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BFH 08.12.2010 - II R 12/08
BFH 08.12.2010 - II R 12/08 - (Versicherungsteuerpflicht eines kommunalen Schadensausgleichs - Versicherungsverhältnis" i.S. des § 1 Abs. 1 VersStG - Versicherungsentgelt - Vertragsfreiheit in Versicherungsteuerrecht)
Normen
§ 1 Abs 1 VersStG, § 3 Abs 1 VersStG
Vorinstanz
vorgehend FG Köln, 5. Dezember 2007, Az: 11 K 5710/04, Urteil
Leitsatz
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Schadensaufwendungen, die von Mitgliedern eines kommunalen Schadensausgleichs in Höhe eines (variablen) Selbstbehalts selbst getragen werden, erfüllen nicht die Merkmale eines Versicherungsentgelts. Dies gilt auch dann, wenn die konkrete Höhe des Selbstbehalts erst nach Ablauf des jeweiligen Versicherungszeitraums errechnet werden kann.
Tatbestand
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I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist ein nichtrechtsfähiger Verein, dessen Mitglieder im Jahr 1998 u.a. mehrere Großstädte waren. Satzungsmäßige Aufgabe des Klägers ist der Betrieb einer kommunalen Verrechnungsstelle zum Ausgleich von Haftpflichtschäden, die seine Mitglieder und die über sie Mitversicherten gemeinsam tragen. Bestandteil der Satzung waren Verrechnungsgrundsätze, die u.a. Bestimmungen zur Übernahme der von den Mitgliedern angemeldeten, dem Grunde nach ausgleichsfähigen Haftpflichtschäden enthielten. Nach § 4 Abs. 1 der Verrechnungsgrundsätze trat der Kläger in allen Schadensfällen ein, soweit die Haftpflichtaufwendungen bestimmte Beträge je Schadensfall überstiegen (echter Selbstbehalt). Die Mitglieder waren nach § 5 der Verrechnungsgrundsätze verpflichtet, dem Kläger gegen sie geltend gemachte oder erwartete Schadensersatzansprüche innerhalb eines Monats anzuzeigen und das Ergebnis der von ihnen durchgeführten Ermittlungen mitzuteilen. Die Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang ein Schadensersatzanspruch anerkannt oder abgelehnt, ein Vergleich geschlossen, ein Rechtsstreit geführt werden soll oder weitere Ermittlungen zur Klärung des Sachverhalts erforderlich sind, traf der Geschäftsführer des Klägers.
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Ausgangsgröße für den Ausgleich zwischen den Mitgliedern des Klägers war die sog. Berechnungsgrundlage. Dazu bestimmt § 11 Abs. 1 Satz 1 der Satzung: "Die auf die einzelnen Verrechnungsstellen entfallenden Schadenbeträge und Kosten aus den im Laufe eines Geschäftsjahres eingetretenen, ordnungsgemäß angemeldeten und als ausgleichsfähig anerkannten Schadenfällen, die an den Rückdeckungsausgleich zu entrichtende Umlage sowie die anteiligen Verwaltungskosten des Ausgleichs, die Steuern und die sonstigen Aufwendungen des Ausgleichs werden nach Schluß des Geschäftsjahres nach den Verrechnungsgrundsätzen auf die Mitglieder aufgeschlüsselt (Berechnungsgrundlage)." Diese Berechnungsgrundlage war zum Zweck des durchzuführenden Schadensausgleichs auf die einzelnen Mitglieder zur Ermittlung der auf sie jeweils entfallenden sog. "Zwischensumme" aufzuteilen. Aufteilungsmaßstab war der jeweilige Anteil des einzelnen Mitglieds an der Summe der Wagnispunkte aller Mitglieder. Die "Zwischensumme" umfasste neben dem Anteil an den Gemeinschaftskosten den Betrag an Schadensaufwendungen, den jedes Mitglied satzungsgemäß im Geschäftsjahr übernahm. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 der Satzung bestand für die Mitglieder eine Ausgleichsverpflichtung nur, soweit die sich aus der Berechnungsgrundlage ergebende "Zwischensumme" die für sie im Geschäftsjahr anerkannten Schäden überstieg. Die Mitglieder hatten einen Erstattungsanspruch gegen den Ausgleich nur, soweit die anerkannten Schadensbeträge die sich aus der Berechnungsgrundlage ergebende "Zwischensumme" überstiegen.
