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BFH 17.05.2017 - VI R 34/15
BFH 17.05.2017 - VI R 34/15 - Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung nach der ICSI-Methode als außergewöhnliche Belastungen
Normen
§ 33 Abs 1 EStG 2009, § 1 Abs 1 Nr 3 ESchG, § 1 Abs 1 Nr 5 ESchG, EStG VZ 2010, § 33 Abs 2 EStG 2009
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 28. April 2015, Az: 8 K 1792/13, Urteil
nachgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 5. November 2019, Az: 8 K 2315/17, Beschluss
Leitsatz
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1. Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung können nicht als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG abgezogen werden, wenn die Behandlung nach inländischen Maßstäben nicht mit dem ESchG oder anderen Gesetzen vereinbar ist.
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2. Ein Verstoß gegen § 1 Abs. 1 Nr. 5 ESchG liegt nicht vor, wenn zwar mehr als drei Eizellen befruchtet werden, aber lediglich ein oder zwei entwicklungsfähige Embryonen zum Zwecke der Übertragung entstehen sollen und der Behandlung eine vorherige sorgfältige individuelle Prognose zugrunde liegt (sog. deutscher Mittelweg).
Tenor
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Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 28. April 2015 8 K 1792/13 aufgehoben.
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Die Sache wird an das Finanzgericht Baden-Württemberg zurückverwiesen.
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Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.
Tatbestand
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I.
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Streitig ist die Abziehbarkeit von Aufwendungen für künstliche Befruchtungen als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
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Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) leidet an einer sog. Subfertilität aufgrund einer Spermienanomalie. Im Streitjahr (2010) wurden bei der Ehefrau (E) des Klägers, mit der er damals noch nicht verheiratet war, im Wege der intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) mehrere Versuche unternommen, eine Schwangerschaft herbeizuführen. Auf diese Weise wurden zunächst vier, dann sieben Eizellen befruchtet. Nach Durchführung der sog. Blastozystenkultur (extrakorporale Kultur während der ersten vier bis sechs Tage nach Vornahmen der ICSI) wurden E die jeweils verbliebenen zwei Embryonen eingesetzt. Die Behandlung fand in einer Klinik in X (Österreich) statt.
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In seiner Einkommensteuererklärung für 2010 machte der Kläger für die Behandlung angefallene Kosten in Höhe von 17.261,62 € als außergewöhnliche Belastungen geltend. Bei den Aufwendungen handelte es sich um an die spätere Ehefrau des Klägers gerichtete Rechnungen der "IVF ... " sowie auf diese ausgestellte Apothekenrezepte.
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Im Einkommensteuerbescheid für 2010 lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Berücksichtigung der Aufwendungen ab. Gegen den Bescheid legte der Kläger Einspruch ein.
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Mit Schreiben vom 27. November 2012 teilte das FA dem Kläger mit, gemäß dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10. Mai 2007 III R 47/05 (BFHE 218, 141, BStBl II 2007, 871) könnten Kosten für eine In-vitro-Fertilisation außergewöhnliche Belastungen sein, wenn die Maßnahmen in Übereinstimmung mit den Richtlinien der ärztlichen Berufsordnungen vorgenommen worden seien. Es werde daher eine Bescheinigung der Klinik oder der Krankenkasse benötigt, dass die durchgeführten Maßnahmen mit den Richtlinien der ärztlichen Berufsordnungen nach deutschem Recht übereinstimmten. Dies beziehe sich insbesondere auf das deutsche Embryonenschutzgesetz (ESchG).
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Daraufhin übersandte der Kläger dem FA eine Stellungnahme der Klinik. Darin war u.a. ausgeführt, es könne nicht bestätigt werden, dass der Wortlaut des deutschen ESchG im Sinne der "Dreier-Regel" eingehalten worden sei.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 29. April 2013 wies das FA den Einspruch des Klägers zurück. Die Klage hatte keinen Erfolg.
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Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
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Er beantragt,
das Urteil des Finanzgerichts (FG) Baden-Württemberg vom 28. April 2015 8 K 1792/13 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2010 vom 22. Juli 2011 i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 29. April 2013 dahingehend zu ändern, dass die mit der reproduktionsmedizinischen Behandlung im Zusammenhang stehenden Aufwendungen in Höhe von 17.261,63 € als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden.
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Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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1. Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen. Aufwendungen entstehen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann, soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG).
