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BVerfG 27.07.2020 - 2 BvR 2132/19
BVerfG 27.07.2020 - 2 BvR 2132/19 - Stattgebender Kammerbeschluss: Wohnungsdurchsuchung (§§ 102, 105 StPO) verletzt bei objektiv willkürlicher Bejahung eines Anfangsverdachts das Grundrecht aus Art 13 Abs 1 GG (Unverletzlichkeit der Wohnung) - Einstellung eines Ermittlungsverfahrens wegen eines gleichgelagerten Delikts bietet keine Grundlage für Tatverdacht in neuerlichem Ermittlungsverfahren
Normen
Art 13 Abs 1 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 102 StPO, § 105 StPO, § 153 StPO
Vorinstanz
vorgehend LG Braunschweig, 29. Oktober 2019, Az: 8 Qs 194/19, Beschluss
vorgehend AG Braunschweig, 1. August 2019, Az: 3 Gs 1402/19, Beschluss
Tenor
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Der Beschluss des Amtsgerichts Braunschweig vom 1. August 2019 - 3 Gs 1402/19 - und der Beschluss des Landgerichts Braunschweig vom 29. Oktober 2019 - 8 Qs 194/19 - verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes.
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Der Beschluss des Landgerichts Braunschweig vom 29. Oktober 2019 - 8 Qs 194/19 - wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens an das Landgericht Braunschweig zurückverwiesen.
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Das Land Niedersachsen hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.
Gründe
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I.
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Die Beschwerdeführerin wendet sich mit der Verfassungsbeschwerde gegen die Durchsuchung ihrer Wohnung wegen des Verdachts der Sachbeschädigung im Zuge eines gegen sie geführten Ermittlungsverfahrens im Jahr 2019.
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1. Dem Ermittlungsverfahren 2019 ging 2018 ein gleichfalls gegen die Beschwerdeführerin als Beschuldigte geführtes Ermittlungsverfahren wegen Sachbeschädigung voraus.
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a) Anlass dieses Ermittlungsverfahrens war eine Strafanzeige der Zeugin E. Anfang April 2018 zu einem Vorfall am 31. März 2018. Darin schilderte die Zeugin, dass sie eine ihr unbekannte weibliche Person beobachtet und fotografiert habe, wie diese an zwei Gebäude in der Innenstadt von Braunschweig Graffiti aufsprühte. Im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen gab die Zeugin eine Täterinnenbeschreibung ab und übersandte fünf von ihr aufgenommene Fotoaufnahmen, auf denen die Täterin mit einer Kapuze bekleidet von hinten und von der Seite, teilweise unmittelbar beim Sprayen zu sehen ist. Das Gesicht der Täterin ist hierbei nicht erkennbar. Die Zeugin gab eine stichpunktartige Personenbeschreibung ab, in der sie folgende Eigenschaften der Täterin aufführte: "Weiblich, Anfang 20, Hell bis Mittel-Blond, Scheinbar längeres, gewelltes Haar, evtl Zopf unter Kapuze, Ungeschminkt, Kräftige Statur, Hat geraucht, Eher ungepflegt, Ca. 1,70m, Piercing am rechten Nasenflügel". Auf den Fotoaufnahmen ist zu sehen, dass die Täterin dunkle Kleidung und Schuhe der Marke "Vans" trägt. Außerdem ist ein Graffito zu erkennen, das aus den geschwungen gestalteten Buchstaben "KLYT" beziehungsweise "KLIT" besteht. Auf das abschließende T, welches als Kreuz ausgeführt ist, folgt eine lange die Hausfassade einnehmende Wellenlinie. Da der Schriftzug "KLIT" als Graffito bereits an anderen Stellen in der Braunschweiger Innenstadt aufgefallen war, ging die Polizei von einem Zusammenhang der verschiedenen Graffiti aus und führte diese Verfahren fortan zusammen.