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Für das Jahr 1998 betrug der gesamte Schadensaufwand der Mitglieder zuzüglich der an den Kläger zu zahlenden Umlage aller Mitglieder und der Verwaltungskosten 12.610.570,26 DM. Hiervon ausgehend ermittelte der Kläger eine "endgültige Belastung" der erstattungspflichtigen Mitglieder von 2.579.549,56 DM. Von seinen Mitgliedern hat der Kläger im Jahr 1998 keine Vorschüsse erhoben.
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Bei seiner Anmeldung zur Versicherungsteuer für 1998 ging der Kläger davon aus, dass Versicherungsteuer nur auf die von den zur Zahlung verpflichteten Mitgliedern geleisteten Ausgleichsbeträge zu erheben sei, und meldete demgemäß bei dem seinerzeit zuständigen Finanzamt (FA) Versicherungsteuer in Höhe von insgesamt 386.932 DM (2.579.549,56 DM × 15 v.H.) an. Die vom Kläger im Jahr 1998 gezahlten und auf seine Mitglieder umgelegten Prämien für eine Rückversicherung in Höhe von 167.371,51 DM blieben unberücksichtigt.
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Demgegenüber vertrat das FA die Auffassung, Bemessungsgrundlage für die Versicherungsteuer sei die "Zwischensumme". Das Versicherungsverhältnis sei darauf gerichtet, den Mitgliedern umfassenden Versicherungsschutz zu gewähren. Der Kläger trete in den in § 1 der Verrechnungsgrundsätze genannten Fällen in voller Höhe ein; ein Selbstbehalt oder eine Selbstversicherung bis zur Höhe der "Zwischensumme" sei nicht vereinbart. Von den Mitgliedern würden die anfallenden Schadenszahlungen zunächst vorschussweise getragen und mit der nächsten Umlage verrechnet. Diese Verfahrensweise stelle eine Aufrechnung i.S. des § 387 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dar. Das FA setzte daher gegen den Kläger die Versicherungsteuer für 1998 durch Änderungsbescheid vom 18. Oktober 2004 auf 1.916.690 DM (979.988,40 €) fest.
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Hiergegen erhob der Kläger mit Zustimmung des FA Sprungklage, mit der er die Festsetzung der Versicherungsteuer auf 210.671 € nach einer Bemessungsgrundlage von 2.746.921,07 DM (Ausgleichsbeträge 2.579.549,56 DM zuzüglich umgelegter Prämien für die Rückversicherung in Höhe von 167.371,51 DM) begehrte.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 824 veröffentlichten Urteil statt. Der Versicherungsteuer unterlägen nur die für das Streitjahr von den Mitgliedern gezahlten Ausgleichsbeträge zuzüglich der umgelegten Rückversicherungsprämien. Soweit die Mitglieder die von ihnen verursachten Schäden unterhalb der "Zwischensumme" (§ 11 Abs. 1 der Satzung) selbst beglichen hätten, liege ein nicht als Versicherungsentgelt i.S. des § 3 Abs. 1 des Versicherungsteuergesetzes (VersStG) zu behandelnder variabler Selbstbehalt vor. Von den Mitgliedern unterhalb der Zwischensumme selbst regulierte Schäden seien nicht Gegenstand des Umlageverfahrens. Die Mitglieder hätten kein Interesse an einer Absicherung regelmäßig auftretender kleiner und mittelgroßer Schäden. Die Besonderheiten des hier praktizierten "nachträglichen Umlageverfahrens" seien auch versicherungsteuerrechtlich zu beachten.