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a) In ständiger Rechtsprechung geht der BFH davon aus, dass Krankheitskosten --ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung-- dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit oder mit dem Ziel erbracht werden, die Krankheit erträglich zu machen (BFH-Urteile vom 17. Juli 1981 VI R 77/78, BFHE 133, 545, BStBl II 1981, 711; vom 13. Februar 1987 III R 208/81, BFHE 149, 222, BStBl II 1987, 427; vom 20. März 1987 III R 150/86, BFHE 149, 539, BStBl II 1987, 596; vom 2. September 2010 VI R 11/09, BFHE 231, 69, BStBl II 2011, 119).
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b) Im Hinblick auf die für den Abzug nach § 33 EStG erforderliche Zwangsläufigkeit wird nicht danach unterschieden, ob ärztliche Behandlungsmaßnahmen oder medizinisch erforderliche Hilfsmittel der Heilung dienen oder lediglich einen körperlichen Mangel ausgleichen sollen. Deshalb werden regelmäßig auch Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, obwohl der körperliche Mangel durch die betreffende Maßnahme nicht behoben, sondern nur "umgangen" oder kompensiert wird (Senatsurteil vom 16. Dezember 2010 VI R 43/10, BFHE 232, 179, BStBl II 2011, 414). Dementsprechend erkennt der BFH in ständiger Rechtsprechung Aufwendungen für die künstliche Befruchtung als Behandlung bei Sterilität an, wenn diese in Übereinstimmung mit den Richtlinien der Berufsordnungen für Ärzte vorgenommen wird (BFH-Urteile vom 28. Juli 2005 III R 30/03, BFHE 210, 355, BStBl II 2006, 495; in BFHE 218, 141, BStBl II 2007, 871; vom 21. Februar 2008 III R 30/07, BFH/NV 2008, 1309; Senatsurteil in BFHE 232, 179, BStBl II 2011, 414).
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c) Voraussetzung ist allerdings weiter, dass die den Aufwendungen zugrunde liegende Behandlung mit der innerstaatlichen Rechtsordnung im Einklang steht. Denn eine nach nationalem Recht verbotene Behandlung kann keinen zwangsläufigen Aufwand i.S. des § 33 Abs. 1 EStG begründen. Vielmehr ist von den Steuerpflichtigen zu erwarten, dass sie gesetzliche Verbote beachten. Aufwendungen für nach objektiv-rechtlichen Maßstäben verbotene Behandlungsmaßnahmen sind selbst dann nicht zwangsläufig, wenn sie nicht straf- oder bußgeldbewehrt sind (Urteil des Bundessozialgerichts vom 18. November 2014 B 1 KR 19/13 R, BSGE 117, 212, Rz 11 zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung) oder wegen eines Strafausschließungsgrundes nicht geahndet werden (FG Düsseldorf, Urteil vom 9. Mai 2003 18 K 7931/00 E, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2003, 1548; FG München, Beschluss vom 21. Februar 2000 16 V 5568/99, EFG 2000, 496). Als außergewöhnliche Belastungen sind daher Kosten für eine künstliche Befruchtung nur zu berücksichtigen, wenn die aufwandsbegründende Behandlung insbesondere nicht gegen das ESchG verstößt und --wie bereits unter b) ausgeführt--mit den Richtlinien der Berufsordnungen für Ärzte im Einklang steht.
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2. Das FG hat seiner Entscheidung zwar diesen Rechtsmaßstab zugrunde gelegt. Es hat aber zu Unrecht angenommen, § 1 Abs. 1 Nr. 5 ESchG verbiete, mehr als drei Eizellen zu befruchten, ferner widerspreche die streitige ICSI den Richtlinien der Berufsordnungen für Ärzte. Das Urteil des FG ist daher aufzuheben. Die Sache ist jedoch nicht spruchreif. Denn anhand der Feststellungen des FG lässt sich nicht abschließend beurteilen, ob die vorgenommenen Behandlungen insbesondere den Vorgaben des ESchG entsprechen.
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a) Das FG hat allerdings zutreffend die erhebliche Einschränkung der Fertilität des Klägers als Krankheit und die ICSI grundsätzlich als die erforderliche medizinische Heilbehandlung beurteilt, um eine Schwangerschaft herbeizuführen (Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 21. September 2005 IV ZR 113/04, BGHZ 164, 122, Rz 13).
