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Fitnesstrend Piloxing: Boxen, Pilates und Tanz vereint
Veröffentlicht am:10.02.2025
5 Minuten Lesedauer
Tanzend die Fitness verbessern und dabei Muskeln aufbauen? Unsere Autorin hat für uns die Piloxing-Handschuhe angezogen und im Rhythmus der Beats geschwitzt.
![Im Fokus sind zwei Frauen in Box-Pose zu sehen, 17 weitere Frauen in der Unschärfe. Die gesamte Piloxing-Gruppe trägt fingerlose, schwarz-pinke Handschuhe und überwiegend schwarz-pinke Sportkleidung.](https://www.aok.de/pk/magazin/cms/fileadmin/_processed_/1/9/csm_piloxing-handschuhe_12515c5d02.jpg.webp)
© iStock / FluxFactory
Handschuhe an und los: Der Piloxing-Kurs beginnt
Zunächst beginnt es ganz harmlos. Im Flur des „Studio One“, einem Münchner Tanz- und Yogastudio, ziehen alle die Straßenschuhe aus. Einen Cappuccino lehne ich dankend ab. Ich bin hier nicht zum Kaffeeklatsch. Ich möchte Piloxing ausprobieren. Einen Mix aus Pilates, Boxen und Tanzen – die Trendsportart in coolen Fitnessstudios. Ich bekomme pink-schwarze Handschuhe, fingerlos und mit dem Gewicht einer Tüte Gummibärchen. Wasserflasche nicht vergessen, mahnt die Trainerin und Tanzlehrerin Anissa Isy Kießling. „Bum Bum“ steht auf ihrem Shirt, als hätte es mich warnen wollen. Bevor es losgeht, bleibt mein Blick noch am Kursplan hängen: „Piloxing Knockout“ steht da. Knockout?! Aber jetzt gibt es kein Zurück mehr: Der Kursraum füllt sich, die Trainerin startet ihre Playlist und stellt sich vor die Gruppe.
Kicken, boxen und auspowern
Piloxing ist ein Hollywood-Trend. Die schwedische Trainerin Viveca Jensen hat es in Los Angeles erfunden. Der Sport soll Fitness und Körperwahrnehmung verbessern, Muskeln aufbauen und einen so richtig auspowern. Ich bin Marathons gelaufen, besteige Berge, fahre Rennrad. Meine Freunde bezeichnen mich als sportlich. Doch nach nur zehn Minuten Piloxing leuchtet mein Kopf in der Farbe meines Shirts: rosa. Was ich noch im Spiegel sehe: 32 Menschen, die versuchen zu tun, was Kießling tut – im Rhythmus der Beats laufen, hüpfen, kicken und boxen. Wir rennen auf der Stelle, dann vor, zurück und zur Seite, wir ziehen rhythmisch die Knie nach oben oder die Fersen zum Gesäß. Als wäre das nicht anstrengend genug, boxen wir gleichzeitig in die Luft. Wir schwingen die Fäuste mit kurzen, schnellen Bewegungen von hinten nach vorn, von rechts nach links und von unten nach oben. Hände fliegen durch die Luft, Sohlen quietschen übers glänzende Parkett, die Luft heizt sich auf.
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Piloxing aus sportmedizinischer Perspektive
Ein paar Tage später werde ich Professor Rüdiger Reer fragen, wie er Piloxing einordnet. Er leitet den Arbeitsbereich Sport- und Bewegungsmedizin der Universität Hamburg, ist Vorstandsmitglied der Vereinigung der Europäischen Gesellschaft für Sportmedizin und Generalsekretär des Deutschen Sportärztebundes und wird sagen: „Weil die kraftvollen und dynamischen Bewegungen des Boxens mit Elementen aus achtsamen Pilates-Übungen zusammengeführt werden, ist Piloxing sehr anspruchsvoll.“ Das merke ich auch während meiner Probestunde, als die Aufwärmphase vorüber ist. Was jetzt folgt, bringt mich koordinativ an meine Grenzen. Kießling gibt ähnliche Bewegungen vor wie beim Warm-up, kombiniert aber verschiedene Abfolgen zu einer Choreographie. Das Problem dabei: Langsam ist Piloxing nie.
