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BFH 29.07.2015 - X R 4/14
BFH 29.07.2015 - X R 4/14 - Auskunftsersuchen an Dritte ohne vorherige Sachverhaltsaufklärung beim Steuerpflichtigen - Auskunftsersuchen als anfechtbarer Verwaltungsakt - Fortsetzungsfeststellungsklage
Normen
Art 2 Abs 1 GG, § 93 Abs 1 S 1 AO, § 93 Abs 1 S 3 AO, § 208 Abs 1 S 1 Nr 2 AO, § 208 Abs 1 S 1 Nr 3 AO, § 208 Abs 1 S 3 AO, § 100 Abs 1 S 4 FGO, § 102 S 1 FGO, § 118 S 1 AO
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 13. März 2013, Az: 3 K 34/09, Urteil
Leitsatz
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Die Finanzbehörde darf sich erst dann unmittelbar an andere Personen als den Beteiligten (sog. Dritte) wenden, wenn sie es im Rahmen einer vorweggenommenen Beweiswürdigung aufgrund konkret nachweisbarer Tatsachen als zwingend ansieht, dass der Versuch der Sachverhaltsaufklärung durch den Beteiligten erfolglos bleiben wird.
Tenor
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Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts des Landes Sachsen Anhalt vom 13. März 2013 3 K 34/09 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
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I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
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In der Zeit vom 17. Dezember 2007 bis zum 29. Juni 2010 führte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) eine steuerliche Außenprüfung beim Kläger durch, die sich auf die Einkommensteuern, Umsatzsteuern und Gewerbesteuermessbeträge 2002 bis 2004 erstreckte.
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Eine Außenprüfung für die Vorjahre hatte zu einer Erhöhung der Erlöse um 8.530,69 DM geführt. Grundlage hierfür war eine Kontrollmitteilung, in der von einer "Ausgleichszahlung" bzw. "Bonuszahlung" einer Geschäftspartnerin des Klägers, der A, die Rede war. Ein entsprechendes Klageverfahren wegen Umsatzsteuer wurde beim Finanzgericht (FG) unter dem Aktenzeichen 3 K 923/07 geführt.
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Am 16. Oktober 2008 richtete das FA für die Streitjahre ein Auskunftsersuchen betreffend Provisionszahlungen an die A. Diese antwortete am 21. Oktober 2008, dem Kläger in den Jahren 2003 und 2004 insgesamt drei "Ausgleichszahlungen" geleistet zu haben.
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Am 22. Oktober 2008 richtete das FA --ohne den Kläger hierzu vorab um Auskunft gebeten zu haben-- das im vorliegenden Verfahren streitgegenständliche Auskunftsersuchen an die B, einer weiteren Geschäftspartnerin des Klägers. Es wies hinsichtlich der Auskunftspflicht auf § 93 der Abgabenordnung (AO) hin und führte weiter aus: "in der o.g. Steuersache ist die Sachaufklärung mit den Beteiligten nicht möglich." Ausweislich eines Vermerks des FA bezweckte dieses zweite Auskunftsersuchen, "die Prüfung zu vervollständigen", indem auch der zweite Lieferant um Auskunft gebeten werde.
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Mit Schreiben vom 24. Oktober 2008 erklärte die B dem FA, sie habe mit dem Kläger reine Handelsgeschäfte betrieben, für die dieser entsprechende Wiederverkaufsrabatte erhalten habe. Provisionszahlungen seien weder vereinbart noch geleistet worden. Am selben Tage richtete sie ein Schreiben an den Kläger, in dem sie ihre Verwunderung über das Auskunftsersuchen zum Ausdruck brachte. Sie verstehe nicht, warum der Kläger dem FA nicht mitteile, von der B niemals Provisionen erhalten zu haben.
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Am 27. Oktober 2008 legte der Kläger Einspruch gegen das an die B gerichtete Auskunftsersuchen ein.
