Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
§ 5 AKI-RL
§ 5 AKI-RL, Potenzialerhebung
(1) 1 Vor jeder Verordnung werden bei beatmeten oder trachealkanülierten Versicherten das Potenzial zur Reduzierung der Beatmungszeit bis hin zur vollständigen Beatmungsentwöhnung (Weaning) bzw. zur Entfernung der Trachealkanüle (Dekanülierung) und die Möglichkeiten der Therapieoptimierung sowie die jeweils zur Umsetzung notwendigen Maßnahmen individuell erhoben und dokumentiert (dieser Prozess wird im Folgenden als Erhebung bezeichnet). 2 Dies umfasst auch die Prüfung des Potenzials für eine Umstellung auf eine nicht-invasive Beatmung, die Beurteilung der Therapieadhärenz und bei festgestelltem Potenzial die Festlegung und ggf. Anpassung der Entwöhnungs- bzw. Dekanülierungsstrategie. 3 Ist die Beatmung bzw. die Trachealkanüle dauerhaft indiziert oder eine Dekanülierung oder Entwöhnung zum Zeitpunkt der Erhebung nicht möglich oder absehbar, sind die konkreten Gründe zu dokumentieren.
(2) 1 Die Erhebung erfolgt durch die besonders qualifizierten Vertragsärztinnen und Vertragsärzte nach § 8 (potenzialerhebende Ärztinnen und Ärzte). 2 Gemäß § 37c Absatz 1 Satz 7 SGB V sind zur Erhebung auch nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärztinnen und Ärzte oder nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Krankenhäuser berechtigt und nehmen zu diesem Zweck an der vertragsärztlichen Versorgung teil.
(3) 1 Die Erhebung kann auch unter Nutzung der telemedizinischen Möglichkeiten durchgeführt werden. 2 Mindestens einmal jährlich muss die Erhebung jedoch unmittelbar persönlich, vorrangig am Ort der Leistung erfolgen. 3 Wenn eine unmittelbar persönliche Erhebung am Ort der Leistung durch eine Ärztin oder einen Arzt mit der Qualifikation nach § 8 ausnahmsweise nicht möglich ist, ist für einen dann erforderlichen Transport der oder des Versicherten die Verhältnismäßigkeit des Transports zu prüfen. 4 Wenn ein Transport unverhältnismäßig ist, kann abweichend von Satz 2 die dort einmal jährlich unmittelbar persönlich vorgesehene Erhebung auch unter Nutzung der telemedizinischen Möglichkeiten durchgeführt werden. 5 Wird die Erhebung nach Satz 2 nicht unmittelbar persönlich durchgeführt, ist das Vorliegen der hierfür geltenden Voraussetzungen nach den Sätzen 3 und 4 im Einzelfall zu begründen und in der Patientenakte zu dokumentieren.
(4) 1 Die Erhebung muss mindestens alle 6 Monate durchgeführt werden. 2 Sie darf zum Zeitpunkt der Verordnung nicht älter als 3 Monate sein.
(5) 1 Wird bei beatmeten oder trachealkanülierten Versicherten im Rahmen der Erhebung festgestellt und dokumentiert, dass keine Aussicht auf nachhaltige Besserung der zugrunde liegenden Funktionsstörung besteht und eine Dekanülierung oder Entwöhnung dauerhaft nicht möglich ist, muss die Erhebung abweichend von Absatz 4 Satz 1 mindestens alle 12 Monate durchgeführt werden. 2 Die Erhebung darf bei diesen Versicherten abweichend von Absatz 4 Satz 2 zum Zeitpunkt der Verordnung nicht älter als 6 Monate sein. 3 Sie umfasst die in diesem Paragraphen beschriebenen Inhalte, setzt aber den Schwerpunkt auf Aspekte der Therapiekontrolle oder Therapieoptimierung.