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b) Ende April 2018 wurde die Beschwerdeführerin aus anderem Anlass polizeilich kontrolliert. Der die Kontrolle durchführende Polizeibeamte formulierte in einem Vermerk am 2. Mai 2018 die Vermutung, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um die Tatverdächtige der Sachbeschädigung vom 31. März 2018 handeln könne. Seine Annahme stützte er darauf, dass die äußeren Erscheinungsmerkmale der Beschwerdeführerin, insbesondere Körpergröße und Statur, Frisur und das Nasenpiercing zu der Täterbeschreibung der Zeugin E. passten und die Beschwerdeführerin identische Schuhe trage. Die Beschwerdeführerin sei der "eher alternativen linken Szene" zuzuordnen und "mit dem deutschen System der Strafverfolgung nach eigenen Angaben nicht einverstanden". Im Rahmen der daraufhin eingeleiteten weiteren Ermittlungen gegen die Beschwerdeführerin suchten Polizeibeamte ihre Ausbildungsstätte auf, wo sie den Mitarbeiterinnen der Einrichtung die Fotoaufnahmen von der Tatbegehung vorlegten. Die Zeuginnen gaben an, dass es sich bei der auf den Fotos von hinten und von der Seite zu sehenden Person "zu 70 Prozent" um die Beschwerdeführerin handele.
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c) Aufgrund eines Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts Braunschweig vom 6. Juli 2018 wurde die Wohnung der Beschwerdeführerin Mitte August 2018 durchsucht. Im Rahmen der Durchsuchung wurden unter anderem ein Notebook und eine externe Festplatte beschlagnahmt, deren Auswertung keinerlei tatrelevante Erkenntnis ergab. Während der Durchsuchung äußerte die Beschwerdeführerin, nicht die auf den Fotoaufnahmen abgebildete Person zu sein. Dies vermerkte einer der eingesetzten Polizeibeamten im Durchsuchungsbericht. Im Abschlussbericht der Polizei heißt es, die Beschwerdeführerin habe bei der Durchsuchung einen recht abgeklärten, nahezu vorbereiteten Eindruck gemacht.
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d) Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Braunschweig erließ das Amtsgericht Braunschweig am 26. Oktober 2018 einen Strafbefehl wegen Sachbeschädigung und verhängte eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 30 Euro. Mit dem hiergegen eingelegten Einspruch trug der Verteidiger der Beschwerdeführerin vor, dass diese sich zum Tatzeitpunkt nicht in Braunschweig, sondern in Herford aufgehalten habe, wofür er vier Zeugen benannte. Wie bereits vorab telefonisch mit dem Gericht erörtert, sei die Beschwerdeführerin zur Vermeidung einer Hauptverhandlung, die für sie mit psychischen Belastungen sowie Fehlstunden in ihrer Ausbildung und mit Reisebelastungen für die Zeugen einhergehen würde, bereit, einer Einstellung des Verfahrens gemäß § 153 Abs. 2 StPO zuzustimmen, sofern sie kostenrechtlich nach § 467 Abs. 1 StPO so gestellt würde, wie bei dem sonst zu erwartenden Freispruch. Mit Beschluss vom 10. Dezember 2018 stellte das Amtsgericht Braunschweig das Verfahren nach § 153 Abs. 2 StPO auf Kosten der Staatskasse und unter Erstattung der notwendigen Auslagen der Beschwerdeführerin ein.
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2. Ausgangspunkt des verfahrensgegenständlichen Ermittlungsverfahrens im Jahr 2019 war eine Strafanzeige der Zeugin B. vom 21. Juli 2019. Die Zeugin gab an, soeben in der Braunschweiger Innenstadt eine Frau beim Sprühen an eine Hauswand beobachtet und im Weggehen von hinten fotografiert zu haben. Die Täterin, die sie glaube wiedererkennen zu können, beschrieb die Zeugin wie folgt: "ca. 25-30 Jahre alt, 165-170 cm groß, junges Gesicht, keine Falten, dunkelblonde, geflochtene Haare, die bis zur Schulter reichen, große Ohrringe". Bei der kurze Zeit später durchgeführten Inaugenscheinnahme durch die Polizei wurden mehrere noch nicht getrocknete Graffiti-Schriftzüge mit den Buchstaben "KLIT" festgestellt und fotografiert. Die Aufnahmen zeigen einen kantigen Schriftzug, bei dem der I-Punkt herzförmig gestaltet ist.
