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Gesundheitsmagazin

Muskel-Skelett-System

Schmecken, Sprechen, Tasten – das macht die Zunge so einzigartig

Veröffentlicht am:08.09.2023

5 Minuten Lesedauer

Unsere Zunge ist ein wahrhaftiges Multitalent. Sie ist äußerst beweglich und formt Laute, die wir als Sprache verstehen können. Sie ist voller Sensoren, die den Geschmack von Speisen erkennen. Und auch an der Immunabwehr ist die Zunge beteiligt.

Mutter und Tochter sitzen im Wohnzimmer auf der Couch und machen ein Selfie, während sie ihre Zungen rausstrecken.

© iStock / Viorel Kurnosov

Die Zunge ist ein besonderer Muskel mit vielfältigen Aufgaben

Die Zunge als einen mit Schleimhaut überzogenen Muskelkörper zu bezeichnen, ist anatomisch zwar korrekt, aber ihre Bedeutung wird mit dieser Definition nicht angemessen gewürdigt. Denn kaum ein Organ in unserem Körper übernimmt so viele Aufgaben wie die Zunge.

Wie ist die Zunge aufgebaut?

Die Zunge ist gut durchblutet und von zahlreichen Nerven durchzogen. Eine Schleimhaut bildet Ihre Oberfläche. Die Zunge besteht aus drei Hauptteilen: Vorne ist die Zungenspitze. Der hintere Teil der Zunge, die Zungenwurzel oder der Zungengrund, ist fest mit dem Mundboden verwachsen. Dazwischen liegt der Zungenkörper, der mit straffem Bindegewebe ausgestattet ist. Der obere Teil des Zungenkörpers, der Zungenrücken, ist gewölbt und in seiner Mitte verläuft die Zungenrinne. In der Schleimhaut des Zungenrückens befinden sich neben Speicheldrüsen zahlreiche Zungenwärzchen oder Papillen. An der glänzenden Unterseite hält das Zungenbändchen die Zunge am Mundboden.

Der anatomische Aufbau der menschlichen Zunge.
Die Zunge ist nicht nur der beweglichste Muskel im Körper, sie übernimmt auch vielfältige Aufgaben.

Äußerste Beweglichkeit dank einzigartiger Muskeln

Vor und zurück, links und rechts, hoch und runter, ausstrecken und zusammenziehen – manche Menschen können ihre Zunge sogar wie ein Röhrchen einrollen: Die Zungenmuskeln sind die beweglichsten Muskeln im menschlichen Körper. Das liegt an der besonderen Anordnung der Muskelfasern, die so nur in der Zunge vorkommt. Die Fasern durchziehen den Zungenkörper quer, längs und vertikal, was zu einer enormen Bewegungsbandbreite führt.

Kein Geschmack ohne Zunge

Die Zungenpapillen in der Schleimhaut machen die Zungenoberseite rau. Sie lassen sich in zwei Hauptarten unterteilen: Mechanische Papillen sind direkt mit der inneren Zungenmuskulatur verbunden, wodurch die Schleimhaut fest mit der Zunge verankert ist. Sie ertasten, was sich auf der Zunge befindet, um etwa die Festigkeit von Speisen zu beurteilen. Die anderen Papillen sind Geschmackspapillen.

Geschmackspapillen kann man sich wie kleine Krater vorstellen, in die Geschmacksknospen eingelagert sind – die eigentlichen Geschmacksorgane mit jeweils 10 bis 50 Sinneszellen. Im Querschnitt ähneln die Geschmacksknospen einer Blumenknospe. Dort gelangen chemische Stoffe hinein, deren geschmackliche Informationen ausgewertet und über das Nervensystem weitergeleitet werden. Im Gehirn treffen die Geschmackseindrücke auf Geruchseindrücke. Denn die Einordnung des Gesamtaromas gelingt nicht ohne die Nase. Erst das Zusammentreffen von Geruch und Geschmack lassen das Aroma von Speisen entstehen.

Auf den gebündelten Informationen zur aromatischen Qualität einer Speise beruht die Entscheidung, etwas zu schlucken oder nicht. Schlechter Geschmack kann zum Beispiel Erbrechen hervorrufen. Wenn etwas als angenehm aromatisch empfunden wird, regt dies die Bildung von Speichel an. Es läuft einem also das sprichwörtliche Wasser im Mund zusammen.

Es gibt drei Sorten von Geschmackspapillen:

  • Pilzpapillen

    Sie sind die häufigsten Papillen, von denen sich rund 200 bis 400 über die gesamte Zungenoberfläche verteilen und in die jeweils drei bis fünf Geschmacksknospen eingelagert sind. Pilzpapillen haben nicht nur Geschmackssensoren, sondern auch Sinneszellen zum Tasten und zur Wahrnehmung von Temperaturen.