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b) Entgegen der Auffassung des FG verbieten die Berufsordnungen der Ärzte jedoch bei einer ICSI nicht, mehr als drei Eizellen zu befruchten.
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Die von den Landesärztekammern erlassenen Berufsordnungen legen fest, dass bei speziellen medizinischen Maßnahmen oder Verfahren, die ethische Probleme aufwerfen und zu denen die Ärztekammer Richtlinien zur Indikationsstellung und zur Ausführung als Bestandteil der Berufsordnung festgelegt hat, die Ärztinnen und Ärzte diese zu beachten haben. Dies gilt auch für die sog. Richtlinie zur assistierten Reproduktion. Die Landesärztekammern haben bis auf den Freistaat Bayern sowie die Länder Berlin und Brandenburg auf der Grundlage der (Muster-)Richtlinie zur Durchführung der assistierten Reproduktion der Bundesärztekammer --Novelle 2006-- (Muster-RL) --Deutsches Ärzteblatt 2006, 1392-- eigene Richtlinien zur assistierten Reproduktion erlassen. Zusätzlich enthält die Muster-RL einen Kommentar, der nicht verbindlich ist und den lediglich einige Landesärztekammern übernommen haben.
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Nach 5.1 der in die Richtlinien der Landesärztekammern übernommenen Muster-RL ist Ziel der Sterilitätstherapie die Herbeiführung einer Einlingsschwangerschaft, da diese das geringste Risiko für Mutter und Kind darstellt. Daher sei es bei Patientinnen unter 38 Jahren zu empfehlen, im ersten oder zweiten ICSI-Versuch nur zwei Embryonen zu transferieren. Nach 3.1.2 der Muster-RL dürfen maximal drei Embryonen einzeitig auf die Mutter übertragen werden. Nach den Feststellungen des FG wurden der späteren Ehefrau des Klägers jeweils zwei Embryonen eingesetzt. Zwar ist in der Kommentierung zu 3.1.2 der Muster-RL u.a. ausgeführt, dass § 1 Abs. 1 Nr. 5 ESchG es verbiete, mehr Eizellen zu befruchten, als einer Frau während eines Zyklus übertragen werden sollen, weshalb es nicht zulässig sei, mehr als drei Eizellen zu befruchten. Diese Ausführungen sind jedoch nicht verbindlich und in die Richtlinien der Landesärztekammern auch nicht übernommen worden. Mithin ist die Schlussfolgerung des FG, eine Befruchtung von mehr als drei Eizellen stehe nicht mit den Richtlinien der Berufsordnung für Ärzte im Einklang, nicht zutreffend.
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c) Auch § 1 Abs. 1 Nr. 5 ESchG steht der Befruchtung von mehr als drei Eizellen nicht entgegen. Die Vorschrift erlaubt dem Arzt vielmehr, so viele Eizellen zu befruchten, wie nach seiner Beurteilung unter Berücksichtigung des individuellen Prognoseprofils der Patientin und des Paares erforderlich sind, um einerseits entwicklungsfähige, für den Transfer vorgesehene Embryonen zu erhalten und andererseits höhergradige Mehrlingsschwangerschaften zu verhindern (sog. deutscher Mittelweg).
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aa) Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 ESchG wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer es unternimmt, innerhalb eines Zyklus mehr als drei Embryonen auf eine Frau zu übertragen. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 ESchG wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer es unternimmt, mehr Eizellen einer Frau zu befruchten, als ihr innerhalb eines Zyklus übertragen werden sollen. Während § 1 Abs. 1 Nr. 3 ESchG die Entstehung von höhergradigen Mehrlingsschwangerschaften unterbinden will (Günther in Günther/ Taupitz/Kaiser, Embryonenschutzgesetz, 2. Aufl., § 1 Abs. 1 Nr. 5, Rz 6), bezweckt § 1 Abs. 1 Nr. 5 ESchG, das Entstehen überzähliger Embryonen sowie eine künstliche Befruchtung "auf Vorrat" zu verhindern (Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zum Schutz von Embryonen, BTDrucks 11/5460, S. 9; Günther in Günther/Taupitz/Kaiser, a.a.O., § 1 Abs. 1 Nr. 5, Rz 1, 3; Frommel, Journal für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie --J.Reproduktionsmed.Endokrinol.-- 2007, 27, 28).