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In dem daraufhin gefertigten Ermittlungsbericht vom 31. Juli 2019 regte die Polizeistation Braunschweig-Heidberg eine Wohnungsdurchsuchung bei der Beschwerdeführerin an. Zur Begründung führte die Polizei aus, dass in einem umfangreichen Ermittlungsverfahren 2018, das zu einer Einstellung nach § 153 StPO geführt habe, der Beschwerdeführerin "der Schriftzug 'KLIT' als individuelles Tag (Pseudonym eines Sprayer [sic]) zugeordnet" worden sei. Die damalige Täterin sei auch am helllichten Tage beim Sprayen des Schriftzuges "KLIT" beobachtet und fotografiert worden. Daraus ergebe sich "bei Verwendung des gleichen individuellen Schriftzuges […] zumindest ein Tatverdacht hinsichtlich der Begehung auch dieser Tat" durch die Beschwerdeführerin. Zudem lasse sich die vorliegende Täterinnenbeschreibung der Zeugin B. im Hinblick auf Alter, Größe, Haare und junges Gesicht auf die Beschwerdeführerin anwenden. Im Verfahren 2018 seien im Rahmen der Durchsuchung keine Gegenstände aufgefunden worden, die mit dem Deliktsfeld Graffiti in Verbindung gebracht werden konnten. Es sei aber gemutmaßt worden, dass die Beschwerdeführerin auf die Durchsuchung vorbereitet gewesen sei.
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3. Das Amtsgericht Braunschweig ordnete mit Beschluss vom 1. August 2019 die Durchsuchung der Wohnung mit allen Nebenräumen, eventuell vorhandener Geschäftsräume und des sonstigen umfriedeten Besitztums sowie der Person der Beschwerdeführerin und der ihr gehörenden Sachen nach Sprayutensilien wie Spraydosen, Permanentmarker, Black-Books, Skizzenblöcken, Vorlagen sowie Fotoapparaten, Videokameras, Computern, Handys und weiterer vergleichbarer Gegenstände sowie Täterinnenbekleidung an. In den Gründen des Beschlusses heißt es, die Beschwerdeführerin sei verdächtig, am 21. Juli 2019 in Braunschweig im Windfang eines näher bezeichneten Mehrfamilienhauses den Schriftzug "KLIT" zweimal auf die Wand aufgesprüht zu haben. Der Tatverdacht beruhe auf den Angaben der Zeugin B. und den polizeilichen Ermittlungen.
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4. Im Rahmen der am 6. August 2019 durchgeführten Durchsuchung wurden weder Graffitiutensilien noch der Täterinnenbekleidung ähnliche Kleidungsstücke aufgefunden. Zwei Laptops der Beschwerdeführerin wurden beschlagnahmt. Im Anschluss an die Durchsuchung wurde die Beschwerdeführerin erkennungsdienstlich behandelt. Die Zeugin B. schloss die Beschwerdeführerin in einer kurz darauf durchgeführten sequentiellen Wahllichtbildvorlage als Täterin aus. Auf eine Auswertung der Laptops der Beschwerdeführerin wurde daher verzichtet und das Ermittlungsverfahren gegen sie Ende August 2019 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.
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5. Der Verteidiger der Beschwerdeführerin legte bereits am 6. August 2019 Beschwerde gegen den Durchsuchungsbeschluss ein und beantragte festzustellen, dass die angeordnete Wohnungsdurchsuchung rechtswidrig gewesen sei und gegen Art. 13 Abs. 1 GG verstoßen habe.
