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BVerfG 18.08.2020 - 1 BvQ 82/20
BVerfG 18.08.2020 - 1 BvQ 82/20 - Erfolgloser Eilantrag eines mittelbar überwiegend in kommunaler Hand liegenden, privatrechtlich organisierten Unternehmens gegen das Kohleausstiegsgesetz - mangelnde Grundrechtsfähigkeit - kein Anlass für eine abweichende Beurteilung der Grundrechtsberechtigung von staatlichen oder gemischtwirtschaftlichen Unternehmen aufgrund von Unionsrecht
Normen
Art 12 Abs 1 GG, Art 14 Abs 1 GG, Art 19 Abs 3 GG, § 32 Abs 1 BVerfGG, Art 106 Abs 1 AEUV, Art 106 Abs 2 AEUV, Art 51 Abs 1 S 1 EUGrdRCh, Art 4 EUV 2018/842, Art 1 KohleAusG, § 6 Abs 3 S 2 KVBG, § 10 Abs 2 Nr 1 KVBG, § 21 KVBG
Tenor
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Gründe
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betrifft das Ausschreibungsvolumen und die Höhe des Steinkohlezuschlags nach dem sogenannten Kohleausstiegsgesetz, mit dem die Kohleverstromung in Deutschland bis 2038 schrittweise reduziert und beendet werden soll.
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A.
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Das Gesetz zur Reduzierung und zur Beendigung der Kohleverstromung (Kohleverstromungsbeendigungsgesetz - KVBG) wurde als Art. 1 des Gesetzes zur Reduzierung und zur Beendigung der Kohleverstromung und zur Änderung weiterer Gesetze (Kohleausstiegsgesetz)vom 8. August 2020 (BGBl I S. 1818)vom Deutschen Bundestag beschlossen. Es ist gemäß Art. 11 Abs. 1 dieses Gesetzes am 14. August 2020 in Kraft getreten. Zweck des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes ist, die Erzeugung elektrischer Energie durch den Einsatz von Kohle in Deutschland sozialverträglich, schrittweise und möglichst stetig zu reduzieren und zu beenden, um dadurch Emissionen zu reduzieren, und dabei eine sichere, preisgünstige, effiziente und klimaverträgliche Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität zu gewährleisten (§ 2 Abs. 1 KVBG). Zur Realisierung dieses Ziels sieht das Gesetz ein umfängliches Instrumentarium, insbesondere detailliert geregelte Ausschreibungsverfahren vor.
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Die Antragstellerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Alleingesellschafterin die K… ist. Bei der K… handelt es sich nach der Antragsschrift um einen Zusammenschluss verschiedener kommunaler Stadtwerke- und Holding-Unternehmen, von denen vier als Aktiengesellschaft und zwei als Gesellschaft mit beschränkter Haftung organisiert sind. Über mehrere Ebenen hinweg, nämlich von der Antragstellerin aus betrachtet auf fünfter Ebene, sind Eigentümer der Antragstellerin überwiegend kommunale Gebietskörperschaften. Die kommunalen Anteile sind auf acht Gebietskörperschaften aufgeteilt; davon entfallen durchgerechnet auf die Stadt Duisburg 15,2 %, auf die Stadt Dortmund 36 %, auf die Stadt Essen 7,7 %, auf die Stadt Bochum 10,7 %, auf die Stadt Herne 4,7 %, auf die Stadt Witten 2,6 %, auf die Stadt Oberhausen 3,0 % und auf die Stadt Dinslaken 6 %. In Summe werden danach über mehrere Ebenen vermittelt 85,9 % von Kommunen gehalten. Die Antragstellerin betreibt nach eigenen Angaben acht Steinkohlekraftwerke in Deutschland, von denen sieben zwischen 1976 und 1989 in Betrieb genommen worden sind; das achte hat den Betrieb im Jahr 2013 aufgenommen. Mit Ausnahme dieses jüngsten Kraftwerks geht die Antragstellerin von einer technischen Lebenszeit der Anlagen bis zwischen 2027 und 2039 aus. Nach ihren Angaben würde sie mit einer Ausnahme keines ihrer Kraftwerke bis zum Jahr 2026 stilllegen, wenn sie nicht durch das Kohleverstromungsbeendigungsgesetz zu einer Teilnahme an den Ausschreibungsverfahren veranlasst wäre.
