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Plötzlich bleiche Finger? Das steckt hinter dem Raynaud-Syndrom

Veröffentlicht am:24.03.2023

5 Minuten Lesedauer

Die Finger werden plötzlich blass und nehmen erst nach mehreren Minuten wieder die gewohnte Farbe an: Vor allem Frauen im jüngeren Lebensalter leiden unter dem Raynaud-Syndrom, einer Durchblutungsstörung. Was dahinter steckt und wie die Behandlung aussehen kann.

Ein Frau hält ihre Hand ins Bild, zu sehen sind Durchblutungsstörungen aufgrund des Raynaud-Syndroms.

© iStock / Tamiko Ihori

Wie äußert sich das Raynaud-Syndrom?

Beim Raynaud-Syndrom werden einzelne Finger auf einen Schlag blass und eventuell auch taub oder sie schmerzen – das kann Betroffene erschrecken. Das Syndrom wird wahrscheinlich über eine Fehlsteuerung des Sympatikus-Nervs ausgelöst, die dazu führt, dass sich die Arterien in den Fingern verengen. Dadurch wird die Durchblutung gedrosselt und die betroffenen Finger werden zunächst bleich und verfärben sich bei anhaltender Minderdurchblutung bläulich. Meist löst sich dieser Gefäßkrampf schon nach einigen Minuten wieder, in seltenen Fällen dauert er auch länger als eine halbe Stunde. Die Finger werden danach besonders stark durchblutet und röten sich dadurch zunächst etwas, bevor sie wieder ihre normale Farbe annehmen. Neben den Fingern können auch die Zehen und in selten Fällen die Nasenspitze oder Ohren vom Raynaud-Syndrom betroffen sein.

Auslöser kann ein äußerer Reiz sein, etwa Kälte. Bei manchen Betroffenen sorgt schon ein Griff in den Kühlschrank oder ein kaltes Getränk dafür, dass sich die Blutgefäße schlagartig zusammenziehen. Emotionale Belastungen oder anderweitiger Stress können ebenfalls das Raynaud-Syndrom sichtbar werden lassen.

Der französische Arzt Maurice Raynaud beschrieb das Phänomen als erster, auf ihn gehen die Namen Raynaud-Syndrom, Raynaud-Phänomen oder Morbus Raynaud zurück, die alle dieselben Beschwerden beschreiben. Wegen der plötzlichen Blässe der Haut sagen manche aber auch „Weißfingerkrankheit“.

Trikolore-Phänomen beim Raynaud-Syndrom

Ein Raynaud-Anfall kann in bestimmten Phasen ablaufen:

  • Weiß: Durch die Gefäßverengung werden die Finger weniger durchblutet – sie werden blass.
  • Blau: Durch die Minderdurchblutung kommt es zu einem Sauerstoffmangel, wodurch sich die Haut nach einer gewissen Zeit blau färbt.
  • Rot: Die Arterien weiten sich schließlich wieder. Es kommt zu einer Überdurchblutung, die Finger werden warm und die Haut rötet sich.

Wegen dieser Farbabfolge (weiß-blau-rot) sprechen Mediziner und Medizinerinnen auch vom „Trikolore-Phänomen“. Es kann jedoch sein, dass nicht alle Phasen auftreten.

Primäres und sekundäres Raynaud-Syndrom: Was ist der Unterschied?

Das primäre Raynaud-Syndrom ist ein eigenständiges Phänomen, dem keine andere Erkrankung oder  erkennbare Ursache zugrunde liegt. Etwa drei bis sieben Prozent der Bevölkerung sind davon betroffen, Frauen deutlich häufiger. Das primäre Raynaud-Syndrom manifestiert sich meist schon im jungen Erwachsenenalter. Manchmal kann es sich auch spontan wieder abschwächen oder zurückbilden, zum Beispiel bei Frauen in und nach den Wechseljahren.

Wird das Raynaud-Phänomen durch andere Erkrankungen oder Ursachen hervorgerufen, sprechen Ärzte und Ärztinnen vom sekundären Raynaud-Syndrom. Es ist deutlich seltener als das primäre Raynaud-Syndrom. Treten die Beschwerden erstmals nach dem 40. Lebensjahr auf, kann das auf ein sekundäres Raynaud-Syndrom hindeuten. Die Unterscheidung der beiden Formen ist manchmal auch schon durch äußere Anzeichen möglich:

  • Bei der primären Variante betrifft die Verfärbung meist die Finger beider Hände symmetrisch, wobei der Daumen in der Regel nicht betroffen ist.
  • Beim sekundären Raynaud-Syndrom ist die Symptomatik häufiger asymmetrisch.

Welche Form des Raynaud-Syndroms vorliegt, ist für die Behandlung wichtig, weswegen der Arzt oder die Ärztin eine genaue Untersuchung durchführt. Das primäre Raynaud-Syndrom ist abgesehen von den etwas unangenehmen Taubheitsgefühlen oder Schmerzen während des Anfalls in der Regel ein harmloses Phänomen. Es wird im Ausschlussverfahren diagnostiziert – also dann, wenn der Arzt oder die Ärztin keine zugrunde liegende Erkrankung oder andere auslösende Faktoren  feststellen kann. 

Beim Verdacht auf das Raynaud-Syndrom kann der Arzt oder die Ärztin zum einen verschiedene körperliche Untersuchungen durchführen, zum Beispiel die Prüfung des Pulses an beiden Handgelenken und eine Faustschlussprobe um Durchblutungsstörungen der Hände festzustellen. Er wird zudem nach Zeichen suchen, die beispielsweise auf die Autoimmunerkrankung Kollagenose oder andere mit dem sekundären Raynaud-Syndrom in Verbindung stehende Grunderkrankungen hindeuten – zum Beispiel Verhärtungen der Haut oder kleine Geschwüre an den Fingerspitzen.

