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BVerfG 09.05.2017 - 1 BvR 943/17
BVerfG 09.05.2017 - 1 BvR 943/17 - Nichtannahmebeschluss: Keine Vorabentscheidung vor Rechtswegschöpfung (§ 90 Abs 2 S 2 BVerfGG) bzgl der Zulassung einer Vorschlagsliste zur Sozialversicherungswahl 2017 - zudem unzureichende Substantiierung der Verfassungsbeschwerde - eA-Antrag mangels Erschöpfung fachgerichtlichen Eilrechtsschutzes sowie mangels Darlegung der Zulässigkeit der Hauptsache unzulässig
Normen
§ 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 32 Abs 1 BVerfGG, § 90 Abs 2 S 1 BVerfGG, § 90 Abs 2 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 57 Abs 1 SGB 4, § 57 Abs 2 SGB 4, § 57 Abs 3 S 1 SGB 4, § 57 Abs 5 SGB 4
Vorinstanz
vorgehend SG Berlin, 27. März 2017, Az: S 17 R 662/17 ER, Beschluss
Tenor
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
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Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos (§ 40 Abs. 3 GOBVerfG).
Gründe
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Die mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundene Verfassungsbeschwerde betrifft die Sozialversicherungswahlen 2017, konkret die Zurückweisung der Vorschlagsliste "Freie Liste …" (früher: "Freie Liste Initiative gegen Altersarmut - IgA") für die Wahl zur Vertreterversammlung der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund).
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1. Annahmegründe für die Verfassungsbeschwerde (§ 93a Abs. 2 BVerfGG) liegen nicht vor. Sie ist unzulässig. So ist der Rechtsweg nicht erschöpft; dies gilt unabhängig davon, ob man die Verfassungsbeschwerde auf die Entscheidungen des Wahlausschusses und des Bundeswahlausschusses sowie das diesbezügliche sozialgerichtliche Verfahren in der Hauptsache oder auf das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bezieht. In der Hauptsache ist das Verfahren noch in erster Instanz anhängig, im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes liegt nur die Entscheidung des Sozialgerichts vor.
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Gründe für eine Vorabentscheidung auf der Grundlage von § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG sind vom Beschwerdeführer nicht hinreichend dargetan und im Übrigen nicht ersichtlich. Der Verweis auf den nahen Wahltermin (Ende Mai 2017) und die mit der weiteren Durchführung der Wahl verbundenen Kosten sind hierfür nicht ausreichend; sonst müssten auch entsprechende Gesichtspunkte für nahezu jede im Vorfeld einer Wahl erhobene Verfassungsbeschwerde gelten. Wollte man dies ausreichen lassen, würden sowohl die grundsätzlich enge Begrenzung des Ausnahmetatbestandes aus § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG (vgl. hierzu BVerfGE 22, 349 355>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 14. Oktober 2009 - 1 BvR 2436/09 -, juris, Rn. 10) als auch die aus § 57 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) ersichtliche gesetzliche Konzeption, nach der Rechtsschutz im Wahlverfahren - abgesehen von den einstweiligen Anordnungen nach § 57 Abs. 5 SGB IV - grundsätzlich nachträglich zu gewähren ist, weitgehend obsolet. Vorliegend erscheint zudem eine weitere fachgerichtliche Aufklärung in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht - etwa hinsichtlich der Entscheidung der Wahlorgane, bei bekanntem Geburtsdatum auf die Angabe der Versicherungsnummer seitens der Unterstützer anderer freier Listen zu verzichten, und deren Auswirkungen auf die Rechtsstellung des Beschwerdeführers als Listenvertreter (§§ 16 f. der Wahlordnung für die Sozialversicherung) einer aus anderen Gründen nicht zugelassenen Liste - sachgerecht und notwendig, bevor beurteilt werden kann, ob und gegebenenfalls welche verfassungsrechtlichen Fragen sich stellen.
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Überdies hat der Beschwerdeführer eine Verletzung in Grund- oder grundrechtsgleichen Rechten - auch in seiner Eigenschaft als Vertreter einer Vorschlagsliste - nicht hinreichend substantiiert dargetan. Der Sachverhalt ist der Begründung der Verfassungsbeschwerde selbst nicht hinreichend zu entnehmen. Es ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichtes, sich die notwendigen Informationen aus pauschal in Bezug genommenen Unterlagen herauszusuchen. Im Übrigen hat der Beschwerdeführer, der die Verletzung von Art. 20 und Art. 38 GG und von "grundlegenden Wahlrechtsgrundsätzen" rügt, die Möglichkeit einer Verletzung in Grund- oder grundrechtsgleichen Rechten und allgemein von spezifischem Verfassungsrecht nicht hinreichend substantiiert dargetan.
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2. Der Antrag auf einstweilige Anordnung im Sinne von § 32 BVerfGG kann keinen Erfolg haben. Er wird mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde gegenstandslos (§ 40 Abs. 3 GOBVerfG). Er war überdies als solcher unzulässig.
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Zunächst wahrt er den auch für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung geltenden Grundsatz der Subsidiarität nicht. Der Beschwerdeführer hat die im fachgerichtlichen Rechtsschutzsystem zur Verfügung stehenden Mittel einstweiligen Rechtsschutzes nicht erschöpft (vgl. zu diesem Erfordernis zuletzt BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. April 2017 - 1 BvQ 13/17 -, juris, Rn. 2). Gründe, warum ihm dies nicht zugemutet werden könnte, hat der Beschwerdeführer nicht hinreichend substantiiert dargetan.
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Im Übrigen muss ein Antragsteller, wenn er vorab einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz stellt, dartun, dass nachfolgend ein korrespondierender Hauptsacheantrag gestellt werden könnte, der nicht von vorneherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet wäre (vgl. zu diesem Erfordernis BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 29. Oktober 2013 - 1 BvQ 44/13 -, juris, Rn. 2). Er muss daher die zur hinreichenden Substantiierung einer Verfassungsbeschwerde notwendigen Ausführungen im Wesentlichen schon im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes machen. Insoweit führte das ungenügende Vorbringen des Beschwerdeführers zur Unzulässigkeit des Rechtsschutzbegehrens.
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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