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Am 29. Juli 2020 hat die Antragstellerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung des im Rubrum genannten Inhalts gestellt. Trotz Mehrheitsbeteiligung der öffentlichen Hand an dem gemischtwirtschaftlichen Unternehmen könne sie sich auf Grundrechte berufen. Dies ergebe sich auch aus einer unionsrechtskonformen Auslegung des Art. 19 Abs. 3 GG.
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B.
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Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsakts vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben. Der Antrag auf Eilrechtsschutz hat jedoch keinen Erfolg, wenn eine Verfassungsbeschwerde von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet wäre (vgl. BVerfGE 111, 147 152 f.>; 122, 342 355>; 131, 47 55>; 140, 225 226 Rn. 7>; stRspr).
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Hier wäre eine noch zu erhebende Verfassungsbeschwerde von vornherein unzulässig. Die Antragstellerin kann sich nicht auf die als verletzt gerügten Grundrechte aus Art. 14 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG berufen, da diese nach Art. 19 Abs. 3 GG auf sie nicht anwendbar sind. Ihr stehen materielle Grundrechte nicht zu, weil sie ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen ist, an dem die öffentliche Hand mittelbar weit mehr als 50 % der Anteile hält (I). Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union gibt keinen Anlass, die Grundrechtsberechtigung der Antragstellerin abweichend von diesen in ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts konkretisierten Maßgaben des Art. 19 Abs. 3 GG zu beurteilen (II).
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I.
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Die Antragstellerin kann sich als staatliche Einrichtung im weiteren Sinne - hier in der Form eines mittelbar überwiegend in kommunaler Hand liegenden privatrechtlich organisierten Unternehmens ‒ nicht auf materielle Grundrechte berufen.
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1. Wie juristische Personen des öffentlichen Rechts und privatrechtlich organisierte Unternehmen des Staates können sich auch sogenannte gemischtwirtschaftliche Unternehmen nicht auf die materiellen Grundrechte berufen, sofern der Staat mehr als 50 % der Anteile an ihnen hält; sie können folglich auch nicht eine Verletzung materieller Grundrechte mit der Verfassungsbeschwerde rügen (vgl. BVerfGE 143, 246 313 Rn. 187; 314 Rn. 190> m.w.N.; stRspr).
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a) Das Fehlen der Grundrechtsfähigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts hat das Bundesverfassungsgericht auf eine Reihe verschiedener, sich zum Teil ergänzender Gründe gestützt (vgl. BVerfGE 143, 246 313 f. Rn. 188> m.w.N.). Insbesondere handele es sich, vom Menschen und Bürger als dem ursprünglichen Inhaber der Grundrechte her gesehen, jeweils nur um eine besondere Erscheinungsform der einheitlichen Staatsgewalt (vgl. BVerfGE 4, 27 30>; 21, 362 370>). Nur wenn die Bildung und Betätigung einer juristischen Person Ausdruck der freien Entfaltung der privaten, natürlichen Personen sei, wenn insbesondere der Durchgriff auf die hinter den juristischen Personen stehenden Menschen es als sinnvoll und erforderlich erscheinen lasse, sei es gerechtfertigt, juristische Personen als Grundrechtsinhaber anzusehen und sie kraft dessen auch in den Schutzbereich bestimmter materieller Grundrechte einzubeziehen (vgl. BVerfGE 21, 362 369>; 61, 82 101>; 68, 193 206>). Die juristischen Personen des öffentlichen Rechts stünden dem Staat bei Wahrnehmung ihrer öffentlichen Aufgaben nicht in der gleichen grundrechtstypischen Gefährdungslage gegenüber wie der einzelne Grundrechtsträger (vgl. BVerfGE 45, 63 78 f.>; 61, 82 102>). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 143, 246 314 Rn. 189>) gilt Abweichendes nur für jene juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die unmittelbar einem durch bestimmte Grundrechte geschützten Lebensbereich zugeordnet sind oder ihm kraft ihrer Eigenart von vornherein zugehören, wie Rundfunkanstalten, Universitäten und deren Fakultäten (vgl. BVerfGE 31, 314 321 f.>; 74, 297 317 f.>; 93, 85 93>; 107, 299 309 f.>) oder Kirchen und sonstige öffentlich-rechtliche Weltanschauungsgemeinschaften (vgl. BVerfGE 19, 129 132>; 30, 112 119 f.>; 42, 312 321 f.>; 70, 138 160 f.>).
