Impulsiv, unaufmerksam, hyperaktiv: Auch Erwachsene können ADHS haben

ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) ist meist als eine Erkrankung im Kindesalter bekannt. Doch auch wenn die Betroffenen erwachsen sind, können sie noch unter ADHS leiden. Die klassischen Symptome wie Unaufmerksamkeit, Impulsivität und Hyperaktivität sind bei Erwachsenen größtenteils weniger stark ausgeprägt. Sie haben jedoch häufig Probleme, ihren Alltag oder ihre Arbeit zu organisieren, können sich nicht gut über einen längeren Zeitraum auf eine Aufgabe konzentrieren und verpassen öfter mal Termine. Je nach Ausprägung hilft eine Psychotherapie oder eine Behandlung mit Medikamenten. Auch genaue Tagesplanungen oder feste Routineabläufe können sinnvoll sein.

Foto: Ein Frau sitzt am Tisch über einem aufgeschlagenem Buch und guckt frustriert.

Strukturierung des Alltags fällt schwer

Schätzungsweise drei Prozent der Erwachsenen in Deutschland leiden an ADHS.  „Die Ursachen sind bisher nicht vollständig geklärt, man weiß aber, dass viele Faktoren eine Rolle spielen – darunter auch erbliche Veranlagung und Umwelteinflüsse“, so Dr. Astrid Maroß, Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie im AOK-Bundesverband.

Wie kann man ADHS bei Erwachsenen erkennen? Dazu gibt es Diagnosekriterien für Fachleute. Im alltäglichen Leben sind es einige Besonderheiten, die auffallen können. Betroffene sind oft impulsiv, reden viel und fallen anderen häufig ins Wort. Ihre Aufmerksamkeitsspanne ist meist kurz. Auf der Arbeit fällt das dann besonders auf, wenn Aufgaben monoton oder routiniert erledigt werden müssen oder Struktur und Planung erfordern. Sie lassen sich dann schnell ablenken und verzetteln sich. Der Blick für das Wesentliche oder Deadlines können dann darunter leiden. Andere wiederum zeigen den sogenannten Hyperfokus – sind also gar nicht ablenkbar, wenn sie sich für etwas interessieren. Einige Betroffene sind allgemein leicht reizbar und schneller frustriert als andere Menschen. Die innere Unruhe zeigt sich oft durch äußerliche Verhaltensweisen wie ungeduldiges Wippen mit den Füßen. Viele Erwachsene mit ADHS beschreiben, dass sie sich nicht gut selbst organisieren und strukturieren können. Oft neigen sie zu Aufschieberitis – nach dem Motto „Erst mal einen Kaffee trinken, dann fange ich an“ oder „Das mache ich morgen“.

Problematisches Sozialverhalten möglich

Hinzu kommt, dass von ADHS betroffene Erwachsene häufiger ein problematisches Sozialverhalten haben können. Sie handeln, bevor sie denken, halten sich schwerer an gesellschaftliche Regeln oder können einen aggressiven Fahrstil haben.

Trotz all dieser Einschränkungen, die Probleme bereiten könnten, gebe es Aspekte, die Betroffene und ihre Umgebung oft sehr schätzten, so Maroß weiter: „ADHS-Betroffene können besonders kreativ und unkonventionell sein, schnell denken und so in das berufliche Umfeld auch neue Perspektiven einbringen.“

O-Ton von Dr. Astrid Maroß, Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie im AOK-Bundesverband

Wie erfolgt die ADHS-Diagnose?

Um Gewissheit zu bekommen, ob es sich um ADHS handelt, sollten Erwachsene dies bei einem Facharzt oder einer Fachärztin für Psychotherapie beziehungsweise für Neurologie oder durch ärztliche oder psychologische Psychotherapeuten beziehungsweise Psychotherapeutinnen abklären lassen. Eine ADHS-Diagnose erfolgt nur dann, wenn es schon in der Kindheit ADHS-typische Auffälligkeiten gab, es aktuell mehrere Anzeichen von Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität oder Impulsivität gibt und das Sozial- oder Berufsleben in mehreren Bereichen stark beeinträchtigt ist.

Medikamente und Verhaltenstherapie können helfen

Ist die Diagnose gestellt, sollten die Betroffenen zunächst genau über ADHS und die Auswirkungen informiert werden. Manche benötigen viel Unterstützung, um die Erkrankung in den Griff zu bekommen – hier bietet sich eine Behandlung mit Medikamenten und/oder eine Psychotherapie an.

Sinnvoll sind auch kleine Strategien für den Alltag. „Den Tag planen, sich Zettel schreiben, um nichts zu vergessen, oder sich per Handy daran erinnern zu lassen – all das kann eine Hilfe sein. So gerät Wesentliches nicht so schnell aus dem Blick. Feste Routinen und Rituale strukturieren den Alltag. Menschen aus der Familie oder dem Freundeskreis können vielleicht ebenfalls dabei helfen“, so die Empfehlungen von Medizinerin Maroß. Entspannungsübungen zum Stressabbau, Sport oder Achtsamkeitsübungen können ebenfalls helfen, mehr Wohlbefinden zu erreichen. Auch Selbsthilfegruppen sind ein guter Anlaufpunkt für Betroffene.