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BVerfG 27.02.2020 - 2 BvR 1494/16
BVerfG 27.02.2020 - 2 BvR 1494/16 - Nichtannahme einer unmittelbar gegen das Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung (§ 217 StGB) gerichteten Rechtssatzverfassungsbeschwerde - Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses infolge des Senatsurteils vom 26.02.2020, 2 BvR 1247/15 ua - Anordnung der Auslagenerstattung - Gegenstandswertfestsetzung
Normen
§ 34a Abs 3 BVerfGG, § 90 BVerfGG, § 14 Abs 1 RVG, § 37 Abs 2 S 2 RVG, § 217 StGB
Vorinstanz
vorgehend BVerfG, 26. Juni 2018, Az: 2 BvR 1494/16, Beschluss
Tenor
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1. Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen.
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2. Die Bundesrepublik Deutschland hat den Beschwerdeführern die notwendigen Auslagen für die Verfassungsbeschwerden zu erstatten.
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3. Der Gegenstandswert der Verfassungsbeschwerden wird auf 30.000 Euro (in Worten: dreißigtausend Euro) festgesetzt.
Gründe
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I.
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1. Die Verfassungsbeschwerden richten sich unmittelbar gegen § 217 des Strafgesetzbuches (StGB) in der Fassung des Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung vom 3. Dezember 2015 (BGBl I S. 2177). Die Vorschrift bedroht denjenigen mit Strafe, der in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt.
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2. Die Beschwerdeführer sind Ärzte, die in der ambulanten Palliativversorgung tätig sind. Sie sehen sich bei ihrer Berufsausübung wiederholt mit dem Wunsch schwerstkranker Patienten nach Suizidhilfe konfrontiert.
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Sie machen geltend, durch das Verbot des § 217 StGB in ihren Grundrechten aus Art. 4 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG verletzt zu sein, nicht nur weil die Regelung das im Einzelfall als Gebot ihres Gewissens empfundene Leisten von Suizidhilfe untersage, sondern auch, weil die Vorschrift mangels hinreichender Bestimmtheit nicht sicherstelle, dass sonstige, bislang zulässige und medizinisch indizierte Maßnahmen, etwa die ambulante Schmerzmittelversorgung oder die palliative Betreuung eines freiwilligen Verzichts auf Flüssigkeit und Nahrung, straffrei blieben.
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II.
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1. Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen, weil die hierfür nach § 93a Abs. 2 BVerfGG erforderlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind. Die Verfassungsbeschwerden haben weder grundsätzliche Bedeutung, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der Rechte der Beschwerdeführer erforderlich, weil sie aufgrund entfallenen Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig sind.
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a) Das Bundesverfassungsgericht hat die mit den Verfassungsbeschwerden angestrebte verfassungsrechtliche Überprüfung des § 217 StGB mit Urteil vom 26. Februar 2020 (2 BvR 2347/15, 2 BvR 651/16, 2 BvR 1261/16, 2 BvR 1593/16, 2 BvR 2354/16, 2 BvR 2527/16) vorgenommen und die Vorschrift unter anderem deshalb für mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig erklärt, weil das darin normierte Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung Ärzte, die anderen Hilfe zur Selbsttötung leisten möchten, in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG, subsidiär der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG, verletzt. Diese Entscheidung hat Gesetzeskraft (§ 31 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG).
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b) Für eine auf denselben Gegenstand zielende verfassungsgerichtliche Entscheidung über die im Wesentlichen inhaltsgleichen Grundrechtsrügen besteht daher kein Rechtsschutzbedürfnis mehr (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 10. August 2017 - 1 BvR 571/16 -, Rn. 17 f.). Die Beschwerdeführer haben keine verfassungsrechtlichen Fragen aufgeworfen, die über die im Urteil vom 26. Februar 2020 geprüften Einwände gegen das bereits für nichtig erklärte Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung in § 217 StGB hinausgehen.
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2. Die Auslagenentscheidung beruht auf § 34a Abs. 3 BVerfGG.
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a) Die Erstattung der Auslagen an die Beschwerdeführer entspricht der Billigkeit. Die maßgeblichen Rechtsfragen waren zum Zeitpunkt der Erhebung der Verfassungsbeschwerden nicht geklärt und die Verfassungsbeschwerden hatten, wie aus dem Urteil vom 26. Februar 2020 ersichtlich ist, Aussicht auf Erfolg.
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b) Allein die Tatsache, dass bereits zum Zeitpunkt der Erhebung der Verfassungsbeschwerden weitere Verfassungsbeschwerden erhoben waren, die sich gegen § 217 StGB richteten und zur Nichtigkeitserklärung dieser Vorschrift durch Urteil vom 26. Februar 2020 führten, hat nicht die Versagung der Auslagenerstattung zur Folge.
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Zwar sind einem Betroffenen, der Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz einlegt, obwohl für ihn erkennbar ist, dass bereits Verfassungsbeschwerden erhoben sind, die zur Überprüfung des Gesetzes durch das Bundesverfassungsgericht führen werden, in der Regel die notwendigen Auslagen auch dann nicht zu erstatten, wenn sich aufgrund einer Leitentscheidung des Bundesverfassungsgerichts ergibt, dass seine Verfassungsbeschwerde begründet war (vgl. BVerfGE 85, 117 123, 125 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 9. April 2018 - 1 BvR 790/12 -, Rn. 9 f.). Im Fall eigener Konfrontation mit einer Strafandrohung ist ein Beschwerdeführer indes nicht gehalten, darauf zu vertrauen, dass andere Normadressaten oder mittelbar von der Norm Betroffene die Strafvorschrift in einer den Begründungsanforderungen nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügenden Weise zur verfassungsrechtlichen Prüfung stellen, zumal sich diese Beurteilung hier den Erkenntnismöglichkeiten der Beschwerdeführer entzog.
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3. Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 14 Abs. 1, § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG. Unter Berücksichtigung der nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG maßgeblichen Umstände, insbesondere der subjektiven Bedeutung der Verfassungsbeschwerden, ist der Gegenstandswert nach billigem Ermessen auf 30.000 Euro festzusetzen.
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4. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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