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Nach einem Gespräch zwischen den Beteiligten stellte das FA mit Schreiben vom 25. November 2008 den Sachverhalt gegenüber der B klar. Den vom Kläger aufrechterhaltenen Einspruch verwarf das FA mit Entscheidung vom 23. Dezember 2008 als unzulässig.
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Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem FG vorgetragen, im Zuge einer aktuell laufenden steuerlichen Außenprüfung seien nach seinem Erkenntnisstand Auskunftsersuchen zu ausländischen Sachverhalten ergangen, ohne dass er zuvor gehört oder befragt worden sei. Die Vertreter des FA konnten in der mündlichen Verhandlung hierzu keine Auskunft geben und erklärten, dass sie sich zu der zukünftigen Praxis bei Auskunftsersuchen nicht äußern wollten. Ausgenommen hiervon seien solche gegenüber der B, an die keine weiteren Auskunftsersuchen ergehen sollten, soweit diese Provisionserlöse beträfen.
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Die am 8. Januar 2009 erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage hatte Erfolg.
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Das FG ging davon aus, die Fortsetzungsfeststellungsklage sei zulässig, da Wiederholungsgefahr drohe. Der Kläger exportiere und importiere weiterhin Waren und müsse bei Außenprüfungen auch künftig mit Auskunftsersuchen rechnen, ohne dass er vorab zu dem jeweiligen Sachverhalt befragt werde. Dies ergebe sich aus dem Verhalten bzw. den Erklärungen der Vertreter des FA in der mündlichen Verhandlung.
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Ein Rehabilitationsinteresse des Klägers vermochte das FG dagegen aufgrund der Klarstellung im Schreiben des FA an die B nicht (mehr) zu erkennen.
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Das Auskunftsersuchen sei ermessensfehlerhaft gewesen, da es gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen habe. Soweit Prüfungsfeststellungen --wie im Streitfall-- zu der Annahme des FA Anlass gäben, ein Steuerpflichtiger habe Einnahmen nicht erklärt, führe dies nicht per se dazu, dass das FA zwecks weiterer Ermittlungen sogleich Dritte um Auskunft ersuchen könne. Es komme vielmehr auf die Qualität und Quantität der festgestellten nicht erklärten Betriebseinnahmen an, etwa ihren erheblichen Umfang, die ggf. auch eine Vielzahl von Geschäftsbeziehungen beträfen.
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Im konkreten Fall lägen keine Auffälligkeiten hinsichtlich der Geschäftsbeziehung zur B vor, auch habe es sich bei den Provisionen des anderen Geschäftspartners um einen einmaligen Vorgang gehandelt. Der Umfang dieser Provisionen sei gering gewesen. Ein atypischer Streitfall i.S. des § 93 Abs. 1 Satz 3 AO könne nicht angenommen werden.
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Mit der Revision rügt das FA, das FG habe gegen materielles Recht verstoßen.
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Das FA habe die Vorgaben des § 93 Abs. 1 Satz 3 AO eingehalten. Es habe konkrete Hinweise auf nicht vollständig erklärte Betriebseinnahmen gegeben. Zusätzlich zu der einschlägigen Kontrollmitteilung anlässlich der Betriebsprüfung in den Vorjahren habe eine konkrete Auskunft der A zu Provisionserlösen in der laufenden Betriebsprüfung vorgelegen. Eine anlasslose Ermittlung oder eine solche "ins Blaue hinein" lägen nicht vor.
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Der Prüfer habe im Rahmen seiner Prognose durchaus die Antwort des Klägers vorwegnehmen dürfen und von einer voraussichtlichen Erfolglosigkeit einer solchen Anfrage ausgehen können. Die Antwort des Klägers abzuwarten und sich anschließend trotzdem an den Dritten zu wenden, sei eine leere Formalie und verletze den Grundgedanken des § 93 Abs. 1 Satz 3 AO. Diese Vorschrift solle in erster Linie den Dritten vor unnötigen Anfragen der Finanzverwaltung und dem damit verbundenen Aufwand schützen, auch wenn der Steuerpflichtige ein schützenswertes Interesse daran habe, dass seine steuerlichen Verhältnisse geheim blieben. Ein Selbstzweck sei die Reihenfolge der Befragung gerade nicht.