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Mit seiner Revision rügt das nunmehr zuständige Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) Verletzung materiellen Rechts. Entgegen der Auffassung des FG liege keine Schadenexzedentenversicherung mit einem variablen Selbstbehalt vor, weil in diesem Fall alle Mitglieder Prämien zu zahlen hätten. Der Satzung und den Verrechnungsgrundsätzen könne nicht die Vereinbarung eines variablen Selbstbehalts entnommen werden; ein solcher hätte --wie in § 4 Abs. 1 der Verrechnungsgrundsätze für den echten Selbstbehalt geschehen-- explizit zum Ausdruck gebracht werden müssen. Es liege vielmehr ein normales Umlageverfahren vor, bei dem nach Ablauf eines jeden Jahres die Summe aller Schadenszahlungen und Verwaltungskosten nach einem jährlich neu festgelegten Schlüssel (Wagnispunkte) auf alle Mitglieder umgelegt würden. Der sich ergebende Umlagebeitrag sei das Versicherungsentgelt i.S. von § 3 Abs. 1 VersStG. Die von den Mitgliedern geleisteten Schadenszahlungen seien als Vorschuss auf die Umlagebeiträge dazu bestimmt, dem Kläger im Wege eines abgekürzten Zahlungsweges die Mittel zur Abdeckung eingetretener Schäden zu verschaffen, und damit das Entgelt für die Gewährung von Versicherungsschutz durch den Kläger.
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Das BZSt beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
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Das dem Verfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat sich dem Vorbringen des BZSt angeschlossen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zutreffend erkannt, dass lediglich die Summe der von den Mitgliedern des Klägers für das Streitjahr zu leistenden Ausgleichsbeträge zuzüglich der auf die Mitglieder umgelegten Rückversicherungsprämien der Versicherungsteuer zu unterwerfen sind. Die von den Mitgliedern bis zur Höhe der "Zwischensumme" erbrachten Schadenszahlungen erfüllen nicht die Merkmale eines Versicherungsentgelts.
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1. Der Versicherungsteuer unterliegt nach näherer Maßgabe des § 1 VersStG die Zahlung des Versicherungsentgelts aufgrund eines durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandenen Versicherungsverhältnisses.
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a) Unter dem Versicherungsverhältnis ist das durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandene Rechtsverhältnis des einzelnen Versicherungsnehmers zum Versicherer und seine Wirkungen zu verstehen (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. August 1961 II 234/58 U, BFHE 73, 628, BStBl III 1961, 494; vom 16. Dezember 2009 II R 44/07, BFH/NV 2010, 784, m.w.N.). Wesentliches Merkmal für ein "Versicherungsverhältnis" i.S. des § 1 Abs. 1 VersStG ist das Vorhandensein eines vom Versicherer gegen Entgelt übernommenen Wagnisses (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 784, m.w.N.).
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b) Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 VersStG ist Versicherungsentgelt jede Leistung, die für die Begründung und zur Durchführung des Versicherungsverhältnisses an den Versicherer zu bewirken ist. Zahlung des Versicherungsentgelts ist jede Leistung, die die Schuld des Versicherungsnehmers gegenüber dem Versicherer erlöschen lässt (BFH-Urteile vom 20. April 1977 II R 47/76, BFHE 122, 559, BStBl II 1977, 748, und in BFH/NV 2010, 784).
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c) Gegenstand der Besteuerung ist nicht das Versicherungsverhältnis als solches (Begründung zum VersStG 1937, RStBl 1937, 839), sondern vielmehr die Zahlung des Versicherungsentgelts durch den Versicherungsnehmer, d.h. durch den zur Zahlung Verpflichteten. Die Versicherungsteuer ist eine Verkehrsteuer auf den rechtlich erheblichen Vorgang des Geldumsatzes. Entscheidend ist, dass eine geschuldete Leistung an den Gläubiger so bewirkt wird, dass die Schuld durch Zahlung des Versicherungsentgelts erlischt (BFH-Urteile in BFHE 73, 628, BStBl III 1961, 494; vom 5. Februar 1992 II R 93/88, BFH/NV 1993, 68, und in BFH/NV 2010, 784).