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bb) Der Wortlaut der Vorschrift legt die Zahl der Eizellen, die höchstens befruchtet werden dürfen, nicht fest. Verboten ist vielmehr nur, mehr Eizellen zu befruchten, als "innerhalb eines Zyklus übertragen werden sollen". Da nicht Eizellen, sondern nur Embryonen übertragen werden, legt der Wortlaut des § 1 Abs. 1 Nr. 5 ESchG die Auslegung nahe, dass diejenige Anzahl von Eizellen befruchtet werden darf, aus der sich voraussichtlich so viele Embryonen entwickeln werden, wie innerhalb eines Zyklus der Frau übertragen werden dürfen (Khosravi, Die Strafbarkeit nach dem Embryonenschutzgesetz und Stammzellengesetz, 2017, S. 52; Frommel/Thaler, Frauenarzt, 2015, S. 14 f.; Frommel, J.Reproduktionsmed.Endokrinol. 2007, S. 27 f.). Wäre eine starre Begrenzung auf die Zahl drei nicht nur hinsichtlich der Befruchtung von Eizellen beabsichtigt gewesen, so hätte dies der Gesetzgeber nicht nur in § 1 Abs. 1 Nr. 3 ESchG, sondern auch in § 1 Abs. 1 Nr. 5 ESchG aufnehmen können. Dies hat er nicht getan, obwohl die SPD-Fraktion im Gesetzgebungsverfahren einen Änderungsantrag eingebracht hatte, nach dem es unter Strafe gestellt werden sollte, bei einer Frau mehr als drei befruchtungsfähige Eizellen zu gewinnen, zu befruchten und auf sie zu übertragen (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks 11/8057, S. 14). Die Ablehnung dieses Vorschlags lässt den Schluss zu, dass die Zahl der Eizellen, die innerhalb eines Zyklus befruchtet werden dürfen, gerade nicht ziffernmäßig beschränkt werden sollte, sondern die Regelung nur verhindern soll, dass bewusst mehr entwicklungsfähige Embryonen erzeugt werden, als innerhalb eines Zyklus auf die Frau übertragen werden dürfen. Hierfür spricht überdies, dass der Gesetzgeber im Gesetzgebungsverfahren zum ESchG der Auffassung war, dass nur 80 % der Befruchtungsversuche erfolgreich abgeschlossen werden könnten (BTDrucks 11/5460, S. 9). Er ging demnach selbst davon aus, dass es zur Gewinnung von drei transferfähigen Embryonen der Befruchtung von mehr als drei Eizellen bedurfte (Khosravi, a.a.O., S. 50 ff.; Frommel, J.Reproduktionsmed.Endokrinol. 2007, S. 27, 29).
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cc) Der Zweck des § 1 Abs. 1 Nr. 5 ESchG steht dieser Auslegung nicht entgegen. Die Vorschrift soll --wie ausgeführt-- dem Entstehen "überzähliger" Embryonen entgegenwirken, die nicht innerhalb eines Zyklus auf die Frau übertragen werden können, von der die befruchteten Eizellen stammen; ferner will die Vorschrift eine künstliche Befruchtung "auf Vorrat" verhindern. Die Festlegung auf eine jeweils gleiche Anzahl von Eizellen in § 1 Abs. 1 Nr. 5 ESchG einerseits und Embryonen in § 1 Abs. 1 Nr. 3 ESchG andererseits wäre nur sinnvoll, wenn aus jeder Eizelle letztlich auch ein transferierbarer Embryo entstünde (so auch Staatsanwaltschaft München I, Verfügung vom 24. Juli 2014 124 Js 202366/13, Zeitschrift für Medizinstrafrecht --medstra-- 2015, 64). Dies ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr reifen altersabhängig durchschnittlich nur 20 % bis 30 % der Eizellen im Vorkernstadium überhaupt zu Blastozysten heran und nur diese haben überhaupt ein realistisches Potenzial auf die Entstehung einer Schwangerschaft (Ziller, gynkongress 2016, 9). Legte man § 1 Abs. 1 Nr. 5 ESchG dahin aus, dass nur jeweils drei Eizellen befruchtet werden dürften (so Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 1 Abs. 1 Nr. 5 ESchG Rz 8), wären die Erfolgschancen im Hinblick auf die Herbeiführung einer Schwangerschaft derartig gering, dass eine erfolgsversprechende Behandlung nicht mehr gewährleistet wäre.