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Die Kritik des Klägers an der Begründung des Auskunftsersuchens übersehe, dass dieses gegenüber dem Dritten ergehe und die möglichst weitgehende Geheimhaltung der steuerlichen Verhältnisse des Klägers gewährleiste.
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Vorliegend überschreite das FG seine Befugnisse nach § 102 der Finanzgerichtsordnung (FGO), wenn es die Verhältnismäßigkeit verneine.
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Das Gebot des fairen Verfahrens werde nicht verletzt. Es existiere keine Pflicht zur Vorabinformation wie beim Kontenabruf nach § 93 Abs. 9 AO.
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Das FA beantragt,
das angefochtene Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Ein plausibler Anlass zur Befragung der B habe nicht vorgelegen. Dieser sei auch nicht aufgrund der diversen Auskünfte der A konstruierbar.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist nicht begründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
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1. Die Klage ist zulässig. Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass das streitige Auskunftsersuchen des FA rechtswidrig gewesen ist.
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a) Im Streitfall haben die Prüfer Auskunft über Provisionen verlangt. Ein solches Auskunftsersuchen ist ein anfechtbarer Verwaltungsakt i.S. des § 118 Satz 1 AO (vgl. zum Auskunftsersuchen als Verwaltungsakt z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 5. April 1984 IV R 244/83, BFHE 140, 518, BStBl II 1984, 790, m.w.N.). Aufgrund der am 29. Oktober 2008 von der B erteilten Auskunft hat sich dieser Verwaltungsakt vor der Klageerhebung erledigt.
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b) In einem solchen Fall kann, wie im Streitfall geschehen, beim FG gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO eine Fortsetzungsfeststellungsklage mit dem Begehren erhoben werden, festzustellen, dass der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist. Das hierfür erforderliche Feststellungsinteresse wird von der Rechtsprechung (u.a.) dann bejaht, wenn eine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr besteht (Senatsurteil vom 22. August 2012 X R 36/09, BFHE 239, 203, BStBl II 2014, 109, unter II.1.b).
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Diese ist im Streitfall gegeben, weil --wie schon das FG nach Würdigung der Umstände festgestellt hat-- das FA nicht ausschließen wollte, auch künftig --wie z.B. in der während der mündlichen Verhandlung im Klageverfahren stattfindenden Betriebsprüfung-- wiederum Auskunftsersuchen an Dritte zu richten, ohne dass der Kläger vorher zu dem Sachverhalt befragt werde.
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2. Das FG hat die Klage zu Recht im Rahmen seiner Prüfungskompetenz nach § 102 FGO als begründet angesehen. Das Auskunftsersuchen des FA an die B ist rechtswidrig gewesen.
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a) Vorliegend hat das FG den Ermessensgebrauch des FA anhand des Zwecks des § 93 Abs. 1 Satz 3 AO überprüft und im Rahmen seiner Prüfungskompetenz aus § 102 FGO gehandelt.
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Es hat lediglich die fehlerfreie Ermessensausübung durch das FA kontrolliert und nicht etwa nach einer besseren, zweckmäßigeren oder sachgerechteren Lösung gesucht (Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 102 Rz 1).
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b) Zu Recht geht das FG davon aus, das FA habe von seinem Ermessen in einer dem Zweck des § 93 Abs. 1 Satz 3 AO nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht.
