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BFH 11.02.2014 - VIII R 25/12
BFH 11.02.2014 - VIII R 25/12 - Zufluss von Kapitaleinnahmen aus Schneeballsystemen
Normen
§ 8 Abs 1 EStG 1990, § 11 Abs 1 S 1 EStG 1990, § 20 Abs 1 Nr 7 EStG 1990, § 20 Abs 2 S 1 Nr 1 EStG 1990
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht des Saarlandes, 10. Mai 2012, Az: 1 K 2327/03, Urteil
Leitsatz
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1. Gutschriften aus Schneeballsystemen führen zu Einnahmen aus Kapitalvermögen, wenn der Betreiber des Schneeballsystems bei entsprechendem Verlangen des Anlegers zur Auszahlung der gutgeschriebenen Beträge leistungsbereit und leistungsfähig gewesen wäre (Bestätigung der Rechtsprechung).
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2. An der Leistungsbereitschaft des Betreibers des Schneeballsystems kann es fehlen, wenn er auf einen Auszahlungswunsch des Anlegers hin eine sofortige Auszahlung ablehnt und stattdessen über anderweitige Zahlungsmodalitäten verhandelt. Einer solchen Verweigerung oder Verschleppung der Auszahlung steht es nicht gleich, wenn der Betreiber des Schneeballsystems den Anlegern die Wiederanlage nahelegt, um den Zusammenbruch des Schneeballsystems zu verhindern, die vom Anleger angeforderten Teilbeträge jedoch auszahlt.
Tatbestand
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I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) schloss als "Auftraggeber" mit dem Bankkaufmann C (C) am 6. Juli 1992 eine Vereinbarung über eine Kapitalanlage. Über den Zufluss von Kapitaleinkünften anderer Steuerpflichtiger in den Streitjahren 1994 und 1995, die eine vergleichbare Anlage mit C vereinbart hatten, hat der Senat bereits mit Urteil vom 16. März 2010 VIII R 4/07 (BFHE 229, 141, BStBl II 2014, 147) entschieden (zur Vermögensteuer s. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22. September 2010 II R 62/08, BFH/NV 2011, 7).
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Nach der Vereinbarung vom 6. Juli 1992 und einer zugehörigen Anlage betrug die anfängliche Anlagesumme 50.000 DM und wurde dem C für fünf Jahre auf einem Sonderkonto als Treuhänder zur Verfügung gestellt. Die Anlagesumme sollte mit Anlagebeträgen anderer Anleger zusammengefasst (gepoolt) werden, weshalb der Kläger auf eine vorzeitige Rückzahlung des Anlagebetrags verzichten musste.
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C sollte nach der Vereinbarung mit dem Kläger selbst als "Anleger" einen bestimmten Geldbetrag ("Anlagekapital") bei noch nicht benannten "Partnern" anlegen. Das Anlagekapital sollte durch eine Bankgarantie abgesichert und mit 12 % p.a. verzinst werden. Zudem sollte ein "Bonus" von weiteren 12 % p.a. gezahlt werden. C standen als Vergütung gegenüber dem Kläger und dessen verstorbener Ehefrau 5 % des Anlageertrags zu.
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Als Verwaltungsgesellschaft zur Abwicklung der Kapitalanlage war vereinbarungsgemäß die X mit Sitz in Vaduz eingeschaltet. Bei dieser handelte es sich um eine Briefkastengesellschaft.
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Von 1992 bis 1999 wurden durch C über 40 Anleger mit einem Anlagekapital von über 6 Mio. DM geworben. Ein erheblicher Teil des Anlagekapitals wurde veruntreut, sodass bereits bis 1994 ein Großteil des eingesammelten Kapitals nicht mehr vorhanden war. C konnte bis etwa Mitte 1994 alle Zinsansprüche durch Zahlung auf die Konten der Anleger begleichen. Ab Mitte 1994 bis 1997 ging er dazu über, die Anleger telefonisch zur Neuanlage der Erträge ohne Auszahlung aufzufordern. Die Neuanlagen erfolgten formlos ohne erneute schriftliche Vereinbarung. C zahlte jedoch auch in diesem Zeitraum auf Verlangen der Anleger gutgeschriebene Erträge aus, wenn der Anleger darauf bestand. Er wurde im Jahr 2007 zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.
