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Muskel-Skelett-System

Spitzfuß und Zehenspitzengang: Wie es dazu kommt und wann behandelt werden muss

Veröffentlicht am:05.07.2024

6 Minuten Lesedauer

Kinder laufen häufig auf den Zehenspitzen, aber auch manche Erwachsene. Das ist jedoch mehr als eine Marotte und kann gesundheitliche Folgen haben. Darum sollten Eltern das Zehenspitzenlaufen ihres Kindes ärztlich abklären lassen.

Nahaufnahme der nackten Beine eines gewindelten Kleinkindes, das auf einem Holzfußboden die ersten Gehversuche macht.

© iStock / tomazl

Was ist ein Spitzfuß und was der Zehenspitzengang?

Die ideale Gangart, die uns die größte Sicherheit beim Gehen und Laufen gibt und die Muskeln, Sehnen und das Skelett am wenigsten belastet, sieht so aus: Wir setzen zuerst die Ferse auf den Boden, dann rollen wir den Fuß bis zu den Zehenspitzen ab, um den Fuß vom Boden abzudrücken.

Bei einer Fehlstellung der Füße ist dieses gesunde Gangbild nicht möglich. Ein Spitzfuß ist eine Fußfehlstellung, bei der die Fersen beim Stehen und Gehen den Boden nicht berühren.Menschen mit einem Spitzfuß gehen und stehen also nur auf dem Vorder- und Mittelfuß – im Extremfall sogar nur auf den Zehenspitzen. Das nennt man auch Fersenhochstand. Die aus dieser Fehlstellung folgende Gangart ist der Zehenspitzengang. Die Füße rollen beim Gehen nicht ab.

Aus der Perspektive des Sprunggelenkes betrachtet, ist der Fuß beim Spitzfuß nach unten gebeugt (wie zum Beispiel beim Durchtreten des Gaspedals im Auto). Diese Beugung des Fußes nennen Fachleute Plantarflexion. Ein stark ausgeprägter Spitzfuß ist sogar ständig nach unten gebeugt und Betroffene sind nicht in der Lage, den Fuß gerade auf den Boden zu stellen. Das Problem eines dauerhaften Zehenspitzenganges ist, dass Gelenke fehlbelastet werden und sich Muskeln verkürzen. Das kann zu eingeschränkter Beweglichkeit sowie Knie- und Hüftschmerzen führen. Mögliche Folgeerkrankungen sind Arthrosen im Sprunggelenk oder im Knie.

In der Fachsprache heißt der Spitzfuß „Pes equinus“, was wörtlich übersetzt „Pferdefuß“ bedeutet. Bei Pferden haben sich die Zehenspitzen zu verhornten Hufen entwickelt, das heißt Pferde gehen immer auf Zehenspitzen.

Bis wann ist Zehenspitzengang bei Kindern normal?

Wenn Kinder zu laufen beginnen, probieren sie verschiedene Arten des Gehens aus, darunter auch den Gang auf den Zehenspitzen. Bei vielen kleinen Gehanfängern und -anfängerinnen ist der gelegentliche Zehenspitzgang noch bis ins vierte Lebensjahr beliebt und hat meist keine erkennbare körperliche Ursache. Im Alter zwischen drei und sieben Jahren normalisiert sich die Art zu gehen in der Regel und mit zehn Jahren haben die meisten Kinder einen normalen Gang entwickelt.

Trotzdem ist es sinnvoll, wenn Eltern – vielleicht im Rahmen einer der Vorsorgeuntersuchungen – mit ihrem Kinderarzt oder ihrer Kinderärztin darüber sprechen, wenn sie beobachten, dass ihr Kind am liebsten auf den Zehenspitzen geht. So lassen sich mögliche zugrunde liegende Erkrankungen ausschließen beziehungsweise früh erkennen und eventuelle Folgeerkrankungen durch den Zehenspitzengang vorbeugen.

Wie kommt es zu Spitzfuß und Zehenspitzengang?

Ein Spitzfuß kann angeboren sein oder sich im Laufe des Lebens entwickeln und erst im Erwachsenenalter auftreten. Der Zehenspitzengang ist aber auch ohne Vorhandensein eines Spitzfußes möglich. So ist bei Kindern ein Zehenspitzengang ohne erkennbare Ursache am häufigsten – der Fachbegriff dafür ist idiopathischer oder habitueller Zehenspitzengang. Das bedeutet, dass Kinder zwar körperlich dazu in der Lage sind, ihre Füße gerade auf den Boden zu stellen und normal zu laufen, es sich aber angewöhnt haben, auf den Zehenspitzen zu laufen.

Angeborene Ursachen eines Spitzfußes

Angeborene Ursachen für einen Spitzfuß sind selten. Mögliche Auslöser sind:

  • verkürzte Achillessehne und/oder verkürzte Wadenmuskulatur (zieht den Fuß in die Plantarflexion)
  • ständige Erhöhung der Muskelspannung in der Wadenmuskulatur (Spastik)

Zu Muskelproblemen kommt es meist wegen eines gestörten Zusammenspiels von Nerven und Muskeln. Sie haben also eine neurologische Ursache. Am häufigsten sind:

  • Zerebralparese: frühkindliche Gehirnstörung, die sich auf den Bewegungsapparat auswirkt und Spastiken oder Lähmungen hervorrufen kann
  • periphere Neuropathie: Schädigung eines einzelnen Nervs, in diesem Fall des Wadenbeinnervs (Nervus peronaeus)
  • angeborene Fehlbildung des Rückenmarks (Myelomeningocele)

In seltenen Fällen kann ein Spitzfuß auch mit ADHS oder Autismus-Spektrum-Störungen zusammenhängen.