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Ausreichende Anhaltspunkte zur Begründung eines Tatverdachts gegen die Beschwerdeführerin seien nicht erkennbar gewesen. Die Angaben und Fotoaufnahmen der Zeugin seien zur Identifizierung objektiv völlig ungeeignet, insbesondere, da die Person auf den Fotoaufnahmen lediglich von hinten zu sehen sei. Der gegen die Beschwerdeführerin erhobene Verdacht beruhe ausschließlich darauf, dass bereits 2018 gegen sie wegen Graffitisprühereien ermittelt worden sei. Schon die damalige Verdachtszuschreibung sei hingegen in objektiv willkürlicher Weise erfolgt. Die von der damaligen Zeugin gefertigten Fotoaufnahmen seien zur Identifizierung völlig ungeeignet gewesen, da darauf das Gesicht der Täterin ebenfalls nicht erkennbar gewesen sei. Die Statur und der Körperbau der auf den Lichtbildern jeweils abgebildeten Personen unterscheide sich so deutlich voneinander, dass die Hypothese, es handle sich um dieselbe Person, von vornherein haltlos gewesen sei. Die Beschwerdeführerin sei schon 2018 nicht die Täterin gewesen. Ein Freispruch sei nur deshalb nicht erfolgt, weil sie zur Vermeidung von Verfahrens- und Kostenaufwand eine Einstellung nach § 153 Abs. 2 StPO angeregt habe in der Erwartung, dass diese eine "ausreichende rehabilitierende Wirkung entfalten" werde.
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6. Das Amtsgericht Braunschweig half der Beschwerde mit Beschluss vom 16. September 2019 nicht ab und legte die Akten dem Landgericht Braunschweig zur Entscheidung vor. Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung hätten ausreichende Anhaltspunkte für eine durch die Beschwerdeführerin begangene Sachbeschädigung vorgelegen, insoweit werde auf den Polizeibericht vom 31. Juli 2019 verwiesen.
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7. Mit Beschluss vom 29. Oktober 2019 verwarf das Landgericht Braunschweig die Beschwerde "aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung sowie des Nichtabhilfebeschlusses", denen sich die Kammer nach eigener Prüfung anschließe und auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werde, als unbegründet.
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II.
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Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts Braunschweig vom 1. August 2019 und des Landgerichts Braunschweig vom 29. Oktober 2019 und rügt die Verletzung ihres Grundrechts aus Art. 13 Abs. 1 GG. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen aus dem fachgerichtlichen Verfahren.
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Der angenommene Tatverdacht habe allein aus dem im Jahr 2018 gegen sie eingeleiteten Ermittlungsverfahren resultiert. Es erscheine aber mit der Unschuldsvermutung unvereinbar, dass allein der Umstand, dass in der Vergangenheit ein Ermittlungsverfahren gegen eine Person anhängig gewesen sei, ohne weitere konkrete Anhaltspunkte für eine Täterschaft als verdachtsbegründender Umstand in einem neuen Ermittlungsverfahren gewertet werde. Bereits das Ermittlungsverfahren im Jahr 2018 habe nicht auf einem hinreichenden Tatverdacht beruht. Die damalige Verdachtszuschreibung sei vielmehr in objektiv willkürlicher Weise erfolgt. Insbesondere seien die von der damaligen Zeugin gefertigten Fotoaufnahmen zur Identifizierung völlig ungeeignet gewesen, da sie weder Gesichtszüge noch andere für eine Identifizierung geeignete individuelle Merkmale hätten erkennen lassen. Weitere für die Beschwerdeführerin als Täterin sprechende Umstände hätten nicht vorgelegen. Die Beschwerdeführerin sei weder strafrechtlich in Erscheinung getreten noch hätten Erkenntnisse bestanden, die sie in Zusammenhang mit Graffitisprühereien gebracht hätten. Im Rahmen der bei ihr durchgeführten Durchsuchung seien keine Beweismittel aufgefunden worden. Dies habe nicht als belastendes Indiz gewertet werden dürfen. Das auf diesem Sachverhalt beruhende Verfahren sei nach § 153 Abs. 2 StPO mit der Kostenfolge des § 467 Abs. 1 StPO als sogenannter "kleiner Freispruch" eingestellt worden. Die Nichtberücksichtigung all dieser Umstände bei der Prüfung des Tatverdachts vor Erlass des neuen Durchsuchungsbeschlusses im Jahr 2019 sei nicht vertretbar. Der Ermittlungsrichter habe bei Erlass des Durchsuchungsbeschlusses die vagen und nicht tatsachengestützten vermeintlichen Verdachtsmomente aus der Durchsuchungsanregung ohne eigene Prüfung übernommen. Dadurch, dass das Landgericht in seiner Beschwerdeentscheidung ohne eigene Sach- und Rechtsausführungen lediglich auf die Gründe des Durchsuchungsbeschlusses und des Nichtabhilfebeschlusses Bezug genommen habe, habe es die vom Amtsgericht verursachte Grundrechtsverletzung vertieft und perpetuiert.
