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BFH 24.04.2013 - X B 179/12
BFH 24.04.2013 - X B 179/12 - Notwendigkeit der verbindlichen Bestellung vor Betriebseröffnung beim Investitionsabzugsbetrag - Rüge der fehlerhaften Beweiswürdigung
Normen
§ 7g EStG 2002 vom 14.08.2007, § 115 Abs 2 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO, EStG VZ 2007
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 27. Juni 2012, Az: 2 K 1034/11, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Es ist inzwischen höchstrichterlich geklärt, dass zur Prüfung der Investitionsabsicht in Jahren vor Abschluss der Betriebseröffnung strenge Maßstäbe anzulegen sind. Es ist jedoch nicht zwingend, den Nachweis der Investitionsabsicht bei noch in Gründung befindlichen Betrieben ausschließlich durch eine verbindliche Bestellung der wesentlichen Betriebsgrundlagen bis zum Ende des Jahres, für das der Abzug vorgenommen wird, zu führen. Auch andere geeignete und objektive belegbare Indizien sind zugelassen .
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2. NV: Hat das FG sein Urteil auf eine Hauptbegründung und eine Hilfsbegründung gestützt, so ist auch hinsichtlich der Hilfsbegründung ein Zulassungsgrund in der von § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO geforderten Form geltend zu machen .
Gründe
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Die Beschwerde der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat keinen Erfolg. Die Revision ist --teils auch wegen nicht ausreichender Darlegung der Zulassungsgründe-- weder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO noch wegen eines Verfahrensmangels gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zuzulassen.
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1. Der von den Klägern angeführte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) ist nicht in der gebotenen Form dargelegt worden.
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a) Wird die Nichtzulassungsbeschwerde auf diesen Zulassungsgrund gestützt, muss der Beschwerdeführer eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellen. Auch muss in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen dargetan werden, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit oder der Rechtsentwicklung im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärungsfähig ist. In Bezug auf die Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage muss dargelegt werden, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Frage zweifelhaft und streitig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. Oktober 2008 XI B 202/07, BFH/NV 2009, 118, und vom 22. März 2011 X B 151/10, BFH/NV 2011, 1165; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 32, m.w.N.).
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Hat --wie im Streitfall-- die höchstrichterliche Rechtsprechung bereits die Rechtsfrage entschieden, so muss die Beschwerde eingehend begründen, warum gleichwohl eine erneute Entscheidung des BFH für notwendig gehalten wird. Dazu ist insbesondere darzulegen, welche neuen gewichtigen, vom BFH nicht geprüften Einwendungen im Schrifttum und in der Rechtsprechung der Instanzgerichte gegen die höchstrichterliche Rechtsprechung erhoben werden (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 28. September 2000 III B 126/98, BFH/NV 2001, 461; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 33, m.w.N.).
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b) An einem solchen Vorbringen fehlt es. Die Revisionsverfahren gegen die von den Klägern genannten Urteile des Finanzgerichts (FG) München vom 26. Oktober 2010 2 K 655/10 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2011, 521), des Niedersächsischen FG vom 3. Mai 2011 13 K 12121/10 (EFG 2011, 1601) sowie des FG Nürnberg vom 28. Juli 2011 7 K 655/10 (EFG 2011, 1964) wurden zwischenzeitlich durch die beiden Senatsurteile vom 20. Juni 2012 X R 42/11 (BFHE 237, 377) und X R 20/11 (BFH/NV 2012, 1778) sowie durch das Urteil des III. Senats des BFH vom 26. Juli 2012 III R 37/11 (BFH/NV 2013, 351) beendet. In allen Urteilen vertrat der BFH die Auffassung, auch im zeitlichen Anwendungsbereich des § 7g des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Unternehmenssteuerreformgesetzes 2008 (vom 14. August 2007, BGBl I 2007, 1912) --EStG-- sei es erforderlich, bei der Prüfung der Frage, ob der Steuerpflichtige beabsichtige, das begünstigte Wirtschaftsgut voraussichtlich in den dem Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden drei Wirtschaftsjahren anzuschaffen oder herzustellen, in Jahren vor Abschluss der Betriebseröffnung strenge Maßstäbe anzulegen. Es sei aber nicht zwingend, den Nachweis der Investitionsabsicht bei noch in Gründung befindlichen Betrieben ausschließlich durch eine verbindliche Bestellung der wesentlichen Betriebsgrundlagen bis zum Ende des Jahres, für das der Abzug vorgenommen wird, zu führen. Auch andere geeignete (und objektiv belegbare) Indizien seien zugelassen, so dass der Tatrichter über das Vorhandensein oder Fehlen der Investitionsabsicht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden habe (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO). Er sei dabei weder an feste Beweisregeln noch an Typisierungen oder unwiderlegbare Vermutungen gebunden.