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C erteilte dem Kläger auch in den Streitjahren durch die X "offizielle" Abrechnungen (unter dem Briefkopf der X) und "inoffizielle Abrechnungen" (ohne Briefkopf der X – "nur zu Ihrer persönlichen Information").
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Zwischen dem 17. Juli 1992 und dem 1. März 1995 zahlten der Kläger und dessen verstorbene Ehefrau insgesamt 152.000 DM zum Zweck der Kapitalanlage an C. Sie richteten vereinbarungsgemäß bei einer schweizerischen Bank zwei Konten ein, auf die von C die in den Abrechnungen gutgeschriebenen Beträge überwiesen wurden. Im Zeitraum bis Ende 1993 wurden dem Kläger und seiner verstorbenen Ehefrau auf diese Konten insgesamt 32.700 DM überwiesen und abgehoben. Hierbei handelte es sich um die ihnen gegenüber als "Erträge" abgerechneten Beträge.
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Im Streitjahr 1994 wurden dem Kläger durch C Abrechnungen über Erträge in Höhe von 13.600 DM (zum 30. April 1994), 14.400 DM (zum 31. August 1994) und 14.180 DM (zum 31. Dezember 1994) erteilt. Von dem Gesamtbetrag in Höhe von 42.180 DM ließ sich der Kläger 18.780 DM, nämlich 13.600 DM aus der Abrechnung zum 30. April und 5.180 DM aus der Abrechnung zum 31. Dezember 1994 auszahlen. Im Streitjahr 1995 wurden dem Kläger Abrechnungen über Erträge zum 30. April 1995 in Höhe von 15.200 DM, zum 31. August 1995 in Höhe von 19.300 DM und zum 31. Dezember 1995 in Höhe von 20.700 DM erteilt. Hiervon ließ sich der Kläger 10.000 DM zum 31. Dezember 1995 auszahlen.
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Von den abgerechneten Erträgen des Streitjahres 1994 wurden aufgrund Vereinbarungen des Klägers mit C Teilbeträge in Höhe von 14.400 DM zum 1. September 1994 und in Höhe von 9.000 DM zum 1. Januar oder 1. März 1995 (insgesamt 23.400 DM) mit den Auszahlungsansprüchen verrechnet und als Einzahlungen auf die Anlagesumme behandelt. Im Streitjahr 1995 wurden von den abgerechneten Erträgen Teilbeträge in Höhe von 15.200 DM zum 1. Mai 1995, in Höhe von 19.300 DM zum 1. September 1995 und in Höhe von 10.700 DM zum 1. Januar 1996 (insgesamt 45.200 DM) wie vereinbart mit Zinsauszahlungsansprüchen verrechnet und als Einzahlungen auf die Anlagesumme behandelt.
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Am 24. September 2001 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des C eröffnet und am 9. September 2010 abgeschlossen. Der Kläger, dessen Kapital laut der Abrechnungen des C zum 1. Mai 1995 226.275 DM (115.692,57 €) betrug, meldete einen Rückzahlungsanspruch in dieser Höhe zur Tabelle an, auf den im Jahr 2010 1.777,40 € (1,54 %) ausgezahlt wurden.
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Im Anschluss an eine Steuerfahndungsprüfung erließ der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) gegenüber dem Kläger und dessen verstorbener Ehefrau, welche nach Beendigung der Tätigkeit des Klägers als Arbeitnehmer nicht mehr veranlagt worden waren, erstmalige Steuerbescheide für die Streitjahre. In den Einkommensteuerbescheiden für die Streitjahre (jeweils vom 16. Oktober 2002) berücksichtigte das FA Einnahmen aus Kapitalvermögen für das Streitjahr 1994 in Höhe von 50.314,68 DM (darunter die ausgezahlten und die wiederangelegten Erträge aus der Anlage bei C) und für das Streitjahr 1995 in Höhe von 50.451,38 DM (darunter ebenfalls die ausgezahlten und wiederangelegten Erträge aus der Anlage bei C). Das folgende Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg.
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Das Finanzgericht (FG) gab der anschließend für die Jahre 1992 bis 1995 erhobenen Klage für die Streitjahre (1994 und 1995) teilweise statt. In Bezug auf die Anlage bei C würdigte das FG das Rechtsverhältnis nicht als Treuhandvereinbarung, sondern als unmittelbare Kapitalüberlassung des Klägers und dessen verstorbener Ehefrau an C. Die seitens des C als "Erträge" ausgezahlten Beträge behandelte es als Einkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1990. Hinsichtlich der abgerechneten Erträge, die nicht ausgezahlt, sondern wiederangelegt wurden (Streitjahr 1994: 23.400 DM und Streitjahr 1995: 45.200 DM), gab das FG der Klage statt. Es verneinte insoweit einen Zufluss von Einkünften aus Kapitalvermögen beim Kläger. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 1642 veröffentlicht.