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b) Mit im Wesentlichen gleichen Erwägungen hat das Bundesverfassungsgericht auch juristischen Personen des Privatrechts, die ganz vom Staat beherrscht werden, die Grundrechtsfähigkeit im Hinblick auf materielle Grundrechte abgesprochen, auch weil ansonsten die Frage der Grundrechtsfähigkeit der öffentlichen Hand in nicht geringem Umfang von der jeweiligen Organisationsform abhängig wäre (vgl. BVerfGE 45, 63 79 f.>; 68, 193 212 f.>). Entsprechendes gilt für sogenannte gemischtwirtschaftliche Unternehmen, sofern der Staat mehr als 50 % der Anteile an diesen juristischen Personen des Privatrechts hält (vgl. BVerfGE 143, 246 314 Rn. 190>).
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c) Die für die Verneinung der Grundrechtsfähigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts und juristischer Personen des Privatrechts, welche ganz oder überwiegend vom deutschen Staat gehalten werden, maßgeblichen Erwägungen gelten für inländische juristische Personen des Privatrechts, die von einem ausländischen Staat gehalten werden, nicht uneingeschränkt (vgl. BVerfGE 143,246 314 f. Rn. 191>).
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2. Danach kann sich die Antragstellerin nicht auf materielle Grundrechte berufen. Sie ist ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen, wobei die über mehrere gesellschaftsrechtliche Ebenen vermittelten Beteiligungen kommunaler Gebietskörperschaften in der Summe 85,9 % betragen.
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Die Antragstellerin ist auch keine juristische Person des öffentlichen Rechts, die unmittelbar einem durch bestimmte Grundrechte geschützten Lebensbereich zugeordnet wäre oder ihm kraft ihrer Eigenart von vornherein zugehörte, wie Rundfunkanstalten, Universitäten und deren Fakultäten oder Kirchen und sonstige öffentlich-rechtliche Weltanschauungsgemeinschaften.
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Anders als in der für das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2016 maßgeblichen Situation des vom schwedischen Staat gehaltenen Unternehmens Vattenfall ist die Auslegung des Art. 19 Abs. 3 GG hier auch nicht etwa wegen ausländischer Rechtsträgerschaft offen (vgl. BVerfGE 143, 246 317 Rn. 196>), so dass deshalb die Frage der Grundrechtsfähigkeit wegen der Europafreundlichkeit des Grundgesetzes zugunsten der Antragstellerin beurteilt werden könnte. Mangels Auslegungsoffenheit kommt hier eine Auslegung des Art. 19 Abs. 3 GG mit Blick auf die unionsrechtlich geschützten Grundfreiheiten von vornherein nicht in Betracht. Zu Brüchen zwischen der deutschen Rechtsordnung und den unionsrechtlich gewährten Grundfreiheiten (vgl. Art. 26 Abs. 2 AEUV) könnte es hier aber ohnehin nicht kommen (vgl. dazu BVerfGE 143, 246 317 Rn. 196>). Denn die Grundfreiheiten finden keine Anwendung, weil die Antragstellerin ein inländisches Unternehmen ist; ein grenzüberschreitender Sachverhalt liegt auch nach ihrer eigenen Einschätzung nicht vor.
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II.
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Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union gibt hier keinen Anlass, die Grundrechtsberechtigung von staatlichen oder gemischtwirtschaftlichen Unternehmen abweichend von diesen in ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts konkretisierten Maßgaben des Art. 19 Abs. 3 GG zu beurteilen.
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1. Die Charta findet bei der Beurteilung, ob sich die Antragstellerin gegenüber dem beanstandeten Gesetz auf materielle Grundrechte des Grundgesetzes berufen kann, keine Anwendung.