Ursachen eines erworbenen Spitzfußes

Ein habitueller Zehenspitzengang kann zur Verkürzung der Achillessehne führen. In manchen Fällen geht also ein Kind zunächst dauerhaft im Zehenspitzengang, und erst später entwickelt sich daraus dann ein Spitzfuß.

Eine häufige Ursache von Spitzfüßen bei Erwachsenen ist Bettlägerigkeit: Pflegebedürftige, die viel im Bett liegen, belasten ihre Füße wenig oder gar nicht. Eine Decke über den Füßen kann hier die Entstehung eines Spitzfußes noch begünstigen, weil sie die Füße in die Plantarflexion drückt. Geschieht dies dauerhaft und werden die Füße kaum belastet, verkürzen sich die Achillessehnen. Spitzfüße sind daher bei Bettlägerigen häufig.

Weitere mögliche Auslöser von Spitzfüßen im Erwachsenenalter sind Verletzungen des Sprunggelenks oder der Wade. Auch Lähmungen, zum Beispiel nach einem Schlaganfall, können zu einem Spitzfuß führen.

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Diagnose von Spitzfuß und Zehenspitzengang

Wenn Sie Probleme damit haben, die Ferse beim Gehen und Stehen aufzusetzen oder Auffälligkeiten bei der Gangart Ihrer Kinder beobachten, sollte dies ärztlich abgeklärt werden. Über eine Ganganalyse und durch eine Untersuchung der Füße lässt sich schnell feststellen, ob Sie oder Ihr Kind im Zehenspitzengang laufen und ob ein Spitzfuß vorliegt.

Sollte der Arzt oder die Ärztin einen Spitzfuß feststellen, wird er oder sie im nächsten Schritt mögliche Ursachen ermitteln oder ausschließen. Sind die Achillessehnen und die Wadenmuskeln verkürzt? Liegt womöglich eine neurologische Erkrankung oder eine Entwicklungsstörung vor, die zuvor noch nicht entdeckt worden sind? Auch wenn dies selten der Fall ist, verschafft eine gründliche Untersuchung Sicherheit. Zunächst klärt der Arzt oder die Ärztin im ausführlichen Gespräch Vorerkrankungen oder Erkrankungen im familiären Umfeld ab. Weitere mögliche Untersuchungen sind:

Behandlungsmöglichkeiten bei Spitzfuß und Zehenspitzengang

Die Behandlung eines Zehenspitzengangs und eines Spitzfußes hängt von der ermittelten Ursache ab. Wenn eine zugrundeliegende Erkrankung besteht, muss diese entsprechend behandelt werden.

Eine Kinderärztin untersucht die Füße eines etwa 3-jährigen Mädchens, das auf einer Untersuchungsliege sitzt.

© iStock / miniseries

Wenn Sie beobachten, dass Ihr Kind Schwierigkeiten hat, die Ferse beim Gehen aufzusetzen, lassen Sie dies vorsichtshalber bei der Kinderärztin oder dem Kinderarzt abklären.

Physiotherapie und orthopädische Hilfsmittel

Beim habituellen Zehenspitzengang kann eine Physiotherapie mit dem Schwerpunkt Bewegungstherapie hilfreich sein, um eine gesunde Gangart zu lernen. So lassen sich eine Verkürzung der Achillessehnen (und damit die Entwicklung eines Spitzfußes) wie auch spätere Haltungsschäden oder Probleme mit Gelenken oder Muskeln verhindern.

  • Auch bei einem bereits ausgebildeten Spitzfuß steht eine Physiotherapie mit gezielten Dehnungsübungen oft am Anfang der Behandlung. Weitere konservative Therapieoptionen sind Schuheinlagen.
  • Orthesen (dazu zählen Schienen und Bandagen)
  • Eingipsen

Medikamentöse Behandlung und OP

Sollte eine erhöhte Spannung in der Wadenmuskulatur Auslöser des Spitzfußes sein, kommt womöglich ein Arzneimittel zum Einsatz, das aus der Kosmetik bekannt ist. Botulinumtoxin A (umgangssprachlich Botox). Botulinumtoxin A verringert die Muskelspannung und mindert so die Verkürzung der Muskulatur. Das Spritzen von Botox müssen regelmäßig wiederholt werden.

Verkürzte Achillessehnen lassen sich durch eine Operation verlängern. Hierzu stehen verschiedene chirurgische Verfahren zur Verfügung. Welches hier zum Einsatz kommt hängt vom Alter der Behandelten und vom genauen Krankheitsbild ab.

Lässt sich ein Spitzfuß vorbeugen?

Vorbeugen ist vor allem in Bezug auf den habituellen Zehenspitzengang und in der Pflege wichtig.

Auch wenn sich der habituelle Zehenspitzengang meist von selbst legt, sollten Kinder möglichst früh lernen, mit den Füßen beim Gehen normal abzurollen, um das Risiko eines Spitzfußes zu verringern und damit eine Achillessehnenverkürzung und mögliche Haltungsschäden zu vermeiden. Wenn Eltern bei ihren Kindern also ein dauerhaftes auffälliges Laufverhalten beobachten, ist es ratsam, dies mit dem Kinderarzt oder der Kinderärztin zu besprechen, ob eine Physiotherapie oder bestimmte Bewegungsübungen notwendig sind.

In der Pflege ist es wichtig, durch Bewegung – soweit es möglich ist – den Fuß zu belasten und einer Sehnenverkürzung vorzubeugen. Hier kann auch schon Fußgymnastik im Bett helfen. Außerdem ist darauf zu achten, dass die Füße beim Liegen nicht durch schwere Decken zu stark heruntergedrückt werden. Spezielle Keile oder Kissen zur Fußentlastung sind oft hilfreich.

Für diese Früherkennungsuntersuchungen übernimmt die AOK die Kosten

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