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Soweit der Schadensausgleich ohne Zwischenschaltung einer Versicherung und damit ohne gemeinsame Risikotragung allein durch den Schädiger aus eigenem Vermögen im Wege einer "Eigendeckung" bewirkt wird, fehlt es an einem Versicherungsverhältnis und damit an einem Versicherungsentgelt (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 784). Ein solcher Schadensausgleich löst daher keine Versicherungsteuerpflicht aus.
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2. Im Streitfall hat der Kläger gegenüber seinen Mitgliedern bis zur Höhe der "Zwischensumme" keine Wagnisse übernommen.
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a) Aufgrund der Satzung des Klägers sowie der diese ergänzenden Verrechnungsgrundsätze sind die von den Mitgliedern in Höhe der "Zwischensumme" selbst getragenen Aufwendungen und die ihnen zugrunde liegenden Haftpflichtschäden als variabler Selbstbehalt nicht in den vom Kläger gewährten Versicherungsschutz einbezogen. Dies ergibt die Auslegung der Satzung, die aufgrund ihres körperschaftsrechtlichen Charakters vom BFH selbst nach objektiven Gesichtspunkten auszulegen ist (BFH-Urteile vom 28. November 2007 I R 94/06, BFHE 220, 51, BFH/NV 2008, 1270; vom 3. September 2009 IV R 38/07, BFHE 226, 283, BStBl II 2010, 60). Ob im Rahmen dieser Auslegung eine tatsächliche Übung als Auslegungshilfe herangezogen werden kann (so z.B. Palandt/Ellenberger, Bürgerliches Gesetzbuch, 70. Aufl., § 25 Rz 4) und ob insoweit eine Bindung des Revisionsgerichts an die dazu getroffenen tatsächlichen Feststellungen des FG besteht, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn das FG hat festgestellt, dass der Kläger und seine Mitglieder satzungsgemäß Schäden bis zur Höhe der Zwischensumme unmittelbar auf eigene Kosten endgültig selbst reguliert haben.
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b) § 11 Abs. 1 der Satzung ist zu entnehmen, dass der Kläger hinsichtlich der Schadenszahlungen der Mitglieder bis zur Höhe der "Zwischensumme" kein Risiko übernommen hat. Der Auffassung des BZSt und des BMF, der Satzung des Klägers lasse sich die Vereinbarung eines variablen Selbstbehalts für die Mitglieder in Höhe der "Zwischensumme" nicht entnehmen und § 11 Abs. 1 der Satzung betreffe lediglich die Abrechnungsmodalitäten und nicht die Voraussetzungen eines Risikotransfers, kann nicht gefolgt werden.
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aa) Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 der Satzung bestand eine Ausgleichsverpflichtung für die Mitglieder nur, soweit die sich aus der Berechnungsgrundlage ergebende Zwischensumme die für sie im Geschäftsjahr anerkannten Schäden überstieg. Die Mitglieder hatten gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 der Satzung einen Erstattungsanspruch gegen den Ausgleich nur für den diese Zwischensumme übersteigenden Betrag. Diesen Satzungsbestimmungen kommt hinsichtlich des Rechtsverhältnisses zwischen dem Kläger und seinen Mitgliedern eine (bezüglich des Betrags bis zur "Zwischensumme") anspruchsbegrenzende und zugleich (für den die "Zwischensumme" übersteigenden Betrag) anspruchsbegründende Bedeutung zu. Aus diesen Regelungen ergibt sich bei objektiver Betrachtung, dass der Kläger bis zur Höhe der "Zwischensumme" die Übernahme eines Wagnisses wirksam ausgeschlossen hat und die entsprechenden Haftpflichtrisiken nicht auf einen größeren Kreis von Teilnehmern verteilt waren.
