Ein Gläschen in Ehren ...? Mythen und Fakten zum Thema Alkohol

Ob auf Partys, bei Empfängen oder nach getaner Arbeit – für viele Menschen gehört Alkohol zum Feiern und zur guten Laune dazu. Was beim Alkoholtrinken im Körper passiert, welche Mythen und Fakten es rund um das Thema gibt, erklärt Anja Debrodt, Ärztin im AOK-Bundesverband.

Foto: Eine Frau schaut auf ihr Tablet und trinkt dabei Rotwein.

Was passiert beim Alkoholtrinken?

Wein, Bier, Schnaps und Co. sind hierzulande äußerst beliebt: Durchschnittlich 120,1 Liter alkoholische Getränke konsumierten Menschen in Deutschland im Jahr 2022 pro Kopf und damit 1,6 Liter mehr als 2021. Alkohol wird über den Verdauungstrakt ins Blut aufgenommen und darüber dann im gesamten Körper verteilt. Im Gehirn beeinflusst er die Informationsübertragung der Nervenzellen: „Bei geringer Dosierung wirkt er anregend und stimmungssteigernd. Bei mittleren und höheren Dosierungen kann es dann aber zu Gereiztheit und Aggressionen kommen. Bei höherem Blutalkoholspiegel kommt es zu Vergiftungen, die mit Störungen von Aufmerksamkeit und Wahrnehmung einhergehen. Es kommt zu Ermüdung, die bis zum Koma führen kann“, so Medizinerin Debrodt. Etwa nach einer halben bis einer Stunde nach der Zufuhr entfaltet der Alkohol seine größte Wirkung und die höchste Blutalkoholkonzentration ist erreicht. Abgebaut wird der Alkohol dann vor allem über die Leber – pro Stunde schafft diese etwa 0,1 Promille bei Frauen und zwischen 0,1 und 0,2 Promille bei Männern.

Promille: Ab wann wird es kritisch?

Bei Erwachsenen sind schon ab 0,2 Promille die Reaktionen verlangsamt und die Bewegungskoordination vermindert, ab 0,3 Promille ist die Sehleistung bereits gemindert, ein leichter Rausch beginnt ab 0,5 Promille. Ab 0,8 Promille treten erste Gleichgewichtsstörungen auf, ist die Reaktionszeit eingeschränkt und die Sprache verwaschen. Jenseits der Ein-Promille-Grenze kommt es zu Störungen der Orientierung, lallender Sprache und erhöhter Aggressionsbereitschaft, oberhalb von 2,5 Promille zu Bewusstseinstrübungen und fehlendem Erinnerungsvermögen; ab drei Promille zu tiefer Bewusstlosigkeit bis zum Koma.

Wie der Alkohol wirkt, hängt neben dem Alkoholpegel auch von persönlichen Faktoren ab, wie der Gewöhnung und dem Lebensalter. Jugendliche und Kinder sind noch deutlich empfindlicher. Bei Kleinkindern können schon geringe Alkoholmengen lebensgefährlich sein. Mit dem Promillerechner der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung kann jeder und jede individuell berechnen, wie viel Promille sich nach einer bestimmten Menge Alkohol – zum Beispiel nach zwei Gläsern Wein – im Blut befinden.

 

O-Töne von Anja Debrodt, Ärztin im AOK-Bundesverband

Wie viel Alkohol gilt als gesundheitlich unbedenklich?

Ab welcher Menge Alkohol schädlich ist, lässt sich nicht genau bestimmen. Es gibt Empfehlungen, dass Frauen nicht mehr als zwölf Gramm Alkohol pro Tag trinken sollen, also nicht mehr als beispielsweise ein kleines Glas Wein (0,125 Liter). Männer sollten nicht mehr als 24 Gramm Alkohol pro Tag trinken, also zum Beispiel zwei kleine Gläser Bier (0,6 Liter). An mindestens zwei Tagen pro Woche sollte überhaupt kein Alkohol konsumiert werden. Diese Richtwerte gelten immer für gesunde Erwachsene. Grundsätzlich gilt: Je weniger Alkohol man trinkt, desto besser für die Gesundheit, denn jeder Alkoholkonsum, auch kleinste Mengen, kann die Entstehungen von Krankheiten begünstigen. Je mehr Alkohol, desto höher das Risiko.

