AOK-Befragung zu Digitalen Gesundheitsanwendungen in Westfalen-Lippe
Apps auf Rezept für viele Nutzende verzichtbar
Dortmund. Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs) werden in Westfalen-Lippe insgesamt positiv bewertet. Allerdings hält sie etwa die Hälfte der Nutzerinnen und Nutzer für verzichtbar. Das sind zentrale Ergebnisse einer bundesweiten Online-Befragung bei 2.600 AOK-Versicherten, davon waren rund 300 Versicherte der AOK NordWest. „Die digitalen Gesundheitsanwendungen bieten eine gute Möglichkeit, die medizinische Versorgung von Patientinnen und Patienten zu unterstützen. Im Vordergrund sollte dabei jedoch der medizinische Nutzen stehen. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass der tatsächliche Nutzen vieler DiGAs nicht nachgewiesen werden kann. Hier muss das Bewertungs- und Zulassungsverfahren überprüft und weiterentwickelt werden, um die Versorgungssicherheit mit Apps optimaler zu gestalten“, sagt Tom Ackermann, Vorstandsvorsitzender der AOK NordWest.
Akzeptanz und Nutzungsverhalten
Ziel der Befragung war es, zwei Jahre nach der Aufnahme der DiGAs in den Leistungskatalog Als Leistungskatalog werden die Leistungsarten der Krankenkassen bezeichnet, auf die ihre… der gesetzlichen Krankenversicherung die Akzeptanz und das tatsächliche Nutzungsverhalten zu evaluieren. Allein bei der AOK Die AOK hat mit mehr als 20,9 Millionen Mitgliedern (Stand November 2021) als zweistärkste Kassenart… NordWest sind seit der Einführung der Verordnungsfähigkeit 7.348 DiGAs verordnet worden, wodurch Kosten in Höhe von 1,9 Millionen Euro entstanden sind.
In Westfalen-Lippe waren es 5.647 DiGAs. An erster Stelle standen Verordnungen der Rücken-DiGA Als App auf dem Smartphone oder in Form einer Webanwendung sind DiGAs dazu geeignet, Krankheiten… „Vivira“ (1.363 Verordnungen), der Tinnitus-Anwendung „Kalmeda“ (803 Verordnungen) sowie der Adipositas-DiGA „zanadio“ mit 795 Verordnungen.
54 Prozent der befragten Versicherten der AOK NordWest bewerteten die Nutzung der DiGA als sinnvolle Ergänzung zu ihrer Therapie. Als größten Vorteil sahen die Nutzerinnen und Nutzer, dass sie sich die Behandlung mit einer DiGA zeitlich flexibel einteilen können (66 Prozent). Immerhin 35 Prozent der Befragten gaben an, dass ihnen die Anwendung geholfen habe, ihre Erkrankung besser in den Griff zu bekommen.
„Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass der tatsächliche Nutzen vieler DiGAs nicht nachgewiesen werden kann“
Vorstandsvorsitzender der AOK NordWest
Fast jeder Fünfte hat Probleme bei Umsetzung der digitalen Therapieinhalte
„Trotz der insgesamt recht hohen Zufriedenheit mit den ‚Apps auf Rezept‘ sehen wir in den Ergebnissen eine gewisse Zurückhaltung bei der Einschätzung des erlebten Nutzens“, so AOK-Chef Ackermann. So bezeichneten nur 21 Prozent der Befragten die verschriebene DiGA als für sie „unverzichtbar“, auf 52 Prozent der Teilnehmenden trifft diese Aussage „eher nicht“ oder „überhaupt nicht“ zu. Auch in Bezug auf die Weiterempfehlung zeigten sich die Nutzerinnen und Nutzer reserviert: Nur 34 Prozent der Befragten würden Freunden oder Bekannten mit vergleichbarer Diagnose die genutzte DiGA sehr wahrscheinlich weiterempfehlen. Knapp ein Fünftel (18,2 Prozent) der Befragten hatte Probleme bei der Umsetzung der digitalen Therapieinhalte, weitere 34 Prozent gaben an, sie hätten teilweise Probleme gehabt. Für immerhin 17 Prozent der Versicherten passten die Inhalte nicht zu ihrer individuellen Krankheitssituation. „Die Ergebnisse spiegeln wider, dass die genutzten DiGAs nicht immer dem Bedarf und den Bedürfnissen der Versicherten entsprechen. Herkömmliche Therapien vor Ort wie beispielsweise die Physiotherapie bei Rückenbeschwerden sind in vielen Fällen die bessere Wahl“, so Ackermann. Zudem hält die AOK NordWest für viele Beschwerden bereits kostenfreie Angebote vor. Dazu gehören die seit Jahren etablierten AOK-Gesundheitskurse, die exklusive AOK-Ernährungsberatung vor Ort, aber auch breit gefächerte Online-Angebote beispielsweise bei Adipositas, Depressionen und Schlafstörungen.
Hohe Kosten - Gesetzgeber gefordert
Kritik übt Ackermann insbesondere wegen der hohen Kosten. Der durchschnittliche Preis je DiGA liegt bei etwa 500 Euro für eine 90-tägige Nutzung. Hersteller können im ersten Jahr der Aufnahme einen beliebig hohen Preis festlegen, der von der gesetzlichen Krankenversicherung für diesen Zeitraum erstattet werden muss. Das Spektrum reicht dabei von 119 Euro für eine Einmallizenz bis zu 2077,40 Euro und von 189 Euro bis 952 Euro für 90 Tage. Trotz unklarer Evidenzlage riefen die Unternehmen für solche Produkte beliebig hohe Preise auf – ohne das die gesetzlichen Krankenkassen Die 97 Krankenkassen (Stand: 26.01.22) in der gesetzlichen Krankenversicherung verteilen sich auf… dagegen etwas unternehmen können. „Hier ist der Gesetzgeber dringend gefordert, einen Riegel vorschieben“, fordert Ackermann. Hinzu komme, dass die ‚Apps auf Rezept‘ von fast jedem Vierten (23 Prozent) kürzer als vorgesehen genutzt wurden. „Auch in diesen Fällen muss die GKV den vollen Preis für die Anwendung bezahlen, obwohl die Versicherten sie nicht voll nutzen und die Therapie vorzeitig abbrechen. Sinnvoll wäre daher die verpflichtende Einführung von Test-Zeiträumen, in denen die Anwendung vor der eigentlichen Verordnung Einige Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung bedürfen einer schriftlichen Anweisung durch… ausprobiert werden kann“, so Ackermann.
Aktuell stehen 40 Anwendungen zur Verfügung
Seit September 2020 haben gesetzlich Versicherte Anspruch auf eine Versorgung mit Digitalen Gesundheitsanwendungen. Grundlage dafür ist das im Dezember 2019 in Kraft getretene Digitale-Versorgung-Gesetz. Aktuell sind im DiGA-Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel Nach der Definition des Arzneimittelgesetzes (AMG) sind Arzneimittel insbesondere Stoffe und… und Medizinprodukte Medizinprodukte sind Apparate, Instrumente, Vorrichtungen, Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen oder… (BfArM) 40 Anwendungen gelistet, die bei bestimmten Erkrankungen ärztlich verordnet oder von den Versicherten direkt bei der Krankenkasse beantragt werden können.
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