M üll vermeiden
Kaugummi aus Erdöl und Mikroplastik – gibt es gesunde Alternativen?
Veröffentlicht am:10.12.2024
5 Minuten Lesedauer
Wussten Sie, dass Sie beim Kauen von Kaugummi meist auf Plastik beißen? Das ist weder gut für die Umwelt noch für die Gesundheit – Stichworte: Plastikmüll und Mikroplastik. Doch es gibt auch Kaugummi ohne Kunststoff.
Wie Kaugummi und Erdöl zusammenhängen
Kaugummi und Erdöl – das klingt wenig appetitlich. Und doch hängt – oder in diesem Fall: klebt – beides zusammen. Ursprünglich wurde Kaugummi auf Grundlage von Naturstoffen hergestellt, zum Beispiel aus Baumharzen oder Kautschuk. Aber damit lässt sich der Bedarf schon lange nicht mehr decken.
Woraus besteht Kaugummi?
Die Hauptzutat von marktüblichem Kaugummi sind Kunststoffpolymere, zum Beispiel Polyvinylacetat oder Butylkautschuk. Polymere sind weit verbreitete Kunststoffe: Auch Polyethylenterephthalat ist ein Kunststoffpolymer, das unter der Abkürzung PET (wie in PET-Flaschen) den meisten ein Begriff ist. Die übliche Kaugummibasis enthält in der Regel die gleichen Polymere, die auch für Autoreifen verwendet werden. Was genau in der Masse steckt, müssen die herstellenden Firmen nicht verraten – und tun es meist auch nicht. Die ideale Gummikonsistenz ist ein wertvolles Geschäftsgeheimnis. Lediglich die lebensmittelrechtlichen Bestimmungen sind einzuhalten. Neben den Polymeren weitere mögliche Inhaltsstoffe von Kaugummi sind: Aromastoffe, Zucker oder Süßstoffe, Emulgatoren, Stabilisatoren, Antioxidationsmittel und Farbstoffe.
Der Kunststoff im Kaugummi ist beständig
Kunststoffe werden aus Erdöl hergestellt und die Kunststoffe in Kaugummis stellen keine Ausnahme dar. Die im Kaugummi enthaltenen Polymere gelten zwar als ungiftig für den Menschen, aber ein gekauter Kaugummi ist wie jeder andere Plastikabfall nicht biologisch abbaubar. Außerdem ist Kaugummi unverdaulich. Wenn wir versehentlich einen Kaugummi runterschlucken, wandert die Gummimasse durch den Verdauungstrakt und wird unverdaut wieder ausgeschieden. Über die Kanalisation landet der Kaugummi dann schließlich in den Sieben der Kläranlagen.
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Wie schädlich ist Kaugummi für die Umwelt?
Grundsätzlich sind Förderung, Transport und Verarbeitung von Erdöl enorm belastend für die Umwelt. Man mag einwenden, dass die Herstellung von Kaugummi im Vergleich zur Produktion von fossilen Brennstoffen oder Plastikverpackungen ein geringes Problem darstellt. Es werden jedoch weltweit täglich tonnenweise Kaugummis gekaut und entsprechend viel Erdöl wird benötigt.
Kaugummi auf dem Straßenpflaster – leider ein alltägliches Bild
Da Kaugummis weder biologisch abbaubar noch recyclebar sind, stellen achtlos ausgespuckte oder unter Tische und Bänke geklebte Kaugummis ein Problem dar. Klebt ein Kaugummi auf dem Straßenpflaster, bleibt er dort für die nächsten 90 bis 100 Jahre, wenn er nicht beseitigt wird. Außerdem haften Kaugummis aufgrund ihrer Materialeigenschaften so fest an Oberflächen, dass sie oft nur mit großem Aufwand und dadurch kostspielig zu entfernen sind. Im öffentlichen Raum sind Kaugummiabfälle ein weit verbreitetes Ärgernis, dem wir auf städtischen Straßen, in Schulen, Universitäten, Büros, Parks und anderen öffentlichen Plätzen begegnen.
Kaugummiabfälle erhöhen die weltweite Belastung mit Mikroplastik
Weggeworfene Kaugummis sind nicht nur ein ästhetisches oder finanzielles Problem: Wie bei jedem anderen Plastikmüll gelangt auch durch weggeworfene Kaugummis Mikroplastik in die Natur, in Gewässer und schließlich in die Meere. Mikroplastik ist eine der größten ökologischen Herausforderungen unserer Zeit und Mikroplastik in der Umwelt zu reduzieren ist eine gewaltige Aufgabe, um die Artenvielfalt und das ökologische Gleichgewicht zu bewahren. Ein kleiner Schritt in diese Richtung ist es, Kaugummis (ebenso wie Zigaretten, deren Filter Mikroplastik enthalten) nicht achtlos in die Umwelt zu werfen. Kaugummi gehört immer und ausschließlich in den Mülleimer.