„Schwangere und stillende Frauen sollen komplett auf Alkohol verzichten, da selbst kleinste Mengen schädliche Folgen für das Kind haben können“, rät Ärztin Debrodt. Allein durch Alkohol in der Schwangerschaft werden schätzungsweise pro Jahr rund 10.000 Kinder mit Fetalen Alkoholspektrumstörungen (FASD) geboren. Folgen sind Organ- und Skelett-Fehlbildungen des ungeborenen Kindes sowie Herzfehler oder eine Schädigung des Gehirns, die sich auch auf sein weiteres Leben auswirken. FASD zählt damit zu den häufigsten vermeidbaren Behinderungen von Geburt an.

Mythos 1: Bier ist harmloser als Schnaps

Viele glauben, dass Getränke mit geringerem Alkoholgehalt weniger schädlich sind. Es kommt jedoch auf die Gesamtmenge des konsumierten Alkohols an. Ein Beispiel: Egal, ob man 300 Milliliter Bier trinkt, 125 Milliliter Wein oder 40 Milliliter Whisky – überall ist die gleiche Menge Reinalkohol enthalten – hier jeweils rund zwölf Gramm.

Mythos 2: Alkohol hilft bei Schlafproblemen

Alkohol kann zwar müde machen und lässt oft schneller einschlafen. Da der Körper aber trotzdem „arbeiten“ muss, um den Alkohol abzubauen, verkürzen sich die Tiefschlafphasen. Der Schlaf wird unruhig und man wacht häufiger auf. Außerdem kann Alkohol Schnarchen begünstigen.

Mythos 3: Ein Glas Wein ist gut fürs Herz

Es ist ein weitverbreiteter Irrglaube: Ein Glas Rotwein am Tag sei gut fürs Herz. Zwar müssen gesunde Menschen, die gelegentlich etwas Rotwein trinken, keine gesundheitlichen Folgen fürchten, doch gesundheitsförderlich ist Alkohol nicht. Debrodt: „So haben Menschen, die moderat Alkohol trinken, zwar etwas seltener einen Herzinfarkt. Das Risiko, eine Herzschwäche oder Herzrhythmusstörungen zu entwickeln, ist allerdings erhöht.“

So bleibt man beim Feiern im Limit

Wer Durst hat, sollte diesen nicht mit Alkohol löschen, sondern beispielsweise mit Wasser, Saftschorlen oder Tee. Ist Alkohol eingeschenkt, gilt die Devise: Langsam trinken – dann hält man immer ein Glas in der Hand und bekommt nicht gleich ein neues aufgedrängt. Öfter mal eine Runde aussetzen und zwischendurch Wasser trinken. Das gleicht auch den alkoholbedingten Flüssigkeitsverlust aus. Oft fällt es bei einer Party schwer, Nein zu sagen. Es ist aber völlig in Ordnung, Alkohol abzulehnen – freundlich, aber bestimmt: „Vielen Dank, dass du an mich gedacht hast, aber ich bleibe heute bei Wasser.“ „Schöne Idee, aber mir ist heute nicht nach Alkohol.“ Wer will, kann dies auch noch begründen – zum Beispiel, dass man noch fahren muss oder am nächsten Tag fit sein will. Und es muss ja auch nicht nur Wasser sein: Bier, Sekt und viele Cocktails gibt es auch alkoholfrei.

Umgang mit Alkohol im Alltag

Lust auf ein Bier oder ein Glas Wein? Manchmal hilft es, einfach zehn Minuten zu warten – vielleicht ist das Verlangen dann verschwunden. Auch Ablenkung ist sinnvoll, zum Beispiel ein Spaziergang oder ein Telefonat mit Freunden. Gut beraten ist, wer grundsätzlich immer erst ein alkoholfreies Getränk zu sich nimmt – egal, ob zum Abendessen, im Restaurant oder nach dem Sport. Auf Alkohol zu verzichten, spart übrigens Kalorien!