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bb) Ein umfassender Risikotransfer der gegen die Mitglieder gerichteten Haftpflichtansprüche auf den Kläger kann nicht aus den den Deckungsschutz betreffenden Regelungen in §§ 1 und 2 der Verrechnungsgrundsätze sowie aus der vom Kläger in § 4 Abs. 1 der Verrechnungsgrundsätze übernommenen Verpflichtung entnommen werden, in allen Schadenfällen mit Ausnahme eines echten Selbstbehalts in der vorgesehenen Höhe einzutreten.
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(1) Die Verrechnungsgrundsätze regeln gemäß § 1 Abs. 2 der Satzung die Übernahme der von den Mitgliedern angemeldeten Haftpflichtschäden und den Ausgleich unter den Mitgliedern. Vor diesem Hintergrund ist zwar dem BMF einzuräumen, dass der Wortlaut der in § 1 Abs. 1 der Verrechnungsgrundsätze getroffenen Regelung im Sinne eines vom Kläger selbst übernommenen Wagnisses verstanden werden könnte. Bei objektiver Auslegung erschöpft sich aber der in den Verrechnungsgrundsätzen begründete "Deckungsschutz" für die Mitglieder in Regelungen, die die Ausgleichsfähigkeit der angemeldeten Schadenfälle im Rahmen des durch § 11 Abs. 1 der Satzung des Klägers ausgestalteten Ausgleichssystems betreffen. Damit füllen die Verrechnungsgrundsätze die in § 11 Abs. 1 der Satzung getroffenen Bestimmungen zur Berechnungsgrundlage und Bestimmung der "Zwischensumme" aus und konkretisieren die zur Bestimmung des variablen Selbstbehalts erforderlichen Berechnungsschritte.
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(2) Der auf die Ausgleichsfähigkeit beschränkte Regelungsgehalt des "Deckungsschutzes" wird schon aus § 1 Abs. 2 Nr. 6, 8 und 9 der Verrechnungsgrundsätze deutlich, wonach der Deckungsschutz mit den als "ausgleichsfähig" bezeichneten Aufwendungen gleichgesetzt wird. In entsprechender Weise sind die in § 1 Abs. 2 Nr. 11 und 13 der Verrechnungsgrundsätze bezeichneten Aufwendungen "umlagefähig" bzw. "nicht umlagefähig". Diese Regelungen schließen nach Wortlaut und Sinngehalt einen Transfer der entsprechenden Risiken auf den Kläger aus. Dies gilt ebenso für die übrigen in § 1 der Verrechnungsgrundsätze angesprochenen Haftpflichtansprüche und -aufwendungen. Der allein auf die Ausgleichsfähigkeit bezogene Sinngehalt des "Deckungsschutzes" wird zudem aus § 2 der Verrechnungsgrundsätze deutlich, wonach sich der Ausschluss des Deckungsschutzes in einer Aufzählung der als "nicht ausgleichsfähig" zu behandelnden Ansprüche erschöpft.
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(3) Weiter gehende Folgerungen ergeben sich auch nicht daraus, dass die Verrechnungsgrundsätze gemäß § 1 Abs. 2 der Satzung auch die Übernahme der von den Mitgliedern angemeldeten Haftpflichtschäden betreffen. Diese "Übernahme" besteht (mit Ausnahme des echten Eigenbehalts, § 4 Abs. 1 der Verrechnungsgrundsätze) nicht in der Übertragung aller Versicherungsrisiken auf den Kläger, sondern allein in der Berücksichtigung der einzelnen Schadensbeträge bei der Ermittlung der Berechnungsgrundlage i.S. des § 11 Abs. 1 der Satzung des Klägers. Dieses den Verrechnungsgrundsätzen zugrunde liegende Begriffverständnis verdeutlicht auch die dort in § 1 Abs. 2 Nr. 12 getroffene Regelung, wonach Rettungskosten nur in dem dort bezeichneten Umfang "übernommen" werden.