(6) 1 Nachdem innerhalb eines Gesamtzeitraums der Patientenbeobachtung von mindestens 2 Jahren 2-mal in Folge eine Feststellung und Dokumentation nach Absatz 5 Satz 1 auf Grundlage einer unmittelbar persönlichen Untersuchung getroffen wurde, ist eine Verordnung gemäß § 6 auch ohne erneute Erhebung zulässig. 2 Die Verordnung gemäß Satz 1 darf nicht durch die Vertragsärztin oder den Vertragsarzt erfolgen, die oder der die Feststellungen nach Satz 1 getroffen hat. 3 Ungeachtet dessen kann die verordnende Vertragsärztin oder der verordnende Vertragsarzt eine Erhebung weiterhin wie grundsätzlich vorgesehen veranlassen bzw. die oder der Versicherte diese beanspruchen. 4 Wenn der Krankenkasse aufgrund der regelmäßigen Begutachtung des Medizinischen Dienstes ein Hinweis auf ein Potenzial zur Beatmungsentwöhnung oder Dekanülierung oder ein Hinweis auf eine Möglichkeit zur Therapieoptimierung vorliegt, hat sie die verordnende Vertragsärztin oder den verordnenden Vertragsarzt über die Notwendigkeit einer erneuten Erhebung zu informieren. 5 Diese oder dieser hat die notwendigen Maßnahmen einzuleiten.
(7) 1 Die Erforderlichkeit von weiteren Arztkontakten von potenzialerhebenden Ärztinnen und Ärzten nach § 8 über die Erhebung hinaus, bemisst sich nach der Schwere der Erkrankung und möglicher Komplikationen. 2 Die verordnende Vertragsärztin oder der verordnende Vertragsarzt nach § 9 wirkt auf die Umsetzung der nach Absatz 1 Satz 1 bis 2 dokumentierten Maßnahmen hin.
(8) Im Rahmen der Erhebung bei beatmeten Versicherten sollen insbesondere folgende Aspekte überprüft und in die Bewertung eines Beatmungsentwöhnungs- bzw. Dekanülierungspotenzials einbezogen und zusammenfassend dokumentiert werden:
- 1. Einschätzung der Prognose der Grund- und Begleiterkrankungen und der Entwicklung der akuten Erkrankungsphase, die zur Beatmung geführt hat; Benennung der Funktionsbeeinträchtigungen, die eine Entwöhnung verhindern bzw. die Spontanatmungszeit begrenzen;
- 2. Strukturierte Ermittlung des (mutmaßlichen) Patientenwillens (ggf. unter Einbezug eines Ethik-Fallgesprächs);
- 3. Einschätzung des Regenerationspotenzials und der Adhärenz (Mitarbeit) der oder des Versicherten;
- 4. Systematische und strukturierte Erhebung der Lebensqualität;
- 5. Möglichkeiten der Therapieoptimierung insbesondere unter Berücksichtigung diätetischer und medikamentöser Behandlungsmöglichkeiten und Heilmitteltherapien sowie Überprüfung der Funktionalität des eventuellen Beatmungszugangs;
- 6. Atemmechanik;
- 7. Hustenstoß und Sekretmanagement;
- 8. Hämodynamischer Status (z. B. Blutdruck, Herzfrequenz);
- 9. Dyspnoe-, Bewusstseins- und Schmerzstatus;
- 10. Beurteilung der NIV-Fähigkeit;
- 11. Feststellung der Gasaustauschparameter (z. B. pO2, pH, pCO2, sO2) mit invasiven oder nicht-invasiven Messverfahren (z. B. Blutgasanalyse, Pulsoxymetrie, transkutane Oxymetrie und CO2-Messung);
- 12. Feststellung der Geräteeinstellungen (mindestens Beatmungsmodus, Beatmungsdrücke, Atemfrequenz und FiO2- oder O2-Fluss; die Feststellung der Atemfrequenz ist entbehrlich, sofern eine Beatmungsform gewählt wurde, bei der eine Einstellung der maschinellen Atemfrequenz nicht vorgesehen ist);
- 13. Feststellung der Gerätemesswerte (mindestens Atemfrequenz, Atemzugvolumen, Atemminutenvolumen, Beatmungsdrücke, durchschnittliche Nutzungszeit pro Tag und Spontanatmungszeit inkl. deren Verhinderungsgründe);
- 14. Standardisiertes Aspirationsscreening;
- 15. Schluckfunktion mit geeigneten Verfahren (z. B. fiberoptische endoskopische Evaluation des Schluckens [FEES]);
- 16. Sitz und Funktion der Trachealkanüle.