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a) Zwar sind nach der Entscheidung "Recht auf Vergessen II" (BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 6. November 2019 - 1 BvR 276/17 -) die Unionsgrundrechte bei der verfassungsgerichtlichen Überprüfung der Anwendung von zwingendem Recht der Europäischen Union und der Anwendung innerstaatlicher Vorschriften, die zwingendes Unionsrecht umsetzen, grundsätzlich unmittelbarer Prüfungsmaßstab des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 32 ff.). Dem beanstandeten Gesetz liegen jedoch keine vereinheitlichenden Regelungen des Unionsrechts zugrunde. Daher kommt es auch hier nicht auf die bislang offen gelassene Frage an, ob das Bundesverfassungsgericht über die Anwendung unionsrechtlich vollständig determinierter Normen hinaus auch unionsrechtlich vollständig determinierte Normen an sich am Maßstab der Unionsgrundrechte prüft (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 6. November 2019 - 1 BvR 276/17 -, Rn. 51 a.E.; Beschluss des Zweiten Senats vom 13. Februar 2020 - 2 BvR 739/17 -, Rn. 116 - Einheitliches Patentgericht; Beschluss des Ersten Senats vom 27. Mai 2020 - 1 BvR 1873/13 -, Rn. 84 - Bestandsdatenauskunft II).
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b) Aus der Entscheidung "Recht auf Vergessen I" (BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 6. November 2019 - 1 BvR 16/13 -) folgt hier entgegen der Auffassung der Antragstellerin nichts anderes.
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aa) Innerstaatliches Recht, welches nicht vollständig durch Unionsrecht determiniert ist, überprüft das Bundesverfassungsgericht am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes; dabei legt es naturgemäß die Regelung des Grundgesetzes über die Grundrechtsfähigkeit staatlicher Einrichtungen zugrunde. Die Grundrechte des Grundgesetzes sind auch dann maßgeblich, wenn die innerstaatlichen Regelungen trotz mitgliedstaatlicher Umsetzungsspielräume im Einzelfall als Durchführung des Unionsrechts im Sinne des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRCh anzusehen sind (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 42 f.). Dann treten die Unionsgrundrechte zu den Grundrechtsgewährleistungen des Grundgesetzes hinzu, ohne aber deren Bindungskraft in Frage zu stellen (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 44). Auch soweit Unionsgrundrechte zu denen des Grundgesetzes hinzutreten, übt das Bundesverfassungsgericht seine Prüfungskompetenz primär am Maßstab des Grundgesetzes aus, weil diese das grundrechtliche Schutzniveau des Unionsrechts in dieser Konstellation regelmäßig mitgewährleisten (vgl. BVerfG, a.a.O.,Rn. 45 ff.).
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bb) Das schließt nicht aus, dass daneben im Einzelfall auch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union Anwendung beanspruchen kann (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 43, 63 ff.). Hier ist das jedoch nicht der Fall.
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(1) In Betracht kommt das nur dann, wenn nach Art.51 Abs. 1 Satz 1 GRCh die Durchführung von Unionsrecht in Frage steht. Weil die durch Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRCh gesetzten Grenzen der Anwendung der Charta nicht durch eine übermäßig weite Auslegung dieser Anwendungsregelung unterlaufen werden dürfen, kann im Fall mitgliedstaatlicher Spielräume von einer Durchführung des Unionsrechts im Sinne des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRCh nur dann ausgegangen werden, wenn das Unionsrecht den Mitgliedstaaten trotz verbleibender Umsetzungsspielräume für die in Rede stehende Regelung bereits einen hinreichend gehaltvollen Rahmen setzt, der erkennbar auch unter Beachtung der Unionsgrundrechte konkretisiert werden soll (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 43 f.).