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aa) Nach § 93 Abs. 1 AO haben Beteiligte und andere Personen der Finanzbehörde die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Im Rahmen ihrer Verpflichtung, den maßgebenden Sachverhalt zur Durchsetzung materiell-rechtlich begründeter Steueransprüche aufzuklären (§§ 85, 88 AO), darf sich die Finanzbehörde derjenigen Beweismittel bedienen, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält (§ 92 Satz 1 AO). Zu diesen Beweismitteln zählen auch Auskünfte anderer Personen als der Beteiligten im Besteuerungsverfahren (§ 92 Satz 2 Nr. 1 AO). Die rechtliche Befugnis zu solchen Auskunftsverlangen ergibt sich aus § 93 Abs. 1 Satz 1 AO (vgl. hierzu und auch zum Nachfolgenden: BFH-Urteil vom 4. Oktober 2006 VIII R 53/04, BFHE 215, 12, BStBl II 2007, 227).
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Die Inanspruchnahme dieser Befugnisse verstößt grundsätzlich nicht gegen verfassungsrechtliche Grundsätze (BFH-Urteil vom 22. Februar 2000 VII R 73/98, BFHE 191, 211, BStBl II 2000, 366, m.w.N.; dazu Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 15. November 2000 1 BvR 1213/00, BStBl II 2002, 142).
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bb) Für ihr Tätigwerden bedürfen die Finanzbehörden indes eines hinreichenden Anlasses. Ermittlungen "ins Blaue hinein" sind unzulässig (BFH-Urteil in BFHE 215, 12, BStBl II 2007, 227, m.w.N.).
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(1) Die Finanzämter sind --ungeachtet der besonderen Aufgabenzuweisung an die Fahndungsstellen nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 AO-- nach § 208 Abs. 3 AO nicht gehindert, in derselben Sache wie die Fahndung tätig zu werden oder sich sogar bestimmte Ermittlungen vorzubehalten. Sie können z.B. eine Außenprüfung anordnen oder selbst Einzelermittlungen gemäß § 88 Abs. 1 AO durchführen (BFH-Urteil in BFHE 215, 12, BStBl II 2007, 227, unter II.2.b; zur Abgrenzung vgl. BFH-Urteil vom 25. November 1997 VIII R 4/94, BFHE 184, 255, BStBl II 1998, 461, m.w.N.).
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Die Finanzbehörden dürfen das nach ihrer Auffassung zweckmäßigste Mittel für die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen auswählen und zwar auch im Hinblick auf eine mögliche Steuerstraftat. Dies gilt gleichermaßen, wenn nicht zu erwarten ist, dass der Steuerpflichtige den steuerlich erheblichen Sachverhalt offenlegt. Auch in einem solchen Fall besteht regelmäßig kein zwingender Anlass, die Verwaltung von vornherein ausschließlich auf den Einsatz der Steuerfahndung zu verweisen (vgl. hierzu und zum Nachstehenden: BFH-Urteil in BFHE 215, 12, BStBl II 2007, 227, m.w.N.).
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(2) Ein hinreichender Anlass liegt nicht erst vor, wenn ein begründeter Verdacht dafür besteht, dass steuerrechtliche Unregelmäßigkeiten gegeben sind. Vielmehr genügt es, wenn aufgrund konkreter Umstände oder aufgrund allgemeiner Erfahrung ein Auskunftsersuchen angezeigt ist.
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Danach dürfen Auskünfte von anderen Personen schon dann eingeholt werden, wenn die Finanzbehörde im Rahmen ihrer Tätigkeit --sei es aufgrund konkreter Momente, sei es aufgrund allgemeiner Erfahrung-- zu dem Ergebnis gelangt ist, die Auskünfte könnten zur Aufdeckung steuererheblicher Tatsachen führen (ferner BVerfG-Urteil vom 9. März 2004 2 BvL 17/02, BVerfGE 110, 94, BStBl II 2005, 56, unter C.III.3.a ee der Gründe).
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Zu den steuerlich erheblichen Tatsachen zählt alles, was die finanzbehördlichen Entscheidungen in einem steuerrechtlichen Verwaltungsverfahren beeinflussen kann (vgl. Schuster in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 93 AO Rz 10).