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Wie gefährdet Mikroplastik in Kaugummis unsere Gesundheit?
Mikroplastik ist nicht nur ein ökologisches, sondern auch ein gesundheitliches Problem. Mikroplastik wurde bereits in verschiedenen Lebensmitteln und Getränken entdeckt, darunter Leitungswasser, Mineralwasser, Bier, Salz, Fisch und Honig. Über belastete Nahrung kann Mikroplastik in den menschlichen Körper und in den Blutkreislauf gelangen und sich im Gewebe anreichern. Forschende haben Mikroplastik bereits in menschlichem Blut oder beispielsweise auch in der Gebärmutterschleimhaut nachweisen können. Es wird vermutet, dass Mikroplastik negative Auswirkungen auf die Atemwege, das Verdauungssystem, das Herz-Kreislauf-System, das Nervensystem und die Fortpflanzungsfähigkeit haben kann.
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Wer Kaugummi kaut, kaut auch auf Mikroplastik
Die indirekte Aufnahme von Mikroplastik über Seefisch und andere Lebensmittel ist eine Sache, das direkte Kauen von Kunststoff in Form von Kaugummi eine andere. Beim Kauen werden Mikroplastikpartikel aus der Gummimasse gelöst und verschluckt – und nicht immer vollständig ausgeschieden, sondern teilweise vom Körper aufgenommen. So ergab eine Studie, dass unter den Teilnehmenden diejenigen, die regelmäßig Kaugummi kauen, tendenziell höhere Mengen an Mikroplastik im Körper aufwiesen als diejenigen, die nie oder selten Kaugummi kauen.
Sind Kaugummis ungesund?
Kaugummi ist beliebt. Kinder machen gerne Blasen, Erwachsene kauen zur Stressbewältigung, für frischen Atem oder Zahnpflegekaugummi zur Mundhygiene. Angesichts dessen, dass wir bei vielen Gelegenheiten der Gefahr von Mikroplastik ausgesetzt sind, ist ein moderater Kaugummikonsum wohl nicht als besonders gesundheitsschädlich einzustufen. Dennoch ist ein bewusster Umgang angebracht. Hier hilft es schon, sich immer wieder klarzumachen, dass die bei uns üblichen Kaugummis aus erdölbasierten Kunststoffen bestehen und Mikroplastik enthalten. Zudem sind viele Süßstoffe, Stabilisatoren oder Emulgatoren auch nicht gerade das, was man guten Gewissens als „gesund“ bezeichnen kann. Wer sich beim Kauen nicht einschränken möchte, kann auf Varianten zurückgreifen, die zumindest frei von Erdöl und Mikroplastik sind.
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Sind Kaugummis ohne Mikroplastik gesünder?
Mittlerweile gibt es Kaugummis auf dem Markt, die ohne Kunststoffe hergestellt werden, also frei von Mikroplastik und Erdöl sind. Es ist eine Art Rückbesinnung: Diese Kaugummis werden wieder wie früher auf Basis von Naturkautschuk oder Chicle hergestellt. Chiclegummi wird wie Kautschuk aus dem Milchsaft bestimmter tropischer Baumarten und Sträucher gewonnen. Auch europäisches Baumharz wird zu Kaugummi verarbeitet. Ob solche Kaugummis gesund sind – oder besser gesagt: zumindest nicht ungesund –, hängt davon ab, was sie sonst noch an Zusatzstoffen enthalten. Das sollten Sie im Einzelfall anhand der Zutatenliste überprüfen.
Ein Haken bei diesen „Naturkaugummis“ ist (außer, dass sie teurer sind und keine Blasen machen): Die natürlichen Gummiressourcen reichen nicht aus, um die allgemeine Nachfrage nach Kaugummi zu decken. Wie so oft bei Fragen des persönlichen Konsums im Hinblick auf den Umweltschutz und die eigene Gesundheit gilt auch hier: Weniger kann mehr sein.
Eine kleine Geschichte des Kaugummis
Das Kauen von Kaugummi hat eine lange Tradition, die vermutlich fast 9000 Jahre zurückreicht, wie archäologische Funde von Baumharz mit Zahnspuren vermuten lassen. Die Menschen des Altertums verwendeten Baumharzklumpen, Süßgräser, Blätter, Körner und Wachse als Kaumaterial. Die alten Griechen kauten Mastix, das Harz des Mastixstrauches, das die Zähne vor Karies, Parodontitis und oralen Mikroorganismen schützt. Die Mayas kauten den geronnenen Saft des Breiapfelbaums und einige Ureinwohner Nordamerikas Fichtenharz. Mitte des 19. Jahrhunderts kamen in den USA die ersten kommerziellen Kaugummis auf den Markt und in den 1950er Jahren der erste zuckerfreie Kaugummi.