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Hiergegen richtet sich die Revision des FA, das die Verletzung materiellen Bundesrechts durch das FG rügt.
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Das FA beantragt,
das Urteil des FG des Saarlandes vom 10. Mai 2012 1 K 2327/03 hinsichtlich der Entscheidung für die Streitjahre 1994 und 1995 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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C habe ab Mitte 1994 die Anleger und auch den Kläger telefonisch zur Wiederanlage von Erträgen aufgefordert. Das FG habe hieraus zutreffend abgeleitet, das gesamte Schneeballsystem habe sich bereits zu diesem Zeitpunkt in Zahlungsschwierigkeiten befunden und habe nur über die von C eingeforderten Wiederanlagen noch fortbestehen können. Die dem Kläger gegenüber ausgewiesenen Kapitalrückzahlungsansprüche seien zum Zeitpunkt der Wiederanlage in den Streitjahren nicht mehr realisierbar gewesen und dürften nicht in Höhe des Nennwerts der wiederangelegten Beträge zu Zinseinkünften führen (Hinweis auf Wolff-Diepenbrock, Festschrift für Wolfgang Spindler 2011, S. 897). Es seien im Streitfall von Beginn an weder die überwiesenen Erträge erwirtschaftet worden noch sei die nach der Wiederanlage ausgewiesene höhere Anlagesumme vorhanden gewesen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision des FA ist begründet. Die Sache ist spruchreif und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Einkommensteuerbescheide der Streitjahre sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO), soweit das FA auch die wiederangelegten Beträge als Zinseinkünfte des Klägers gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG 1990 in den Streitjahren berücksichtigt hat.
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1. Zutreffend hat das FG entschieden, dass eine unmittelbare Darlehensbeziehung zwischen C und dem Kläger in den Streitjahren bestanden hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf sein Urteil in BFHE 229, 141, BStBl II 2014, 147 Bezug, das die Kapitalanlage eines anderen Steuerpflichtigen bei C zu den gleichen Bedingungen auch für den Streitzeitraum betraf.
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2. Ebenso ist die Würdigung des FG, dem Kläger seien in den Streitjahren die Einkünfte, welche C ihm unter der Tilgungsbestimmung der "Auszahlung von Erträgen" überwiesen hat, als Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG 1990 zugeflossen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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a) Die vom II. Senat des BFH in BFH/NV 2011, 7 (unter II.2.a bb) --ausdrücklich nur für Zwecke der Vermögensteuer-- herangezogene Betrachtungsweise, die Tilgungsbestimmungen des Betreibers eines Schneeballsystems seien unwirksam und die Auszahlungen nach der Auslegungsregelung des § 366 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs jeweils als Rückzahlung des Anlagekapitals zu werten, ist für die einkommensteuerrechtliche Beurteilung, ob als "Erträge" ausgezahlte Beträge i.S. des § 11 Abs. 1 EStG zugeflossen sind, nicht maßgeblich. Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 2 EStG ist die zivilrechtliche Rechtslage einkommensteuerrechtlich insoweit unerheblich. Für die Abgrenzung, ob eine Rückzahlung der Anlagesumme oder eine Zinsauszahlung vorliegt, ist einkommensteuerrechtlich allein an die Tilgungsbestimmung des Betreibers bei Auszahlung anzuknüpfen, selbst wenn diese Auszahlung zivilrechtlich mangels eines entstandenen Zinsauszahlungsanspruchs unwirksam sein sollte (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung z.B. Senatsurteile vom 22. Juli 1997 VIII R 12/96, BFHE 184, 34, BStBl II 1997, 761; vom 22. Juli 1997 VIII R 13/96, BFHE 184, 46, BStBl II 1997, 767; vom 10. Juli 2001 VIII R 31/97, BFH/NV 2001, 1554; vom 30. Oktober 2001 VIII R 15/01, BFHE 197, 126, BStBl II 2002, 138, m.w.N.).