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Die in diesem Sinne erheblichen, mitzuteilenden "Tatsachen" müssen lediglich im Rahmen einer Prognoseentscheidung möglich sein (BFH-Urteil vom 29. Oktober 1986 VII R 82/85, BFHE 148, 108, BStBl II 1988, 359, ständige Rechtsprechung). Die Finanzbehörde hat hierüber im Wege einer vorweggenommenen Beweiswürdigung zu befinden (BFH-Urteile vom 18. Februar 1997 VIII R 33/95, BFHE 183, 45, BStBl II 1997, 499; vom 30. März 1989 VII R 89/88, BFHE 156, 88, BStBl II 1989, 537, ständige Rechtsprechung). Im Interesse der gesetzmäßigen und gleichmäßigen Besteuerung und zur Verwirklichung des verfassungsrechtlich gebotenen Verifikationsprinzips sind die Anforderungen an diese Prognoseentscheidung nicht zu hoch anzusetzen (vgl. BFH-Urteil vom 23. Oktober 1990 VIII R 1/86, BFHE 162, 539, BStBl II 1991, 277). Insbesondere darf noch unklar sein, ob der Vorgang steuerbar ist und ob er im Ergebnis zu einer Steuerpflicht führt. § 93 Abs. 1 AO ist nicht auf die Fälle beschränkt, in denen Anhaltspunkte vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass möglicherweise eine Steuerschuld entstanden oder die Steuer verkürzt worden ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 162, 539, BStBl II 1991, 277). Nur dann, wenn klar und eindeutig jeglicher Anhaltspunkt für die Steuererheblichkeit fehlt, ist das Auskunftsverlangen rechtswidrig (weiterführend, auch zur Prognoseentscheidung: BFH-Urteil in BFHE 215, 12, BStBl II 2007, 227, unter II.2.b, m.w.N.).
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cc) Nach § 93 Abs. 1 Satz 3 AO sollen andere Personen als die Beteiligten erst dann zur Auskunft angehalten werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht. Durch die Ausgestaltung der Norm als Sollvorschrift kommt zum Ausdruck, dass die Behörde in der Regel nach ihr verfahren muss (BFH-Urteil in BFHE 156, 88, BStBl II 1989, 537). Dieses Subsidiaritätsprinzip ist eine spezielle Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (so auch Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 93 AO Rz 17). Nur in atypischen Fällen darf die Finanzbehörde hiervon abweichen, wobei am Zweck der Vorschrift zu messen ist, ob ein solcher atypischer Fall vorliegt (BFH-Urteil vom 24. Oktober 1989 VII R 1/87, BFHE 158, 502, BStBl II 1990, 198, unter II.2.b, m.w.N.).
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Unterstrichen wird dies auch im Vergleich zu den Befugnissen der Steuerfahndung nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 AO. Aufgabe der Steuerfahndung nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ist die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen in den Fällen von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten. Nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO ist es daneben Aufgabe der Steuerfahndung, unbekannte Steuerfälle aufzudecken und zu ermitteln. In beiden Fällen gelten gemäß § 208 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 AO die Einschränkungen des § 93 Abs. 1 Satz 3 AO nicht (so auch ausdrücklich BFH-Urteil in BFHE 148, 108, BStBl II 1988, 359, unter II.4.c; ebenso jüngst BFH-Urteil vom 16. Mai 2013 II R 15/12, BFHE 241, 211, BStBl II 2014, 225, unter II.1.b). Folglich gilt außerhalb der Tätigkeit der Steuerfahndung die besondere Herangehensweise bei Auskunftsersuchen an Dritte: Vor dem Auskunftsersuchen an Dritte ist im Regelfall der Steuerpflichtige zu befragen.
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Hierdurch wird auch dem doppelten Zweck des § 93 Abs. 1 Satz 3 AO entsprochen. Danach soll zum einen vermieden werden, dass Nichtbeteiligte Einblick in die steuerlich relevanten Verhältnisse der Beteiligten erhalten, zum anderen sollen dem Dritten die mit der Auskunft verbundenen Mühen erspart werden (so Schuster in HHSp, § 93 AO Rz 82; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 93 AO Rz 17; Eich, Der AO-Steuer-Berater 2004, 18, 20).