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Eine Begründung, warum der BFH trotz dieser übereinstimmenden Rechtsprechung von zwei Senaten erneut über die Möglichkeiten des Nachweises der Investitionsabsicht i.S. des § 7g EStG entscheiden soll, bleiben die Kläger schuldig.
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2. Ohne Erfolg ist die Rüge, die Revision sei wegen Divergenz zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO).
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a) Den Klägern ist zwar zuzugeben, dass das erstinstanzliche FG zunächst --anders als der BFH und die vom Kläger genannten Finanzgerichte-- eine verbindliche Bestellung in Fällen einer wesentlichen Erweiterung oder bei Aufnahme eines neuen Geschäftszweiges für notwendig gehalten hat. Insoweit ist eine Abweichung gegeben.
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b) Die Kläger übersehen aber, dass das von ihnen angegriffene Urteil eine weitere Argumentation enthält, die vom FG als Hilfsbegründung herangezogen wurde, obwohl das FG selbst davon ausging, eine verbindliche Bestellung sei notwendig. Das FG hat nämlich ausgeführt, es sei auch aus anderen Umständen als einer verbindlichen Bestellung im Streitfall eine Investitionsabsicht nicht zu erkennen, da die Kläger zu einer solchen anderweitigen Glaubhaftmachung einer voraussichtlichen Anschaffung nichts vorgetragen hätten. So fehlten z.B. Nachweise zur Vorbereitung der Baumaßnahme u.Ä. noch im Jahre 2007. Diese Erläuterungen reichen ebenfalls aus, um eine Investitionsabsicht zu verneinen, so dass sie als Hilfsbegründung eigenständig das Ergebnis des FG tragen.
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Hat das FG sein Urteil aber kumulativ auf mehrere Gründe gestützt, von denen jeder für sich allein das Entscheidungsergebnis trägt, so ist hinsichtlich jeder Begründung ein Zulassungsgrund in der von § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO geforderten Form geltend zu machen (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 9. Dezember 1996 VIII B 15/96, BFH/NV 1997, 500; vom 3. Dezember 1997 VIII B 38/97, BFH/NV 1998, 613; vom 28. April 1998 IX B 120-121/97, BFH/NV 1998, 1497). Um eine kumulative Begründung handelt es sich auch dann, wenn das FG seine Entscheidung --wie im Streitfall-- auf eine Hauptbegründung sowie auf eine Hilfsbegründung stützt (BFH-Beschluss vom 9. November 2011 IV B 130/10, BFH/NV 2012, 255, Rz 9, m.w.N.).
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Demgemäß wäre zur schlüssigen Rüge des Zulassungsgrundes i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO erforderlich gewesen, dass die Kläger auch im Hinblick auf die Hilfserwägung des finanzgerichtlichen Urteils eine Divergenz darlegen. Hieran fehlt es vorliegend. Es reicht nicht aus, dass sie darauf hinweisen, die Photovoltaikanlage sei bereits im Folgejahr in Betrieb genommen worden und mit dem Bau der neuen Lagerhalle, deren Statik bereits zur Nutzung durch die Photovoltaikanlage ausgelegt gewesen sei, sei bereits im Jahr 2007 begonnen worden. Dabei berücksichtigen die Kläger nicht, dass es sich hierbei teilweise um neues Vorbringen handelt und im Kern eine (vermeintlich) unzutreffende Tatsachenwürdigung und fehlerhafte Rechtsanwendung durch das FG gerügt werden. Mit der Rüge materiell-rechtlicher Fehler des Urteils kann jedoch die Zulassung der Revision nicht erreicht werden (vgl. BFH-Beschlüsse vom 30. August 2007 IX B 104/07, BFH/NV 2007, 2144, und vom 3. Februar 2012 IX B 126/11, BFH/NV 2012, 741).