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cc) Eine Wagnisübernahme durch den Kläger in Höhe der "Zwischensumme" ergibt sich auch nicht aus dem in § 5 der Verrechnungsgrundsätze geregelten Verfahren in Schadenfällen.
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(1) Die für die Mitglieder begründete Anzeigefrist (§ 5 Abs. 1 und 2 der Verrechnungsgrundsätze) sowie die dem Geschäftsführer des Klägers bei der Schadensabwicklung eingeräumten Mitwirkungsrechte (§ 5 Abs. 4 und 5 der Verrechnungsgrundsätze) stehen mit dem in den Verrechnungsgrundsätzen angesprochenen Deckungsschutz nur insofern in Zusammenhang, als sie eine Berücksichtigung nur "echter" Schadensleistungen in den Risikoausgleich sicherstellen und damit einen etwaigen Missbrauch des Ausgleichssystems durch die Mitglieder des Klägers verhindern sollen. Der Auffassung des BMF, die detaillierten Mitwirkungsrechte des Geschäftsführers des Klägers seien wegen des damit verbundenen Eingriffs in das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen nur durch das vom Kläger umfassend übernommene Risiko erklärbar und gerechtfertigt, kann nicht gefolgt werden. Für einen Eingriff in das kommunale Selbstverwaltungsrecht ist schon deshalb nichts ersichtlich, weil der Erwerb der Mitgliedschaft beim Kläger auf einer freiwilligen Entscheidung der Kommunen beruht. Zudem sieht § 8 Abs. 1 Buchst. b der Satzung des Klägers die Entscheidung des Vorstands vor, wenn ein Mitglied gegen eine Entscheidung des Geschäftsführers Einspruch erhebt.
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(2) Ein anderes Auslegungsergebnis ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass die Mitglieder des Klägers gemäß § 5 Abs. 6 der Verrechnungsgrundsätze Zahlungen vorschussweise zu leisten hatten. Diese Regelung ist vor dem Hintergrund der in § 11 Abs. 1 der Satzung angeordneten Ausgleichsverpflichtung nur insoweit von Bedeutung, als die Mitglieder bis zur Durchführung des Ausgleichs zunächst auch die die "Zwischensumme" übersteigenden Schadenszahlungen zu begleichen hatten.
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3. Ausgehend von diesen satzungsrechtlichen Regelungen liegt im Streitfall ein Versicherungsentgelt i.S. des § 1 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 VersStG nur insoweit vor, als die Mitglieder des Klägers gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 der Satzung des Klägers Ausgleichszahlungen einschließlich der auf sie umgelegten Rückversicherungskosten zu leisten hatten. Den bis zur Höhe der "Zwischensumme" geleisteten Zahlungen kann --entgegen der Auffassung des BZSt und des BMF-- nicht der Charakter von Umlagebeiträgen für einen vom Kläger gewährten Versicherungsschutz beigemessen werden.
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a) Aufgrund des bis zur Höhe der "Zwischensumme" vorliegenden variablen Selbstbehalts erfüllen die in Höhe dieser Summe erbrachten Schadenszahlungen der Mitglieder nicht die Merkmale eines Versicherungsentgelts (Umlagen) i.S. des § 3 Abs. 1 Satz 1 VersStG. Diese Schadenszahlungen wurden von den Mitgliedern unmittelbar an die jeweils Geschädigten geleistet, so dass es insoweit an der von § 1 VersStG vorausgesetzten Tilgung der zwischen einem Versicherungsnehmer und dem Versicherer bestehenden Schuld fehlt. Eine den Wertungen des VersStG widersprechende Ausdehnung des Gegenstands der Versicherungsteuer auf solche Zahlungen, die nicht die Merkmale eines Versicherungsentgelts i.S. des § 1 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 VersStG erfüllen, kommt nicht in Betracht (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 784).