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b) Ist der Anleger bei Auszahlung nicht erwirtschafteter "Renditen" durch den Betreiber des Schneeballsystems zivilrechtlich zur Rückzahlung der empfangenen Beträge verpflichtet (vgl. z.B. zur Rückforderung von Scheinrenditen gemäß § 134 der Insolvenzordnung das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18. Juli 2013 IX ZR 198/10, Der Betrieb 2013, 2075, m.w.N.), steht dies der Annahme eines Zuflusses der als "Erträge" ausgezahlten Summen nicht entgegen. Denn der Zufluss i.S. des § 11 Abs. 1 EStG setzt gerade nicht voraus, dass der Steuerpflichtige die Leistung (endgültig) behalten darf (so Senatsurteil in BFH/NV 2001, 1554, unter II.1.b dd bbb).
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3. Zu Unrecht hat das FG die gutgeschriebenen und wiederangelegten (Schein-)Renditen (im Streitjahr 1994: 23.400 DM und Streitjahr 1995: 45.200 DM) nicht als Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen angesehen.
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a) Der Senat hält daran fest, dass auch Gutschriften über wiederangelegte Renditen in Schneeballsystemen zu Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 EStG führen (vgl. Senatsurteile vom 14. Dezember 2004 VIII R 5/02, BFHE 209, 423, BStBl II 2005, 739; VIII R 81/03, BFHE 209, 438, BStBl II 2005, 746; vom 28. Oktober 2008 VIII R 36/04, BFHE 223, 166, BStBl II 2009, 190 - Verfassungsbeschwerde nicht angenommen: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Juli 2009 2 BvR 2525/08; in BFHE 229, 141, BStBl II 2014, 147), wenn der Schuldner der Erträge leistungsbereit und leistungsfähig ist.
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aa) Einnahmen (§ 8 Abs. 1 EStG) sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH i.S. von § 11 Abs. 1 EStG zugeflossen, sobald der Steuerpflichtige über sie wirtschaftlich verfügen kann. Eine Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten kann einen Zufluss bewirken, wenn in der Gutschrift nicht nur das buchmäßige Festhalten einer Schuld zu sehen ist, sondern darüber hinaus zum Ausdruck gebracht wird, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an zur Verwendung zur Verfügung steht. Allerdings muss der Gläubiger in der Lage sein, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun des im Übrigen leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen (Senatsurteile vom 14. Februar 1984 VIII R 221/80, BFHE 140, 542, BStBl II 1984, 480; in BFHE 197, 126, BStBl II 2002, 138; BFH-Urteil vom 18. Dezember 2001 IX R 74/98, BFH/NV 2002, 643).
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bb) Ein Zufluss kann ferner durch die Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger bewirkt werden, dass ein Betrag fortan aus einem anderen Rechtsgrund geschuldet sein soll. In dieser Vereinbarung kann nach der gefestigten Rechtsprechung des BFH (s. grundlegend Senatsurteil vom 10. Juli 2001 VIII R 35/00, BFHE 196, 112, BStBl II 2001, 646 "Ambros-Entscheidung") eine Verfügung des Gläubigers über die bisherige Forderung liegen, die einkommensteuerrechtlich so zu werten ist, als ob der Schuldner die Altschuld durch tatsächliche Zahlung beglichen (= Zufluss beim Gläubiger) und der Gläubiger den vereinnahmten Betrag infolge des neu geschaffenen Verpflichtungsgrundes dem Schuldner sofort wieder zur Verfügung gestellt hätte (= Wiederabfluss des Geldbetrages beim Gläubiger).
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Voraussetzung für den Zufluss des aufgrund der Altforderung geschuldeten Betrags i.S. von § 11 Abs. 1 EStG ist in derartigen Fällen der Schuldumschaffung (Novation) nach der Rechtsprechung allerdings, dass sich die Novation als Folge der Ausübung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Gläubigers (Anlegers) über den Gegenstand der Altforderung darstellt und auf dessen freiem Entschluss beruht. Entscheidend hierfür ist, ob der dem Gläubiger geschuldete Betrag gerade in dessen Interesse nicht ausgezahlt und aufgrund der Novation fortan aus einem anderen Rechtsgrund geschuldet wird (Senatsurteil in BFHE 140, 542, BStBl II 1984, 480). Liegt ein solches alleiniges oder überwiegendes Interesse des Gläubigers an der Vereinbarung der Novation vor, indiziert dieses dessen Verfügungsmacht über den Gegenstand der Altforderung (vgl. zuletzt Senatsurteil in BFHE 223, 166, BStBl II 2009, 190, m.w.N.). Bleibt die Schuld hingegen im Interesse des Schuldners bestehen, liegt wirtschaftlich gesehen trotz der Novation lediglich eine Stundung der ursprünglichen Schuld vor. Dem Gläubiger, dem eher an einer Auszahlung gelegen ist, ist dann nichts zugeflossen (vgl. Senatsurteil in BFHE 140, 542, BStBl II 1984, 480, unter 2.c der Gründe).