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III.
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1. Zu der Verfassungsbeschwerde hat der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof Stellung genommen, während das Niedersächsische Justizministerium von einer Stellungnahme abgesehen hat. Der Generalbundesanwalt hält die Verfassungsbeschwerde für zulässig und begründet. Die Annahme eines Tatverdachts gegen die Beschwerdeführerin entbehre einer tatsächlichen Grundlage und sei als objektiv willkürlich anzusehen. Die Durchsuchung sei mit Art. 13 Abs. 1 GG nicht vereinbar.
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2. Die Akten des Ausgangsverfahrens und des dem Ausgangsverfahren vorangegangenen Ermittlungsverfahrens gegen die Beschwerdeführerin haben der Kammer vorgelegen.
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IV.
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Die Verfassungsbeschwerde wird zur Entscheidung angenommen, da dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte der Beschwerdeführerin angezeigt erscheint (§ 93b i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine der Verfassungsbeschwerde stattgebende Entscheidung der Kammer sind gegeben, da die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt sind und die zulässige Verfassungsbeschwerde offensichtlich begründet ist. Die Durchsuchungsanordnung des Amtsgerichts Braunschweig vom 1. August 2019 und die Verwerfung der dagegen gerichteten Beschwerde der Beschwerdeführerin durch den Beschluss des Landgerichts Braunschweig vom 29. Oktober 2019 verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 GG. Die Fachgerichte haben einen Anfangsverdacht der Sachbeschädigung unter Verkennung der Bedeutung des Wohnungsgrundrechts angenommen.
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1. Art. 13 Abs. 1 GG garantiert die Unverletzlichkeit der Wohnung. In diese grundrechtlich geschützte persönliche Lebenssphäre greift eine Durchsuchung schwerwiegend ein (vgl. BVerfGE 42, 212 219>; 96, 27 40>; 103, 142 150 f.>). Notwendiger, aber auch in Anbetracht der Eingriffsintensität einer Wohnungsdurchsuchung hinreichender Anlass für eine Durchsuchung ist der Verdacht, dass eine Straftat begangen wurde. Das Gewicht des Eingriffs verlangt auf konkreten Tatsachen beruhende Verdachtsgründe, die über vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen hinausreichen (vgl. BVerfGE 44, 353 371 f.>; 115, 166 197 f.>; BVerfGK 2, 290 295>; 5, 84 88>). Eine Durchsuchung darf somit nicht der Ermittlung von Tatsachen dienen, die zur Begründung eines Anfangsverdachts erst erforderlich sind, denn sie setzt einen Verdacht bereits voraus (vgl. BVerfGK 8, 332 336>; 11, 88 92>).
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Eine ins Einzelne gehende Nachprüfung des von den Fachgerichten angenommenen Verdachts ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts. Sein Eingreifen ist nur geboten, wenn die Auslegung und Anwendung der einfachrechtlichen Bestimmungen über die prozessualen Voraussetzungen des Verdachts (§ 152 Abs. 2, § 160 Abs. 1 StPO) als Anlass für die strafprozessuale Zwangsmaßnahme und die strafrechtliche Bewertung der Verdachtsgründe objektiv willkürlich sind oder Fehler erkennen lassen, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung der Grundrechte des Beschwerdeführers beruhen (vgl. BVerfGE 18, 85 92 ff.>; 95, 96 128>; 115, 166 199>; BVerfGK 5, 25 30 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 20. November 2019 - 2 BvR 31/19 -, juris, Rn. 24 m.w.N.).