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b) Die von den Mitgliedern bis zur Höhe der "Zwischensumme" geleisteten Zahlungen sind nicht etwa unter dem Gesichtspunkt der Begründung und Durchführung eines Versicherungsverhältnisses (§ 3 Abs. 1 Satz 1 VersStG) als Versicherungsentgelt zu behandeln. Der von den Mitgliedern insoweit als Selbstbehalt aus eigenem Vermögen bewirkte Schadensausgleich kommt vielmehr einer "Eigendeckung" gleich, die als Nichtversicherung keine Versicherungsteuerpflicht auslöst (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 784, m.w.N.).
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c) Versicherungsteuerrechtlich folgt aus der Vereinbarung eines (variablen) Selbstbehalts nicht, dass es überhaupt an einem Versicherungsverhältnis zwischen dem Kläger und seinen Mitgliedern fehlt. An einem Versicherungsverhältnis fehlt es ausschließlich in dem Umfang, in dem ein Schädiger einen Schadensausgleich im Wege der "Eigendeckung" selbst bewirkt. Erstreckt sich hingegen die "Eigendeckung" nur auf einen Teil des gesamten Risikos, bleibt es im Übrigen bei dem Bestehen eines Versicherungsverhältnisses und der Versicherungsteuerpflicht (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 784).
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d) Dieser Beurteilung des (variablen) Selbstbehalts steht nicht entgegen, dass die konkrete Höhe des Selbstbehalts (und des sich etwa ergebenden Erstattungsanspruchs bzw. des zu zahlenden Ausgleichsbetrags) erst nach Ablauf des jeweiligen Versicherungszeitraums errechnet werden kann. Einen Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass ein Wagnis und das für seine Tragung zu entrichtende Versicherungsentgelt vor dem jeweiligen Versicherungszeitraum endgültig feststehen muss, enthält das VersStG nicht (vgl. auch BFH-Urteil vom 7. Oktober 1959 II 132/57 U, BFHE 69, 588, BStBl III 1959, 478).
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e) Aus dieser Behandlung des variablen Selbstbehalts folgt auch nicht, dass Mitglieder des Klägers mit Schadensleistungen oberhalb der "Zwischensumme" ohne eigene Prämienleistungen Versicherungsschutz erhielten. Vielmehr beteiligen sich auch diese Mitglieder --wie auch das BZSt anerkennt-- an den dem Kläger entstehenden Rückversicherungs- und Verwaltungskosten durch eine entsprechende Kürzung der an sie zu zahlenden Erstattungsbeträge. Die hier gewählte Ausgestaltung des Versicherungsverhältnisses ist im Übrigen durch die auch im Versicherungsrecht geltende Vertragsfreiheit hinsichtlich der Höhe der Prämie und die Art der Prämienentrichtung gedeckt (vgl. auch BFH-Urteil vom 14. Oktober 1964 II 175/61 U, BFHE 80, 539, BStBl III 1964, 667).
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f) Es kann schließlich offen bleiben, ob der satzungsgemäß geltende variable Selbstbehalt gegen Bestimmungen des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) verstößt. Einem solchen vom BMF behaupteten Verstoß käme für das Versicherungsteuerrecht, für das die besonderen Voraussetzungen des VAG nicht ohne weiteres gelten (BFH-Urteil vom 29. November 2006 II R 78/04, BFH/NV 2007, 513, m.w.N.), keine Bedeutung zu. Ebenso bedarf es auch keiner Entscheidung, ob ein variabler Selbstbehalt mit Bestimmungen des Pflichtversicherungsgesetzes vereinbar ist. Wie der Senat bereits entschieden hat (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 784), ist für das Versicherungsentgelt i.S. des § 1 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 VersStG allein das Innenverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer, nicht aber das (Außen-)Verhältnis zwischen Versicherer und Geschädigtem maßgebend.
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