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BFH 28.02.2012 - III B 158/11
BFH 28.02.2012 - III B 158/11 - Keine Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs im einkommensteuerrechtlichen Kindergeldrecht
Normen
§ 62 EStG 2009, §§ 62ff EStG 2009
Vorinstanz
vorgehend FG Düsseldorf, 18. Juli 2011, Az: 15 K 3165/10 Kg, Urteil
Leitsatz
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NV: Es ist höchstrichterlich geklärt, dass die Grundsätze über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch im Rahmen des Kindergeldrechts nach den §§ 62 ff. EStG nicht gelten.
Gründe
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Die Beschwerde ist unzulässig und wird durch Beschluss verworfen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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1. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat den geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) nicht in der durch § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO geforderten Art und Weise dargelegt.
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a) Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn ihre Beantwortung durch den Bundesfinanzhof (BFH) aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei muss es sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame Frage handeln, die klärungsbedürftig und im zu erwartenden Revisionsverfahren klärungsfähig ist (ständige Rechtsprechung, u.a. BFH-Beschluss vom 21. April 2010 IV B 32/09, BFH/NV 2010, 1469, m.w.N.). Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, wenn sie sich ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt oder wenn sie bereits durch die höchstrichterliche Rechtsprechung hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung durch den BFH erforderlich machen (vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 27. Januar 2004 IV B 135/01, BFH/NV 2004, 783).
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Um den Darlegungsanforderungen für diesen Zulassungsgrund zu genügen, muss sich die Beschwerdebegründung mit den Äußerungen im Schrifttum sowie mit ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinandersetzen. Insbesondere sind Ausführungen erforderlich, aus denen sich ergibt, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist (z.B. BFH-Beschlüsse vom 22. Januar 2008 X B 185/07, BFH/NV 2008, 603, und vom 19. Mai 2008 V B 29/07, BFH/NV 2008, 1501, unter III.B.1.). Hat der BFH über die Rechtsfrage bereits entschieden, ist darzulegen, weshalb eine erneute oder weitere Entscheidung für erforderlich gehalten wird (z.B. Senatsbeschluss vom 22. Oktober 2003 III B 59/03, BFH/NV 2004, 166). Darüber hinaus ist auf die Bedeutung der Klärung der konkreten Rechtsfrage für die Allgemeinheit einzugehen (z.B. Senatsbeschluss vom 17. August 2004 III B 121/03, BFH/NV 2005, 46, m.w.N.). Dagegen reicht es zur ordnungsgemäßen Darlegung eines Revisionszulassungsgrundes nicht aus, im Stil einer Revisionsbegründung Einwände gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung und die von dem Finanzgericht (FG) vorgenommene Einzelfallwürdigung geltend zu machen (vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 7. September 2005 IV B 67/04, BFH/NV 2006, 234).
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b) Diesen Anforderungen genügen die Ausführungen in der Beschwerdebegründung nicht.
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Die Klägerin trägt vor, eine Verjährungsunterbrechung sei wegen der nachträglichen Aufhebung hinfällig. Mit Bescheid vom 29. April 2010 sei erstmals die damalige Festsetzung des Kindergeldes aufgehoben worden. Mit neuem Bescheid vom 18. Januar 2011 sei der alte Bescheid vom 29. April 2010 aufgehoben worden. Aufgrund dessen sei hier die Verjährungsunterbrechung durch den Bescheid vom 29. April 2010 hinfällig geworden. Damit seien die Kindergeldbeträge bis 31. Dezember 2005 verjährt. Auf diese Rechtslage habe sich die Klägerin verlassen dürfen. Des Weiteren habe die Klägerin ihrer Anzeigepflicht durch Schreiben an die Stadtverwaltung vom 28. Oktober 2004 genügt, in welchem auch das Kindergeld und dessen Bezug angesprochen worden seien. Insoweit stelle sich auch im Rahmen dieses Verfahrens die Frage, ob hier nicht auch ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch bestehe, da die Klägerin davon habe ausgehen dürfen, dass die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) durch das vorgenannte Schreiben benachrichtigt worden sei.