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cc) Ein Zufluss i.S. von § 11 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG kann somit entweder durch eine Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten oder durch eine Novation bewirkt werden. Beide Formen stellen getrennt voneinander zu prüfende Tatbestände dar, von denen jeder für sich genommen ausreicht. Es muss bei beiden "Zuflusstatbeständen" aber jeweils die weitere Voraussetzung erfüllt sein, dass der Gläubiger (der Anleger) im Zeitpunkt der Novation oder der Gutschrift in den Büchern des Betreibers des Schneeballsystems tatsächlich in der Lage gewesen ist, die Auszahlung ohne weiteres Zutun des leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen (vgl. Senatsurteile in BFHE 196, 112, BStBl II 2001, 646; in BFHE 223, 166, BStBl II 2009, 190; vom 19. Juni 2007 VIII R 63/03, BFH/NV 2008, 194).
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b) Ob nach diesen Vorgaben ein Zufluss von Kapitaleinkünften eintritt, ist anhand der tatsächlichen Umstände des Einzelfalles zu prüfen. Zu Unrecht stellt das FG für diese Beurteilung, insbesondere der Leistungsfähigkeit des Schuldners (hier des C), auf die Verhältnisse ab, die zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung über die Streitjahre bekannt waren. Entscheidend ist --wie der Senat wiederholt abweichend entschieden hat-- die Sicht des Leistungsempfängers (Kapitalanlegers) in dem Zeitpunkt, in dem er aus seiner Sicht die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Einnahme erstmals erlangt (vgl. Senatsurteile in BFHE 209, 423, BStBl II 2005, 739; in BFHE 209, 438, BStBl II 2005, 746; in BFHE 229, 141, BStBl II 2014, 147).
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c) Nach den vorstehenden Grundsätzen und den zugrundeliegenden Feststellungen des Streitfalls ist entgegen der Auffassung des FG von einem Zufluss auch der wiederangelegten Beträge in den Streitjahren gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG auszugehen.
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aa) Ein Zufluss der wiederangelegten Beträge in den Streitjahren lässt sich zum einen aus den Gutschriften, die der Kläger und dessen verstorbene Ehefrau laut der Abrechnungen des C und der X erhielten, begründen. Die Abrechnungen wiesen sowohl die tatsächlich ausgezahlten als auch die wiederangelegten Beträge aus. Die in den Abrechnungen ausgewiesenen Beträge konnten je nach Wunsch abgerufen oder wiederangelegt werden. C war in den Streitjahren auch leistungsbereit und leistungswillig (s. unter II.3.c cc). Allein dies genügt, um im Streitfall eine hinreichende Verfügungsmacht des Klägers (und dessen verstorbener Ehefrau) aufgrund der erteilten Abrechnungen für die bescheinigten Erträge annehmen zu können.
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Ob die in den Abrechnungen ausgewiesenen Zinsansprüche angesichts der vom FG angenommenen objektiv bestehenden Deckungslücke zwischen den Forderungen aller Anleger und dem bei C vorhandenen Kapital hätten befriedigt werden können, wenn alle oder viele Anleger die Auszahlung der gutgeschriebenen Erträge gleichzeitig verlangt hätten, ist unbeachtlich (s. unter II.3.c dd).
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bb) Ein Zufluss der wiederangelegten Beträge lässt sich alternativ auch auf Grundlage der abgeschlossenen Novationsvereinbarungen begründen.
