Kinder
Wie gesund ist Leistungssport für Kinder wirklich?
Veröffentlicht am:04.02.2025
5 Minuten Lesedauer
Sie laufen, springen, turnen, rennen und träumen davon, einmal ganz oben auf dem Siegertreppchen zu stehen. Manche Kinder beginnen schon früh mit dem Leistungssport. Doch wie gesund ist das? Wie hoch sind die Risiken?
Leistungssport in jungen Jahren und der Traum vom großen Erfolg
Morgens früh aufstehen und noch vor der ersten Schulstunde ab zum Training – das ist für viele Kinder und Jugendliche, die Leistungssport betreiben, Alltag. Jeder Tag ist gut durchgeplant. Nach dem Unterricht geht es wieder zum Training. Zeit, um sich mit Freunden und Freundinnen zu treffen, bleibt ihnen kaum. Auch an den Wochenenden haben sie wenig Freizeit. Oft stehen Wettkämpfe an und sie sind ständig unterwegs. Viele Kinder und Jugendliche nehmen das auf sich, um sich den Traum von einer erfolgreichen Karriere im Profisport oder der Teilnahme an den Olympischen Spielen zu erfüllen. Zur Realität gehört allerdings, dass nur wenige ein Elite- und Spitzenniveau erreichen.
Manche beginnen schon im Kindesalter mit dem Leistungssport und trainieren bis zu 20 Stunden in der Woche. In einer Zeit, in der sie noch wachsen und sich körperlich sowie mental entwickeln. Vor Beginn der Pubertät ist die muskuläre Leistungsfähigkeit noch gering und das Skelettsystem kann nur eingeschränkt belastet werden. Außerdem wachsen Kinder und Jugendliche in Schüben und die Körperproportionen sowie die Hebelverhältnisse verändern sich ständig. In der Pubertät nimmt vor allem die Kraft zu.
Manchmal müssen junge Sportler und Sportlerinnen auch auf das Gewicht und die Ernährung achten. Magersucht ist immer wieder Thema im Spitzensport. Für welche Sportart sich Kinder schließlich entscheiden, hängt vor allem von den Eltern ab. Trainer und Trainerinnen haben den größten Einfluss darauf, intensiv zu trainieren. Doch welche Chancen und Risiken sind mit frühem Leistungssport verbunden?
Was bringt Kinder in den Leistungssport?
Sport ist wichtig für die körperliche, psychische und gesunde Entwicklung von Kindern. Außerdem spricht er ihren natürlichen Bewegungsdrang an. Sportliche Großereignisse wie Weltmeisterschaften oder Olympische Spiele wecken bei Kindern häufig die Lust, selbst aktiv zu werden und in einen Sportverein einzutreten. Darüber finden Kinder meistens auch den Weg in den Leistungssport.
An 43 Eliteschulen des Sports werden in Deutschland derzeit mehr als 11.500 junge Talente gefördert. Manchmal sind ihnen Sportinternate angeschlossen. Eliteschulen des Sports haben eine besondere pädagogische Ausrichtung. Sie fördern talentierte Kinder und Jugendliche im Leistungssport und ermöglichen ihnen gleichzeitig eine gute schulische Ausbildung. Trainiert wird mehrmals am Tag in leistungsstarken Trainingsgruppen, in Bundesstützpunkten oder Landesleistungszentren. Leistungssport bedeutet
- sich auf eine Sportart zu konzentrieren,
- intensiv zu trainieren,
- Leistungsdruck,
- Konkurrenzkampf wie bei den Erwachsenen und
- mit Erfolg und Misserfolg umzugehen.
Sport begeistert junge Menschen
Sport spielt eine wichtige Rolle im Leben junger Menschen. Mehr als zehn Millionen Kinder und Jugendliche waren 2024 Mitglied in einem Sportverein. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Anstieg von 5,65 Prozent.
Wie wirkt sich eine frühe sportliche Spezialisierung aus?
Experten und Expertinnen sehen die Sportspezialisierung in jungen Jahren zunehmend kritisch. Denn sie geht mit einer erhöhten Trainings- und Wettkampfbelastung einher. Bestimmte Körperbewegungen wiederholen sich ohne ausreichende Erholungspausen. Sie empfehlen deshalb, dassKinder verschiedene Sportarten ausüben sollten. Dies fördere den langfristigen Erfolg und die Freude am Sport. Kinder und Jugendliche könnten so besser herausfinden, welche Sportart am besten zu ihren Interessen, ihrem Körperbau und ihren Fähigkeiten passt. Durch die Vielfalt der Bewegungen könnten sie außerdem ein breiteres Spektrum neuromuskulärer Muster erwerben und so Überlastungsverletzungen vorbeugen.
