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Adoption in Deutschland: Das müssen Sie wissen

Veröffentlicht am:01.02.2024

6 Minuten Lesedauer

Bei einer Adoption übernehmen Adoptiveltern die volle Verantwortung für ein Kind. Wie läuft eine Adoption ab? Welche Voraussetzungen müssen Adoptiveltern erfüllen? Und welche Herausforderungen kann es im Familienalltag geben?

Zwei Männer sitzen mit einem Kind am Fußboden und spielen gemeinsam.

© iStock / gorodenkoff

Was ist eine Adoption?

Eine Adoption bedeutet, dass ein Kind rechtlich gesehen nicht mehr das Kind der leiblichen Eltern, sondern der Adoptiveltern wird. Es ist dann mit allen Familienmitgliedern der Adoptiveltern verwandt und die Verwandtschaft mit der Familie der leiblichen Eltern wird vor dem Gesetz aufgelöst.  Nur in Ausnahmefällen kann die Verwandtschaftsbeziehung bestehen bleiben, etwa wenn nahe Verwandte adoptieren oder das Adoptivkind bereits erwachsen ist. Durch eine Adoption übernehmen die Adoptiveltern die volle Verantwortung für das körperliche und das seelische Wohl des Kindes. Aus rechtlicher Sicht gibt es keinen Unterschied zwischen leiblichen Kindern und Adoptivkindern.

Offene Adoption

Der Kontakt zum Elternhaus kann den Kindern bei der Entwicklung der eigenen Identität helfen.

Können die leiblichen Eltern – oft sind es nur die Mütter – und ihre Kinder nach der Adoption Kontakt halten, sprechen Fachleute von einer „offenen Adoption“.

Welche Voraussetzungen gelten für eine Adoption?

Menschen entscheiden sich aus ganz unterschiedlichen Gründen für die Adoption eines Kindes. Zum Beispiel, weil es mit dem eigenen Kinderwunsch nicht klappt oder um einem Kind aus schwierigen Verhältnissen eine bessere Zukunft zu bieten. Die Motivation der Adoptiveltern wird im Vorfeld von der Adoptionsvermittlungsstelle erfragt. In Deutschland vermitteln Adoptionen zum Beispiel die Adoptionsvermittlungsstellen der Jugendämter oder Adoptionsdienste kirchlicher Trägerschaften. Unabhängig von der Motivation müssen Adoptiveltern bestimmte Voraussetzungen erfüllen, um für eine Adoption infrage zu kommen.

Adoptierende müssen mindestens 25 Jahre alt sein. Ein Höchstalter ist nicht festgelegt, der Altersabstand zum Adoptivkind sollte aber dem natürlichen Altersabstand zwischen Eltern und Kindern entsprechen. Bei verheirateten Paaren gilt: Einer von beiden muss 25 Jahre alt sein, der Partner oder die Partnerin mindestens 21 Jahre alt. Ein verheiratetes Paar kann ein Kind nur gemeinsam adoptieren. Bei unverheirateten Paaren oder Personen, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, adoptiert nur einer das Kind. Bei der Eignungsprüfung für eine Adoption werden von der Vermittlungsstelle außerdem folgende Merkmale geprüft:

  • Persönlichkeit und Charaktereigenschaften
  • Stabilität der Partnerschaft und Umgang mit Konflikten
  • Bereitschaft zum offenen Umgang mit der Adoption
  • Vorstellung von Erziehung und Reflexion der eigenen Erziehung
  • körperliche und geistige Gesundheit
  • Wohnsituation und Möglichkeiten des Kontakts mit anderen Kindern
  • wirtschaftliche Verhältnisse

Auch Singles können die Adoption eines Kindes beantragen. Da sie die volle Verantwortung für ein Kind allein tragen, prüfen die Behörden ihre Eignung besonders kritisch.

Wünsche werden berücksichtigt

Im Vordergrund einer Adoption steht immer das Wohlergehen des Kindes.

Ist das Kind schon älter, spielt zudem dessen Wunsch eine große Rolle. Kinder, die 14 Jahre oder älter sind, müssen der eigenen Adoption sogar ausdrücklich zustimmen.

Wie läuft eine Adoption in Deutschland ab?

Wer in Deutschland ein Kind adoptieren möchte, durchläuft ein Prozedere aus drei Schritten.

Die Adoptionsvermittlung

Sie teilen einer Adoptionsvermittlungsstelle wie zum Beispiel dem Jugendamt mit, dass Sie ein Kind adoptieren möchten. Welche Unterlagen Sie im Rahmen der Bewerbung für eine Adoption genau einreichen müssen (z.B. Geburts- und Heiratsurkunden, erweitertes polizeiliches Führungszeugnis, Lebenslauf) teilt die Behörde Ihnen mit. Nach Ihrer Bewerbung prüft die Stelle, ob Sie für eine Adoption geeignet sind. Dies dauert durchschnittlich neun Monate. Fällt die Eignungsprüfung positiv aus, vergehen im Schnitt 20 Monate, bis Sie eine Nachricht über ein mögliches Adoptivkind bekommen.

Die Adoptions-Pflege

Sobald Sie von der Vermittlungsstelle als geeignete Adoptiveltern für ein Kind ausgesucht wurden und mit dieser Entscheidung einverstanden sind, kann das Kind bei Ihnen wohnen. Während dieser sogenannten Adoptions-Pflege, die etwa ein Jahr dauert, soll sich eine Bindung zwischen Ihnen und dem Adoptivkind entwickeln. Für die Dauer der Adoptions-Pflege bleibt das Jugendamt der Vormund des Kindes.