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aaa) Diese Vereinbarungen lagen im Interesse des Klägers als Gläubiger der Kapitalerträge. Die Interessenlage bestimmt sich maßgeblich danach, ob der Gläubiger (hier: der Kläger) die ihm zustehende Wahlmöglichkeit zwischen der Auszahlung der Renditen und deren Wiederanlage ausübt, um fortan höhere Renditen erzielen zu können (Senatsurteil in BFHE 196, 112, BStBl II 2001, 646). Letzteres war in den Streitjahren der Fall. Der Kläger hat sich nach eigenem Gutdünken die gutgeschriebenen Erträge teilweise auszahlen lassen und teilweise auf Vorschlag des C deren Wiederanlage beschlossen. C war leistungsbereit und leistungswillig (s. unter II.3.c cc). Hingegen ist das Interesse des Klägers an der Wiederanlage nicht deshalb zu verneinen, weil er sich bei objektiver Betrachtungsweise in Kenntnis des Schneeballsystems anders entschieden hätte und ihm eine funktionierende Geldanlage nur vorgespiegelt wurde. Die Annahme, die nach der Wiederanlage erhöhten Kapitalrückzahlungsansprüche könnten vom Betreiber des Schneeballsystems befriedigt werden, stellt einen für die steuerrechtliche Wertung unbeachtlichen Motivirrtum dar (vgl. Senatsurteil in BFHE 223, 166, BStBl II 2009, 190, m.w.N.; a.A. Karla, Finanz-Rundschau --FR-- 2013, 545, 549, m.w.N.)
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bbb) Da es für den Zufluss maßgeblich auf den Zeitpunkt der Verfügung des Klägers über die zu seinen Gunsten abgerechneten und wiederangelegten Erträge ankommt, sind dem Kläger auch die "mit Wirkung zum 1. Januar 1996" der Anlagesumme zugeschlagenen Erträge in Höhe von 10.700 DM noch im Streitjahr 1995 zugeflossen (s. Senatsurteil in BFHE 229, 141, BStBl II 2014, 147).
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cc) C war entgegen der Auffassung des FG als leistungsbereiter und leistungsfähiger Schuldner anzusehen, da er nach den bindenden Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) in den Streitjahren den Auszahlungswünschen des Klägers ohne Weiteres nachkam. Entscheidend ist --wie der Senat mehrfach entschieden hat--, ob der Steuerpflichtige in seinem konkreten Fall auf Wunsch eine Auszahlung der Scheinerträge erreichen kann. Von einem nicht mehr leistungsbereiten und leistungsfähigen Betreiber des Schneeballsystems kann erst ausgegangen werden, wenn dieser auf einen Auszahlungswunsch des Anlegers hin eine sofortige Auszahlung ablehnt und stattdessen über anderweitige Zahlungsmodalitäten verhandelt (Senatsurteile in BFHE 197, 126, BStBl II 2002, 138; in BFHE 229, 141, BStBl II 2014, 147). Einer solchen Verweigerung oder Verschleppung der Auszahlung steht es nicht gleich, wenn --wie im Streitfall-- der Betreiber des Schneeballsystems den Anlegern die Wiederanlage nahelegt, um den Zusammenbruch des Schneeballsystems zu verhindern, die vom Anleger angeforderten Teilbeträge jedoch auszahlt.
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dd) Unbeachtlich ist, ob eine Deckungslücke zwischen den dem C tatsächlich zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln und den tatsächlich bestehenden Forderungen, wenn diese auf einen Schlag zu befriedigen wären, im Zeitpunkt der Novation (oder Gutschrift) bestanden hat. Aus einer solchen Deckungslücke lässt sich für die Frage des Zuflusses von Erträgen jedenfalls so lange nichts herleiten, wie das Schneeballsystem als solches funktioniert, d.h. die Auszahlungsverlangen der Anleger ohne Einschränkung bedient werden. Auf eine hypothetische Zahlungsverpflichtung gegenüber allen Anlegern kann in diesem Zusammenhang nicht abgestellt werden (Senatsurteil in BFHE 229, 141, BStBl II 2014, 147; a.A. Wolff-Diepenbrock, Festschrift für Wolfgang Spindler 2011, S. 897, 910; Elicker/Neumann, FR 2003, 221, 225; Schmidt-Liebig, FR 2007, 409, 414; Marx, FR 2009, 515, 522; Karla, FR 2013, 545, 549). Dass Schneeballsysteme zusammenbrechen, wenn alle Anleger gleichzeitig die Rückzahlung ihrer Gelder verlangen, ist für die Annahme eines Zuflusses beim einzelnen Anleger unbeachtlich (vgl. Senatsurteile in BFHE 223, 166, BStBl II 2009, 190; in BFHE 229, 141, BStBl II 2014, 147). Denn mit einer solchen Konstellation muss der Betreiber eines Schneeballsystems auch bei verständiger und objektiver Beurteilung nicht rechnen, solange er den gestellten Auszahlungsverlangen nachkommt (vgl. Senatsurteil in BFHE 223, 166, BStBl II 2009, 190).