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c) Selbst wenn diese finanzgerichtlichen Erläuterungen nicht als Hilfsbegründung angesehen würden, erwiese sich die Entscheidung des FG als zutreffend (§ 126 Abs. 4 FGO; vgl. BFH-Beschluss vom 26. September 2007 VII B 75/07, BFH/NV 2008, 126 zur Anwendung dieser Vorschrift im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde). Das FG hat in tatsächlicher Hinsicht bindend festgestellt, dass nicht nur keine verbindliche Bestellung, sondern auch keine sonstigen für eine Investitionsabsicht sprechenden Umstände im Jahr 2007 erkennbar sind. Damit wäre die Klage auch unter Berücksichtigung der aktuellen Senatsrechtsprechung abzuweisen gewesen.
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3. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zuzulassen.
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a) Die Nichtberücksichtigung von Umständen, die richtigerweise in die Beweiswürdigung hätten einfließen müssen, kann verfahrensfehlerhaft sein, wenn das FG Teile des Gesamtergebnisses des Verfahrens unberücksichtigt lässt, insbesondere wenn es bei seiner Überzeugungsbildung eine nach Aktenlage feststehende Tatsache nicht beachtet bzw. bei seiner Entscheidung vom Nichtvorliegen einer solchen Tatsache ausgeht (sog. Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten). Kein Verfahrensfehler ist dagegen die fehlerhafte Würdigung des Beteiligtenvorbringens oder eines erhobenen Beweises durch das FG, es sei denn, es hätte falsche Beweisregeln angewendet (vgl. Senatsbeschluss vom 22. März 1999 X B 142/98, BFH/NV 1999, 1236, m.w.N.).
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Die Kläger sind der Auffassung, das FG habe die Bescheinigung der Lieferfirma als Gefälligkeitsgutachten angesehen und dementsprechend nicht berücksichtigt. Hiermit machen sie aber keinen Verfahrensfehler geltend, sondern eine fehlerhafte Beweiswürdigung. Abgesehen davon, dass eine solche nicht zur Zulassung der Revision führen kann (siehe oben), ist die Auffassung des FG, den von den Klägern vorgelegten Belegen über eine verbindliche Bestellung der Photovoltaikanlage am 18. Dezember 2007 keinen Beweiswert zuzubilligen, vor dem Hintergrund, dass
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zwei Bescheinigungen vom selben Tag mit fast identischem Wortlaut, aber mit zwei unterschiedlichen Unterschriften vorgelegt wurden,
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beide Bescheinigungen weder einen Kaufpreis noch eine sonstige Spezifizierung der bestellten Anlage enthielten und
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die Lieferfirma trotz mehrfacher Aufforderung durch den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) nicht bereit oder in der Lage war, die Bestellung zu belegen
nicht zu beanstanden.
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b) Sofern die Kläger rügen, das FG habe die beantragte Zeugenvernehmung nicht durchgeführt, haben sie den Verfahrensmangel der Verletzung der Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 Abs. 1 FGO nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechenden Weise dargelegt. Die fachkundig vertretenen Kläger haben nämlich nicht vorgetragen, dass sie die Nichterhebung des Zeugenbeweises vor dem FG rechtzeitig gerügt haben bzw. weshalb eine entsprechende Rüge nicht möglich war (z.B. BFH-Beschluss vom 12. Dezember 2001 V B 132/00, BFH/NV 2002, 531, m.w.N.). Ein solcher Vortrag ist jedoch zu fordern, weil das Übergehen eines Beweisantrags zu den verzichtbaren Verfahrensmängeln (vgl. § 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung) gehört. Danach führt eine unterlassene rechtzeitige Rüge zum endgültigen Rügeverlust (ständige BFH-Rechtsprechung, siehe z.B. Beschluss vom 12. Oktober 2012 III B 212/11, BFH/NV 2013, 78).
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c) Auch ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, §§ 96 Abs. 2, 119 Nr. 3 FGO) ist nicht gegeben. Die Kläger machen zwar geltend, das FG habe sein Urteil u.a. auf den Schriftverkehr des FA mit der Lieferfirma gestützt, obwohl dem FG aus dem Akteninhalt hätte bekannt sein müssen, dass sie über dessen Inhalt nicht unterrichtet gewesen seien. Diesem Vorbringen steht aber entgegen, dass das FA den Klägern mit Schreiben vom 7. September 2010 auf ihre Nachfrage zum Verfahrensstand ausdrücklich mitgeteilt hatte, es habe an die Lieferfirma der Photovoltaikanlage ein Auskunftsersuchen mit der Bitte um Übersendung des Dokuments der verbindlichen Bestellung der Photovoltaikanlage gerichtet.
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