Entscheidung des Familiengerichts

Nach der Adoptions-Pflege können Sie zusammen mit einem Notar oder einer Notarin beim zuständigen Familiengericht die Adoption des Kindes beantragen. Nach dem positiven Entscheid des Familiengerichts ist das Adoptivkind rechtlich Ihr Kind, und die Vormundschaft des Jugendamtes endet. Adoptiveltern können beim zuständigen Standesamt eine neue Geburtsurkunde für das Kind beantragen. Auf dieser ist die Adoption nicht eingetragen, lediglich im Geburtenregister steht ein Vermerk darüber.

Ein Expertin sitzt am Büroschreibtisch und spricht mit einem Paar über die Adoption eines Kindes.

© iStock / mediaphotos

Die in Deutschland zuständigen Adoptionsstellen kümmern sich nicht nur um die Vermittlung zwischen Adoptiveltern und -kindern, sondern stehen auch bei Fragen und Sorgen beratend zur Seite.

Besondere Herausforderungen für Adoptiveltern

Ein Adoptionsprozess dauert – und das kann für die werdenden Adoptiveltern psychisch belastend sein. Die lange Wartezeit ist mitunter zermürbend und manche Paare beginnen, sich mit negativen Gedanken zu befassen. Sie fragen sich, ob sie zu jung, zu alt oder vielleicht auch zu unkonventionell sind, um als Adoptiveltern infrage zu kommen. Andere haben die Sorge, ob sie dem Kind gerecht werden und allen Herausforderungen standhalten können. Zudem können sich die leiblichen Eltern auch spät im Adoptionsprozess noch umentscheiden.

Bei Sorgen und Zweifeln kann die Adoptionsvermittlungsstelle helfen. Sie entscheidet zum Wohl des Kindes, ist aber kein „Gegner“ potenzieller Adoptiveltern. Im Gegenteil: Die zuständigen Mitarbeitenden gehen den Weg mit dem Paar gemeinsam und stehen jederzeit für Fragen bereit. Potenzielle Adoptiveltern können ihre Gefühle, Ängste und Wünsche offen teilen. Das ist sogar erwünscht: Es kommt zum Beispiel vor, dass Paare ein zu konkretes Bild vom Kind haben, das der Realität nicht standhält. Die Vermittlungsstelle kann dann Vorstellung und Realität abgleichen und einschätzen, welches Kind zu den Adoptiveltern passt.

Viele Vermittlungsstellen bieten auch nach der Adoption ihre Hilfe an, etwa in Form von Themenabenden oder Gesprächsgruppen. Der gemeinsame Austausch mit anderen Adoptiveltern kann helfen, mit dem psychischen Druck einer Adoption umzugehen.

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Welche Besonderheiten gibt es bei der Erziehung eines Adoptivkindes?

Jedes Adoptivkind hat eine individuelle Geschichte. Sei es die persönliche Herkunft, zum Beispiel bei einer Auslandsadoption aus einem anderen Land, oder bei einer Stiefkindadoption, bei der das Kind bereits eine bestehende Beziehung zu einem Elternteil hat. Viele Adoptivkinder kommen zudem aus Elternhäusern, die ihr Wohl gefährdet haben. Das ist für die Kinder nicht immer leicht zu verarbeiten. Was auch immer die Hintergründe sind: Jedes Adoptivkind hat – bewusst oder unbewusst – einen Verlust zu verarbeiten. Umso mehr braucht es ein liebevolles Zuhause, das ihm Sicherheit bietet.

Adoptiveltern stehen deshalb vor einer besonderen Herausforderung: Sie erziehen ihr Kind wie jedes andere, müssen aber speziell auf die individuellen Bedürfnisse hinsichtlich seiner Herkunftsgeschichte eingehen. Dies erfordert viel Einfühlungsvermögen und Kraft. Wer sich unsicher fühlt, erhält bei Familienberatungsstellen oder Gruppentreffen mit anderen Adoptiveltern Hilfe. Auch zahlreiche Online-Foren bieten die Möglichkeit, sich über Probleme und Fragen rund um eine Adoption auszutauschen.

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Welchen Einfluss hat der Verlust der Eltern auf Adoptivkinder?

Bei einer Adoption steht das Wohl des Kindes immer im Vordergrund. Meist verbessert sich durch eine Adoption das Lebensumfeld des Kindes in sozialer, emotionaler und finanzieller Hinsicht. Dennoch empfinden viele adoptierte Kinder eine anhaltende Trauer über den Verlust der leiblichen Eltern. Dies kann dazu führen, dass im weiteren Leben unter anderem folgende Gefühle und Gedanken die adoptierte Person belasten:

  • Angst davor, von anderen Menschen nicht geliebt zu werden
  • Gefühle der Einsamkeit und des Ausgeschlossenseins
  • Selbstzweifel

Studien konnten zeigen, dass Menschen, die im Kindesalter adoptiert wurden, häufiger psychiatrische Hilfe in Anspruch nehmen müssen, zum Beispiel, weil sie zu Selbstmordgedanken, Drogenmissbrauch oder sozialen Anpassungsschwierigkeiten neigen. Wer ein Kind adoptieren möchte, sollte sich darüber im Klaren sein, dass die Kinder oft eine besonders intensive Fürsorge benötigen.

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