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BFH 20.03.2012 - I B 93/11
BFH 20.03.2012 - I B 93/11 - Nichtrückkehrtage nach Art. 15 Abs. 2 DBA-Schweiz
Normen
Art 15a DBA CHE, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 2 FGO
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 13. April 2011, Az: 14 K 2241/09, Urteil
Leitsatz
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NV: Ist der Kläger nach den tatsächlichen Feststellungen des FG nicht als Teilzeitbeschäftigter anzusehen, bedarf es weder einer Klärung der Rechtsfrage, ob die Anzahl der Nichtrückkehrtage proportional zu kürzen ist, noch ist eine Divergenz zum Urteil I R 18/04 erkennbar .
Tatbestand
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I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr (2007) in der Bundesrepublik Deutschland wohnten. Der Kläger war als Arzt bzw. leitender Chefarzt ca. 40 km vom Wohnort der Kläger entfernt am A-Spital in der Schweiz tätig. Im Arbeitsvertrag des Klägers war eine Teilzeitarbeit von 80 % vereinbart worden. Die Arbeitszeit konnte sich aber nach Bedarf auf 100 % erhöhen. Zudem war eine gleichmäßige Beteiligung am Rufdienst in der Nacht und am Wochenende vereinbart worden, der auch zusätzlich vergütet wurde. Der Rufdienst führte dazu, dass der Kläger in der Region B übernachten musste, um rechtzeitig am Spital verfügbar zu sein.
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In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr gab der Kläger unter Vorlage des Schweizer Lohnausweises steuerfreie, im Progressionsvorbehalt zu berücksichtigende Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit an. Ausweislich einer mit einem Sichtvermerk der Steuerverwaltung C-Stadt versehenen Bescheinigung seines Schweizer Arbeitgebers war der Kläger an mehr als 48 Arbeitstagen aufgrund seiner Arbeitsausübung nicht an seinen Wohnsitz zurückgekehrt. Zudem reichte er eine Einzelaufstellung ein, nach der er an 49 Tagen berufsbedingt vom Wohnsitz abwesend gewesen sei. Von den 49 Tagen habe er an 44 Tagen Rufdienst gehabt.
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Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) veranlagte die Kläger für das Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer, bezog dabei die Einkünfte des Klägers aus seiner nichtselbständigen Arbeit in der Schweiz in die Besteuerungsgrundlagen ein und rechnete die Schweizer Abzugssteuer an. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, mit Urteil vom 13. April 2011 (Az. 14 K 2241/09) ab. Das FG nahm an, dass der Kläger an nicht mehr als 60 Tagen aus beruflichen Gründen an seinen Wohnsitz zurückgekehrt war und damit als Grenzgänger i.S. des Art. 15a Abs. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971 (BGBl II 1972, 1022, BStBl I 1072, 519) i.d.F. des Änderungsprotokolls vom 21. Dezember 1992 (BGBl II 1993, 1888, BStBl I 1993, 928) --DBA-Schweiz 1992-- anzusehen sei. Eine proportionale Kürzung der Anzahl von 60 Tagen nahm das FG nicht vor, entscheidend seien die tatsächlichen Verhältnisse unter Berücksichtigung der betriebsüblichen Arbeitstage sowie der vertraglichen Vereinbarungen. Da sich nach den vorgelegten Arbeitsverträgen die Arbeitszeit des Klägers auf 100 % erhöhen konnte und nicht auf einzelne Tage beschränkt war, habe der Kläger nicht nur tageweise, wie nach Nr. II.4 Satz 2 des Verhandlungsprotokolls vom 18. Dezember 1991 (BGBl II 1993, 1889, BStBl I 1993, 929) gefordert, in der Schweiz gearbeitet.
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Mit der Beschwerde beantragen die Kläger, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) sowie des Erfordernisses der Fortbildung des Rechts und der Sicherung der einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision der Kläger ist als unbegründet zurückzuweisen. Weder kommt der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), noch dient sie der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) oder der Sicherung der Rechtseinheit (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO).
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1. Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärbar ist und deren Beurteilung von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist (so z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4. März 2009 VI B 105/08, BFH/NV 2009, 1140). Die klärungsbedürftige Rechtsfrage kann jedoch nur dann zur Zulassung der Revision führen, wenn eine Aussage zu dieser Rechtsfrage erforderlich ist, um das Entscheidungsergebnis zu begründen; sie muss für die Entscheidung des Streitfalls rechtserheblich sein (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 15. März 2011 VI B 151/10, BFH/NV 2011, 1003; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 30; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz 53, m.w.N.). Daran fehlt es im Streitfall.
