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BVerfG 17.12.2014 - 1 BvR 3340/14
BVerfG 17.12.2014 - 1 BvR 3340/14 - Nichtannahmebeschluss: Rechtsschutz gegen die Nennung eines e.V. im Verfassungsschutzbericht eines Landes - hier: Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde bei noch ausstehendem Hauptsacheverfahren - zudem Rechtsschutzziel nicht mehr erreichbar, nachdem Verfassungsschutzbericht bei Beschwerdeerhebung bereits öffentlich war
Normen
Art 9 Abs 1 GG, § 90 Abs 2 BVerfGG, § 3 VerfSchutzG NW 1994, § 5 Abs 7 VerfSchutzG NW 1994, § 123 VwGO
Vorinstanz
vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 12. November 2014, Az: 5 B 1104/14, Beschluss
vorgehend VG Düsseldorf, 1. September 2014, Az: 22 L 1649/14, Beschluss
nachgehend BVerfG, 31. Mai 2022, Az: 1 BvR 564/19, Nichtannahmebeschluss
Gründe
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I.
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Der Beschwerdeführer ist ein eingetragener Verein, der im Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 2013 erwähnt wird. Er wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde, die mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbunden ist, gegen verwaltungsgerichtliche Entscheidungen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, mit denen sein Antrag abgelehnt wurde, dem Land bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu untersagen, den Verfassungsschutzbericht 2013 zu verbreiten, ohne zuvor alle Passagen über den Beschwerdeführer zu entfernen oder unleserlich zu machen.
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1. Der Beschwerdeführer beantragte im Juli 2014 beim Verwaltungsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO und machte das Hauptsacheverfahren anhängig. Es müsse insbesondere eine Veröffentlichung des gedruckten Werkes verhindert werden, da sich diese nach einer regelmäßig zeitnah erfolgenden Verbreitung nicht rückgängig machen lasse.
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Das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag ab. Nach derzeitigem Erkenntnisstand sei die Berichterstattung, soweit sie in Rechte des Beschwerdeführers eingreife, von § 5 Abs. 7 in Verbindung mit § 3 VSG NRW gedeckt. Der Beschwerdeführer habe keine Tatsachen glaubhaft gemacht, die Zweifel daran begründeten, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Berichterstattung vorlägen, das Land die Grenzen seines Ermessens überschritten habe oder die Berichterstattung in ihrer konkreten Art und Weise unverhältnismäßig in seine Rechte eingreife.
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Das Oberverwaltungsgericht wies die dagegen gerichtete Beschwerde zurück.
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2. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1, Art. 9 Abs. 1 und 3 und Art. 3 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG. Er verliere die Gemeinnützigkeit und werde durch die Nennung im Verfassungsschutzbericht stigmatisiert und herabgesetzt, könne keine neuen Mitglieder gewinnen oder Spenden einwerben. Der Verfassungsschutzbericht stütze sich nicht auf Positionen, die er selbst vertrete, sondern nur auf die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands und darauf, dass er mit dieser zusammenarbeite und sich nicht von ihr distanziere, was die Nennung mit ihren weitreichenden Folgen nicht rechtfertige.
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II.
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, denn Gründe für die Annahme im Sinne von § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten des Beschwerdeführers angezeigt. Sie bietet keine Aussicht auf Erfolg, denn ihrer Zulässigkeit steht der Grundsatz der Subsidiarität entgegen.
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1. Eine Verfassungsbeschwerde genügt nicht schon dann den Anforderungen von § 90 Abs. 2 BVerfGG, wenn der Rechtsweg formell erschöpft ist. Es müssen vielmehr alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergriffen werden, um die jeweils geltend gemachte Grundrechtsverletzung in dem unmittelbar mit ihr zusammenhängenden sachnächsten Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. BVerfGE 68, 384 388 f.>; 77, 381 401>; 81, 97 102>; 107, 395 414>; stRspr). Dies folgt aus dem Grundsatz der Subsidiarität, der in § 90 Abs. 2 BVerfGG seine gesetzliche Ausformung erhalten hat (vgl. BVerfGE 107, 395 414>). Beschwerdeführende, die sich gegen Entscheidungen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wenden, können daher grundsätzlich auf das Hauptsacheverfahren verwiesen werden. Ausnahmsweise gilt dies nur dann nicht, wenn gerade die Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes gerügt wird (vgl. BVerfGE 59, 63 84>), das Hauptsacheverfahren keine ausreichende Möglichkeit bietet, einer Rechtsverletzung abzuhelfen (vgl. BVerfGE 79, 275 279>; 104, 65 71>) oder die Beschreitung des Rechtswegs in der Hauptsache unzumutbar ist (vgl. BVerfGE 86, 46 49>).
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2. Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer rügt bereits nicht, die Verwaltungsgerichte hätten ihm effektiven Rechtsschutz versagt. Seine Rügen betreffen vielmehr die Rechtmäßigkeit der Erwähnung im Verfassungsschutzbericht und damit Grundrechtsverletzungen, die sich auf die Hauptsache beziehen.
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Der Beschwerdeführer konnte im Zeitpunkt der Erhebung der Verfassungsbeschwerde am 14. Dezember 2014 sein Ziel, eine Veröffentlichung der Druckfassung zu verhindern, mit dem Eilverfahren zudem nicht mehr erreichen. Die Druckversion des Berichts ist zwischenzeitlich veröffentlicht worden. Der Bericht wurde im Mai 2014 vorgestellt und auf der Internetseite des Innenministeriums veröffentlicht; er kann dort in der gedruckten Fassung bestellt werden. Mit Schreiben vom 2. Dezember 2014 (veröffentlicht von der Fraktion der Piraten im Landtag unter redmine.piratenfraktion-nrw.de/attachments/download/35473//MMV16-2506.pdf) hat der Innenminister zudem 60 Druckfassungen des Verfassungsschutzberichts an die Landtagspräsidentin zur Information der Mitglieder des Hauptausschusses übersandt. Auch insofern ist eine Verweisung auf die Hauptsache zumutbar, das eine hinreichende Möglichkeit bietet, die hinsichtlich der Nennung im Verfassungsschutzbericht aufgeworfenen Rechtsfragen zu beantworten. Es ist auch nicht ersichtlich, dass ein Abwarten auf die Hauptsache aus anderen Gründen unzumutbar wäre.
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Die Voraussetzungen für eine Vorabentscheidung nach § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG liegen im Übrigen nicht vor.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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