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Das hat die Antragstellerin hier weder substantiiert dargelegt, noch ist das sonst ersichtlich. Die Antragstellerin möchte sich mit ihrer noch zu erhebenden Verfassungsbeschwerde gegen einzelne Elemente der gesetzlichen Ausgestaltung der Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung wenden. Die Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung ist aber unionsrechtlich nicht geregelt. Zwar finden sich im Unionsrecht konkrete klimaschutzrechtliche Maßgaben zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen. Die Antragstellerin verweist insoweit zu Recht insbesondere auf Art. 4 der Verordnung (EU) 2018/842 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 zur Festlegung verbindlicher nationaler Jahresziele für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Zeitraum 2021 bis 2030 als Beitrag zu Klimaschutzmaßnahmen zwecks Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Übereinkommen von Paris sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 525/2013 (Abl EU Nr. L 156 vom 19. Juni 2018, S. 26). Danach hat jeder Mitgliedstaat seine Treibhausgasemissionen im Jahr 2030 im Vergleich zum Jahr 2005 zumindest um den Prozentsatz zu begrenzen, der für ihn in Anhang I festgelegt ist. Für Deutschland ist dort eine Reduktion um 38 % festgelegt. Ein gehaltvoller Rahmen im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 44) ergibt sich daraus für die Regelung des Kohleausstiegs jedoch nicht. Zwar setzt die konkrete Reduktionsvorgabe dem deutschen Gesetzgeber in quantitativer Hinsicht gehaltvolle Maßgaben für seine Bemühungen um die Reduktion von Treibhausgasemissionen, die insbesondere auf den Schutz von Leben, körperlicher Unversehrtheit und Umweltschutz (Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 37 GRCh) auszurichten sein dürften. Es steht auch außer Frage, dass die Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen beitragen kann. Eine bestimmte Kohlepolitik ist dem nationalen Umsetzungsgesetzgeber durch das Unionsrecht gleichwohl nicht vorgegeben. Das bestehende Unionsrecht regelt zwar das quantitative Klimaschutzziel, trifft aber keine näheren Bestimmungen zum Ob und Wie eines Kohleausstiegs (vgl. auch Art. 194 Abs. 2 Unterabsatz 2 AEUV). Der Hinweis der Antragstellerin, dass die Bundesregierung im nach der Governance-Verordnung (Verordnung <EU> 2018/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über das Governance-System für die Energieunion und für den Klimaschutz, zur Änderung der Verordnungen <EG> Nr. 663/2009 und <EG> Nr. 715/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 94/22/EG, 98/70/EG, 2009/31/EG, 2009/73/EG, 2010/31/EU, 2012/27/EU und 2013/30/EU des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 2009/119/EG und <EU> 2015/652 des Rates und zur Aufhebung der Verordnung <EU> Nr. 525/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates, Abl EU Nr. L 328 vom 21. Dezember 2018, S. 1) zu erstellenden Integrierten Nationalen Energie- und Klimaplan auch die schrittweise Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung bis spätestens 2038 als wichtigen Beitrag zum Klimaschutz angibt, erlaubt keine andere Bewertung: Ein unionsrechtlicher Rechtsrahmen für eine mitgliedstaatliche Regelung zum Kohleausstieg ergibt sich aus dem Integrierten Nationalen Energie- und Klimaplan der Bundesregierung trotz seiner unionsrechtlichen Einbindung offensichtlich nicht.
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(2) Selbst wenn - was nach voranstehenden Ausführungen ausgeschlossen ist - von einer Durchführung des Unionsrechts ausgegangen werden könnte, wäre die Frage der Grundrechtsberechtigung staatlicher Einrichtungen im vorliegenden Verfahren nicht wegen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zu bejahen.
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(a) Auch im Durchführungsfall (Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRCh) reicht im Umsetzungsspielraum eine Überprüfung der mitgliedstaatlichen Maßnahme am Maßstab des Grundgesetzes grundsätzlich aus. Das unionsrechtliche Grundrechtsschutzniveau ist hier regelmäßig durch die Grundrechte des Grundgesetzes mitgewährleistet. Eine Prüfung allein am Maßstab der deutschen Grundrechte ist nur dann nicht von vornherein ausreichend, wenn konkrete und hinreichende Anhaltspunkte vorliegen, dass hierdurch das grundrechtliche Schutzniveau des Unionsrechts nicht gewahrt sein könnte (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 6. November 2019 - 1 BvR 16/13 -, Rn. 67 ‒ Recht auf Vergessen I). Eine weitergehende Prüfung kann danach geboten sein, wenn konkrete und hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das unionsrechtliche Fachrecht für seine Durchführung trotz seiner Gestaltungsoffenheit ausnahmsweise engere grundrechtliche Maßgaben enthält (näher BVerfG, a.a.O., Rn. 68) oder dass trotz zulässiger Grundrechtsvielfalt die Vermutung, nach der das Schutzniveau der Charta durch die Anwendung der Grundrechte des Grundgesetzes mitgewährleistet ist, widerlegt sein könnte (näher BVerfG, a.a.O., Rn. 69).