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Mit diesen Ausführungen wird weder eine konkrete Rechtsfrage herausgearbeitet noch dargelegt, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung einer konkreten Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist. Auch auf die grundsätzliche Bedeutung wird nicht eingegangen. Soweit die Klägerin davon ausgeht, dass das FG die Zahlungsverjährung unzutreffend berechnet habe, weil es zu Unrecht von dem fehlerhaft bekanntgemachten und später aufgehobenen Bescheid vom 29. April 2010 ausgegangen sei, werden nur Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des angefochtenen Urteils geltend gemacht. Entsprechendes gilt für den Vortrag, die Klägerin habe ihrer Anzeigepflicht genügt. Solche Einwände können nur im Rahmen einer Revisionsbegründung erheblich sein. Das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten (vgl. BFH-Beschluss vom 27. März 2007 VIII B 152/05, BFH/NV 2007, 1335, m.w.N.). Überdies hat die anwaltlich vertretene Klägerin in der mündlichen Verhandlung selbst die Aufhebung des --ihrer Ansicht nach bereits durch den neuen Bescheid vom 18. Januar 2011 aufgehobenen- Bescheides vom 29. April 2010 beantragt. Soweit die Klägerin vom Bestehen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches ausgeht, fehlt es auch an der Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Senats. Denn insoweit ist bereits geklärt, dass der sozialrechtliche Herstellungsanspruch im Kindergeldrecht nach den §§ 62 ff. des Einkommensteuergesetzes nicht gilt (vgl. Senatsbeschluss vom 31. Januar 2007 III B 167/06, BFH/NV 2007, 865).
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2. Ebenso wenig hat die Klägerin die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) in der durch § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO geforderten Art und Weise dargelegt.
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a) Die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung setzt voraus, dass das FG in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist, dass dabei über dieselbe Rechtsfrage entschieden wurde und diese für beide Entscheidungen rechtserheblich war, dass die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind, dass die abweichend beantwortete Rechtsfrage im Revisionsverfahren geklärt werden kann und dass eine Entscheidung des BFH zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich ist (z.B. BFH-Beschluss vom 31. März 2010 IV B 131/08, BFH/NV 2010, 1487). Zur schlüssigen Darlegung einer solchen Abweichungsrüge muss der Beschwerdeführer u.a. tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus den behaupteten, mit Datum sowie Aktenzeichen und/oder Fundstelle bezeichneten Divergenzentscheidungen andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so die behauptete Abweichung zu verdeutlichen (z.B. Senatsbeschluss vom 11. März 2011 III B 76/10, BFH/NV 2011, 981).
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b) Die Klägerin macht geltend, es liege eine Abweichung von "dieser Entscheidung" des BFH vor, wonach der Rückforderung zu viel gezahlten Kindergeldes der Grundsatz von Treu und Glauben entgegenstehen könne, wenn die Familienkasse mit der Geltendmachung des Rückforderungsanspruches zu lange zuwarte. Die Rückforderung müsse sich als illoyale Rechtsausübung darstellen.
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Mit diesem Vortrag hat die Klägerin weder eine mit Datum sowie Aktenzeichen und/oder Fundstelle bezeichnete Divergenzentscheidung des BFH bezeichnet noch hat sie aus der Entscheidung des FG einen tragenden abstrakten Rechtssatz herausgearbeitet, der einem solchen durch den BFH aufgestellten Rechtssatz widersprechen würde. Überdies hat das FG hinsichtlich der Frage, wann aufgrund Treu und Glaubens von der Rückforderung überzahlten Kindergeldes abzusehen ist, die vom BFH entwickelten Rechtsgrundsätze (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 23. Mai 2011 III B 177/10, BFH/NV 2011, 1507) seiner Entscheidung zugrunde gelegt.
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