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dd) Für die Verwirklichung des Tatbestands des § 1 Abs. 1 Nr. 5 ESchG ("sollen") kommt es damit entscheidend darauf an, welchen Zweck der behandelnde Arzt mit der gewählten Vorgehensweise verfolgt (Günther in Günther/Taupitz/Kaiser, a.a.O., § 1 Abs. 1 Nr. 5, Rz 20, 24). Beabsichtigt er das Entstehen von lediglich ein bis zwei entwicklungsfähigen Embryonen zum Zwecke der Übertragung, so widerspricht die Behandlung selbst dann nicht den Vorgaben des ESchG, wenn trotz sorgfältiger Prognose und individuell angepasster Vorgehensweise im Einzelfall unbeabsichtigt mehr entwicklungsfähige Embryonen entstehen sollten. Damit ist der sog. deutsche Mittelweg mit den Regelungen des ESchG vereinbar, wenn anhand der individuell maßgeblichen Parameter (z.B. Alter, Gewicht, Vorerkrankungen) aufgrund einer sorgfältigen und individuellen Prognose so viele Eizellen befruchtet werden, dass voraussichtlich ein oder zwei entwicklungsfähige Embryonen entstehen, die dann übertragen werden sollen (gl. A. Staatsanwaltschaft München I, Verfügung vom 24. Juli 2014 124 Js 202366/13, medstra 2015, 64; Amtsgericht --AG-- Wolfratshausen, Urteil vom 30. April 2008 6 C 677/06; AG Kitzingen, Urteil vom 7. Oktober 2011 3 C 781/10; AG München, Urteil vom 27. April 2012 242 C 10202/11; Günther in Günther/Taupitz/Kaiser, a.a.O., § 1 Abs. 1 Nr. 5, Rz 8, 23; Khosravi, a.a.O., S. 50 ff.; Frommel, J.Reproduktionsmed.Endokrinol. 2007, 27, 28, 30, 31, 32; Frommel/Thaler, Frauenarzt 2015, 14, 15; Ziller, gynkongress 2016, 9).
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d) Das FG hat --von seinem Standpunkt aus zu Recht-- bisher nicht geprüft, ob die aufwandsbegründenden Behandlungen dem sog. deutschen Mittelweg entsprechen. Der Senat kann dies anhand der Feststellungen der Vorentscheidung nicht entscheiden. Hinsichtlich des ersten Behandlungsversuchs unter Verwendung von vier befruchteten Eizellen bestehen für den Senat nach vorstehenden Ausführungen grundsätzlich keine Zweifel. Ob dies auch für den zweiten Behandlungsversuch unter Verwendung von sieben Embryonen zutrifft, ist aufgrund einer individuellen Prognose zum Zeitpunkt der Befruchtung der Eizellen zu entscheiden. Insoweit wird das FG die erforderlichen Feststellungen im zweiten Rechtsgang mit Hilfe eines Sachverständigengutachtens nachholen (vgl. Senatsurteile vom 6. Februar 2014 VI R 61/12, BFHE 244, 395, BStBl II 2014, 458; vom 26. Juni 2014 VI R 51/13, BFHE 246, 326, BStBl II 2015, 9).
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e) Ergibt sich danach, dass die Behandlungen im Einklang mit dem ESchG stehen, steht einem Abzug als außergewöhnliche Belastungen nicht entgegen, dass die für die Behandlung gestellten Rechnungen an die spätere Ehefrau des Klägers gerichtet waren. Die Aufwendungen dienten dazu, eine Fertilitätsstörung des Klägers auszugleichen, und waren als insgesamt auf dieses Krankheitsbild abgestimmte Heilbehandlung darauf gerichtet, die Störung zu überwinden und die Krankheit zu lindern (vgl. BGH-Urteil in BGHZ 164, 122). Die Behandlung ist insoweit ebenso wie eine heterologe Insemination (Senatsurteil in BFHE 232, 179, BStBl II 2011, 414) als untrennbare Einheit zu sehen. Mithin sind auch die spätere Ehefrau betreffende Behandlungsmaßnahmen Aufwendungen zur Behandlung einer Krankheit des Klägers, die dieser als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd geltend machen kann, soweit er sie --wie im Streitfall-- getragen hat.
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3. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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