(3) Bei der Frage, welcher Maßnahmen es zur Stabilisierung oder zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit der Bundesregierung bedarf, verfügt der Bundeskanzler über einen weiten Einschätzungsspielraum (vgl. für den Rückgriff auf die Richtlinienkompetenz Detterbeck, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, 3. Aufl. 2005, § 66 Rn. 15; Brinktrine, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 65 Rn. 16; Schenke, JZ 2015, S. 1009 1011>; jeweils m.w.N.). Er ist insbesondere nicht auf die Wahrnehmung der ihm nach Art. 65 Satz 1 GG eingeräumten Richtlinienkompetenz oder die Möglichkeit, die personelle Zusammensetzung der Bundesregierung zu ändern, beschränkt. Vielmehr kann er auch auf weniger formelle Mittel, etwa auf regierungsinterne Gespräche oder öffentliche Äußerungen zurückgreifen (vgl. Detterbeck, in: Isensee/ Kirchhof, HStR III, 3. Aufl. 2005, § 66 Rn. 18 f.; zu den Erscheinungsformen der Richtlinienkompetenz Hilbert, in: Krüper/Pilniok, Die Organisationsverfassung der Regierung, 2021, S. 91 99 ff.>). Soweit es um die Vorgabe allgemeinpolitischer Ziele mittels öffentlicher Redebeiträge geht, ist der Bundeskanzler nicht darauf verwiesen, ausschließlich die Bundesminister zu adressieren (vgl. zu den Adressaten der Richtlinien im engeren Sinne Schröder, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 65 Rn. 22 ff.; Detterbeck, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, 3. Aufl. 2005, § 66 Rn. 22; Schenke, JZ 2015, S. 1009 1012>). Er kann sich auch an die die Bundesregierung tragenden Fraktionen, Abgeordneten und politischen Parteien richten. Beeinträchtigen Spannungen, die von diesen ausgehen oder zwischen ihnen bestehen, die Stabilität der Bundesregierung, steht dem Bundeskanzler auch insoweit ein richtungsbestimmendes Eingreifen zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit der Bundesregierung offen.