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a) Wenn die Kläger sinngemäß die Rechtsfrage formulieren, es sei zu klären, ob bei einem Teilzeitbeschäftigten die Anzahl von 60 Tagen nach Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992 (sog. "Nichtrückkehrtage") nur dann proportional zu kürzen ist, wenn er feste freie Tage hat bzw. seine Arbeitszeit auf einzelne Tage beschränkt ist, ist diese Rechtsfrage nicht rechtserheblich. Denn das FG hat sich darauf gestützt, dass der Kläger nach den tatsächlichen Verhältnissen im Streitfall nicht als Teilzeitbeschäftigter anzusehen war. Es hat dabei unter Zugrundelegung einer Fünf-Tage-Woche und unter Berücksichtigung branchentypischer Besonderheiten den alleinigen Hinweis auf eine Teilzeitbeschäftigung von 80 % mit einer 40-stündigen Wochenarbeitszeit als nicht ausreichend angesehen. Im Ergebnis konnte das FG damit aufgrund seiner tatrichterlichen Feststellungen eine proportionale Kürzung der für die Grenzgängereigenschaft maßgebenden "Nichtrückkehrtage" nach Nr. II.4 Satz 2 des Verhandlungsprotokolls vom 18. Dezember 1991 nicht vornehmen. Die Kläger wenden sich mit ihrer Beschwerde letztlich gegen die vom FG vorgenommene Tatsachenwürdigung und damit gegen die materielle Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Einwendungen gegen die Richtigkeit des Urteils sind jedoch im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren grundsätzlich unzulässig. Die Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten.
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b) Auch der Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) erfordert das Herausstellen einer klärungsbedürftigen, entscheidungserheblichen und klärbaren Rechtsfrage, deren Klärung in einem künftigen Revisionsverfahren zu erwarten ist (vgl. BFH-Beschluss vom 9. Februar 2006 X B 107/05, BFH/NV 2006, 938; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 41 und § 116 Rz 38, 32). Insoweit haben die Kläger auch die Anforderungen an die Darlegung des Revisionszulassungsgrundes der Notwendigkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts nicht erfüllt.
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2. Gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert. Eine die Rechtseinheit gefährdende Abweichung liegt nur vor, wenn das FG bei gleichem oder vergleichbarem festgestellten Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der BFH oder ein anderes FG. Das FG muss seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung nicht übereinstimmt (BFH-Beschluss vom 8. Februar 2010 VI B 92/09, nicht veröffentlicht; Gräber/ Ruban, a.a.O., § 115 Rz 53, m.w.N.).
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Soweit die Kläger wiederum darauf abstellen, dass nach der Entscheidung des FG bei einem Teilzeitbeschäftigten, dessen Teilzeitarbeitszeit nicht auf einzelne Tage beschränkt ist bzw. der keinen festen freien Arbeitstag hat, eine proportionale Kürzung der für die Grenzgängereigenschaft maßgebenden "Nichtrückkehrtage" nach Nr. II.4 Satz 2 des Verhandlungsprotokolls vom 18. Dezember 1991 nicht vorgenommen werden könne und darin eine Divergenz zu dem Urteil des Senats vom 25. Oktober 2006 I R 18/04 (BFH/NV 2007, 875) erkennen wollen, ist dem nicht zu folgen. Das FG hat bei seiner Entscheidung keine von der Rechtsprechung des BFH abweichende Rechtsauffassung zugrunde gelegt. Ausgehend von den bindenden Sachverhaltsfeststellungen des FG (vgl. Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 118 FGO Rz 54 ff., 64 ff.) ist das FG vielmehr davon ausgegangen, dass der Kläger im Streitfall nicht als Teilzeitbeschäftigter anzusehen war. Diese Würdigung des FG ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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3. Soweit die Beschwerdebegründung sich darüber hinaus gegen die materiell-rechtliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung des FG richtet, wird damit kein Zulassungsgrund geltend gemacht. Wegen etwaiger inhaltlicher Mängel der finanzgerichtlichen Entscheidung ist die Revision nur dann gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zuzulassen, wenn die angefochtene Entscheidung derart schwerwiegende Fehler bei der Auslegung des revisiblen Rechts aufweist, dass die Entscheidung des FG "objektiv willkürlich" erscheint oder auf sachfremden Erwägungen beruht und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 4. August 2010 X B 198/09, BFH/NV 2010, 2102). Dies ist weder vorgetragen noch erkennbar.
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