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2. Die angegriffenen Entscheidungen beruhen auf einer solchen grundsätzlich unrichtigen Anschauung des Grundrechts aus Art. 13 Abs. 1 GG. Die Annahme eines Anfangsverdachts der Sachbeschädigung durch die Beschwerdeführerin erweist sich als willkürlich.
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Weder dem Durchsuchungsbeschluss noch der Beschwerdeentscheidung lassen sich sachlich zureichende, plausible Gründe dafür entnehmen, dass es sich bei der Täterin der Sachbeschädigung vom 21. Juli 2019 um die Beschwerdeführerin handelte. Die in Bezug genommene Aussage der Zeugin B. und der Ermittlungsbericht vom 31. Juli 2019 enthalten keine Tatsachen, die geeignet wären, den Tatverdacht gegen die Beschwerdeführerin zu richten.
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a) Die Angaben der Zeugin B. waren nicht geeignet, einen Anfangsverdacht gegen die Beschwerdeführerin zu begründen. Ihre Zeugenaussage enthielt keine Angaben, die konkret auf die Beschwerdeführerin als Täterin der Sachbeschädigung hingedeutet hätten. Insbesondere die Personenbeschreibung der Zeugin war allgemein und wies keine spezifischen Merkmale auf. Die von ihr beschriebenen Eigenschaften treffen in ihrer Allgemeinheit auf eine große Anzahl von Frauen zu, so dass eine individuelle Zuordnung zu einer bestimmten weiblichen Person auf dieser Grundlage kaum möglich erscheint. Individuelle Merkmale, die selten vorkommen und besonders auffällig sind (beispielsweise Narben, Tätowierungen, Piercings), hat die Zeugin indes nicht beschrieben. Die Beschreibung war jedenfalls ungeeignet, einen Tatverdacht gerade oder ausschließlich gegen die Beschwerdeführerin zu begründen, zumal die Ermittlungsakte im Zeitpunkt der Anordnung der Durchsuchung keine Beschreibung oder Fotoaufnahme der Beschwerdeführerin enthielt.
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b) Soweit die Durchsuchungsanordnung zudem auf die polizeilichen Ermittlungen gestützt wurde, waren auch diese nicht geeignet, einen Tatverdacht in Richtung der Beschwerdeführerin zu begründen. Der Ermittlungsbericht vom 31. Juli 2019, auf den das Amtsgericht Braunschweig in seiner Nichtabhilfeentscheidung Bezug genommen hat, enthält neben einer Schilderung der Anzeigeerstattung durch die Zeugin B. lediglich die Bewertung, dass der Beschwerdeführerin im Rahmen eines nach § 153 StPO eingestellten Ermittlungsverfahrens im Jahr 2018 der Schriftzug "KLIT" als individuelles Tag zugeordnet worden sei. Eine belastbare Tatsachengrundlage für diese Bewertung enthalten allerdings weder der Ermittlungsbericht noch die Ermittlungsakte im Übrigen.
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aa) Ungeachtet des Umstandes, dass sich bei näherer Betrachtung der Fotoaufnahmen beider Schriftzüge nicht unerhebliche Unterschiede in der Gestaltung erkennen lassen und die Bewertung, es handele sich um ein individuelles, einer bestimmten Person zuordenbares Tag, bereits deshalb zweifelhaft erscheint, lässt auch ein Vergleich der Fotoaufnahmen der abgebildeten Personen nicht den Schluss zu, es handele sich um dieselbe Täterin. Insofern fehlt es an vergleichbaren individuellen Merkmalen. Anhand der Fotoaufnahmen, die die Täterin jeweils von hinten beziehungsweise von der Seite zeigen, war jedenfalls keine Identifizierung der Beschwerdeführerin möglich.
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bb) Die weiter im Ermittlungsbericht enthaltene Feststellung der Polizei, die Täterinnenbeschreibung lasse sich, soweit es Alter, Größe, Haare und das junge Gesicht betreffe, auf die Beschwerdeführerin anwenden, erweist sich aufgrund der Allgemeinheit der Merkmale ebenfalls als ungeeignet, den Verdacht ausgerechnet auf die Beschwerdeführerin zu lenken.