Es gibt allerdings keine übereinstimmende Meinung darüber, welches Alter oder Entwicklungsstadium für eine Spezialisierung angemessen ist. In den Vereinigten Staaten gibt es Empfehlungen, sie bis in die späte Adoleszenz zu verschieben. Mögliche Folgen einer frühen Sportspezialisierung sind:
- ein Burnout-Syndrom
- körperliche Risiken: Verletzungen aufgrund von Übertraining und Überlastung, zum Beispiel Ermüdungsbrüche, Zerrungen, Verletzungen der Ellenbogenbänder oder der Gelenke
- Krankheiten als Folge des Übertrainings
Um erfolgreich zu sein, ist der Trainingsumfang bei Einzelsportarten wesentlich höher als bei Mannschaftssportarten. Es gibt Hinweise darauf, dass damit auch das Risiko für eine Überbelastung bei individuellen Sportarten wie Tanzen, Gymnastik oder Tennis steigt.
Um es in die nationale oder internationale Elite zu schaffen, scheint es in einigen Bereichen jedoch unvermeidlich zu sein, sich früh auf eine Sportart zu konzentrieren. Zum Beispiel im Eiskunstlauf, Tanzen, Wasserspringen und in der Gymnastik. Einige Studien zeigen, dass erfolgreiche Spitzensportler und Spitzensportlerinnen im Turnen und in der Rhythmischen Sportgymnastik bereits in der frühen und mittleren Kindheit mit intensivem Training begonnen haben. Ein Beispiel ist Darja Varfolomeev, die 2024 in Paris mit 17 Jahren Olympiasiegerin in der Rhythmischen Sportgymnastik wurde.
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Der Einfluss von Leistungssport auf die körperliche Entwicklung
Das Risiko, sich beim Training oder Wettkampf zu verletzen, unterscheidet sich je nach Sportart. Beim Fußball und Basketball sind vor allem die unteren Extremitäten betroffen, beim Baseball, Tennis oder Volleyball die oberen Extremitäten, also Ellenbogen oder Schulter. Auch im Bereich der Lendenwirbelsäule kann es zu Verletzungen kommen. Ein besonderes Risiko besteht bei höheren Geschwindigkeiten und Stürzen, zum Beispiel beim Reiten, Eislaufen, Rodeln und Radfahren. Im Reitsport kommt es bei Mädchen auch zu Querschnittsverletzungen. Leistungssport kann darüber hinaus zu traumabedingten Wachstumsstörungen führen, sich negativ auf die Skelettmuskulatur auswirken, den weiblichen Zyklus und die soziale und psychosoziale Entwicklung beeinträchtigen.
Das Verletzungsrisiko lässt sich durch regelmäßige sportmedizinische Untersuchungen verringern. Für Nachwuchsathleten und -athletinnen, die in ihrer Sportart dem Bundeskader angehören, werden sie in Deutschland einmal jährlich durchgeführt. Leistungssport kann sich aber auch positiv auswirken: auf die motorischen Fähigkeiten und die persönliche Entwicklung. Wer ihn einmal betrieben hat, ist meistens ein Leben lang sportlich aktiv.
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Wie wirkt sich Leistungssport auf die Psyche aus?
Wer jeden Tag viele Stunden trainiert, muss viel Disziplin aufbringen und sich gut organisieren. Intensives Training und Leistungssport können manchmal zu sozialer Isolation führen. Perfektionismus und unrealistische Erwartungen von Eltern oder Trainern und Trainerinnen bewirken möglicherwiese übermäßigen psychischen Stress und Motivationsverlust. Auf der anderen Seite werden Fairness, Respekt und Toleranz im Leistungssport großgeschrieben. Kinder und Jugendliche lernen zudem, mit Niederlagen umzugehen.
Was können Eltern tun?
Entscheidend ist, dass Eltern ihre Kinder begleiten und ihnen Rückhalt geben. Sie sind wichtig für die Entwicklung und die Sozialisierung ihrer Kinder im Sport und müssen sie häufig auch zu Trainingslagern und Wettkämpfen begleiten. Eltern sollten sich zudem mit den Wünschen und Hoffnungen ihrer Kinder auseinandersetzen. Dazu gehört auch, Strategien zu entwickeln, wie das Kind mit Erfolg und Misserfolg umgehen kann. Unterstützung finden Eltern bei den Landessportbünden.