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BSG 24.10.2024 - B 1 KR 66/23 B
BSG 24.10.2024 - B 1 KR 66/23 B - (Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung - Klärungsbedürftigkeit - Krankenversicherung - künstliche Befruchtung - Altersgrenze nach § 27a Abs 3 S 1 Halbs 2 SGB 5)
Normen
§ 160a Abs 1 S 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 27a Abs 3 S 1 Halbs 2 SGB 5, Art 3 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend SG Bremen, 23. Januar 2023, Az: S 61 KR 261/20, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, 31. Juli 2023, Az: L 16 KR 86/23, Beschluss
Tenor
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Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 31. Juli 2023 wird als unzulässig verworfen.
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Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
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I. Die bei der Beklagten krankenversicherten Kläger begehren die Kostenübernahme für Intracytoplasmatische Spermieninjektionen (ICSI) als Folgebehandlung.
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Die Klägerin ist 1979 geboren. Nachdem die Beklagte eine bis zum 16.8.2019 befristete Genehmigung für drei Behandlungsversuche erteilt und im April 2019 einen (Folge-)Behandlungsplan für maximal zwei Zyklen bewilligt hatte, lehnte sie die weitere Kostenübernahme nach Vollendung des 40. Lebensjahres der Klägerin ab (Bescheid vom 16.3.2020; Widerspruchsbescheid vom 11.6.2020). Die insbesondere auf ein zusprechendes Urteil des BGH zum Anspruch einer weiblichen Versicherten nach deren Vollendung des 40. Lebensjahres gestützte Klage ist vor dem SG (Urteil vom 23.1.2023) und dem LSG (Beschluss vom 31.7.2023) erfolgslos geblieben.
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Mit ihrer Beschwerde wenden sich die Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des LSG.
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II. Die Beschwerde ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung.
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1. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN; zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit dieses Maßstabs BVerfG vom 14.4.2010 - 1 BvR 2856/07 - SozR 4-1500 § 160a Nr 24 RdNr 5 ff mwN). Dem wird das Beschwerdevorbringen nicht gerecht.
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Die Kläger werfen die Rechtsfrage auf,
"ob die Altersbeschränkung des Anspruches bei einer künstlichen Befruchtung für Frauen mit 40 Jahren gemäß § 27a Absatz 1 und 3 SGB V aufgrund des steigenden Alters der gebärenden Mütter nicht mehr zeitgemäß sowie verfassungswidrig ist und genauso, wie der Bundesgerichtshof festgestellt hat, dass die Richtlinie nicht mehr dem heutigen Stand entspricht und überprüft und geändert werden muss und die alte Richtlinie mit der Altersgrenze von 45 Lebensjahren anzuwenden ist."
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Sie führen aus, die verschiedenen Altersgrenzen für Leistungen der künstlichen Befruchtung für Frauen in der gesetzlichen und Frauen in der privaten Krankenversicherung bedingten eine Ungleichbehandlung, die bisher nicht überprüft und thematisiert worden sei. Die Kostenübernahme sei von Gegebenheiten im Einzelfall und nicht allein vom Alter abhängig zu machen.
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Damit ist allerdings die Klärungsbedürftigkeit der Frage nicht hinreichend dargelegt. Eine Rechtsfrage ist - auch wenn das BSG sie noch nicht ausdrücklich behandelt hat - nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sodass eine weitere Klärung oder Fortentwicklung des Rechts nicht mehr zu erwarten ist (stRspr; vgl zB BSG vom 16.4.2012 - B 1 KR 25/11 B - juris RdNr 7 mwN). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl BSG vom 27.3.2023 - B 12 KR 39/22 B - juris; BSG vom 22.2.2017 - B 1 KR 73/16 B - juris RdNr 8 mwN; vgl zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit eines entsprechenden Maßstabs BVerfG <Kammer> vom 12.9.1991 - 1 BvR 765/91 - SozR 3-1500 § 160a Nr 6 S 10 f = juris RdNr 4).
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Daran fehlt es hier. Die Begrenzung des Anspruchs auf weibliche Versicherte, die das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ergibt sich klar und unzweifelhaft aus dem Gesetz (§ 27a Abs 3 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V). Dass die aufgeworfene Frage trotz dieser eindeutigen gesetzlichen Vorschrift klärungsbedürftig sein könnte, legen die Kläger nicht dar. Allein die Auffassung, das Gesetz sei nicht mehr zeitgemäß, lässt keine Klärungsbedürftigkeit erkennen.
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Die Klärungsbedürftigkeit ist auch nicht dadurch hinreichend dargetan, dass die Kläger mit der geltend gemachten Ungleichbehandlung zwischen gesetzlich und privat krankenversicherten Personen einen Verfassungsverstoß von § 27a Abs 3 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes aus Art 3 Abs 1 GG rügen. Wird die Beschwerde mit einem Grundrechtsverstoß begründet, hat sie unter Einbeziehung der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung - insbesondere des BVerfG, aber auch des BSG - im Einzelnen aufzuzeigen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (vgl BSG vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11 S 14; ferner zB BSG vom 8.12.2008 - B 12 R 38/07 B - juris RdNr 7 mwN). Dazu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verfassungsverletzung dargelegt werden. Die Beschwerdebegründung darf sich im Fall einer aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Frage aber nicht darauf beschränken, die Verfassungswidrigkeit zu behaupten und die als verletzt angesehenen Normen des Grundgesetzes zu benennen (vgl BSG vom 30.4.2015 - B 10 EG 17/14 B - juris RdNr 5 mwN).
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Nach diesem Maßstab genügt die Beschwerdebegründung nicht den Darlegungsanforderungen. Sie nimmt zwar Bezug auf das Urteil des BSG vom 3.3.2009 (B 1 KR 12/08 R - SozR 4-2500 § 27a Nr 7) und verweist darauf, dass sich das BSG dort nicht mit unterschiedlichen Lebensaltersobergrenzen bei Frauen in der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherung befasst habe. Sie setzt sich aber nicht mit den Gründen auseinander, die für das BSG unter Beachtung der Rechtsprechung des BVerfG maßgeblich waren, eine sachwidrige Ungleichbehandlung zu verneinen, und warum diese Gründe nicht gleichermaßen für eine unterschiedliche Lebensaltersobergrenze gelten (BSG, aaO, RdNr 19; dort zur Konzeptionswahrscheinlichkeit als Anspruchsvoraussetzung für einen Anspruch auf ICSI-Kostenerstattung in der privaten Krankenversicherung). Schließlich geht sie nicht auf das Urteil des BSG vom 25.6.2009 (B 3 KR 7/08 R - SozR 4-2500 § 27a Nr 8) ein, das sich mit der Absenkung der Lebensaltersobergrenze von 45 auf 40 Jahre befasst (BSG, aaO, RdNr 14, 17 ff, dort auch zur Altersdiskriminierung). Die Kläger behaupten lediglich ohne weitere Begründung, dass die gesetzliche Regelung verfassungswidrig sei und der in der privaten Krankenversicherung geltenden Rechtslage angepasst werden müsse.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
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