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(b) Danach ist hier keine weitergehende Prüfung geboten.
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(aa) Da das Unionsrecht einen Kohleausstieg nicht regelt, enthält es auch keine engeren grundrechtlichen Maßgaben zur Grundrechtsberechtigung von Kohleunternehmen, die überwiegend von der öffentlichen Hand gehalten sind.
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(bb) Es ist aber auch nicht substantiiert dargetan, dass konkrete und hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Unionsgrundrechte den Mitgliedstaaten abverlangen könnten, die Grundrechtsberechtigung staatlicher und gemischtwirtschaftlicher Unternehmen mit überwiegender öffentlicher Beteiligung bezüglich der Eigentums- und Unternehmensfreiheit anzuerkennen, der Schutz juristischer Personen nach Art. 19 Abs. 3 GG dem Schutzniveau der Charta insoweit also nicht genügte.
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In der Charta ist eine entsprechende Verpflichtung der Mitgliedstaaten nicht geregelt. Aus dem von der Antragstellerin hierfür angeführten Art. 106 AEUV folgt das jedenfalls nicht ohne Weiteres. Die Vorschrift statuiert (Abs. 1) und begrenzt (Abs. 2) die wettbewerbsrechtliche Verantwortlichkeit öffentlicher und betrauter Unternehmen. Sie rechnet die Unternehmen damit konzeptionell der Sphäre des durch das (Wettbewerbs-)Recht der Union gebundenen, nicht aber berechtigten Mitgliedstaats zu (vgl. Gundel, in: Grabenwarter, Europäischer Grundrechteschutz, Bd. 2, 2014, § 2 Rn. 32). Der Europäische Gerichtshof hat eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Grundrechtsberechtigung staatlicher und gemischtwirtschaftlicher Unternehmen mit überwiegender öffentlicher Beteiligung anzuerkennen, nicht festgestellt.
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Ohne dass dies im vorliegenden Verfahren entscheidungserheblich wäre, bestünden gegen eine unionsrechtliche Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Grundrechtsberechtigung solcher Unternehmen anzuerkennen, in der Sache erhebliche Bedenken (vgl. aus dem deutschsprachigen Schrifttum etwa Gundel, in: Grabenwarter, Europäischer Grundrechteschutz, Bd. 2, 2014, § 2 Rn. 31 ff.; Hatje, in: Schwarze/Becker/Hatje/Schoo, EU-Kommentar, GRC, 4. Aufl. 2019, Art. 51 Rn. 7; Ruffert, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2016, Art. 16 GRC Rn. 3; Schwerdtfeger, in: Meyer/Hölscheidt, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 5. Aufl. 2019, Art. 51 Rn. 61; Wollenschläger, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 17 GRC Rn. 8 m.w.N.; tendenziell etwas großzügiger, ohne dabei aber näher zwischen der Grundrechtsberechtigung staatlicher Unternehmen gegenüber EU-Hoheitsgewalt und gegenüber mitgliedstaatlicher Hoheitsgewalt zu unterscheiden, Bernsdorff, in: Meyer/Hölscheidt, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 5. Aufl. 2019, Art. 16 Rn. 18; Jarass, GRCh, 3. Aufl. 2016, Art. 16 Rn. 11 m.w.N.; Art. 17 Rn. 17; Art. 51 Rn. 59; Kühling, in: Pechstein/Nowak/Häde, Frankfurter Kommentar EUV/GRC/AEUV, 1. Aufl. 2017, Art. 16 Rn. 5; Schwarze/Voet van Vormizeele, in: Schwarze/Becker/Hatje/Schoo, EU-Kommentar, 4. Aufl. 2019, Art. 16 Rn. 4). Dagegen spricht wiederum vor allem, dass es sich bei staatlichen Unternehmen nur um eine besondere Erscheinungsform der einheitlichen Staatsgewalt handelt, deren Bildung und Betätigung nicht Ausdruck der freien Entfaltung