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ee) Schließlich steht der Annahme eines Zuflusses im Wege der Novation auch nicht die vom FG zu diesem Zeitpunkt angenommene Wertlosigkeit des Anspruchs auf Rückzahlung der Anlagesumme entgegen.
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aaa) Zwar ist ein Zufluss auf Grundlage einer Novation i.S. des § 11 Abs. 1 EStG zu verneinen, wenn über eine wertlose Forderung verfügt wird (Senatsurteil vom 21. Juli 1987 VIII R 211/82, BFH/NV 1988, 224). Von der Wertlosigkeit des Anspruchs auf Rückzahlung der Anlagesumme ist indes im Regelfall nicht auszugehen, solange ein Antrag auf Eröffnung des Konkurs- oder Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Betreibers des Schneeballsystems noch nicht gestellt wurde (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsurteil in BFHE 223, 166, BStBl II 2009, 190, m.w.N.). Hierzu ist es während der Streitjahre nicht gekommen. Entgegen der Auffassung des FG waren die jeweiligen (noch nicht fälligen) Forderungen auf Rückzahlung der Anlagesumme in den Streitjahren als werthaltig anzusehen.
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bbb) Es besteht auch angesichts der Entscheidung des II. Senats des BFH in BFH/NV 2011, 7, der gemäß § 12 Abs. 1 und 2 des Bewertungsgesetzes im Rahmen einer Prognoseentscheidung für Zwecke der Vermögensteuer zu einer anderen Bewertung der Kapitalrückzahlungsforderungen gelangt ist, kein Grund, hiervon abzuweichen. Der II. Senat hat in dieser Entscheidung unter II.1.a selbst darauf hingewiesen, die Bewertung der Rückzahlungsforderungen unterhalb des Nennwerts für Vermögensteuerzwecke sei für die Beurteilung der Frage, ob einkommensteuerrechtlich Einnahmen aus Kapitalvermögen zufließen, nicht maßgeblich.
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ccc) Den Überlegungen Wolff-Diepenbrocks (Festschrift für Wolfgang Spindler 2011, S. 897, 911 f.) vermag der Senat nicht zu folgen. Diese beruhen im Wesentlichen auf der Prämisse, dem Anleger fließe als Gegenleistung für den hingegebenen Zinsauszahlungsanspruch nur eine (erhöhte) Kapitalrückzahlungsforderung zu, die erst mit ihrer Befriedigung zu einer Einnahme i.S. des § 8 Abs. 1 EStG führen könne. Wolff-Diepenbrock geht zum einen jedoch --innerhalb seines abweichenden Verständnisses des Novationsvorgangs-- selbst davon aus, der Zufluss einer Forderung führe auch zum "Zufluss von Geld" (und nicht nur der Forderung), wenn der Gläubiger über seine Altforderung im eigenen Interesse verfüge (s. Festschrift für Wolfgang Spindler 2011, S. 897, 904 f., 912). Letzteres ist aber in Schneeballsystemen der Fall, da der Anleger im Zeitpunkt der Wiederanlage wegen der Aussicht auf die versprochene hohe Verzinsung nicht vereinnahmte Zinsen der Anlagesumme zuschlagen will. Die Entscheidung zur Wiederanlage liegt ausschließlich in seinem Interesse. Auf die rein objektive Betrachtung, dass der Anleger sich anders verhalten würde, wenn er über das Vorliegen eines Schneeballsystems informiert wäre, kommt es gerade nicht an (s. unter II.3.c bb aaa). Die weitere Annahme Wolff-Diepenbrocks (Festschrift für Wolfgang Spindler 2011, S. 897, 911), der im Zeitpunkt der Novation zufließende Kapitalrückzahlungsanspruch habe (stets) einen Wert unterhalb des Nennwerts der Forderung, teilt der Senat ebenfalls nicht (s. unter II.3.c dd). Es ist nicht ersichtlich, warum im Zeitpunkt der Novation vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Betreibers des Schneeballsystems der Wert der "zufließenden" Forderung einkommensteuerrechtlich unterhalb des Nennwerts dieser Forderung liegen sollte.
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4. Die Vorentscheidung ist aufzuheben. Die Sache ist spruchreif und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO), da die angefochtenen Einkommensteuerbescheide der Streitjahre rechtmäßig sind und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
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