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BFH 14.02.2012 - I B 50/11
BFH 14.02.2012 - I B 50/11 - Beiladung einer Gemeinde im Zuteilungsverfahren - Anforderungen an eine Geschäftsleitungsbetriebsstätte
Normen
§ 186 Nr 2 AO, § 190 AO, § 60 Abs 3 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 116 FGO, § 10 AO, § 12 S 2 Nr 1 AO
Vorinstanz
vorgehend Hessisches Finanzgericht, 9. Februar 2011, Az: 8 K 533/09, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Zu einem gerichtlichen Rechtsstreit über einen Zuteilungsbescheid ist die Gemeinde notwendig beizuladen, der entweder der Gewerbesteuermessbetrag zugeteilt worden ist oder die eine solche Zuteilung beansprucht .
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2. NV: Zu den Anforderungen an eine Geschäftsleitungsbetriebsstätte .
Tatbestand
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I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, ist zum 31. Dezember 2000 durch formwechselnde Umwandlung der G-GmbH entstanden.
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Gegenstand der am 4. August 2000 gegründeten G-GmbH war der Erwerb und das Halten von Kapitalgesellschaftsbeteiligungen. Der Sitz der Gesellschaft war in der Gemeinde X, in der die G-GmbH ab 22. September 2000 eine Wohnung ohne Telefon- oder Faxanschluss angemietet hatte. Während der Mietzeit wurde dort kein Strom verbraucht.
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Am Stammkapital der G-GmbH waren A sowie B mit jeweils 12.450 € sowie die C-GmbH, deren Anteile von A und B gehalten wurden, beteiligt. Diese waren nicht nur Prokuristen der D-AG mit Sitz in Y, sondern auch Geschäftsführer der G-GmbH, deren Ziel es war, an den von der D-AG akquirierten Ziel-Kapitalgesellschaften einen Vorzugsgeschäftsanteil zu erwerben und sich anschließend im Wege einer Vorzugsdividende die nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 des Körperschaftsteuergesetzes in der für das Streitjahr (2000) geltenden Fassung belasteten Teile des verwendbaren Eigenkapitals ausschütten zu lassen. Dieses Konzept (sog. Rücklagenmanagement) wurde von der D-AG entwickelt und über mehrere Rücklagenmanagement-Gesellschaften (darunter auch die G-GmbH) umgesetzt; zur Finanzierung dieses Konzepts stellte die D-AG (Filiale Z) einen Kreditrahmen von insgesamt … DM zur Verfügung. Die Klägerin erwarb im Streitjahr Anteile an neun inländischen Kapitalgesellschaften.
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Im Anschluss an eine Betriebsprüfung vertrat der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) die Auffassung, dass sich die Stätte der Geschäftsleitung der G-GmbH im Streitjahr in Y, dem Arbeits- und Wohnort von A und B befunden habe. Dort seien die Unterlagen der Gesellschaft verwahrt und der für die Verwaltung ihres Vermögens maßgebliche Wille gebildet worden. Nachdem das FA den Gewerbesteuermessbetrag 2000 festgesetzt hatte, beantragte die Stadt Y (Beigeladene) den Erlass eines Zuteilungsbescheids gemäß § 190 der Abgabenordnung (AO). Dem hat das FA mit Bescheid vom 30. Juli 2008 entsprochen und den Gewerbesteuermessbetrag in vollem Umfang der Stadt Y zugewiesen.
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Die hiergegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat seine Entscheidung zum einen darauf gestützt, dass sich der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung (§ 10 AO) und damit die Geschäftsleitungsbetriebsstätte der G-GmbH (§ 12 Satz 2 Nr. 1 AO) in der Arbeitsstätte von A und B bei der D-AG in Y befunden habe. Dabei könne angesichts der gleichgerichteten Interessen der D-AG und G-GmbH unterstellt werden, dass Letztere einen Anspruch auf Nutzung dieser Räume durch A und B gehabt habe. Der Umstand, dass die G-GmbH in der Gemeinde X Räumlichkeiten angemietet habe, stehe dem nicht entgegen, da insbesondere unter Berücksichtigung der Einlassungen von B in der mündlichen Verhandlung in diesen Räumen keine unternehmerischen Zwecken dienenden Handlungen vorgenommen worden seien. Zum anderen --so das FG weiter-- könne letztlich offenbleiben, ob die G-GmbH in den Büroräumen der D-AG eine Betriebsstätte gehabt habe. Da jede nichtnatürliche Person über eine Betriebsstätte verfügen müsse, die geschäftsleitende Tätigkeit für die G-GmbH aber weitgehend in der Stadt Y ausgeübt worden sei, hätte sich deren Betriebsstätte, wenn nicht in den genannten Büroräumen, so doch in den Wohnräumen von A oder B befinden können. Die Revision wurde von der Vorinstanz nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe
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II. Die hiergegen erhobene Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Sie ist deshalb zurückzuweisen.