  • Wallpapillen

    Wallpapillen sind die größten Papillen und mit bloßem Auge sichtbar. Sie liegen in v-förmiger Anordnung am Übergang vom Zungenrücken zur Zungenwurzel. Es gibt nur sieben bis zwölf dieser Papillen, dafür enthalten sie aber jeweils mehrere Tausend Geschmacksknospen. Sie sind von einem kleinen Graben umgeben, in dem sich die Geschmacksstoffe sammeln und zu den Knospen gelangen.

  • Blätterpapillen

    Nicht ganz so groß wie die Wallpapillen sind sie aber immer noch mit bloßem Auge erkennbar. Ungefähr je zehn von ihnen befinden sich als dicht hintereinander liegende Falten an den beiden hinteren Seitenrändern der Zunge. Jede Blätterpapille hat einige hundert Geschmacksknospen.

Ein kleiner Junge hat in eine Zitrone gebissen und verzieht wegen des sauren Geschmacks das Gesicht.

© iStock / middelveld

Bitter, herzhaft, salzig, süß und sauer – das alles können wir mit der Zunge schmecken.

Welche Geschmacksrichtungen nimmt die Zunge wahr?

Diese Geschmacksrichtungen kann die Zunge wahrnehmen:

  • süß
  • sauer
  • salzig
  • bitter
  • herzhaft-würzig (oft auch japanisch „umami“ genannt)

Wenn Sie „scharf“ vermissen sollten: Das ist keine Geschmackswahrnehmung, sondern ein Signal, das von Schmerz- und Temperatursinneszellen über die Nerven weitergeleitet wird.

Alle Geschmacksrichtungen werden in allen Bereichen wahrgenommen. Die verbreitete Vorstellung, dass die Geschmacksnerven der Zunge in Zonen aufgeteilt seien und zum Beispiel süß vor allem an der Spitze oder sauer an den hinteren Zungenrändern wahrgenommen werden würde, ist also falsch. Allerdings sind die Zungenränder empfindlicher als der mittlere Bereich und „bitter“ wird an der Zungenwurzel am stärksten wahrgenommen – vermutlich eine Schutzfunktion, um Verdorbenes oder Giftiges zu erkennen, bevor es geschluckt wird.

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Sprechen und was die Zunge sonst noch kann

Die Beweglichkeit der Zunge hilft auch beim Sprechen. Zunge, Lippen und Zähne formen Töne, die aus der Kehle kommen, zu verständlichen Lauten. Vor allem für das „t“, „d“, „l“ oder das gerollte „r“ sind Zungenbewegungen notwendig. Bei einem „s“ zieht sich die Zungenspitze zum Beispiel von den Zähnen zurück – tut sie es nicht, kommt es zum Lispeln. Insgesamt vollzieht die Zunge beim Sprechen mehr als 20 verschiedene Bewegungen.

Weitere wichtige Aufgaben:

  • Essen, Trinken und Schlucken: Die Zunge schiebt die Nahrung beim Kauen hin und her. Aus Drüsen unter der Zunge wird Speichel abgegeben und aus fester Nahrung wird ein schluckbarer Brei, den die Zunge in den Rachen drückt und so das Schlucken einleitet.
  • Saugen: Bei geschlossenem Mund erzeugt eine sich zurückziehende Zunge in der Mundhöhle einen Unterdruck, mit dem Flüssigkeit angesaugt wird: Für Säuglinge ist das lebenswichtig.
  • Tasten: Die Zungenspitze ist der berührungsempfindlichste Teil des menschlichen Körpers. Nahrung wird in ihrer äußeren Beschaffenheit überprüft und Fremdkörper (zum Beispiel Gräten) werden entdeckt.
  • Abwehr von Erregern: Die Zunge hat hinten an der Zungenwurzel Abwehrzellen, die in ihrer Gesamtheit als Zungenmandel bezeichnet werden und zusammen mit den anderen drei Mandeln (zwei Gaumen- und eine Rachenmandel) Krankheitserreger abwehren, die über den Mund in den Körper gelangen.

Wie sieht eine gesunde Zunge aus?

Eine gesunde Zunge ist blassrosa, leicht belegt und an der Oberfläche etwas rau. An den Papillen können sich Ablagerungen bilden, die zu einer belegten Zunge führen. Es ist ratsam die Zunge regelmäßig zu reinigen, wofür es spezielle Zungenreiniger gibt. Eine auffällige optische Veränderung – oder auch wenn die Zunge brennt –, kann ein Hinweis auf eine Erkrankung sein. Lassen Sie Veränderungen im Zweifel ärztlich abklären.

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