(9) 1 Erfolgt die Erhebung bei beatmeten Versicherten im Rahmen des Entlassmanagements, werden mindestens folgende Aspekte und Befunde erhoben:
- 1. Atemmechanik (z. B. Hustenstoß, Sekretion);
- 2. Hämodynamischer Status (z. B. Blutdruck, Herzfrequenz);
- 3. Sedierungsscore (z. B. Richmond Agitation-Sedation Scale);
- 4. Beurteilung der NIV-Fähigkeit;
- 5. Feststellung der Gasaustauschparameter (z. B. pO2, pH, pCO2, sO2) mit invasiven oder nicht-invasiven Messverfahren (z. B. Blutgasanalyse, Pulsoxymetrie, transkutane Oxymetrie und CO2-Messung);
- 6. Feststellung der Geräteeinstellungen (mindestens Beatmungsmodus, Beatmungsdrücke, Atemfrequenz, FiO2 oder O2-Fluss; die Feststellung der Atemfrequenz ist entbehrlich, sofern eine Beatmungsform gewählt wurde, bei der eine Einstellung der maschinellen Atemfrequenz nicht vorgesehen ist);
- 7. Feststellung der Gerätemesswerte (mindestens Atemfrequenz, Atemzugvolumen, Atemminutenvolumen, Beatmungsdrücke);
- 8. Klinische Einschätzung der Prognose der Grund- und Begleiterkrankungen und der Entwicklung der akuten Erkrankungsphase, die zur Beatmung geführt hat;
- 9. Klinische Einschätzung des Regenerationspotenzials und der Compliance (Mitarbeit) der oder des Versicherten;
- 10. Evaluation des (mutmaßlichen) Patientenwillens (ggf. unter Einbezug eines Ethik-Fallgesprächs);
- 11. Beurteilung des Beatmungsentwöhnungspotenzials unter Berücksichtigung der erhobenen Befunde.
(10) 1 Im Rahmen der Erhebung bei nicht beatmeten trachealkanülierten Versicherten sollen insbesondere folgende Aspekte überprüft und in die Bewertung des Dekanülierungspotenzials einbezogen und zusammenfassend dokumentiert werden:
- 1. Einschätzung der Prognose der Grund- und Begleiterkrankungen und der Entwicklung der akuten Erkrankungsphase, die zur Schluckstörung geführt hat, und Benennung der Funktionsbeeinträchtigungen, welche eine Dekanülierung verhindern;
- 2. Strukturierte Ermittlung des (mutmaßlichen) Patientenwillens (ggf. unter Einbezug eines Ethik-Fallgesprächs);
- 3. Einschätzung des Regenerationspotenzials und der Adhärenz (Mitarbeit) der oder des Versicherten;
- 4. Systematische und strukturierte Erhebung der Lebensqualität;
- 5. Möglichkeiten der Therapieoptimierung insbesondere unter Berücksichtigung diätetischer und medikamentöser Behandlungsmöglichkeiten und Heilmitteltherapien;
- 6. Atemwegsanatomie;
- 7. Standardisiertes Aspirationsscreening;
- 8. Schluckfunktion mit geeigneten Verfahren (z. B. fiberoptische endoskopische Evaluation des Schluckens [FEES]);
- 9. Hustenstoß und Sekretmanagement;
- 10. Dyspnoe, Bewusstseins- und Schmerzstatus;
- 11. Sitz und Funktion der Trachealkanüle.
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