Wie Piloxing Schnelligkeit, Beweglichkeit und Koordination fördert
Während ich noch überlege, mit welchem Fuß ich in welche Richtung kicken muss, wenn meine linke Hand boxt, ist Kießling längst drei Sprünge weiter. Die 32-Jährige wirbelt grazil durch den Saal wie eine Elfe, die zu viel Koffein intus hat, und feuert uns dabei noch an. Plötzlich hält sie mir ihre Handflächen hin, damit ich hineinboxen kann: „Schneller, fester, ja, genau!“ Auch ihr stehen Schweißperlen auf der Stirn. Ha!
Piloxing sei keine einseitige Belastung, sagt Professor Reer – das mache den Sport so gesund. „Durch die Kombination dreier Sportarten fördert es mehrere motorische Hauptbeanspruchungsformen, nämlich Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit, Beweglichkeit und Koordination.“ In Sachen Ausdauer halte ich gut mit. Was meine Beweglichkeit und Koordination angeht, kann ich hier noch viel lernen. Die Gummibärchen-Handschuhe? Wiegen nach einer halben Stunde Tonnen. Die Musik? Ich bin so bemüht, den Takt zu halten, dass ich nur noch Beats höre. Gut, dass Kießling nun eine kurze Trinkpause ankündigt.
![Teilnehmerinnen einer Piloxing-Gruppe beugen sich nach vorne und berühren mit den Händen den Hallenboden. Sie tragen fingerlose, schwarz-pinke Handschuhe und Sportkleidung in Schwarz und Pink.](https://www.aok.de/pk/magazin/cms/fileadmin/_processed_/b/c/csm_piloxing-was-ist-das_1ae1cbd515.jpg.webp)
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Pilates als Bestandteil von Piloxing
Und schon geht es auf die Matte für Pilates-Übungen. Endlich sitzen! Dabei jedoch viermal 30 Sekunden lang die Beine in die Luft strecken, mit einer Faust zur Seite boxen und dann aufstehen, ohne sich abzustützen? Unmöglich. Als wir wieder auf der Stelle rennen, sehe ich erstaunt den nassen Fleck auf meiner Matte. Ich bin keine, die beim Sport schnell schwitzt, doch jetzt perlt der Schweiß sogar von meinen Unterschenkeln. Wieder geht’s auf den Boden, diesmal für Liegestütze, die Kießling in drei Schwierigkeitsgraden vorführt. Ich wähle den einfachsten. Die Trainerin, die Piloxing seit 2019 unterrichtet, liebt die Mischung daran: „Koordination, Ausdauer, Kraft, loslassen können – ich freue mich jedes Mal auf den Kurs“, schwärmt sie. Immer wieder geht Kießling durch den Saal, korrigiert die Haltung, verteilt Lob, motiviert. „Fortschritte bei meinen Schülerinnen zu sehen, ist für mich das Schönste.“
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Für alle, die Ausdauer und Muskelaufbau fördern wollen
Die Gruppe besteht zum Großteil aus Frauen. Ein älterer Herr ist jede Woche dabei, und ein Tanztrainer möchte Piloxing mal testen. Jeder könne mitmachen, betont die Tanzlehrerin: „Leute, die noch nie Sport gemacht haben, und Leute, die jeden Tag trainieren – alle kommen auf ihre Kosten.“ Experte Reer meint, Piloxing sei etwas für alle, die Ausdauer und Muskelaufbau fördern wollen. „Nur bei gravierenden Krankheitserscheinungen wie beispielsweise schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen, schwerem Bluthochdruck und akuten Infekten ist es tabu.“ Wer fürs Piloxing nicht ins Studio gehen möchte, kann Trainingsvideos im Internet anschauen, so Kießling. „Wichtig ist nur, für ausreichend Platz zu sorgen, beim Boxen die Schultern zurückzunehmen und den Bauchnabel zur Wirbelsäule zu ziehen.“ Bäm, bäm, bäm – wir boxen noch ein paarmal in die Luft, dann erlöst uns die Trainerin mit dem Cool-down. Erschöpft lasse ich mich auf die Matte sinken und versuche, die Dehnübungen nachzumachen. Ich weiß jetzt, warum es „Knockout“ heißt. Weil ich mich so auspowern konnte wie schon lange nicht mehr. Weil ich so konzentriert war, dass ich mir den Kopf freigeboxt habe. Und weil mich der Muskelkater ein paar Tage später zwar quälen – aber auch stolz machen wird.