der privaten, natürlichen Personen ist (vgl. BVerfGE 143, 246 313 f. Rn. 188>). Es fehlt an hinter den Organisationseinheiten stehenden Menschen, die gegen hoheitliche Übergriffe zu schützen und deren Möglichkeiten einer freien Mitwirkung und Mitgestaltung im Gemeinwesen zu sichern letztlich Sinn von Grundrechten ist (vgl. BVerfGE 143, 246 316 Rn. 195> m.w.N.). Insofern mag sich die Funktion von Grundrechten von der Funktion der Grundfreiheiten im Binnenmarkt (vgl. Art. 26 Abs. 2 AEUV) unterscheiden, die das Unionsrecht auch staatlichen Unternehmen zuerkennt. In seinem Urteil zum beschleunigten Atomausstieg hat das Bundesverfassungsgericht für das Eigentumsgrundrecht festgestellt: "Eine besondere 'grundrechtstypische Gefährdungslage' ergibt sich jedenfalls nicht schon aus dem Umstand, dass auch das Eigentum eines staatlichen Unternehmens privatrechtlich - also als Privateigentum - ausgestaltet ist, den betreffenden Unternehmen mithin keine weitergehenden Rechte zustehen als privaten Marktteilnehmern. Denn in der Hand eines - sei es auch ausländischen - Staates dient das Eigentum nicht der Funktion, derentwegen es durch das Grundrecht geschützt ist, nämlich dem Eigentümer 'als Grundlage privater Initiative und in eigenverantwortlichem privatem Interesse von Nutzen' zu sein. Art. 14 GG als Grundrecht schützt nicht das Privateigentum, sondern das Eigentum Privater" (BVerfGE 143, 246 316 f. Rn. 195> m.w.N.).
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Zwar wird eine Grundrechtsberechtigung staatlicher Einrichtungen im Unionsrecht wie im deutschen Verfassungsrecht (oben I 1) hinsichtlich bestimmter Grundrechte für jene Einrichtungen in Betracht kommen, die unmittelbar einem durch bestimmte Grundrechte geschützten Lebensbereich zugeordnet sind oder ihm kraft ihrer Eigenart von vornherein zugehören, wie etwa Rundfunkanstalten, Universitäten und deren Fakultäten (vgl. Gundel, in: Grabenwarter, Europäischer Grundrechteschutz, Bd. 2, 2014, § 2 Rn. 30 m.w.N.; Hatje, in: Schwarze/Becker/Hatje/Schoo, EU-Kommentar, GRC, 4. Aufl. 2019, Art. 51 Rn. 7). Eine solche Einrichtung ist die Antragstellerin aber offenkundig nicht.
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Ob die Antragstellerin mit ihren Hinweisen auf zwei Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, Islamic Republic of Iran Shipping Lines v. Turkey, Urteil vom 13. Dezember 2007, Nr. 40998/98; Trans-petrol, a.s. v. Slovakia, Urteil vom 15. November 2011, Nr. 28502/08) substantiiert dargetan hat, dass konkrete und hinreichende Anhaltspunkte (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 6. November 2019 - 1 BvR 16/13 -, Rn. 69) für die Annahme bestehen, der Europäische Gerichtshof könnte der Charta eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten entnehmen, die Grundrechtsberechtigung staatlicher Unternehmen und gemischtwirtschaftlicher Unternehmen mit überwiegender öffentlicher Beteiligung anzuerkennen, ist zweifelhaft. Angesichts der sachlichen Einwände gegen die Zuerkennung einer materiellen Grundrechtsberechtigung staatlicher und gemischtwirtschaftlicher Unternehmen liegt eine Übertragung dieser Judikate auf die Grundrechtecharta nicht auf der Hand. Ob die Antragstellerin ihrer Begründungslast insofern bereits genügt hat, bedarf hier aber mangels Entscheidungserheblichkeit keiner abschließenden Beurteilung.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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