalb nicht überzeugen, weil der Beschwerdeführer, dessen Grundstück nach wie vor unbebaut ist, auf der Grundlage der privatrechtlichen Ausgestaltung des Nutzungsverhältnisses durchaus davon ausgehen konnte, nicht zu einem Entgelt herangezogen zu werden, solange er das Grundstück nicht bebauen und an die Wasserversorgung anschließen würde. Die bloße Schaffung der Möglichkeit des Anschlusses an die Wasserversorgung war unter der privatrechtlichen Regelung gerade nicht kostenpflichtig.
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Darüber hinaus kann nach den Maßstäben des Beschlusses des Ersten Senats vom 5. März 2013 die Anwendung einer verfassungswidrigen, das Gebot der Rechtssicherheit verletzenden Rechtsgrundlage nicht mit dem Argument fehlenden Vertrauensschutzes im Einzelfall gerechtfertigt werden. Der Senat hat eine zeitliche Begrenzung der Heranziehung zu vorteilsausgleichenden Beiträgen aus Gründen der Rechtssicherheit gerade ohne Rücksicht auf das mögliche Fehlen eines Vertrauens der Bürger auf ihre Nichtberücksichtigung gefordert (vgl. BVerfGE 133, 143 158 f. Rn. 41 ff.>). Das Rechtsstaatsprinzip gewährleistet demnach unter bestimmten Umständen Rechtssicherheit auch dann, wenn keine Regelungen bestehen, die Anlass zu spezifischem Vertrauen geben, oder wenn Umstände einem solchen Vertrauen sogar entgegenstehen (BVerfGE 133, 143 158 Rn. 41>). Den für die Auferlegung vorteilsausgleichender Beitragspflichten verfassungsrechtlich gebotenen Verjährungsregelungen ist es eigen, dass sie ohne individuell nachweisbares oder typischerweise vermutetes, insbesondere ohne betätigtes Vertrauen greifen (BVerfGE 133, 143 159 Rn. 44>).
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C.
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Die im Tenor bezeichneten Entscheidungen sind aufzuheben und die Sache zur Entscheidung über die Kosten an den Verwaltungsgerichtshof zurückverweisen (§ 93c Abs. 2, § 95 Abs. 2 BVerfGG). Wegen der Besonderheit des Falles wird von einer Zurückverweisung im Übrigen abgesehen, weil für eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs kein Spielraum verbleibt (vgl. BVerfGE 35, 202 244>; 79, 69 79>; 146, 294 319 Rn. 46>). Es kann abschließend festgestellt werden, dass die Beitragsfestsetzung gegenüber dem Beschwerdeführer rechtswidrig ist, weil sie nach Ablauf der Ausschlussfrist des § 20 Abs. 5 Satz 1 KAG BW erfolgte.
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Die Möglichkeit der Nutzung des Wasseranschlusses und damit die Vorteilslage waren seit der Verlegung der Leitungen in den Jahren 1982/83 gegeben, die Festsetzung des Wasseranschlussbeitrages erfolgte jedoch erst im Jahr 2011. Nach dem Wortlaut des § 20 Abs. 5 Satz 1 KAG BW beginnt die 20-jährige Ausschlussfrist mit jedem Eintritt der Vorteilslage zu laufen, also auch in Fällen, in denen − wie hier − die Vorteilslage lange vor Inkrafttreten eingetreten war. Der Vorschrift kann nicht entnommen werden, dass der Beginn der Ausschlussfrist beispielsweise auf erst nach deren Inkrafttreten eingetretene Vorteilslagen beschränkt werden sollte. Im Übrigen wäre eine entsprechende Auslegung auch von Verfassungs wegen geboten, weil es ansonsten in Fällen wie dem vorliegenden keine zeitliche Grenze für die Beitragsfestsetzung gäbe.
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D.
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Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.
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