Zudem ist wichtig, was der Patient oder die Patientin zum Auftreten und Ablauf seiner Beschwerden berichtet. Hier kann auch ein Kalender helfen, in dem Betroffene die Anzahl, Dauer und mögliche Auslöser ihrer Raynaud-Anfälle dokumentiert haben. Sinnvoll ist es zudem, wenn Sie Ihre Finger bei einer Attacke fotografieren. Das hilft bei der Diagnose. Auch welche Medikamente aktuell eingenommen werden, ist wichtig, da manche Arzneiwirkstoffe Raynaud-Phänomene auslösen können.

Ergänzend können genauere Untersuchungen der Blutgefäße durchgeführt werden sowie Labor- Untersuchungen, um eventuelle Grunderkrankungen zu finden oder ausschließen zu können.

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Welche Ursachen hat das Raynaud-Syndom?

Bei den möglichen Ursachen muss ebenfalls zwischen primärem und sekundärem Raynaud-Syndrom unterschieden werden. Während das primäre Syndrom ein eigenständiges Phänomen ist, handelt es sich bei dem sekundären Raynaud-Syndrom um eine Folgeerscheinung, die durch eine andere Erkrankung, bestimmte Medikamente oder Chemikalien oder starke physikalische Belastungen wie Vibrationen, ausgelöst wurde. Manchmal tritt des Raynaud-Syndrom dabei zuerst auf und die Grunderkrankung wird erst später erkannt.

Primäres Raynaud-Syndrom

Die genauen Ursachen für das primäre Raynaud-Syndrom sind nicht bekannt. Forschende vermuten, dass funktionelle Veränderungen der Gefäßwand eine Rolle spielen oder Störungen in der Nervensteuerung der Gefäßspannung. Eventuell reagieren die Arterien überempfindlich, wenn Stresshormone wie Adrenalin oder Noradrenalin ausgesschüttet werden. Zudem könnte eine erbliche Veranlagung eine Rolle spielen, denn das primäre Raynaud-Syndrom tritt familiär gehäuft auf.

Sekundäres Raynaud-Syndrom

Hinter einem sekundären Raynaud-Syndrom können verschiedene Grunderkrankungen stecken. Am häufigsten sind dies Bindgewebserkrankungen aus dem Spektrum der entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, insbesondere die systemische Sklerodermie. Weitere Bindegewebserkrankungen wie Lupus erythematodes oder das SHARP-Syndrom können ebenfalls ein sekundäres Raynaud-Syndrom mit sich bringen. Auch manche Arzneiwirkstoffe und chemische Substanzen können ein Raynaud-Syndrom auslösen, zum Beispiel bestimmte Medikamente gegen Migräne, Blutdrucksenker, Nasentropfen, die abschwellend wirken, Präparate zum Abstillen oder Medikamente einer Chemotherapie. Nikotin, Kokain oder Amphetamine können das Auftreten ebenfalls beeinflussen. Auch im Rahmen eines Karpaltunnelsyndroms können Raynaud-Phänomene auftreten. Zudem können Menschen in Berufen, bei denen die Hände dauerhaften Vibrationen ausgesetzt sind, zum Beispiel durch die Arbeit mit Presslufthämmern oder Kettensägen, ein sekundäres Raynaud-Syndrom entwickeln.

Frau mit Raynaud-Syndrom ist für einen winterlichen Ausflug dick eingepackt, vor allem Handschuhe dürfen nicht fehlen.

© iStock / PeopleImages

Menschen, die am Raynaud-Syndrom erkrankt sind, sollten ihre Hände immer schön warm halten und vor Feuchtigkeit schützen.

Was Betroffene gegen das Raynaud-Syndrom tun können

Es gibt vorbeugende Maßnahmen, die vielen Betroffenen helfen, die Häufigkeit der Anfälle zu reduzieren – vor allem beim primären Raynaud-Syndrom:

  • Hände warm halten und vor Feuchtigkeit schützen. Bei Kälte helfen Handschuhe, beim Abwaschen oder Putzen Gummihandschuhe. Schnelle Temperaturwechsel wie etwa am Kühlregal im Supermarkt sollten Betroffene meiden.
  • Die Muskulatur der Finger trainieren. Dafür können Sie beispielsweise einen kleinen Therapieball drücken, mit der ganzen Hand oder zwischen zwei Fingern.
  • Gegen Stress können Entspannungsübungen helfen, etwa Yoga oder Autogenes Training.
  • Rauchen verengt die Gefäße. Am besten ist es, wenn Betroffene ganz darauf verzichten.
  • Ob Kaffee den Verlauf beeinflusst, ist umstritten. Betroffene sollten daher darauf achten, ob die Symptome mit dem Konsum häufiger auftreten und gegebenenfalls auf Kaffee verzichten.

Für das primäre Raynaud-Syndrom reichen diese Alltagstipps normalerweise aus, eine darüber hinausgehende Behandlung benötigen Betroffene in der Regel nicht.

Bei der sekundären Variante ist es wichtig, zunächst die Grunderkrankung zu therapieren. Das beeinflusst auch das Raynaud-Syndrom. Reicht das nicht aus und besteht beispielsweise ein Risiko für Gewebeschäden, können gefäßerweiternde Medikamente, wie Kalziumantagonisten, eingesetzt werden. In seltenen Fällen kann bei Gewebeschäden auch eine Operation nötig sein.

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