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1. Die Rüge, die Revision sei deshalb wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), weil die Gemeinde X, die Sitzgemeinde der G-GmbH, notwendig zum finanzgerichtlichen Rechtsstreit hätte beigeladen werden müssen (§ 60 Abs. 3 FGO) ist jedenfalls unbegründet. Nach § 190 Satz 2 AO sind für das Zuteilungsverfahren die Vorschriften des Zerlegungsverfahrens und damit auch die Regelungen des § 186 AO entsprechend anzuwenden. Hiernach sind auch am Zuteilungsverfahren neben dem FA nur der Steuerpflichtige (§ 186 Nr. 1 AO) sowie die (Gewerbe-)Steuerberechtigten beteiligt, denen der (Gewerbe-)Steuermessbetrag zugeteilt worden ist (hier: Stadt Y) oder die dessen Zuteilung beanspruchen (§ 186 Nr. 2 AO). Letzteres trifft für die Gemeinde X nicht zu; sie war deshalb auch nicht notwendig beizuladen (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Dezember 2002 I R 12/02, BFH/NV 2003, 636). Ob die Gemeinde X im Wege der sog. einfachen Beiladung am finanzgerichtlichen Verfahren hätte beteiligt werden können (§ 60 Abs. 1 FGO), bedarf keiner Erörterung. Selbst dann, wenn man dies bejahen wollte, begründet das Unterlassen einer einfachen Beiladung nach ständiger Rechtsprechung jedenfalls keinen Verfahrensmangel; auch könnte das vorinstanzliche Urteil ersichtlich nicht i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO auf einem solchen Versäumnis beruhen (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs vom 28. Januar 2010 VIII B 128/09, BFH/NV 2010, 877; vom 29. Oktober 2002 V B 186/01, BFH/NV 2003, 780).
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2. Soweit die Klägerin ferner rügt, das vorinstanzliche Urteil beruhe deshalb auf Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), weil das FG unter Verstoß gegen Denkgesetze zu dem Ergebnis gekommen sei, dass sich die Betriebsstätte der G-GmbH in den Büroräumen der D-AG befunden und die Gesellschaft in der Gemeinde X keine ins Gewicht fallende Tätigkeit ausgeübt habe, ist der Vortrag unschlüssig. Abgesehen davon, dass nicht deutlich wird, worin die Denkverstöße des FG bestehen sollten, lässt der Vortrag außer Acht, dass ein solcher Verstoß --ebenso wie die Missachtung von Erfahrungssätzen-- revisionsrechtlich auch dann dem materiellen Recht zuzuordnen ist, wenn er sich auf die Würdigung von Tatsachen bezieht. Er kann deshalb weder einen Verfahrensmangel noch die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) begründen (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsbeschluss vom 14. Februar 2008 I B 115/07, BFH/NV 2008, 1362; Lange in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 115 FGO Rz 248, m.w.N.).
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3. Hiervon ausgehend kann auch die weitere Rüge nicht durchgreifen, die Revision sei deshalb wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, weil es der Klärung bedürfe, ob eine GmbH ihre Geschäftsleitungsbetriebsstätte in den Büroräumen einer Bank unterhalten könne. Der Vortrag ist nicht nur deshalb unsubstantiiert, weil der Senat nicht zu erkennen vermag, aus welchem Grunde ein allgemeines Interesse an der Klärung dieser Frage bestehen sollte (vgl. hierzu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 23, m.w.N.). Er ist darüber hinaus auch deshalb unschlüssig, weil die Vorinstanz ihre Entscheidung --selbständig tragend-- auf die weitere Erwägung gestützt hat, dass die geschäftliche Tätigkeit der G-GmbH (weitgehend) in der Stadt Y ausgeübt worden sei und sich deshalb deren Betriebsstätte auch in den Wohnräumen von B oder A jeweils in Y habe befinden können. Demgemäß wäre es erforderlich gewesen, dass --woran es vorliegend fehlt-- die Klägerin auch im Hinblick auf diese Erwägung zumindest einen der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Gründe für die Zulassung der Revision substantiiert darlegt (Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 28, m.w.N.).
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