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dd) Atypische Fälle im Zusammenhang mit § 93 Abs. 1 Satz 3 AO hat die bisherige BFH-Rechtsprechung vereinzelt angenommen.
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Ausnahmen vom sog. Subsidiaritätsprinzip hat die bisherige BFH-Rechtsprechung dann angenommen, wenn
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der Beteiligte unbekannt ist (z.B. BFH-Urteil in BFHE 215, 12, BStBl II 2007, 227) oder
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der Beteiligte nicht mitwirkt (z.B. BFH-Urteil in BFHE 156, 88, BStBl II 1989, 537).
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Kein solch atypischer Fall lag dem Streitfall zugrunde. Weder war die Identität des Beteiligten (Klägers) unbekannt noch hat der Beteiligte (Kläger) die Mitwirkung verweigert.
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ee) Der Senat vermag im Streitfall auch keinen weiteren atypischen Fall zu erkennen.
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Es liegt im Interesse des Klägers, dass Dritte jedenfalls zunächst nichts über eine laufende Betriebsprüfung und --aus Sicht der Prüfer-- möglicherweise nicht erklärte Provisionserlöse erfahren. Er hat ein Anrecht darauf, dass seine Reputation nicht beschädigt wird und seine Geschäftspartner nicht den Eindruck bekommen, er vernachlässige seine steuerlichen Pflichten. Dies ist Ausdruck seines Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung. Zudem entspricht es den Interessen der Dritten, nur in Ausnahmefällen in fremde Besteuerungsverfahren einbezogen zu werden.
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Etwas anderes könnte nur gelten, wenn von vornherein feststeht, dass der Beteiligte entweder nicht mitwirken wird oder --was vorliegend allein relevant erscheint-- die Erfolglosigkeit seiner Mitwirkung offenkundig ist. Auf letztes kann eine Finanzbehörde aufgrund des bisherigen Verhaltens des Beteiligten bei konkreten nachweisbaren Fakten im Rahmen einer vorweggenommenen Beweiswürdigung schließen. Nicht ausreichend ist es, eine solche Beweiswürdigung schon dann als vertretbar zu werten, wenn sie (nur) nicht willkürlich erfolgte (so aber Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 93 AO Rz 20).
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Ermächtigt eine Norm wie § 93 Abs. 1 AO zu Eingriffen in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, so muss dieser --auch im engeren Sinne-- verhältnismäßig sein. Dies bedeutet, die Schwere des Eingriffs darf bei einer Gesamtabwägung nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe stehen (vgl. nur BVerfG-Beschluss vom 29. September 2013 2 BvR 939/13, wistra 2014, 16, unter II.1., m.w.N., ständige Rechtsprechung). Dabei muss beachtet werden, welche Möglichkeiten der Grundrechtsträger hat, eine eventuelle Grundrechtsbeeinträchtigung oder jedenfalls weitere Folgen des Eingriffs abwehren zu können. Wird eine Maßnahme heimlich durchgeführt, so ist es dem Betroffenen faktisch verwehrt, sich gegen sie im Voraus zur Wehr zu setzen (so schon BVerfG-Beschluss vom 13. Juni 2007 1 BvR 1550/03, 1 BvR 2357/04, 1 BvR 603/05, BVerfGE 118, 168, unter C.I.3.d cc (1)).
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Folglich muss die Finanzbehörde es im Rahmen der vorweggenommenen Beweiswürdigung aufgrund konkreter Tatsachen als zwingend ansehen, dass die Mitwirkung des Beteiligten erfolglos bleiben wird.
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Im Streitfall konnte die Finanzbehörde im Rahmen der vorweggenommenen Beweiswürdigung nicht aufgrund konkreter Tatsachen davon ausgehen, dass die Mitwirkung des Klägers erfolglos bleiben wird.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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