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cc) Ebenso ungeeignet ist der im Ermittlungsbericht enthaltene Hinweis auf die Wohnungsdurchsuchung bei der Beschwerdeführerin. Die Feststellung, dass im Rahmen der Durchsuchung im Jahr 2018 bei der Beschwerdeführerin keine Gegenstände aufgefunden worden seien, die mit dem Deliktsfeld Graffiti in Zusammenhang stehen, legt eher nahe, dass die Beschwerdeführerin mit der Tat im Jahr 2018 gerade nicht in Verbindung gebracht werden konnte. Bei der Mutmaßung, die Beschwerdeführerin sei auf die Durchsuchung vorbereitet gewesen, handelt es sich um eine nicht durch Tatsachen gestützte Behauptung der Polizei.
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dd) Auch der Umstand, dass 2018 wegen eines gleichgelagerten Delikts ein Ermittlungsverfahren gegen die Beschwerdeführerin geführt und dieses nach § 153 StPO eingestellt wurde, begründet keine tragfähige Grundlage für die Annahme, die Beschwerdeführerin habe die Tat am 21. Juli 2019 begangen. Denn darin kommt lediglich zum Ausdruck, dass zu einem anderen Zeitpunkt durch die Ermittlungsbehörden ein Tatverdacht wegen Sachbeschädigung gegen die Beschwerdeführerin angenommen wurde und welche prozessuale Behandlung dieses Verfahren erfahren hat.
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Insbesondere die Verfahrenseinstellung nach § 153 StPO konnte für das Ermittlungsverfahren 2019 keine Aussagekraft entfalten. Eine Einstellung nach § 153 StPO lässt die verfassungsrechtlich garantierte Unschuldsvermutung unberührt. Denn Feststellungen zur Schuld zu treffen und Schuld auszusprechen, ist den Strafgerichten erst gestattet, wenn die Schuld eines Angeklagten in dem mit rechtsstaatlichen Verteidigungsgarantien ausgestatteten, bis zum prozessordnungsgemäßen Abschluss durchgeführten Strafverfahren nachgewiesen ist (vgl. BVerfGE 74, 358 372>; 82, 106 116>). Zwar schließt es die Unschuldsvermutung nicht aus, einen verbleibenden Tatverdacht festzustellen und zu bewerten, auch wenn dem Tatverdacht nicht weiter nachgegangen wird und das gesetzlich vorgeschriebene Verfahren zum Nachweis der Schuld nicht stattgefunden hat. Dabei muss aber erkennbar berücksichtigt werden, dass es sich nicht um eine gerichtliche Schuldfeststellung, sondern lediglich um einen Verdacht handelt (vgl. BVerfGE 82, 106 117>).
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Indem die Fachgerichte den polizeilichen Ermittlungsbericht, wonach der Beschwerdeführerin der Tag "KLIT" in einem anderen Verfahren zugeordnet worden sei, pauschal in Bezug nahmen, haben sie dieser Unterscheidung zwischen Schuldzuweisung und Verdacht nicht hinreichend Rechnung getragen.
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ee) Hiernach fehlte es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage, die geeignet gewesen wäre, den Verdacht der Sachbeschädigung gerade gegen die Beschwerdeführerin zu richten. Die Anordnung der Durchsuchung durch das Amtsgericht Braunschweig sowie die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts erweisen sich als objektiv willkürlich.
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V.
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Danach war festzustellen, dass der Beschluss des Amtsgerichts Braunschweig vom 1. August 2019 - 3 Gs 1402/19 - und der Beschluss des Landgerichts Braunschweig vom 29. Oktober 2019 - 8 Qs 194/19 - die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 GG verletzen (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 1 BVerfGG). Die Entscheidung des Landgerichts war aufzuheben (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG), während von einer Aufhebung des angegriffenen Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts aufgrund des bereits erfolgten Vollzugs abzusehen war (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 10. Januar 2018 - 2 BvR 2993/14 -, juris, Rn. 34). Die Sache ist an das Landgericht zurückzuverweisen, das angesichts der Feststellung der Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Durchsuchungsanordnung nur noch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden hat.
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Die Auslagenentscheidung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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